Unsere Gnosen sind Hintergrundtexte, die ein spezifisches Thema oder Phänomen knapp, lesbar und wissenschaftlich fundiert erklären – und zitierbar sind. Gnose kommt vom griechischen gnosis – Erkenntnis. Und das ist es, was unsere Gnosen liefern sollen. Etwa wie in Diagnose oder Prognose.
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Gleichzeitig ist die Gnose ein eigenes dekoder-Format: ein Wort, das wir erfunden haben und das sich bei uns fest eingebürgert hat. Mit ihm bezeichnen wir diese besondere Textform, die es in dieser Kombination – journalistisch zugänglich, wissenschaftlich fundiert, in enger Zusammenarbeit mit Forschenden – nur bei dekoder gibt. Gnosen sind so etwas wie unser Markenzeichen, ein Stück „dekoder-Sprache“.
Darum sind Gnosen für uns mehr als nur „Hintergrundtexte“: Sie stehen für die enge Verbindung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, für die Qualität und Glaubwürdigkeit von dekoder – und für das kleine Stück Magic, das unser Projekt von Anfang an geprägt hat.
Ilja Chrshanowski (geb. 1975) ist ein russischer Filmregisseur, Drehbuchautor und Produzent. Er gehört zu den umstrittensten Figuren des gegenwärtigen Kulturlebens in Russland wie auch der Ukraine. In seinen Film- und Ausstellungsprojekten bearbeitet er die gewaltvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts auf eine unkonventionelle, innovative, gleichzeitig aber höchst provokative Weise. Dies gilt insbesondere für Chrshanowskis Film- und Kunstprojekt Dau, das 2019 in Paris erstmals zu sehen war. Im selben Jahr wurde er zum künstlerischen Leiter des Babyn Yar Holocaust Memorial Center in Kiew bestellt.
Umweltbewegungen galten während der Perestroika und in den 1990er Jahren als die effektivsten sozialen Protestbewegungen im Land. Seit dem Amstantritt Putins wird die Arbeit von Umweltschutzorganisationen systematisch eingeschränkt. Heute wächst das Umweltbewusstsein spürbar, auch in der Politik gilt der Klimawandel neuerdings als Bedrohung.
Viktor Zoi (1962–1990) war Poet, Schauspieler und einer der Pioniere des sowjetischen Rock. Der Frontmann der Band Kino verunglückte 1990 bei einem Autounfall tödlich. Er war einer der berühmtesten und erfolgreichsten Musiker seiner Zeit, seine Lieder galten als Hymnen der Veränderungen der späten 1980er und der 1990er Jahre. Mit seinem Tod wurde er zu einem massenkulturellen Symbol des sowjetischen Rock.
Die XXII. Olympischen Sommerspiele fanden vom 19. Juli bis zum 3. August 1980 in Moskau statt. Die Vorbereitung und Durchführung der Spiele lief unter äußerst prekären politischen Rahmenbedingungen: Wegen der Afghanistan-Invasion sowjetischen Truppen im Dezember 1979 wurden sie von zahlreichen vor allem „westlichen“ Ländern boykottiert. Die Spiele waren jedoch sehr erfolgreich und zeigten mit 74 olympischen und 36 Weltrekorden ein hohes Leistungsniveau.
Der Vertrag über den Offenen Himmel (Open Skies) ist eine 2002 in Kraft getretene vertrauensbildende Maßnahme, zu deren Unterzeichnern heute insgesamt 34 Staaten gehören. Das Abkommen erlaubt unter anderem Staaten der NATO und des früheren Warschauer Pakts Aufklärungsflüge über das gesamte Staatsgebiet aller Teilnehmer. Im Mai 2020 erklärten die USA jedoch den Austritt aus dem Vertrag. Dieser wird nach Ablauf von sechs Monaten im November vollzogen.
Wladimir Wyssozki (1938–1980) war Dichter, Schauspieler und einer der bedeutendsten russischen Liedermacher des 20. Jahrhunderts. In seinen Texten und Liedern, die untrennbar mit seiner rauhen markanten Stimme verbunden sind, setzte er sich kritisch mit dem Alltag in der Sowjetunion auseinander. Trotz Radio- und Konzertverbots besaß er eine immense Popularität in der Bevölkerung. Grundlage hierfür waren zunächst populäre Filme und später unter der Hand verbreitete Amateur-Mitschnitte seiner illegalen Konzerte.
Russland beansprucht rund 40 Prozent der gesamten Arktis für sich – ein Gebiet von etwa neun Millionen Quadratkilometern, unter dem reiche Rohstoffreserven vermutet werden. Bereits heute erwirtschaftet Russland hinter dem Polarkreis bis zu 15 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts, vor allem durch Rohstoffabbau. Dieser schadet massiv der fragilen Umwelt der Region.
Die Erzählung Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch von Alexander Solschenizyn markierte 1962 den Beginn der öffentlichen Auseinandersetzung mit Stalinismus und Gulag. Die Tauwetterperiode währte jedoch nur kurz, erst im Zuge der Perestroika bekam man aus den literarischen Zeugnissen der politischen Repressionen ein umfassendes Bild über die Verbrechen des Stalinismus.
Der 2015 erschienene Debütroman Sulejcha otkrywajet glasa (Suleika öffnet die Augen) der russisch-tatarischen Schriftstellerin Gusel Jachina erzielte eine Auflage von einer halben Million (allein russischsprachiger) Exemplare. Der Roman schildert die sogenannte Entkulakisierung der frühen 1930er Jahre am fiktiven Schicksal der Tatarin Suleika. Gleichzeitig hagelte es am Roman und der achtteiligen TV-Verfilmung (2020) heftige Kritik von verschiedenen Seiten. Damit wurde ein weiteres Mal deutlich, dass die eigene Geschichte im heutigen Russland ein vermintes Terrain ist.
Der Große Vaterländische Krieg gehört zu einer wichtigen Ressource in der Entwicklung der russischen Identität. Doch wie bewertet Russlands junge Generation den Krieg? Und wie geht sie mit dem offiziellen Geschichtsbild des Kreml um? Nina Frieß und Félix Krawatzek über widersprüchliche Erinnerung der jungen Menschen.
„Ostarbeiter“ ist ein nationalsozialistischer Begriff, der die Situation von fast drei Millionen zivilen Bürgerinnen und Bürger aus der Sowjetunion, die während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland Zwangsarbeit leisten mussten, nur unzureichend umschreibt. Dahinter steckten jedoch die unmenschliche, rassistische Behandlung und der Antislawismus der Nazis. Auch nach der Befreiung erfuhren viele Überlebende – die meisten von ihnen Frauen – Ungerechtigkeit, Ausgrenzung und sogar Gewalt. Bis heute ist das Thema noch nicht erschöpfend erforscht, sind zahlreiche Schicksale unbekannt.
Juri Dud (geb. 1986) ist ein russischer Sportjournalist und Videoblogger. Zum Medienstar wurde er mit seinem YouTube-Projekt vDud, das er im Februar 2017 startete. Seine langen Interviews mit bekannten Musikern, Politikern und Medienschaffenden erreichen Millionen Aufrufe und stehen damit in Konkurrenz zum staatlichen Fernsehen. Im April 2022 wurde Juri Dud auf die Liste der sogenannten „ausländischen Agenten“ gesetzt.