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Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung

  • Das Wichtigste bleibt ungesagt

    Das Wichtigste bleibt ungesagt

    Der Fall Nawalny und das hohe russische Truppenaufkommen an der Grenze zur Ukraine belasten einmal mehr die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen. In seiner gestrigen Rede zur Lage der Nation ging Putin allerdings weder auf das eine noch das andere ein. Er versprach ein umfangreiches Sozialprogramm und warnte den Westen davor, rote Linien zu überschreiten.

    Am selben Tag sind russlandweit tausende Menschen einem Protestaufruf von Nawalnys Team gefolgt. Die Sicherheitsbehörden waren dabei massiv gegen die Demonstranten vorgegangen, Elektroschocker wurden eingesetzt, die Organisation OWD-Info zählt mehr als 1700 Festnahmen, über 800 davon allein in Sankt Petersburg.

    Die Politologin Tatjana Stanowaja analysiert Putins Rede auf Carnegie.ru und wirft einen Blick vor allem auf das, was er nicht sagte. Die Sprachlosigkeit zwischen politischem System und Gesellschaft, die sie konstatiert, spüren auch andere: Etwa Regisseur Andrej Swjaginzew.

    Am 21. April wandte sich Wladimir Putin nach einer längeren Pause mit seiner jährlichen Ansprache an die Föderationsversammlung. Sie war diesmal begleitet von zahlreichen Gerüchten und erwarteten Sensationen wie die offizielle Anerkennung der Donezker und Luhansker Volksrepubliken oder die Angliederung von Belarus.  

    Doch die aktuelle Rede war klar auf die Vorbereitungen zur Dumawahl im Herbst zugeschnitten. Sie sollte vor allem Anreize für die russische Gesellschaft schaffen, im Herbst für die Regierung zu stimmen oder, wenn möglich, von den Forderungen nach Wandel Abstand zu nehmen. Während alle gewartet haben auf umfangreiche Antworten zu den brennenden Themen – Ukraine, Belarus, Proteste, Wahlen, sinkende Einkommen –, hat Putin all das verdeckt mit seinen langen und ausführlichen Aufzählungen der Sozialmaßnahmen, die den größten Teil der Rede ausgemacht haben. So konnte man in diesem Jahr besonders gut spüren, dass die Reden des Präsidenten die tatsächliche Agenda inzwischen eher kaschieren als transportieren. 

    Soziale Situation verbessert sich nicht wirklich

    Wie schon vor einem Jahr bei der Verfassungsreform gehen die sozialen Hilfen vor allem an Familien mit Kindern – auch das ist eine politische Investition in konservative Werte, der Versuch, das ideologische Bündnis des Präsidenten mit den Traditionalisten finanziell zu untermauern. 

    Doch trotz der langen Aufzählung verschiedener Sozialleistungen, sollte man ihr Ausmaß nicht überschätzen. Die versprochenen Schritte im Sozialbereich sind eine konjunkturbedingte und technologische Entscheidung, die eher auf einen vorübergehenden subjektiven Effekt abzielt als auf eine reale Verbesserung der sozialen Situation. Diese Maßnahmen können nur sehr begrenzt die soziale Verärgerung und die Entfremdung von Regierung und Gesellschaft abmildern. Putin scheint die Schärfe der sozialen Probleme in Russland zu unterschätzen und glaubt, dass die Situation im Land im Großen und Ganzen völlig zufriedenstellend sei und es demnach auch keine legitimen Gründe für Proteste gebe. 

    Beruhigungspillen fürs Volk

    Dafür verändert sich der Führungsstil grundlegend: Putin wird von einer Figur, die einst die Spielregeln für die Entwicklung der Gesellschaft vorgab, zu einem Therapeuten, der die Gesellschaft davon überzeugen will, sich mit der Unabänderlichkeit der Spielregeln abzufinden. Bei seiner Rede präsentierte er sich nicht mehr als politischer Macher, sondern als Doktor, der seinen Patienten Meditationen, Impfungen und soziale Beruhigungspillen verschreibt, damit diese sich leichter mit der beunruhigenden Realität abfinden können.  

    Bei der Rede kam auch Putins Ekel vor rein politischen Themen zum Ausdruck. Den schmutzigen und zerstörerischen Kampf um die Macht möchte er ersetzen durch ein System „gesunder“ Beziehungen mit „konstruktiven“ Kräften, die sich in die Pyramide der Unterordnung und Konsolidierung einfügen. In der Praxis heißt das: Abbau aller politischen Konkurrenz, Alternativlosigkeit. Alles, was jenseits der Pyramide liegt – die Nicht-System-Opposition –, ist gänzlich aus dem Vortrag und dem zulässigen Themenbereich des Präsidenten gestrichen.  

    Der geopolitische Teil ist für Putin wohl der interessanteste, doch er war der kürzeste von allen. Und das liegt weniger daran, dass die russische Gesellschaft allen Umfragen zufolge müde ist von außenpolitischen Themen. Vielmehr ist der Präsident immer weniger gewillt, seine außenpolitischen Pläne und Entscheidungen an die Öffentlichkeit zu tragen. Alles, was tatsächlich wichtig ist für Putin, wird zu einem dichten Schwall geheimer Spezoperazii. 

    Anstatt die tatsächliche Agenda offenzulegen, präsentiert man der Öffentlichkeit bequeme Attrappen, die die gewünschten Vorstellungen hervorrufen. Eine Provokation der Geheimdienste gegen oppositionelle belarussische Politologen wird in der Beschreibung des Präsidenten zu einer gefährlichen Verschwörung, die auch noch vom Westen organisiert worden sei. Dafür bleiben die tatsächlichen Ereignisse bezüglich Belarus außen vor: Die Erwartungen hinsichtlich des [bevorstehenden] Treffens mit Lukaschenko sind enorm, doch dazu hat Putin keine Details offengelegt.

    Auch die Konfrontation mit dem Westen vereinfacht er zu einer geopolitischen Interpretation des Dschungelbuch. Der böse, gefährliche Tiger Shir Khan ist Washington, „all die kleinen Tabaquis“ – das sind Russlands Kritiker in Europa und dem postsowjetischen Raum, und der großmütige, gerechte Leitwolf Akela ist, wie man leicht erraten kann, Putin. Das ist das Niveau, auf dem der Präsident bereit ist, die tatsächliche Agenda mit seinen Wählern zu diskutieren.  

    Noch weniger ist Putin bereit, über die Nicht-System-Opposition zu sprechen, egal wie bedeutsam die mit ihr verbundenen Ereignisse sind. Alexej Nawalnys Gesundheit, über die auch der Westen diskutiert, die offenen Briefe zur Unterstützung Nawalnys von allen möglichen Personen des öffentlichen Lebens bis hin zu Nobelpreisträgern, die kompromisslose Niederschlagung von Protesten und die geplante Einstufung der Nicht-System-Opposition als „extremistisch“ – all das blieb in der Rede außen vor.

    Im Endeffekt werden die Kommunikationskanäle zwischen dem Präsidenten und der Gesellschaft immer enger. Einige Ereignisse sind dem Präsidenten zu wichtig, um sie ernsthaft mit den Bürgern zu debattieren. Deswegen werden Diskussionen durch vereinfachende Bilder ersetzt. Bei anderen Themen das genaue Gegenteil: Der Präsident hält sie für uninteressant oder unangenehm und deswegen werden auch sie nicht besprochen, völlig unabhängig von ihrer Dringlichkeit. All das zusammen lässt Putin immer weniger Möglichkeiten, eine den Geschehnissen angemessene Figur abzugeben. Er wird hinausgedrängt aus der Wirklichkeit, in der zunehmend Akteure außerhalb des Systems den Ton angeben.

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  • Die Fehler des Zaren

    Die Fehler des Zaren

    In den vergangenen Tagen häufen sich die schlechten Nachrichten rund um Alexej Nawalny: Der inhaftierte Oppositionspolitiker muss nach drei Wochen Hungerstreik in einer Klinik behandelt werden – am gestrigen Montag, 20. April, wurde er in ein Gefängniskrankenhaus verlegt, aus dem in der Vergangenheit immer wieder über Fälle von Folter und Gewalt berichtet wurde. Zuvor hatten zahlreiche internationale Politiker und auch Mediziner eine angemessene Behandlung Nawalnys gefordert, die USA drohten Konsequenzen an, sollte Nawalny im Gefängnis sterben.

    Unterdessen sollen Nawalnys Wahlkampfbüros und der von ihm gegründete Fonds für Korruptionsbekämpfung FBK als extremistisch eingestuft werden. Außerdem wurde vergangene Woche das Büro des Studentenmagazins Doxa durchsucht, vier Redaktionsmitgliedern wird vorgeworfen, Minderjährige zu illegalen Protestaktionen aufgerufen zu haben (aus demselben Grund verhängte die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor nach den Protesten im Januar und Februar unter anderem auch Geldstrafen gegen internationale Soziale Netzwerke). Nawalnys Team rief nun zu Protesten am morgigen Mittwoch, 21. April, auf.
    Bei den Nawalny-Solidaritätsprotesten im Januar und Februar hatten Sicherheitskräfte hart durchgegriffen, es kam insgesamt zu mehr als 10.000 Festnahmen, auch unabhängige Medien wurden verwarnt und mussten Inhalte löschen, Mediazona-Chefredakteur Sergej Smirnow musste für 15 Tage in Haft

    Die verschärften Repressionen des Kreml erinnern den Wirtschaftswissenschaftler Konstantin Sonin an eine andere Episode der russischen Geschichte – nämlich die Oktoberrevolution 1917. Aus der Konfrontation zwischen Zar und Revolutionären sollte der Kreml heute seine Lehren ziehen – sonst, so warnt Sonin im Onlinemagazin Vtimes, könne es zu einer Katastrophe für Staat und Gesellschaft kommen.

    Vor vielen Jahren, als ich in der Schule war, hat man uns erklärt, dass die Revolution eine sehr gute Sache war: Dass die zaristische Regierung alles falsch gemacht hatte, und dass die Revolutionäre alle Helden und tolle Kerle waren. 

    Es verging einige Zeit, und es wurde möglich, Bücher und Artikel zu lesen, über Geschichte zu diskutieren und nicht nur solche Schlüsse zu ziehen, die in den Schulbüchern standen. Es stellte sich heraus, dass die Opfer nicht nur diejenigen waren, die vom Zaren hingerichtet oder im Bürgerkrieg getötet worden waren. Es stellte sich heraus, dass die Revolution sogar für diejenigen eine Tragödie war, die sie für notwendig gehalten hatten. Und auch, dass die Menschen, die die Ordnung verteidigten, genauso viel Recht auf Leben hatten wie diejenigen, die diese Ordnung zu stürzen versuchten. Es stellte sich heraus, dass die zaristische Regierung die Bürger vor den Gefahren von Revolutionen zu Recht gewarnt hatte.

    Doch Lehren aus der Geschichte zu ziehen heißt nicht einfach, Helden in Verbrecher umzubenennen und umgekehrt. Dass jemand nicht mehr als Bösewicht angesehen wird, heißt nicht, dass er richtig gehandelt hat oder dass er nicht verantwortlich ist. Die zaristische Regierung – vom Zar und seiner Familie bis hin zu den Ministern und Polizeigenerälen – ist genauso schuldig wie die Revolutionäre: Sie alle haben das Land verloren und eine Tragödie zugelassen, die in der Geschichte ihresgleichen sucht.

    Außenpolitisches Gezocke? Check! Unmoral und Korruption? Noch ein Häkchen

    Die Parallele zum Hier und Jetzt ist offensichtlich: Taubheit gegenüber den Bedürfnissen der Bürger? Wird heute als Tapferkeit angesehen! Ungerechtfertigte Brutalität? Manche durchgedrehten Hirne glauben, dass es sogar noch mehr Brutalität brauche! Außenpolitisches Gezocke? Check! Unmoral und Korruption? Noch ein Häkchen. Statt der demonstrativen Arroganz der zaristischen Minister gibt es heute grobes Gopnik-Gehabe. Gucken Sie sich doch das Außenministerium an – das eigentlich ein Beispiel an Höflichkeit und Professionalität abgeben sollte.

    Die Geschichte mit Alexej Nawalny bündelt all diese Fehler wie unter einem Brennglas. Wenn man den Anführer der russischen Opposition zum Extremisten, Terroristen und Spion ausländischer Geheimdienste erklärt, ist das für den heimischen Gebrauch sehr komfortabel: Denn bei der Anwendung besonderer Maßnahmen nimmt das die Schuldgefühle. Aber genau das taten die Minister des Zaren, als sie Revolutionäre beschuldigten, für das Ausland zu arbeiten. Demonstrative Brutalität? Nawalny wird vor den Augen der Weltöffentlichkeit umgebracht und irgendjemand glaubt, das würde alle Probleme lösen. Genau so hat auch die Zarenregierung nicht nur Terroristen erhängt, sondern auch jene, die nur von der Revolution gesprochen haben. Die Namen der hingerichteten Revolutionäre sind bis heute nicht vergessen. Im Gegenteil: Über Jahrzehnte hinweg legitimierten diese Namen Akte des Terrors, Hinrichtungen der neuen Machthaber und Gräueltaten im Bürgerkrieg. 

    Nawalny wird vor den Augen der Weltöffentlichkeit umgebracht und irgendjemand glaubt, das würde alle Probleme lösen

    Dass Millionen von Nawalnys Unterstützern in Russland dessen Rettung vor dem Tod und Freilassung brauchen, versteht jeder. Aber wenn man nachdenkt und auf die russische Geschichte schaut: Nawalnys Leben und Freiheit brauchen auch die konservativen Bewahrer nicht weniger. Der Tod, der demonstrative Mord an Nawalny würde natürlich einige Oppositionsführer und Teile der Bevölkerung abschrecken. Es würde den Hütern der Macht eine Verschnaufpause verschaffen. Aber der Preis dafür sind Keime des Hasses und der Brutalität, die über Jahrzehnte bleiben werden. Bereits jetzt sind die politischen Repressionen unvereinbar mit Wirtschaftswachstum und -entwicklung. Wenn man sie noch verstärkt, kann man damit eine wirtschaftliche Katastrophe verursachen. Und diese Katastrophe wäre selbstverschuldet, man kann und muss sie tunlichst verhindern.

    Ich persönlich hoffe, dass das viele in der politischen Führungsebene Russlands verstanden haben. Man muss kein Anhänger Nawalnys sein, um – seinem Vorgesetzten oder auch öffentlich – zu sagen, dass der Mord eines politischen Opponenten schlecht ist, dass die Festnahme der Redaktion einer Studentenzeitung schlecht ist, dass das Verprügeln friedlicher Bürger auf Demonstrationen schlecht ist. Schlecht nicht für die Opposition, die Zeitung und die Bürger, sondern schlecht für Russland, für die Welt und die Stabilität. Welche Millionen, welche beruflichen Erfolge können schon – wenn auch erst in einigen Jahren – diesen Gedanken kompensieren: „Ich war in der Regierung in jenem Jahr, als wir Nawalny getötet und das Land zugrunde gerichtet haben“? 

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    Spasibo, Herr Biden!

  • Spasibo, Herr Biden!

    Spasibo, Herr Biden!

    Massive Truppenverlegungen an die ukrainische Grenze haben in den vergangenen Tagen wiederholt Kriegsängste geschürt. Doch nun heißt es aufatmen, zumindest vorerst: Am Dienstag hat der US-Präsident Joe Biden Wladimir Putin angerufen und ihm ein Treffen in einem neutralen Land vorgeschlagen. 

    Bidens Angebot ist laut Andrej Sinizyn genau das, was der Kreml mit der Eskalation an der Grenze zur Ukraine angestrebt hat – ein Dialog „auf Augenhöhe“. Nachdem Biden den russischen Präsidenten als „Killer“ bezeichnet hat und zahlreiche westliche Politiker einen Tiefpunkt der Beziehungen zu Russland bescheinigt haben, bringt sich der Kreml offenbar zurück an den Verhandlungstisch. Gleichzeitig haben die USA am gestrigen Donnerstag, 15. April, neue Sanktionen gegen Russland verhängt – unter anderem wegen des SolarWinds-Cyberangriffs.
    Was kann bei so einem Gipfel also überhaupt rauskommen? Diese Frage stellt Sinizyn auf Republic.  

    Biden schlägt Putin ein Treffen vor – aber welche Ergebnisse sind von diesem Gipfel zu erwarten? / Foto © Matt Johnson/Flickr CC BY SA-2.0
    Biden schlägt Putin ein Treffen vor – aber welche Ergebnisse sind von diesem Gipfel zu erwarten? / Foto © Matt Johnson/Flickr CC BY SA-2.0

    Biden ist in diesem Spiel vorgeprescht – mit einem sehr guten Zug. Zumindest bis zu einem Gipfel wird es keinen Krieg geben, und der amerikanische Präsident ist in den Augen progressiver Kräfte ein Friedensstifter. 

    Völlig unklar ist, welche Ergebnisse von diesem Gipfel zu erwarten sind. Gemeinsame Themen außer Rüstungskontrolle gibt es zwischen den USA und Russland schon lange nicht mehr. Im Laufe der Vorbereitung wird der Kreml wahrscheinlich demonstrative Schritte Richtung „Entspannung“ (vielleicht die Entlassung von Alexej Nawalny?) einleiten. Aber natürlich wird er im Gegenzug verlangen, dass die Sanktionen gelockert werden, die technische Zusammenarbeit wieder aufgenommen wird et cetera. Washington wird darauf nicht eingehen, „nach allem, was war“.  

    Putin wird natürlich darauf bestehen, dass die Ukraine die Minsker Vereinbarungen umsetzt ohne jegliche Anpassungen (wie sie zuvor Wolodymyr Selensky vorgeschlagen hatte). Hier wird Putin wohl kaum mit der Unterstützung Bidens rechnen können, doch der Kreml wird bemüht sein, schon vor dem Gipfel Druck auf Selensky auszuüben – damit der „von sich aus um Verzeihung bittet“.

    Insgesamt wird es keinen Durchbruch geben, wie es ihn auch bei den Treffen von Putin mit Trump nicht gegeben hat. Die große Frage ist: Wie lange hält der Friedenseffekt von Bidens Anruf und dem geplanten Gipfel? Das traurige Fazit aus dem aktuellen Geschehen ist, dass Russland keine Hebel mehr hat, um sich in die Weltpolitik einzubringen und Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – außer durch Androhung eines Krieges.  

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  • Vom Säbelrasseln zum Krieg?

    Vom Säbelrasseln zum Krieg?

    Im Osten der Ukraine bahnt sich eine neue Krise an: Seit dem Frühjahr gibt es vermehrt Schusswechsel, trotz einer vereinbarten Waffenruhe sind 2021 schon rund 50 Menschen gestorben. Während der Kreml Truppenverlegungen an die ukrainische Grenze anordnet, läuft die Propaganda des russischen Staatsfernsehens auf Hochtouren: Die Ukraine bereite einen Angriff vor, Russlands „Friedenstruppen“ seien bereit, im Donbass einzumarschieren und dort für Ordnung zu sorgen, so der Tenor. 

    Die Ukraine versetzt Truppen in Bereitschaft und sucht Beistand im Ausland: In einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Selensky sagte Joe Biden, dass die Ukraine auf die „unerschütterliche Unterstützung“ Amerikas zählen könne. 

    Die Einschätzungen der Lage gehen in Russland weit auseinander: Der russische Militärexperte Pawel Felgengauer glaubt etwa, dass die Krise sich im Extremfall sogar zu einem Weltkrieg auswachsen könne. Für Felgengauers Mitstreiter Alexander Golz ist sie vor allem Säbelrasseln, das dem Aufbau einer Drohkulisse gegenüber dem Westen dient. 

    Auch Fjodor Krascheninnikow argumentiert, dass Putin wohl keinen neuen Krieg will. Auf Republic kommentiert der Journalist, was der Kreml mit der aktuellen Eskalation beabsichtigt und warum die Situation trotz allem brandgefährlich ist.

    Im Internet häufen sich Aufnahmen von Militärfahrzeugen entlang der ukrainischen Grenze – laut „The Insider“ die größte Konzentration russischer Truppen dort seit 2015 / Screenshot © The Insider

    Warum braucht Putin einen Krieg? Die Frage mag denen idiotisch erscheinen, die schon alle Argumente rauf und runtergenudelt haben: Die Beliebtheitswerte sinken, der Westen will nur über Nawalny reden, und überhaupt – die weltumspannende Figur des Dr. Evil verlangt nach Aggression. Beständiges Geheul im Sumpf der Propaganda. Irgendwas hat das doch zu bedeuten. Gerade mit dem ganzen Militärgerät vor Augen.

    Die Staffeln von Militärgerät wirken besonders beunruhigend. Das geflügelte Wort, dass auch eine ungeladene Pistole einmal im Jahr losgeht, lässt Bedenken aufkommen, ob Riesenmengen an schweren Waffen und Soldaten, die sich am selben Ort befinden, nicht unweigerlich mit einer Schießerei enden. 

    Alles andere ist bei genauerem Nachdenken bedeutungslos. Bereitet man sich auf einen echten Krieg vor, dann jault man darüber nicht von morgens bis abends. 

    Das ist die dümmste aller Kriegsvorbereitungen, die man sich vorstellen kann

    Das Ergebnis ist irgendein Blödsinn: Putin hat beschlossen Krieg zu führen, hat dem Gegner aber einen Haufen Zeit gegeben sich vorzubereiten. Und damit der mehr Argumente zur Mobilisierung der Nachbarn zwecks Unterstützung hat – wird noch Angst geschürt und von morgens bis abends demonstriert, wie ernsthaft das Vorhaben ist. Es gibt natürlich alles Mögliche, aber das ist die dümmste aller Kriegsvorbereitungen, die man sich vorstellen kann.

    Wie sehr sich Chauvinisten auch versichern, dass die Ukraine keine Armee hat, keine hatte und keine haben wird – das entspricht im Frühjahr 2021 nicht den Tatsachen: Es gibt dort eine Armee, und selbst wenn es nicht die beste auf der Welt ist, so kann sie dem Gegner doch Schaden zufügen. Schaden – das bedeutet, falls es jemand nicht verstanden hat, Leichen unter unseren Landsleuten. Hunderte, tausende, im schlimmsten Fall zehntausende Leichen.

    2021 ist nicht 2014

    Der Unterschied zwischen unserer Zeit und der jüngsten Vergangenheit besteht darin, dass Opfer in der Gesellschaft schon lange nicht mehr als etwas Selbstverständliches angesehen werden. Es ist kein Zufall, dass die im letzten Ukrainekrieg und bei anderen geopolitischen Abenteuern Gefallenen ohne großen Pathos beerdigt werden und großer Aufwand betrieben wird, damit ihre Familien nicht vor aller Augen trauern. Das Krim-Epos brachte Putin einen so großen Erfolg ein, weil beim Normalbürger der Eindruck entstand, es wäre kein Blut geflossen.

    Ich wage zu behaupten, dass selbst der schwächste Widerstand der ukrainischen Armee unsere Falken verschrecken und überhaupt die ganze patriotische Messe vermiesen könnte: Höfliche Menschen, die von Krimbewohnern mit Blumen begrüßt werden, und ein ukrainischer Admiral, der in den russischen Dienst überläuft – das ist eine Sache. Aber Krieg, Leichen und Schusswechsel sind eine völlig andere Sache. Kommt mir nicht mit „Rückkehr in den Heimathafen“. Es ist völlig offensichtlich, dass die ukrainische Armee im Jahr 2021 bereit ist für einen Krieg. Schüsse und Opfer wird man da auf keinen Fall vermeiden können. 

    Das Rasseln mit den Säbeln ist weitaus wirkungsvoller als ihr Einsatz

    Der Krieg als Möglichkeit, um den Verhandlungen mit dem Westen einen anderen Dreh zu geben, scheint eine logische Variante zu sein. Doch auch hier scheint das Rasseln mit den Säbeln weitaus wirkungsvoller zu sein als ihr Einsatz. Denn wenn ein Krieg ausbricht, dann werden die Verhandlungen enden, und es ist unklar, wer in welcher Position ist, wenn erneut Verhandlungen aufgenommen werden. Darum ist eine Kriegsdrohung deutlich besser als ein Krieg, wenn es um Verhandlungstaktiken geht.   

    Auch die innenpolitischen Probleme Putins verlangen nicht nach einem handfesten Krieg. Diskussionen um innere Probleme kann man mit demonstrativen Kriegsvorbereitungen vermeiden, nicht mit einem Krieg. Um die Stammwählerschaft zu mobilisieren (auf alle anderen wird doch eh schon längst gepfiffen, falls das jemand noch nicht bemerkt hat) und rituellen Segen für weitere Gewalt gegen die Opposition zu bekommen – dafür braucht es sicher keinen Krieg als solchen, zumindest keinen realen. Die Leute wurden dazu erzogen, dem Fernseher zu vertrauen – und sie werden leicht daran glauben, Putin habe auch ohne Krieg alle überlistet, oder der Krieg habe schon stattgefunden und mit einem weiteren Sieg für uns geendet.

    Das Feiglingsspiel

    In der Mathematik gibt es den Bereich der Spieltheorie. Beachtenswert ist da das Chicken Game, das in einer einfachen Variante so aussieht: Zwei Autofahrer jagen aufeinander zu, und wer als erstes der Gefahr ausweicht, der ist ein Feigling. Und wer nicht ausweicht, der gewinnt. Falls keiner ausweicht, können beide beim Unfall umkommen.

    Damit der Gegenspieler garantiert als erstes ausweicht, ist es sinnvoll, vorab Leichtsinn oder gar Fatalismus zu demonstrieren: Der Gegner soll denken, dass dieser Dummkopf tatsächlich bereit ist zu sterben und den anderen mit ins Grab zu ziehen.

    Genau dieses Spiel spielt Putin nun mit dem Westen. Auf der einen Seite gibt es ihn, den Diktator, der mit allen Mitteln demonstriert, dass ihn die Meinung irgendwelcher Unzufriedener im eigenen Land überhaupt nicht interessiert, der nicht vorhat, sich in irgendwelchen Wahlkämpfen zu behaupten, und sich deswegen auch egal was erlauben kann – sei es, bis zum Äußersten zu gehen und tatsächlich einen Krieg anzuzetteln, oder seien es Zugeständnisse. Auf der anderen Seite gibt es die Eliten des Westens und allen voran der USA, die sehr wohl abhängig sind von der öffentlichen Meinung im eigenen Land und voneinander.

    Wolltet ihr etwa wirklich einen Krieg mit Russland wegen irgendeiner Ukraine?

    Darin liegt anscheinend Putins größter Trumpf: Die gegenwärtige westliche Moral macht Krieg zu einer größeren Schmach als Feigheit. Das gibt den westlichen Herrschern die Möglichkeit, im letzten Moment vom Pfad der Konfrontation abzuspringen und den Wählern zu sagen: Wolltet ihr etwa wirklich einen Krieg mit Russland wegen irgendeiner Ukraine?

    Genau darauf spekuliert Putin, wie es scheint: dass der Westen im Augenblick der größten Anspannung einen Rückzieher macht und sich nicht nur damit abfindet, dass die Krim russisch ist, sondern auch damit, dass die Ukraine zur russischen Einflusssphäre gehört und man sich in innere Angelegenheiten Russlands eben keinesfalls einzumischen hat. 

    Drohender Kontrollverlust

    Wenn der Welt und uns allen etwas droht, dann, dass die massenhafte Konzentration von bewaffneten Menschen und Militärtechnik an einem Ort zu einer Entwicklung der Ereignisse führen kann, die von niemandem mehr beherrscht wird. Putin, Biden und Selensky versuchen vielleicht globale Probleme zu lösen. Aber dann sind da ja auch noch die Offiziere und Generäle der Armeen und Geheimdienste, für die Krieg ein absolut legitimes Mittel zum Aufstieg auf der Karriereleiter ist. Und schließlich gibt es einfach auch noch Abenteurer, Sadisten, Beutemacher und andere Halunken verschiedenster Couleur, denen der Krieg eine Chance bietet, ihre alles andere als globalen Probleme zu lösen.

    Der Krieg könnte wie zufällig beginnen – als Antwort auf eine weitere Provokation, als lokale Operation, als Ergebnis einer falschen Lageeinschätzung oder als bewusste Manipulation von jemandem, dem persönlich an einer Eskalation gelegen ist. Den ersten Schritt könnte auch die Ukraine machen, denn auch für deren Regierung wäre das eine völlig erklärbare Strategie: Auf einen Krieg kann man vieles abschieben und Probleme hat Selensky genug. Kurz gesagt, momentan könnte alles mögliche passieren, durch das Verschulden von einer beliebigen Seite. Aber wenn ein Krieg ausbricht, dann ist das nie zufällig, sondern die gesetzmäßige Folge dessen, was in den vergangenen Jahren passiert ist. 
    Und dennoch bleibt die Hoffnung, dass es nicht zu einem großen Krieg kommt. Moderne Kommunikationsmittel bieten die Chance, dass im letzten Moment trotz allem der Befehl ankommt, der heißt: Entwarnung.

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  • „Der Zusammenbruch könnte unerwartet kommen“

    „Der Zusammenbruch könnte unerwartet kommen“

    Der Tag der Freiheit, der am 25. März zu Ehren der Ausrufung der Belarussischen Volksrepublik im Jahr 1918 begangen wurde, war für die Opposition nicht der erhoffte Aufbruch in eine zweite große Protestwelle. Die belarussischen Machthaber hatten vor allem in Minsk massiv polizeiliches und militärisches Gerät und Sicherheitskräfte aufgefahren. Den ganzen Tag über sowie an den Folgetagen kam es im ganzen Land zu Hausdurchsuchungen bei NGOs und Medien und zu Festnahmen. Am 25. und 26. März waren es laut der Menschenrechtsorganisation Viasna 96 über 200 Menschen, am 27. sogar 247

    Der Journalist Alexander Klaskowski liefert in seiner aktuellen Analyse für das belarussische Medienportal Naviny.by Gründe für den ausgebliebenen großen Protest. Dabei kommt er auch zu der Feststellung, dass das System Lukaschenko trotz der Machtdemonstration zum Tag der Freiheit ziemlich ausgelaugt wirke.

    Direkt am Tag der Freiheit, am 25. März, gab es eine Reihe lokaler Aktionen – verhaftet wurden laut Angaben des Innenministeriums mehr als 200 Menschen. Für Samstag, den 27. März, sprechen zu dem Zeitpunkt, wo diese Zeilen geschrieben werden, Bürgerrechtler von knapp 190 Verhaftungen, darunter eine Vielzahl von Journalisten.

    Die Pressesprecherin des Innenministeriums Olga Tschemodanowa berichtete in ihrem Telegram-Kanal unter der Überschrift Die Protestbewegung in Belarus geht gen Null, dass es „in keiner Region des Landes eine nicht genehmigte Massenveranstaltung gab“. Nur in Minsk seien „vereinzelte Gruppen mit nicht offiziell registrierter Symbolik gesehen worden, ein paar Demonstranten wurden zur Klärung in Polizeireviere gebracht.“

    Tatsächlich – trotz der Aufrufe an die Belarussen in einigen Telegram-Kanälen und von Pawel Latuschko, einem Anführer der politischen Opposition, auf die Straße zu gehen – ist weder am 25. noch am 27. März ein fulminanter Start des heißen Frühlings gelungen. Diejenigen, die am Samstag versuchten, zum Treffpunkt vorzudringen, wurden präventiv festgenommen. Viele kreisten in der Nähe vom [im Laufe des Tages über Telegram bekannt gegebenen Treffpunkt – dek] Platz Bangalor und sorgten dafür, nicht erkannt zu werden.

    Die Machthaber hatten sich vor dem Tag der Freiheit gefürchtet. Die Sicherheitskräfte wurden intensiv vorbereitet. Die Richter schmiedeten in den vergangenen Wochen demonstrativ harte Urteile gegen Protestteilnehmer vom letzten Jahr. Angekündigt wurde auch eine Verschärfung der Strafgesetzgebung. Am 25. und 27. März war die Hauptstadt überflutet von Menschen in Uniform, Zivilpolizisten, Wasserwerfern, Gefängnistransportern und anderem technischen Gerät. Das zeigte Wirkung.

    Warum sind die Belarussen lieber zu Hause geblieben?

    Und nun, wo klar ist, dass die Situation ohne besondere Exzesse unter Kontrolle gehalten werden konnte, atmet da ein Alexander Lukaschenko erleichtert auf? Denn nach außen wirkt es ja so, als hätte er die Proteste erstickt. Ja, mit harten Methoden, viele Belarussen sind wütend, er ist heftig zerstritten mit dem demokratischen Teil der Welt – aber er hat sie erstickt. Oder nicht ganz?

    „Zu sagen, dass alles erstickt, gesäubert und zum Schweigen gebracht wurde, wäre falsch“, meint der Politikexperte Juri Drakochrust. Gegenüber Naviny.by betonte er, dass vom 25. bis 27. März unterschiedliche Demonstrationsformen zu beobachten gewesen seien: Feuerwerk, aus dem Fenster gehängte weiß-rot-weiße Flaggen, lokale Hofaktionen, „und manch einer hat auch versucht, auf den Bangalor zu kommen“.

    Wobei der Experte unterstreicht, dass der Tag der Freiheit bislang immer ein Höhepunkt der Protestaktionen war. Dass es dieses Mal so bescheiden ablief, lässt folgende „Trendprognose“ zu: „Wahrscheinlich wird der ganze Frühling so.“

    Wobei man festhalten muss: Im vorigen Jahr hatte fast niemand vorhergesehen, dass es im August solch heftige Proteste geben würde.
    Warum sind die Belarussen jetzt lieber zu Hause geblieben? Drakochrust sieht hierfür hauptsächlich zwei Gründe. Erstens haben die Machthaber ihnen Angst eingejagt und zweitens setze der Müdigkeitsfaktor ein: „Ein derartiger gesellschaftlicher Aufbruch, ein solcher Drive lässt sich auf diesem Niveau nicht ewig aufrechterhalten.“ Nach einer derartig heftigen Flut wie vergangenes Jahr, komm jetzt erstmal politische Ebbe, so Drakochrust. 

    Gewalt ist die Stütze des Systems

    Allem Anschein nach zu urteilen, habe Lukaschenko die Situation unter Kontrolle gebracht. Aktuell sei seine Macht durch das Volk nicht bedroht, so der Politikexperte des Zentrums Strategie in Minsk Waleri Karbalewitsch. Der denkt ebenfalls, dass die Proteste im aktuellen Frühling kaum mit denen im vergangenen Jahr zu vergleichen sein werden.

    Gleichzeitig, meint der Politologe, passe die gängige Metapher vom Moorbrand gut auf die heutige Situation in Belarus: Oben ist kein Feuer zu sehen, aber unten in der Tiefe lodert es.

    „Die Proteststimmung ist nirgendwohin verschwunden. Die Lage hat sich für Lukaschenko eklatant verändert, ihm ist klar, dass nicht die Gesellschaft seine Stütze ist, sondern die rohe Gewalt. Und das ist sein Problem“, meint Karbalewitsch.

    Speziell in den anstehenden Wahl- und Abstimmungskampagnen 2021 und 2022 sieht er eine Gefahr für das Regime. Nach Ansicht von Drakochrust könnten nicht nur diese Kampagnen einen neuerlichen Ausbruch der Protestaktivität hervorrufen, sondern auch wirtschaftliche Misserfolge der Regierung.

    Ferner, so der Experte, sei es schwer einzuschätzen, „wie schwerwiegend der Schock war, den die Staatsmacht im vergangenen Jahr erfahren hat, und wie brüchig und schwach das System heute ist.“ Man dürfe auch nicht vergessen, dass es während der Perestroika nicht so aussah, dass „das Volk revoltiert und die Macht der Kommunisten abgeschüttelt“ habe – das sowjetische System sei „quasi an jeder Stelle von innen heraus zerfallen.“ 

    Der Experte schließt nicht aus, dass die Ereignisse des vergangenen Jahres das System Lukaschenko enorm unterminiert und ins Wanken gebracht haben und „zum Vorspiel von dessen weiterer Destruktion“ geworden seien. Der Zusammenbruch könne unerwartet kommen, angestoßen beispielsweise durch wirtschaftliche Missstände.

    Drakochrust zieht eine Parallele zu den russischen Revolutionen: 1905 haben selbst die heftigen Kämpfe in der Krasnaja Presnja den Aufständischen nicht zum Sieg verholfen, während 1917 Brotkrawalle in Petrograd zur Abdankung des Zaren geführt haben.

    Der Machtapparat hat keine Antworten

    Lukaschenko hat bis spätestens Anfang 2022 ein Referendum zur neuen Verfassung versprochen. Die Volksabstimmung wird womöglich mit Regionalwahlen verknüpft und im Dezember durchgeführt, vor den Neujahrsfeierlichkeiten. Das bedeutet, dass die Abstimmungskampagne bereits im Herbst startet.

    Dann wird Lukaschenko vor einem Dilemma stehen: Falls er die Kampagne im brutalen Stil führt, werden die Legitimität der neuen Verfassung minimal, der Konflikt mit dem Westen verschärft und härtere Sanktionen wahrscheinlich. Falls er die Daumenschrauben lockert und dem Volk zumindest minimale Freiheiten in der Vorwahlzeit garantiert, dann könnte das System derart erschüttert werden, dass es aus den Fugen gerät. Eine gute Lösung gibt es für den Führer des politischen Regimes hier nicht.

    Auch in der Wirtschaft wird es keine guten Lösungen geben bei dem altmodischen, staatszentralistischen Ansatz, den Lukaschenko predigt. Wenn sie einfach Geld drucken, um den Staatssektor zu retten und die Haushaltslöcher zu stopfen (und diese geniale Idee scheint zu erstarken), dann wird ein großer Knall ähnlich dem von 2011 mit seiner enormen Devaluation und Hyperinflation sehr wahrscheinlich. So oder so wird die Wirtschaft ohne Reformen stagnieren oder schrumpfen.

    Schließlich ist auch der repressive Hammer eine riskante Methode. Eine über das Maß gespannte Sprungfeder kann plötzlich losschießen.
    Der Protest ist vorerst notdürftig niedergetreten. Aber auf die Fragen, die die Gesellschaft im vergangenen Jahr äußerst scharf gestellt hat, hat Lukaschenko keine Antworten. Das Regime wirkte noch nie so ausgelaugt wie jetzt. Genau so ausgelaugt war das sowjetische System in den 1980er Jahren – und sein Ende war bloß eine Frage der Zeit.

    Eine andere Sache ist, dass nach dem alten Sowok nicht das Paradies kam. Auch der Zerfall des Lukaschenko-Regimes bedeutet nicht, dass gleich die lichte Zukunft anbricht. Doch damit nicht genug, denn diese Perspektive birgt in sich ernsthafte Risiken, darunter auch eine russische Expansion. Aber das ist ein anderes Thema. 

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  • Bystro #22: Twitter gedrosselt – wie, warum, weshalb?

    Bystro #22: Twitter gedrosselt – wie, warum, weshalb?

    Anfang März hatte Putin vor den Gefahren des Internets gerade für Jugendliche gewarnt, die im Netz zum Suizid oder zur Teilnahme an illegalen Aktionen aufgefordert würden. Mit fast gleichlautender Begründung verlangsamte die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor am 10. März plötzlich den Kurznachrichtendienst Twitter. Gleichzeitig lagen Seiten von staatlichen Institutionen lahm – viele fühlten sich an den Kampf von Roskomnadsor gegen Telegram 2018 erinnert.
    Was genau ist passiert? Warum ausgerechnet jetzt? Und ist das überhaupt legal?
    Ein Überblick von Meduza in fünf Fragen und Antworten.

    1. 1. Was ist passiert? 

      Die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor hat erklärt, dass sie vom 10. März an die Zugangsgeschwindigkeit zu Twitter in Russland verlangsamen wird. Erklärt wird das damit, dass das Soziale Netzwerk auf Bitten der Regulationsbehörde nicht reagiert, „rechtswidrigen Content“ zu entfernen: Aufrufe zum Selbstmord, extremistische Materialien, Kinderpornographie, Informationen zu Drogen et cetera.

      Roskomnadsor bestätigt, dass Twitter derartige Forderungen schon über viele Jahre ignoriert, genau genommen seit 2017. Wenn die Leitung des Kurznachrichtendienstes seinen Ansatz nicht ändert, würden „die Maßnahmen zur Einflussnahme erweitert“. Mit anderen Worten: Twitter könnte in Russland blockiert werden.

    2. 2. Entfernt Twitter das alles tatsächlich nicht?

      Twitter entfernt Inhalte, jedoch nicht in dem Umfang, wie Roskomnadsor das gern hätte. Laut dem letzten Transparency Report der Plattform, hat der Kurznachrichtendienst in der ersten Hälfte 2020 von russischen Staatsorganen 8949 Anfragen bekommen, Content unterschiedlichsten Inhalts zu entfernen. Dem ist Twitter in gut 20 Prozent der Fälle nachgekommen: 1437 Tweets wurden auf dem Gebiet Russlands gesperrt.

      Gegen 628 Accounts wurden gemäß der Nutzungsbedingungen des Sozialen Netzwerks Maßnahmen ergriffen – sei es, dass Content entfernt oder Accounts blockiert wurden. Twitter selbst legt jedoch nicht offen, was genau unternommen wurde.

      Roskomnadsor behauptet, seit 2017 über 28.000 Löschaufforderungen an Twitter geschickt zu haben, jedoch habe Twitter 3168 Materialien mit verbotenem Inhalt immer noch nicht entfernt.

    3. 3. Warum können sich Roskomnadsor und Twitter nicht einigen?

      Es gibt seit Langem Probleme zwischen Roskomnadsor und Twitter. Beispielsweise erfüllt Twitter nicht die gesetzliche Forderung, persönliche Daten russischer User auf Servern in Russland zu speichern. Dafür wurde das Soziale Netzwerk Anfang 2020 mit einer Geldstrafe von vier Millionen Rubel [damals etwa 56.000 Euro – dek]  belegt, was natürlich keinerlei Wirkung auf die Firmenleitung hatte.

      In den letzten Monaten fordert Roskomnadsor besonders eifrig, dass Soziale Netzwerke auf seine Bitte hin Inhalte entfernen. Dies ist vor allem auf die verstärkte Protestaktivität im Zusammenhang mit der Vergiftung, Rückkehr und Verhaftung Alexej Nawalnys zurückzuführen. Im Ordnungswidrigkeitengesetz stehen seit dem 30. Dezember 2020 denn auch „Sanktionen im Fall der Unterlassung von beschränkenden Maßnahmen beim Zugang zu Informationen, die einen Minderjährigen zur Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung, Kundgebung, Demonstration verleiten“. Twitter hat es bisher nicht eilig, diese neue Regel einzuhalten.

      Außerdem missfällt Roskomnadsor außerordentlich, wie Twitter Accounts mit prorussischer Propaganda blockiert. Ende Februar hat die Behörde Twitter zur Erklärungen aufgefordert wegen 100 gesperrter Accounts, die angeblich der russischen Trollfabrik gehören.

    4. 4. Ist die Verlangsamung des Zugriffs auf Twitter überhaupt legal?

      Das ist eine umstrittene Frage. In der aktuellen Gesetzgebung gibt es keine Regelung, die explizit eine mögliche Geschwindigkeitsdrosselung für Internetressourcen vorsieht, falls diese den Forderungen der Regierung nicht entsprechen, wie der Jurist und Partner des Zentrums für Digitalrechte Sarkis Dabrinjan gegenüber Meduza erklärt und die Direktorin des Instituts für Internetforschung Karen Kasarjan bestätigt.

      Nach Angaben beider Gesprächspartner von Meduza nutzt Roskomnadsor zur Begründung der Geschwindigkeitsbegrenzung für Twitter ein Schlupfloch im Gesetz über das souveräne Runet, das im November 2019 in Kraft getreten ist. Eine der gesetzlichen Bestimmungen besagt Folgendes: Das Zugänglichmachen von Informationen, die nach russischen Gesetzen einer Beschränkung unterliegen, gelte als „Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Internets auf dem Gebiet der Russischen Föderation“. Roskomnadsor muss diese „Gefahr“ in eine interne Liste aufnehmen und anschließend festlegen, wie man darauf reagiert, einschließlich konkreter Maßnahmen zur Beseitigung der „Gefahr“. Zu solchen Maßnahmen zählen die „Veränderung von Routen für Telekommunikationsmitteilungen“ und die „Veränderung der Konfiguration von Verbindungsmitteln“. 

      Das sind sehr schwammige Formulierungen, mit denen man quasi beliebige Handlungen im Telekommunikationswesen begründen kann, darunter eben auch die Verlangsamung von Zugriffsgeschwindigkeiten, da dafür tatsächlich die „Konfiguration der Verbindungsmittel“ verändert wird.

      Aber ob das Vorgehen von Roskomnadsor legal ist, lässt sich nicht eindeutig sagen, denn gesetzlich ist ein genaues Vorgehen festgelegt, und ob dieses eingehalten wurde, weiß man nicht.

    5. 5. Sollte Twitter vielleicht einfach gegen die Entscheidung von Roskomnadsor klagen?

      Die Plattform hat das Recht, sich an ein russisches Gericht zu wenden, um das Vorgehen von Roskomnadsor anzufechten. „Doch die Chancen, dass eine amerikanische Social-Media-Plattform im Haus- und Hofgericht von Roskomnadsor im Moskauer Taganski-Bezirk gewinnt, gehen gegen Null“, meint Sarkis Darbinjan.

    *Das französische Wort Bistro stammt angeblich vom russischen Wort bystro (dt. schnell). Während der napoleonischen Kriege sollen die hungrigen Kosaken in Paris den Kellnern zugerufen haben: „Bystro, bystro!“ (dt. „Schnell, schnell!“) Eine etymologische Herleitung, die leider nicht belegt ist. Aber eine schöne Geschichte.

    Text: Maria Kolomytschenko/Meduza
    Übersetzung: dekoder-Redaktion
    Veröffentlicht am 12.03.2021

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  • Was war da los? #3

    Was war da los? #3

    Vor 30 Jahren kamen am 10. März 1991 eine halbe Million Menschen zu einer Demonstration auf dem Maneshnaja Ploschtschad, mitten in Moskau und nah am Kreml. Michail Schneider, einer der damaligen Organisatoren, erinnert sich:

    Foto © Alexander Makarow/RIA Nowosti
    Foto © Alexander Makarow/RIA Nowosti

    Die Demonstration am 10. März 1991 fand im Vorfeld des Referendums statt, bei dem es um „die Aufrechterhaltung der UdSSR in neuem Format“ ging. Niemand hatte eine so rechte Vorstellung davon, was eine „erneuerte Union“ sein sollte. Uns war klar, dass es sich schlicht um ein weiteres Zauberkunststück der sowjetischen Propaganda handelte. Abgesehen davon war offensichtlich, dass die Sowjetunion tatsächlich schon auseinanderfiel. Wir glaubten nicht daran, dass die kommunistische Führung eine echte Reform der Sowjetunion anzubieten hatte. Deswegen rief das Demokratische Russland die Bürger auf, mit „Nein“ zu stimmen. Demokratisches Russland war in dieser Zeit eine sehr einflussreiche politische Kraft, man musste ernsthaft mit uns rechnen.

    Einer der Versammlungsorte [der Demonstranten am 10. März] war auf dem Oktjabrskaja Ploschtschad. Von dort zogen wir als Kolonne zum Maneshnaja Ploschtschad. Es waren ungefähr 150.000 bis 200.000 Menschen, wobei sich auf dem Weg noch Menschen dazugesellten. Vorn liefen die Redner, die auf die Bühne mussten, und die Organisatoren – an der Organisation von Demonstrationen waren damals gut und gern fünf bis sieben Leute beteiligt.

    Wir wurden damals aus zehn oder zwanzig Metern Entfernung von Fernsehkameras gefilmt. Das waren Journalisten der staatlichen Sender, die unsere Aktionen kritisch verfolgten. Ihr grundsätzlicher Vorbehalt bestand darin, dass die Opposition kein positives Programm zu bieten hätte. Das ähnelt in Vielem der Situation heute, doch damals wurde noch nicht dermaßen gelogen.

    Meine Rolle als Organisator bestand darin, die Kolonne sicher zum Versammlungsort zu geleiten. Wir achteten darauf, das die hinteren Reihen nicht in die Reihen davor drängten und regulierten das Tempo. 

    Aber Gedränge gab es nicht, die Menschen waren sehr diszipliniert und achteten aufeinander. Das war Selbstorganisation auf sehr hohem Niveau. Auf dem Weg riefen sie Parolen zur Unterstützung Jelzins und forderten den Rücktritt Gorbatschows.

    Am 10. März traten Vertreter des Demokratischen Russland vors Publikum. Und man bekam auf der Tribüne vor den zigtausend Menschen das Gefühl, dass das alles gut gehen wird und bald die lichte Zukunft anbricht.

    Am 10. März kamen tatsächlich viele – unterschiedlichen Angaben zufolge 200.000 bis 500.000 Menschen. Doch ich würde nicht sagen, dass das die größte Demonstration war. In dieser Zeit kamen zu allen Demos des Demokratischen Russland mehrere Hunderttausend. Auf dem Maneshnaja Ploschtschad fanden höchstens 250.000 Platz. Wenn der voll war, füllten die Menschen die Twerskaja Uliza. Dort standen Lautsprecher, die Reden schallten über die ganze Straße. Auch auf dem Ploschtschad Revoluzii standen Menschen und einige auch am Ochotny Rjad.

    Enorm bewegt hat mich, als ich sah, dass die viele Arbeit, die Menschen zur Teilnahme an den Aktionen aufzurufen, Früchte trug. Damals benutzten wir für die Organisation einer großen Aktion Telefonketten und Flugblätter. In dieser Zeit bildeten die Organisatoren eine Art Pyramide: In jedem Stadtteil gab es einen verantwortlichen „Telefonleiter“, der die Informationen an andere Aktivisten weitergab, die dann wiederum die Infos weiterverteilten. Zuweilen half Echo Moskwy, die eng mit dem Mossowjet zusammenarbeiteten, mit eigenen Aufrufen. 

    Damals hatten wir alle die Vorstellung, wir würden bald leben wie im Westen. Doch die Vorstellung der Menschen von der Zukunft war völlig naiv: Die meisten dachten, es würde genügen, das kommunistische Regime zu stürzen und die Marktwirtschaft einzuführen. Und so würde die Bevölkerung buchstäblich in ein paar Jahren im Wohlstand leben.

    Das Land erlebte damals eine Revolution. Sie hatte 1985 mit der Wahl Gorbatschows zum Generalsekretär des ZK der KPdSU begonnen und verlief in mehreren Etappen. Ihren Höhepunkt hatte sie bei den Ereignissen am 19. bis 22. August 1991 erreicht.

    In dieser Zeit herrschte ein Geist absoluter Freiheit. Man konnte sagen, was man dachte, ohne die Angst, vom KGB verhaftet oder in die Klapse eingewiesen zu werden. Die Menschen lasen, was sie wollten, schrieben, was sie wollten, gingen mit Plakaten auf die Straße. Arbeiter und Kumpel, die unzufrieden waren, streikten. Niemand drangsalierte oder verhaftete sie deswegen – heutzutage ist das schwer vorstellbar.

    Innerhalb der letzten 30 Jahre gab es monströse Veränderungen. Von diesem Geist ist nichts mehr übrig. Heute ist jeder politische Kampf scharf begrenzt.

    Autor: Alexej Schumkin/Meduza
    Übersetzung: dekoder-Redaktion

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  • „Die russische Propaganda hat sich selbst besiegt“

    „Die russische Propaganda hat sich selbst besiegt“

    Eine Corona-Impfung in Moskau zu bekommen ist ungefähr so einfach wie sich ein Brot zu kaufen – auf diese Formel hat es vergangene Woche Sergej Medwedew gebracht. Der Politologe fügte hinzu, dass der Impfstoff allerdings nur in Moskau so einfach zu bekommen sei; in den Regionen geht die „Massenimpfung“ mit Sputnik V dagegen nur langsam voran.

    Bislang haben landesweit rund fünf Prozent der Gesamtbevölkerung mindestens ihre Erstimpfung erhalten. Dabei gehört Russland zu den am schlimmsten betroffenen Ländern der Welt und hat als erstes Land überhaupt einen Impfstoff für die breite Anwendung zugelassen.

    Warum ist die Impfquote in Russland dann so niedrig, fragt der Journalist Maxim Trudoljubow auf Facebook.

    Die Mehrheit der Russen (62 Prozent) will sich nicht gegen Covid impfen lassen, 64 Prozent denken, dass es sich bei diesem Virus um eine biologische Waffe handelt (was muss wohl bei denen im Kopf vorgehen, die das eine wie das andere denken?)

    Gleichzeitig liegt Russland unbestritten an der Weltspitze, was die schnelle Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs gegen Covid betrifft. Und es bildet die Weltspitze, was die Hilfe für andere Länder bei der Impfung betrifft: 39 Länder haben den russischen Impfstoff zugelassen, darunter zwei EU-Staaten, die nicht die EU-Zulassung abgewartet haben – Ungarn und die Slowakei.

    Natürlich ist das ein Sieg. Die Frage ist: ein Sieg über wen?
    Die russische Propaganda hat sich selbst besiegt und die eigenen russischen Bürger. Die jahrelange Verbreitung von Verschwörungstheorien und diversem antiwissenschaftlichem Unsinn hat dazu geführt, dass sich in dem Land, das in der Impfstoffentwicklung an der Spitze steht, die Menschen vor Impfungen fürchten. Das führt zu Todesfällen, die zu vermeiden wären, und zur Isolation in der Weltgemeinschaft, denn das Tempo der Impfung ist wahrhaft ein Wettrennen. Die Länder mit der größten Impfquote werden füreinander die Grenzen öffnen.

    In Russland ist die Impfquote niedrig. Hier führen Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und Großbritannien das Feld an, aber mittlerweile auch die USA, wo es anfangs große Probleme gab. Dies sind Daten der Universität Oxford.
    Russland ist wohl das einzige Land auf der Welt, wo das Angebot an Impfstoff die Nachfrage übersteigt.
    Die PR-Kampagne sollte zur Anerkennung des russischen Erfolgs führen, und zwar weltweit. Doch betrachtet man die gigantischen Möglichkeiten der russischen Propagandamaschine – würde es sich dann nicht vielleicht lohnen, sie für die  Anerkennung der Erfolge Russlands in Russland selbst einzusetzen?

    Schon allein aus diesem Grund ist Propaganda nicht einfach nur eine Technologie, sondern eine Waffe, die wir gegen uns selbst richten.

    P. S.: Und womit wurde eigentlich Putin geimpft, und warum haben sie es nicht gesagt? Das hätte doch die Impfkampagne vorangebracht. Wurde er gar nicht geimpft, ist er also ein Impfgegner? [Oder doch geimpft, mit – dek] Moderna, das als ein besonders gutes Mittel gilt, was man aber nicht laut sagen darf?

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  • Schluss mit lustig

    Schluss mit lustig

    Nur einen Tag nach der Verurteilung des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny, nach zahlreichen Festnahmen, Hausarresten und eingeleiteten Strafverfahren kommt das nächste Urteil: Der Journalist Sergej Smirnow muss 25 Tage in Haft. Er habe am 20. Januar mit einem Retweet gegen das Protestgesetz verstoßen.

    Sergej Smirnow ist Chefredakteur des Online-Portals Mediazona. Es wurde von den Pussy-Riot-Mitgliedern Nadeshda Tolokonnikowa und Maria Aljochina nach deren Haft ins Leben gerufen und legt in seiner Berichterstattung den Fokus auf das russische Straf- und Justizwesen.

    Das Urteil gegen Smirnow nur einen Tag nach dem Prozess gegen Nawalny hat gerade in der liberalen Szene Russlands für Aufruhr gesorgt. Was es mit Tweet und Urteil auf sich hat – das kommentiert der Republic-Kolumnist Iwan Dawydow auf Facebook:

     Links der verwechselte Smirnow, rechts der tatsächliche Rapper Oxxxymiron  – Tweet  „Zur Frage nach den führenden Köpfen bei den Protesten. Dieses erbärmliche Geschöpf heißt Oxxxymiron.“ /  Screenshot @eskovoroda/Twitter / Foto © Igor Klepnew/flickr
    Links der verwechselte Smirnow, rechts der tatsächliche Rapper Oxxxymiron – Tweet „Zur Frage nach den führenden Köpfen bei den Protesten. Dieses erbärmliche Geschöpf heißt Oxxxymiron.“ / Screenshot @eskovoroda/Twitter / Foto © Igor Klepnew/flickr

    Irgendwann einst, vor langer Zeit, nach einer der vielen Protestaktionen hat ein putinfreundlicher Mitbürger ein Foto von Smirnow ins Netz gestellt mit dem Kommentar: „Dieses erbärmliche Geschöpf heißt Oxxxymiron.“ Der Mann hatte keinen Witz gemacht – die sind alle im Krieg, da gibts keine Witze –, sondern einfach zwei berühmte Menschen verwechselt, die an der Protestaktion teilgenommen hatten: den Hiphopper Oxxxymiron und Mediazona-Chefredakteur Sergej Smirnow.
     

    Aber Smirnows Freunde hatten es natürlich nicht vergessen, und Witze über Leute, die Smirnow auch nur irgendwie ähneln (was, entschuldigt bitte, meistens einfach Leute mit Glatze sind), wurden in ihrem Bekanntenkreis zur Regel. Sergej wurde getagged, und Sergej hat die Witze blind retweetet.

    Im Vorfeld des 23. Januar hat der Leadsänger der Punkband Tarakany (dt. Kakerlaken) Dimitri Spirin ein Foto veröffentlicht mit dem Logo „Nawalnys Team“ und der Aufschrift „Dimitri Spirin für Nawalny, 23. Januar, 14.00.“ 

    Mit etwas Mühe kann man erkennen, dass sich Spirin und Smirnow irgendwie ähneln. Der Twitter-User nemozhnya (ich weiß nicht, wer das ist) hat es jedenfalls erkannt. Und hat Spirins Tweet mit einem Kommentar retweetet: „Seit wann ist Smirnow denn bei der Moskauer Band Tarakany? Und sagt gar nichts über Mediazona, und die Unterschrift ist so merkwürdig – ‚Dimitri Spirin‘“. Aus guter alter Gewohnheit hat Smirnow den Witz retweetet.

    Und ab da ist Schluss mit lustig. Erst gab es eine Hausdurchsuchung bei Sergejs Mutter (unter seiner Meldeadresse, wo er schon lange nicht mehr wohnt). Die Durchsuchung dauerte vier Stunden, die Mutter durfte währenddessen niemanden anrufen und fühlte sich danach, gelinde gesagt, nicht so gut.  

    Danach wurde Smirnow selbst festgenommen. Auf der Straße, als er mit seinem kleinen Sohn unterwegs war. Die Einsatzkräfte wollten nicht warten, bis Smirnows Frau runterkommt und den Sohn abholt (in den Kommentaren unten wird übrigens eine weniger kannibalische Version angeführt). Zum Glück hatte sich Sergej draußen gerade mit einem Kollegen getroffen, der den Jungen dann nach Hause brachte.

    Auf der Polizeiwache stellte sich dann heraus, dass man Smirnow bestrafen wolle wegen „Aufrufs zur Teilnahme an einer nicht-genehmigten Demonstration am 23. Januar“. Seine Freunde haben ganz Twitter durchwühlt und fanden genau einen Tweet, der vor dem 23. geschrieben wurde und zumindest irgendeine Verbindung zu den Ereignissen hatte: „Am 23. Januar werden in Moskau etwa Null Grad.“ Auf der Demo war Sergej gar nicht, er hat die Arbeit seiner Korrespondenten koordiniert. Denn Arbeit gab es an dem Tag für Mediazona natürlich genug. 

    Es gab auch noch andere Versionen, doch dann trat der Ermittler in Erscheinung und es wurde klar, dass man Smirnow ausgerechnet für den Retweet des fremden Scherzes vor Gericht bringen wollte. Sie wollten ihn bis zur Verhandlung auf der Wache behalten, doch weil es in den Medien und Sozialen Netzwerken ordentlich Lärm gab, hat man ihn unter der Bedingung entlassen, dass er zum Gerichtstermin erscheint.

    Heute [am 3. Februar – dek] war der Prozess. 25 Tage Haft.

    Ich denke, dass diese Geschichte – und es geht hier nicht um Ausmaß oder Bedeutung, sondern nur um die Anschaulichkeit – sogar mehr über den Wahnsinn aussagt, dem der Staat verfallen ist, als der Prozess gegen Nawalny. 

    Sergej Smirnow gehört natürlich freigelassen. Wie auch alle anderen politischen Häftlinge.
     

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  • „Absolut böse und absolute Gesetzlosigkeit“

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    Zwei Jahre und acht Monate Haft für Alexej Nawalny. Was Geschäftsleute, Politikwissenschaftler, Schauspieler und Fußballer zum gestrigen Urteil sagen – Meduza hat Stimmen gesammelt.

    Alexander Larjanowski, geschäftsführender Partner der Online-Sprachschule Skyeng im Interview mit The Bell:

    [bilingbox]Ich denke, schlechter als jetzt kann das Business-Klima in Russland nicht mehr werden. Einfach, weil es kein Schlechter mehr gibt. Über lange Zeit hinweg hat jegliches Handeln der Regierung zu einer Verkümmerung dieses Klimas geführt. Sie handelt schon lange nicht mehr proaktiv, sondern reaktiv, sie reagiert auf diese oder jene äußeren Reize.

    Die Haftstrafe für Nawalny ruft in der Gesellschaft vermutlich Unruhen und Untergangsstimmung hervor, mehr aber nicht. Folglich wird es sich auch nicht auf das Geschäft von Skyeng auswirken – es wird wohl kaum mehr Menschen geben, die eine Fremdsprache erlernen und vor dem Hintergrund der Ereignisse das Land verlassen wollen.

    Westliches Kapital wird in den kommenden Jahren auch nicht wiederkommen. In Russland ist das Business-Klima schon längst bei minus 140. ~~~Я думаю, хуже, чем сейчас, бизнес-климат в России уже не станет — просто потому, что хуже уже некуда. На протяжении долгого времени любое действие власти приводило к увяданию этого климата. Она уже давно действует не проактивно, а реактивно, реагируя на те или иные внешние раздражители.

    Реальный срок для Алексея Навального, вероятно, вызовет волнения и упаднические настроения в обществе, но не более того. Следовательно, на бизнесе Skyeng это тоже никак это не отразится — вряд ли резко увеличится число людей, которые захотят выучить язык и на фоне этого события уехать из страны.

    Западный капитал в ближайшие годы к нам тоже не вернется. У нас в стране в плане бизнес-климата давно минус 140.[/bilingbox]


    Wladimir Melnikow, Eigentümer von Gloria Jeans im Interview mit VTimes:

    [bilingbox]Das ist ein großer, großer Schmerz für uns und ein erschütterndes Anklageplädoyer gegen die gesamte Regierung. Verzeihen Sie, mehr kann ich nicht sagen, ich kann nur noch Mat fluchen. Ich muss erstmal wieder zu mir kommen.~~~Это большая-большая наша боль и потрясающая обвинительная речь всей власти. Простите, больше ничего не могу сказать, могу только матом ругаться. Мне нужно прийти в себя.[/bilingbox]


    Dimitri Nawoscha, Gründer von Sports.ru und Tribuna Digital im Interview mit The Bell:

    [bilingbox]Die Haftstrafe für Nawalny wird sich negativ auf das Geschäftsklima im Land und auch auf unser kleines Unternehmen auswirken. Im ersten Fall werden Investoren noch weniger Anlässe haben, in russische Firmen einzusteigen. Viel Geld wird verloren gehen, viele Möglichkeiten werden verpasst und viele Projekte nicht realisiert werden.

    Angesichts dessen, was vor sich geht, werden viel mehr Leute das Land verlassen. Das bedeutet, es wird weniger kaufkräftige Kunden geben, weniger Perspektiven auf aktives Wachstum. Überhaupt kann man sich kaum vorstellen, dass irgendein Privatunternehmen nach dem, was passiert ist, besser und nicht schlechter über die Runden kommen wird.
    Öffentliche Unruhen und Demos werden sich ebenfalls auf die Wirtschaft auswirken, wenn auch weniger offensichtlich. Klar, die Festnahmen bei uns sind nicht ganz so massenhaft wie in Belarus, aber einer unserer wichtigsten Vertriebsmitarbeiter ist derzeit in U-Haft, was unsere Arbeit stark erschwert. Und überhaupt, wenn neben einem eine solche himmelschreiende Ungerechtigkeit geschieht, dann ist es schwer, an die Arbeit zu denken und produktiv zu sein.~~~Реальный срок Навальному негативно повлияет и на бизнес-климат в стране, и на наш небольшой бизнес. В первом случае у инвесторов будет еще меньше поводов идти в российские компании. Будет недополучено много денег, упущено много возможностей, не построено много проектов.
    Люди, видя, что происходит, будут активнее уезжать из страны, а значит, у нас будет меньше платежеспособных клиентов, меньше перспектив для активного роста. Вообще сложно представить частную компанию, которой после случившегося будет житься лучше, а не хуже.
    Общественные волнения и митинги менее очевидно, но тоже повлияют на экономику. Понятно, что у нас задержания не такие массовые, как в Белоруссии, но у нас, например, сейчас в СИЗО одна из ключевых сотрудниц сейлз-команды, что сильно затрудняет нашу работу. И в целом, если рядом с вами происходит что-то вопиюще несправедливое, сложно думать о работе и быть продуктивным.[/bilingbox]


    Wladimir Gelman, Politologie der Europäischen Universität in Sankt Petersburg auf Facebook

    [bilingbox]Für das politische System Russlands ist das wichtigste Ergebnis der vergangenen Wochen weder Nawalnys Heimkehr und seine anschließende strafrechtliche Verfolgung noch die Geschichte mit dem Palast und auch nicht die Protestwelle. Weitaus wichtiger ist, dass der Kreml mehr denn je gezwungen ist, sich auf die Silowiki zu stützen. Und zwar nicht als Ergänzung zur Legitimität des Regimes, sondern anstelle der Legitimität. 
    Das Problem ist nicht nur, dass es sich auf Bajonetten nicht gemütlich sitzt auf Dauer. Wenn sich das Regime ausschließlich auf den Apparat der Silowiki stützt, wird das diesen Apparat immer mehr dazu anregen, sich von der schwächelnden politischen Führung zu befreien und selbst zu regieren. Das heißt nicht, dass gleich morgen ein Putsch droht (vielen Autokraten gelingt es, diese Risiken mit unterschiedlichen Mitteln zu vermeiden). Aber an Putins Stelle würde ich mich gleich morgen um personelle Umbesetzungen kümmern, solange es noch nicht zu spät ist.~~~Главным итогом последних недель для российского политического режима стало не возвращение Навального в Россию и его последующее уголовное преследование, не история с «дворцом» и даже не волна протестов. Гораздо важнее то, что Кремль теперь куда больше, чем прежде, вынужден опираться на силовой аппарат не в качестве дополнения к легитимности режима, а в качестве замещения легитимности. Проблема здесь не только в том, что на штыках сидеть неудобно. Опора режима исключительно на силовой аппарат чем дальше, тем больше стимулирует этот самый силовой аппарат к тому, чтобы избавиться от слабеющего политического руководства и рулить самостоятельно. Это не значит, что прямо завтра нас ждет путч (многим автократам удается избегать этих рисков разными способами). Но на месте Путина я бы на всякий случай прямо завтра занялся бы кадровыми перестановками, пока не поздно.[/bilingbox]


    Pawel Gushikow, Gründer des Unternehmens Dengi Wperjod im Interview mit The Bell:

    [bilingbox]Ich finde, dass der heutige Prozess – die Art, wie er organisiert wurde, sein Inhalt, seine Details – das russische Rechtssystem unmittelbar abwertet. Wie Ruslan Bely ganz richtig sagte: „Wozu brauche ich einen Anwalt? Das Geld wird im Gefängnis sehr nützlich sein.“
    Das russische Gericht hat heute klar und deutlich gezeigt, was es von der internationalen Gemeinschaft hält, und wie der Trend des judikativ-exekutiven Systems für die kommenden Jahre ausschaut.~~~Я считаю, что сегодняшний судебный процесс — и его организация, и его суть, и детали — моментально девальвируют судебную систему России. Как верно сказал Руслан Белый: «Зачем мне адвокат? Деньги в тюрьме пригодятся.» […]
    Сегодня, на мой взгляд, российский суд четко и демонстративно показал свое отношение к международному сообществу и тренд развития судебно-исполнительной системы на ближайшие годы. […][/bilingbox]


    Nadeshda Pak, Mitbegründerin der Café-Kette Rezeptor im Interview mit The Bell:

    [bilingbox]Am 31. Januar, als zum zweiten Mal die Demos zur Unterstützung Nawalnys stattfanden, hatten wir wegen der Schließungen im Stadtzentrum nur ein Viertel der üblichen Einnahmen. Ich bin überzeugt, dass die Menschen das heutige Urteil nicht einfach so hinnehmen. Es stehen Unruhen bevor. 

    Ich bin nicht besonders politisch, aber ich glaube, dass es auch globale Folgen geben wird. Zum Beispiel, dass der Rubel weiter fällt und ausländisches Kapital abfließt. Doch am schnellsten wird es sich negativ auf die kleineren Unternehmer wie uns auswirken, denn die Menschen werden vor dem Hintergrund der Ereignisse nicht mehr in Cafés gehen wollen – oder man lässt sie einfach nicht, indem man die ganze Innenstadt sperrt.~~~31 января, когда был второй митинг в поддержку Алексея Навального, из-за перекрытий центра наша выручка упала в четыре раза от обычных показателей. Я уверена, что люди сегодняшний приговор просто так не оставят и волнения еще будут. 

    Я не сильна в политике, но думаю, что будут и глобальные последствия. Например, еще более сильное падение рубля, отток иностранного капитала. Но самый быстрый негативный эффект испытают небольшие предприниматели вроде нас, потому что людям на фоне происходящего не будет хотеться ходить в кафе — или им просто не дадут этого сделать, перекрыв весь центр.[/bilingbox]

     


    Alexander Lossew, Generaldirektor des Finanzdienstleisters Sputnik im Interview mit VTimes:

    [bilingbox]Die Entscheidung des Simonowski-Gerichts mag vielleicht den Westen dazu bringen, Russland mit neuen Sanktionen zu belegen, doch wie die letzten sechs Jahre gezeigt haben, betreffen Sanktionen vor allem Einzelpersonen und haben im übrigen eher symbolischen Charakter. In der derzeitigen Weltwirtschaft ist es unmöglich, Russland aus der globalen Wertschöpfungskette auszuschließen. Business und Märkte sind sehr zynisch.~~~Решение Симоновского суда хотя и может запустить процесс принятия Западом новых санкций в отношении России, но, как показала практика последних шести лет, санкции, как правило, персональные, а вот во всем остальном носят декоративный характер. В существующей мировой экономической системе Россию нельзя вычеркнуть из глобальных цепочек создания добавленной стоимости. Бизнес и рынки очень циничны.[/bilingbox]


    Tatjana Lasarewa, Schauspielerin, auf Facebook:

    [bilingbox]Leider ist das, was da gerade passiert, absolut böse und absolute Gesetzlosigkeit. Und es ist umso trauriger, weil es in unserem Land passiert.~~~К сожалению, то что происходит сейчас, — это абсолютное зло, абсолютное беззаконие. И это тем более печально, что это происходит в нашей с вами стране.[/bilingbox]


    Alexandra Bortitsch, Schauspielerin, auf Instagram:

    [bilingbox]Wisst ihr, was das ist? Das ist ein Versuch, uns Angst einzujagen. Uns zu sagen: Schau, mit dir wird genau dasselbe passieren. Mit jedem und jeder wird genau dasselbe passieren. Aber die Wahrheit ist, dass es nicht möglich ist, alle einzusperren. Man kann nicht das ganze Land einsperren. Und ja, auch ich habe Angst. Doch Wahrheit und Liebe sind größer als Angst. Gemeinsam sind wir stärker.~~~Знаете что это? Это попытка напугать нас. И сказать — смотри, с тобой будет то же самое. С кем угодно будет то же самое. Но правда в том, что действительно нельзя посадить всех. Нельзя посадить всю страну. И да, мне тоже страшно. Но правда и любовь сильнее этого страха. Мы все вместе — Сильнее.[/bilingbox]


    Wassili Beresuzki, Fußballer, zitiert Orwell auf Instagram:

    [bilingbox]‚Willst du dir ein Bild von der Zukunft machen, dann stell dir einen Stiefel vor, der auf ein  menschliches Gesicht tritt.‘~~~Если вам нужен образ будущего, вообразите сапог, топчущий лицо человека — вечно.[/bilingbox]

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