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Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung

  • Wer kommt nach Putin und wenn ja, wie viele?

    Wer kommt nach Putin und wenn ja, wie viele?

    Wie schon im Jahr 2012 hat Wladimir Putin seine neue Amtszeit mit den sogenannten Mai-Erlassen eingeläutet. Und wie schon nach 2012 wird er in den nächsten Jahren öffentlichkeitswirksam darauf hinwirken, dass die Regierung diese Erlasse auch umsetzt. Das Maßnahmenpaket umfasst die wichtigsten „strategischen Aufgaben für die Entwicklung der Russischen Föderation bis zum Jahr 2024“. Sie sollen unter anderem einen „Durchbruch in der wissenschaftlich-technologischen und sozioökonomischen Entwicklung“ Russlands bewirken.

    Während viele Experten derzeit darüber rätseln, ob die neuen Erlasse konsequenter umgesetzt werden als nach 2012, sieht Ekaterina Schulmann die eigentlichen Herausforderungen für Putins neue Amtszeit ganz woanders – nämlich darin, die Weichen für die Zeit nach Putin zu stellen. Für die Politikwissenschaftlerin ist klar: Die Machtkonzentration in einer Hand ist nicht haltbar, beziehungsweise schon jetzt nicht mehr Fakt.

    Doch was folgt daraus? Wird sich die Elite gegenseitig bekämpfen? Oder wird der Staat die sanktionsbedingten Verluste der Elite kompensieren, um diesen Konflikt zu vermeiden? 
    Wie wird sich das Volk verhalten – angesichts dessen, dass die Realeinkünfte nun schon seit vier Jahren sinken und der Staat, so er die Ansprüche der Eliten weiter stillen will, gar nicht umhin kann, als Steuern zu erhöhen und das Rentenalter heraufzusetzen?

    Auf InLiberty entwirft Schulmann drei Szenarien, wie sich dieses anscheinend auswegslose Dilemma weiterentwickeln könnte.

    Das zentrale Thema der laufenden Legislaturperiode ist für die politisch-administrative Klasse der Machttransfer: Schon bald wird das politische System sich dessen bewusst werden, dass die Machtfülle des amtierenden Präsidenten nicht einem einzelnen Menschen übertragen werden kann. Zudem liegt schon jetzt nicht die gesamte Macht in den Händen des Präsidenten – sie ist verteilt über eine bürokratische Pyramide, zu der die Zivilbeamten, die Silowiki, das Militär und die Leiter von Staatsunternehmen und -banken zählen.

    An den Rändern dieser Pyramide sind die Proxy-Agenten angesiedelt: Söldner, Hacker, pro-staatliche Propagandisten, Auftragsmörder für Überläufer und Verräter, halbstaatliche bewaffnete Einheiten, Untergebene von Oberhäuptern einiger Republiken Russlands sowie viele weitere. 
    Von innen wird das System von der immer rabiateren Konkurrenz der Silowiki zerrüttet, von außen von der schwer kontrollierbaren Aktivität derer, die Mark Galeotti als ad hoc agents bezeichnete.

    Das sind die Probleme der nächsten Legislaturperiode, die das System lösen muss, um zu überleben.

    Drei Szenarien

    Das optimistische Szenario ist jenes, das in der Politologie als „Erwachen der schlafenden Institutionen“ bezeichnet wird, in Kombination mit innerelitären Absprachen, wie man sie zum Beispiel im Pakt von Moncloa oder in der Magna Carta findet. Hierfür müssen die Eliten erkennen, dass es auch andere Garantien für die Unantastbarkeit von Leben und Eigentum geben muss – nicht nur die Hoffnung auf den obersten Hüter des innerelitären Gleichgewichts.

    Das pessimistische Szenario ist ein Krieg aller gegen alle. Und zwar unter Beteiligung kämpfender nichtstaatlicher Akteure, zu denen alle Arten von Paramilitärs zählen, seien es zu Staatsunternehmen gehörende und/oder regionale.

    Das realistische Szenario ist eine Kombination aus beidem, sprich, alle Akteure und Interessensgruppen zu beseitigen, die es geschafft haben, alle anderen gegen sich aufzubringen, und dabei Übereinkünfte zwischen den Übrigen zu erzielen.

    Menschen sind das neue Erdöl

    Unbedingt wird in der nächsten Legislaturperiode dieses Motto eingelöst: Menschen sind das neue Erdöl. 
    Selbst wenn die Preise für Kohlenwasserstoff-Rohstoffe relativ stabil sind, wird die Suche nach neuen nachhaltigen Finanzierungsquellen von einem System bestimmt, das auf die Erzielung und Verteilung von Renten ausgerichtet ist. Als Quelle kann nur das Eigentum und Einkommen der Bürger dienen – zu diesem Zweck werden Steuern auf Immobilien und Land erhoben, Gebühren für kommunale Dienste, Verbrauchsteuern und Geldstrafen; Bürger werden in Kreditschleifen eingebunden, Selbstständige (das heißt alle nicht im öffentlichen Dienst Angestellten) besteuert.

    Angst vor organisiertem Protest

    Grenzen findet diese Suche [nach Geldquellen – dek] in der Angst vor organisiertem Protest. Abgaben, Konfiszierungen, Kommerzialisierung öffentlicher Güter sowie Proteste gegen all dies sind die zentralen sozialen Themen der nächsten Jahre. Auf lange Sicht wird dies die bürgerliche Selbstorganisation stärken, ebenso wie die Moskauer Proteste gegen den Wohnungsabriss die Bemühungen und den Zusammenhalt der Aktivisten der Wohnbezirke gestärkt haben und zum Sieg unabhängiger Kandidaten bei den Kommunalwahlen 2017 führten.

    Krise – Anpassung – Unzufriedenheit

    Nach den zur Verfügung stehenden Daten zu urteilen, verläuft die Dynamik der öffentlichen Meinung wie in den Jahren 2008 bis 2011. Das heißt: Es wiederholt sich die Abfolge Krise – Anpassung – Unzufriedenheit.

    Die Krise, die Auswirkungen auf das Leben der Menschen hatte, begann im Herbst 2014. In dieser Zeit begann die Zahl der Arbeiterproteste zu steigen, zu deren Höhepunkt es im Jahr 2016 kam. 2017 flaute das Wachstum ab (es gab jedoch keinen Rückgang!). Das bedeutet, dass die Menschen erst nachdem sie sich einem niedrigeren Lebensstandard angepasst haben, Zeit finden, unzufrieden zu sein und Mittel zu mobilisieren, diese Unzufriedenheit zu zeigen.

    In dieser Phase der politischen Entwicklung wird die insgesamt linke, soziale politische Agenda vorherrschen, eben jene Agenda für gerechte Verteilung und gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen Gütern.

    Internationale Isolierung der Elite

    Die außenpolitische Konjunktur wird sich auf die russische Innenpolitik nicht dahingehend auswirken, dass die Daumenschrauben weiter angezogen, oder die Militarisierung stimuliert wird. Die größte Verschärfung, zu der das System fähig ist, wurde bereits in den Jahren 2012 bis 2015 demonstriert. Im Weiteren nahm nicht mehr das Maß an Unterdrückung, sondern das Chaos zu, was die Reaktionen und Initiativen der Gewaltclans und Proxy-Agenten angeht. 
    Was die Militarisierung betrifft, so erreichte diese, gemessen an den Haushaltsausgaben, im Jahr 2016 ihren Höhepunkt. Für die kommenden drei Jahre ist nun eine allmähliche Senkung der Ausgaben geplant.

    Der toxische Charakter der russischen Außenpolitik und alles, was mit ihr zusammenhängt und von ihr ausgeht – Kapital, Menschen, Informationen – führt zu einer systematischen Aufdeckung weltweiter russischer Vertuschungen: von den Panama Papers, über die olympischen Reagenzgläser bis hin zu argentinischem Kokain und syrischen Privatmilitärunternehmungen.

    All das, wovor man jahrzehntelang die Augen verschlossen hat, ist nicht mehr akzeptabel oder duldbar. Charakteristisch sind in dieser Hinsicht sogar weniger die politisierten Fälle russischer Hacker und Söldner, als vielmehr das Verfahren gegen Senator Kerimow und die ersten eingefrorenen Konten von Beteiligten am „Kreml-Bericht“. Großbritannien wird auf einen erneuten Vergiftungsfall eines russischen Ex-Agenten auf britischem Boden unweigerlich mit einer Konfiszierungspolitik von Immobilien und Vermögen „giftiger Eigentümer“ reagieren. Genauso hat Frankreich als Ergebnis des Prozesses gegen Kerimow und seine lokalen enabler die von ihnen erworbenen Immobilien teilweise oder vollständig konfisziert.

    Eine solche Entwicklung kann, in der optimistischen Variante, die angestrebte „Nationalisierung der Eliten“ anstoßen und die unfreiwillig in russische Grenzen eingesperrten Großeigentümer auf den Gedanken bringen, dass für die Unantastbarkeit ihres Lebens und Eigentums lokale Garantien notwendig sind – wenn schon zum Londoner Gericht und dem Stockholmer Schiedsgericht der Zugang verwehrt ist.

    Im pessimistischen Szenario bleibt in Russland kein anderer Zugriff auf das Geld als direkt oder indirekt durch den Staatsdienst. Allerdings sind auch Staatsangestellte sowie Geschäftsleute nicht sicher vor gewaltsamen Repressionen. Auch dann nicht, wenn sie selbst Teil der Sicherheitsstrukturen des Staates sind. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz.

    Diese Übersetzung wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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  • Sergej Lawrow

    Sergej Lawrow

    Sergej Lawrow ist ein Profi, wie es keinen zweiten gibt auf der internationalen Bühne: Im März 2024 sind es 20 Jahre, die er als Außenminister Wladimir Putins Politik in der Welt vertritt. In dieser Zeit hat er sieben US-Außenministerinnen und Außenminister kommen und gehen sehen. Trotzdem sind die Momente rar, in denen sichtbar wurde, wofür Lawrow selbst eigentlich steht. Seine Rolle ist die eines äußerst erfahrenen, eloquenten und blitzgescheiten Beamten, der seine Talente ganz in den Dienst seines Präsidenten stellt und dessen Willen mit aller Härte durchsetzt – aber auch mit Tricks und Lügen.

    Mit seinen maßgeschneiderten Anzügen umweht Lawrow eine Aura des weltgewandten Gentlemans / Foto © kremlin.ru
    Mit seinen maßgeschneiderten Anzügen umweht Lawrow eine Aura des weltgewandten Gentlemans / Foto © kremlin.ru

    Das einzige Mal, als Sergej Lawrow Wladimir Putin öffentlich widersprochen hat, liegt inzwischen zwölf Jahre zurück: 2012 setzt der US-Kongress die Namen russischer Politiker und Beamter, die an schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren, auf eine Sanktionsliste. Als Antwort auf dieses sogenannte Magnitski-Gesetz will der Kreml die Adoption russischer Waisenkinder durch US-Bürger verbieten. Das trifft vor allem schwer kranke und behinderte Kinder, für die in Russland keine Adoptiveltern gefunden werden und für die es in russischen Kliniken keine angemessene medizinische Versorgung gibt.

    Lawrows Ministerium hat mit den Amerikanern in jahrelangen Verhandlungen Regeln für Adoptionen solcher Kinder ausgearbeitet. Als er auf einer Pressekonferenz im Dezember nach dem geplanten Adoptionsverbot gefragt wird, sagt er knapp: „Das ist falsch.“ Zehn Tage später unterschreibt Putin das Gesetz. Russische Medien berichten, der Präsident habe ein „hartes Gespräch“ mit seinem Außenminister geführt. Lawrow widerruft öffentlich und behauptet, er sei nie gegen das Adoptionsverbot gewesen.

    Die Magnitski-Liste und das darauf folgende Dima-Jakowlew-Gesetz markieren den endgültigen Schlusspunkt hinter dem Neustart-Versuch, den die Obama-Regierung vier Jahre zuvor mit Moskau unternommen hatte. Am 6. März 2009 hatten Lawrow und die US-Außenministerin Hillary Clinton in Genf einen symbolischen „Reset“-Knopf gedrückt, auf den die Amerikaner irrtümlich das Wort „перегрузка“ (peregruska, dt. Überlastung) geschrieben hatten anstelle von „перезагрузка“ (peresagruska) für Neustart. Nach dem Georgien-Krieg sollte noch einmal ein Versuch unternommen werden, das Verhältnis mit Russland zu retten. Der neue Präsident Dimitri Medwedew, so hoffte man in Washington, könnte dafür eine Gelegenheit bieten. Dieses Kapitel war mit der Rückkehr Putins in den Kreml abgeschlossen. Und genauso loyal wie Lawrow unter dem Interims-Präsidenten Medwedew mit den Amerikanern neue Abkommen verhandelt hatte, wickelte er nun die Annäherung wieder ab und schaltete um auf Konfrontation. 

    Der öffentliche Widerspruch an die Adresse seines Chefs blieb ein einmaliges Ereignis. Seitdem folgt Sergej Lawrow der außenpolitischen Linie, die in der Präsidialverwaltung vorgegeben wird, bis zur Selbstverleugnung. Als er 2015 auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor der versammelten außenpolitischen Elite der Welt die „Angliederung“ der Krim mit der deutschen Wiedervereinigung verglich und behauptete, sie sei konform mit der UN-Charta verlaufen, muss ihm klar gewesen sein, wie absurd diese Behauptung war. Tatsächlich vergaßen die anwesenden Diplomaten für einen Moment ihre Höflichkeit und brachen in spontanes Gelächter aus. Das muss schmerzhaft gewesen sein für einen, der über mehr Erfahrung im außenpolitischen Geschäft verfügt als irgendjemand sonst im Saal, und der Gesprächspartner auch gern seine Überlegenheit spüren lässt.

    Selfmade Tschinownik

    Möglicherweise kommt Sergej Lawrows großes Selbstbewusstsein auch daher, dass er weiß, dass er seine Karriere niemand anderem als sich selbst zu verdanken hat. Die Familie, in der er 1950 geboren wurde, gehörte nicht zur Sowjet-Nomenklatura. Über seine Eltern ist wenig bekannt. Als Abiturient schuftete er auf der Baustelle für den Moskauer Fernsehturm in Ostankino – wer keine Beziehungen hatte, konnte mit solchen Arbeitseinsätzen seine Chancen auf einen Studienplatz verbessern.

    Eigentlich habe er vorgehabt, Physik zu studieren, erzählte Lawrow vor einigen Jahren. Aber weil die Aufnahmeprüfungen für das Institut für Internationale Beziehungen schon früher stattfanden, habe er sich auf den Rat seiner Mutter hin dort beworben. Das Moskauer Staatliche Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO) war die Kaderschmiede der sowjetischen Diplomatie und ist heute die Kaderschmiede der russischen Diplomatie. Sie hat ein eigenes kleines Museum, das inzwischen auch ein bisschen ein Lawrow-Museum ist: Hier hängt die Fahne seiner studentischen Wandergruppe und die Hymne der MGIMO, die Lawrow geschrieben hat und die heute von den Studierenden gesungen wird. Im eigenen Haus ist Lawrow mehr als ein Chef, er ist auch ein Vorbild. 

    Am MGIMO lernt er neben Englisch und Französisch auch Singhalesisch. Nach seinem Abschluss wird der junge Nachwuchsdiplomat 1972 auf seine erste Station an die sowjetische Botschaft in Sri Lanka geschickt. Vier Jahre später kehrt er zurück nach Moskau ins Außenministerium. 1981 wird er Erster Sekretär der sowjetischen Vertretung bei den Vereinten Nationen. Als er in New York ankommt, haben sich die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und dem Westen gerade wieder verschlechtert: Nachdem Breshnew zunächst zaghafte Entspannungspolitik betrieben hatte, hat sich der Kalte Krieg mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen nach Afghanistan 1979 wieder verschärft. Auf ihrer sechsten Dringlichkeitssitzung forderte die  Generalversammlung mit 104 zu 18 Stimmen den sofortigen Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan. Lawrow vertritt stoisch die Linie der sowjetischen Propaganda: Die Soldaten leisteten „friedliche Aufbauarbeit und sozialistische Bruderhilfe“. 1982 stirbt Breshnew, zwei Nachfolger kommen und gehen, erst ab 1985 erfahren die Menschen in der Sowjetunion im Zuge von Glasnost vom tatsächlichen Krieg und den zahlreichen Toten. 

    Perestroika

    Lawrow bleibt bis 1988 bei der UNO. Derweil läuft zuhause die Perestroika auf Hochtouren. Zurück in Moskau wird er im Außenministerium stellvertretender Verantwortlicher für Wirtschaftsbeziehungen, später Referatsleiter für internationale Organisationen, stellvertretender Außenminister, und ab 1994 zehn Jahre lang UN-Botschafter. Bemerkenswert ist: In den Jahren des großen Umbruchs sind Wladimir Putin und Sergej Lawrow beide im Auslandseinsatz. Doch während der KGB-Offizier Putin im „Tal der Ahnungslosen“ des sozialistischen Bruderlandes DDR lebt und versucht, Gaststudenten für den KGB anzuwerben, lernt der Diplomat Lawrow in New York den American Way of Life kennen und Whiskey und Zigarren schätzen. Heute spricht noch immer der Gopnik aus Putin. Derweil ist sein Außenminister als Mann von Welt ein Unikat in der russischen Elite.

    Nach der jahrzehntelangen Feindschaft im Kalten Krieg stehen die Zeichen zu Beginn der 1990er Jahre ganz auf Freundschaft: Wenn Hilfe von außen erwartet wird, dann vor allem von den USA. Wenn bei einer Meinungsumfrage nach einem Land gefragt wird, mit dem Russland in erster Linie zusammenarbeiten sollte, auch dann nennen die Befragten in Russland zuerst die Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA als Feind? Mitte der 1990er Jahre sehen das nur rund sieben Prozent der Befragten so.1 

    Wie die meisten Politiker durchlebt auch Lawrow eine eigene Perestroika und wird zu einem Freund Amerikas. Sozialisiert unter dem Außenminister des Kalten Krieges Andrej Gromyko – dem berüchtigten „Mister Njet“ – muss Lawrow von nun an die Vorgaben des neuen Außenministers Kosyrew erfüllen. Dieser gilt als „Mister Ja“, Kritiker werfen ihm den Ausverkauf russischer Interessen vor, Michail Gorbatschow klagte gar, das russische Außenministerium sei unter Kosyrew eine Filiale des US-amerikanischen gewesen.2 

    Neustart 

    Der erste Stimmungswandel kommt in den Jahren 1998 und 1999. Damals fallen viele Ereignisse zusammen: die NATO-Intervention im Kosovokrieg, der Zweite Tschetschenienkrieg und die erste NATO-Osterweiterung vom 12. März 1999. Die Wogen hatten sich gerade geglättet, da beginnen die USA 2003 den Krieg im Irak: Lawrow stimmt im Sicherheitsrat gegen ein militärisches Eingreifen und weiß dabei China, Frankreich und Deutschland an seiner Seite. Nach der großen internationalen Solidarität in der Folge des Terrors vom 11. September 2001 nimmt in vielen Ländern die kritische Einstellung zu den USA wieder zu. 

    Am 9. März 2004 ernennt Wladimir Putin Sergej Lawrow zum Außenminister. Mit seinen maßgeschneiderten Anzügen inszeniert sich der hochgewachsene Lawrow als ein weltgewandter Gentleman. Längst hat er einen Ruf als blitzgescheiter Verhandler, bei dem sich Sachkenntnis und ein kluger Humor paaren. Diplomaten aus aller Welt haben ihn bereits als UN-Botschafter respektiert.3 Putin pflegt eine Männerfreundschaft mit dem deutschen Kanzler Gerhard Schröder, Lawrow – mit seinem Counterpart Frank-Walter Steinmeier. Der Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Barack Obama im Juli 2009, der kurz danach proklamierte „Reset“ und der Richtungswechsel hinsichtlich des von George W. Bush forcierten Raketenabwehrschirms bewirken zunächst eine neuerliche Annäherung. Doch es bleibt nur ein kurzes Intermezzo.

    Antiwestliche Wende

    Die Frage, wann der Kreml die antiwestliche Wende vollzogen hat, ist strittig: Viele sehen in Putins Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 den Startschuss. Die anderen argumentieren, dass der ab 2009 vollzogene Reset die Wogen tatsächlich zunächst geglättet habe, und die antiwestliche Kontinuität erst mit der Reaktion des Kreml auf die Massenproteste gegen Wahlfälschung und Machtmissbrauch im Winter 2011/12 ihren Lauf nahm. Der Kreml brandmarkte die Protestwelle damals schnell als ein Ergebnis des amerikanischen Einflusses. Dann folgten die Magnitski-Liste und das Dima-Jakowlew-Gesetz. 

    Seit er in der Frage der Adoption russischer Waisenkinder vor Putin eingeknickt ist, verwandelt sich Lawrows Rolle mehr und mehr von der eines geschickten Verhandlers und respektieren Diplomaten zu einem Werkzeug seines Präsidenten, der die Außenpolitik dazu nutzt, von innenpolitischen Problemen abzulenken und neue Feindbilder zu schaffen, um darüber seine Herrschaft zu legitimieren. Als hybrider Krieger dreht Lawrow gemeinsam mit Putin die Eskalationsspirale. Seit der Krim-Annexion und den ersten Sanktionen, die als Antwort darauf verhängt wurden, dreht sie sich noch schneller. Der russische Politikwissenschaftler Sergej Medwedew verglich in diesem Zusammenhang die russische Außenpolitik mit dem Verhalten eines Gopnik und schrieb: „Die hauptsächliche Exportware Russlands ist nicht Öl oder Gas, sondern Angst.“ 

    Drohung und Beleidigung als neue Mittel der Diplomatie 

    Wenn Diplomaten für die Kunst der Verhandlung und des Dialogs stehen, dann sind Gopniki ihr Gegenteil: Sie sind Meister der Drohung, der gewaltsamen Sprache und des Monologs. Tatsächlich wurde der Ton der russischen Außenpolitik im Zuge der Bolotnaja-Proteste derber, und spätestens seit der Krim-Annexion gehören Gossenjargon und Beleidigungen zum festen Repertoire russischer Diplomaten. Die Propaganda-Organe preisen ihre verbalen Ausfälligkeiten als „Bestrafungen“, Kritiker werten den ostentativen Hang zu stilistisch derberen Registern als Dialogverweigerung und kalkulierten Bruch mit der Welt. In Russland kommt dieses Auftreten derweil gut an: „Die haben (wieder) Angst vor uns“ wird zu einer gängigen Propagandaformel, „Lawrow hat … ausgelacht“ zu einem beliebten Motiv der Propagandamedien.4 

    Gentleman und Gopnik – Lawrow beherrscht beide Rollen

    Lawrow hat in seiner Karriere zahlreiche Kehrtwenden mitgemacht Er begann unter Gromyko als ein scharfer Gegner des US-Imperialismus, vollzog während der Perestroika eine Kehrtwende und wurde 2014 zu einem Wiedergänger Gromykos, wobei er mit den häufigen Vergleichen durchaus kokettiert.5 Lawrow beherrscht den Spagat zwischen Gentleman und Gopnik, Sachargument und Whataboutism. Er kann beides sein: Intellektueller und Apparatschik, Stimme der Vernunft und Scharfmacher. Letzteren gibt er etwa im Fall Lisa, als er 2016 deutschen Behörden vorwirft, ein von Ausländern begangenes Verbrechen zu vertuschen. Sein einstiger Duz-Freund Frank-Walter Steinmeier wirft ihm daraufhin Propaganda vor.

    Außenminister Lawrow (links) und der russische Präsident Wladimir Putin während des Afrika-Gipfels in Sankt Petersburg im Juni 2023 / Foto © Yevgeny Biyatov/POOL/IMAGO/ITAR-TASS

    Lügen gehören inzwischen ebenso zu Lawrows Handwerkszeug wie die Litanei internationaler Spielregeln, Verträge und Präzedenzfälle, die er bei Bedarf im Schlaf aufsagen könnte. Seit der Krim-Annexion hat der Außenminister eine lange Liste von Lügengeschichten erzählt: Von der Behauptung, russische Soldaten kämpften nicht in der Ostukraine über die Fakes, die russische Auslandsvertretungen verbreiten6 bis hin zu den Vorwürfen, Washington betreibe Labore für Biowaffen in der Ukraine und arbeite an der „Endlösung der Russenfrage“7. Doppeldenk, Täter-Opfer-Umkehr, krude Verschwörungsmythen und primitiver Antiamerikanismus – das alles ist einem Ziel untergeordnet: Bewirtschaftung des Feindbildes zur Herstellung eines Ausnahmezustands und Rally ‘round the Flag Effekts. Die Argumentation ist schlicht und lässt sich auf fünf Punkte8 herunterbrechen:

    1. Die USA haben die NATO bis vor Russlands Grenzen ausgedehnt. Sie betreiben Revolutionsexport und führen Europa an der Leine. Im Ergebnis sind wir von Feinden (Nazis) umzingelt und müssen uns verteidigen (wie im Großen Vaterländischen Krieg).
    2. Sie („Pindossy“, „Gayropa“) sind moralisch verfault, wir stehen für die wirklichen Werte (Duchownost, Skrepy).
    3. Sie sind Heuchler und haben Doppelstandards (Kosovo, NATO-Osterweiterung, Irak), wir stehen für Gerechtigkeit („in der Wahrheit liegt die Kraft“, „Gott ist mit uns“, „Krim nasch“).
    4. Sie sind an allem Schuld, weil sie schon immer andere unterworfen und ausgebeutet haben (Kolonialismus, Imperialismus, Irak) – wir kämpfen immer für die Entrechteten und sind deshalb ihr nächstes Ziel.
    5. Wir haben die Atombombe. 

    Wofür Lawrow selbst steht, das lässt sich hinter dieser Rhetorik immer schwerer erahnen. Gewiss ist nur, dass Lawrows persönliches Interesse in einem Punkt deckungsgleich ist mit dem Interesse seines Landes: Lawrow erwartet Respekt. Früher wurde er ihm für seine Gescheitheit und seine Erfahrung entgegengebracht. Die Lacher auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2015 haben gezeigt, dass der Respekt verloren geht, je weiter Russland die Wahrheit verdreht. Im März 2023 wiederholte sich die Situation, als Lawrow auf einer Konferenz in Indien behauptete, Russland sei in der Ukraine der Angegriffene. Immer öfter greift Lawrow daher zur Drohung, um sich Respekt zu verschaffen. Am Ende dieser Entwicklung bleibt die Angst, die Russland mit seinen Atomkriegs-Szenarien auszulösen in der Lage ist, als letzter außenpolitischer Erfolg, den die Regierung noch erzielen kann.

    Überarbeitet am 8. März 2024


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  • Infografik: Die Wahl im Ausland

    Infografik: Die Wahl im Ausland

    Kurz nach der Präsidentschaftswahl am 18. März vermeldeten russische Medien diese Erfolgszahlen: Die Wahlbeteiligung im Ausland habe 98 Prozent betragen, rund 85 Prozent der Stimmen gingen an Putin. dekoder hat sich diese Zahlen genauer angeschaut und in einer Infografik abgebildet.

    Tatsächlich erklärt sich die hohe Wahlbeteiligung dadurch, dass sie im Verhältnis zu den Wählerlisten errechnet wurde – und nicht im Verhältnis zur Zahl der tatsächlich wahlberechtigten Russen im jeweiligen Ausland. Auf die Wählerliste gelangt jeder russische Bürger, der sich im Ausland zum Gang an die Wahlurne gemeldet hat – entweder schriftlich vorab oder mündlich am Tag der Wahl.

    So registrierten sich in Deutschland 33.860 Bürger mit russischem Pass für die Wahl – letzten Endes wählten davon 33.830, und 81,3 Prozent davon Putin. Insgesamt leben aber rund 500.000 wahlberechtigte Bürger mit russischem Pass beziehungsweise mit Doppelpass in Deutschland. Insofern liegt die tatsächliche Wahlbeteiligung extrem niedrig – bei etwa sechs bis sieben Prozent.

    Die große Mehrheit der Bürger mit russischem Pass in Deutschland hat also gar nicht gewählt.



    Im Drop-Down-Menü können Sie mit der Maus oder den Pfeiltasten die Wahlergebnisse der einzelnen Länder durchgehen / Quelle: ZIK (Falls die Grafiken nicht laden, bitte hier aktualisieren)

    Die meisten Stimmabgaben im Ausland gab es in der Republik Moldau, wo 80.013 Wähler ihre Stimmen abgaben. In Transnistrien bilden Russen die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe. Putin erreichte dort sein bestes Ergebnis im Ausland und erhielt 95,5 Prozent der Wählerstimmen.

    In den Niederlanden etwa gingen insgesamt nur 2025 Personen an die Wahlurnen – mit 24,3 Prozent der Stimmen erreichte dabei Xenia Sobtschak, die Kandidatin gegen alle, ihr bestes Wahlergebnis im Ausland. Auch in Großbritannien, wo 3963 Leute wählten, machten 23,3, Prozent ihr Kreuzchen bei Sobtschak – während Putin dort mit 51,9 Prozent vergleichsweise schlecht abschnitt.

    Text: Tamina Kutscher
    Datenvisualisierung: Daniel Marcus

    erschienen am 22.03.2018

    Diese Infografik wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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  • Debattenschau № 64: Putins Wahlsieg

    Debattenschau № 64: Putins Wahlsieg

    Russland hat gewählt, der neue Präsident ist, wie erwartet, der alte: Wladimir Putin. Er ist für weitere sechs Jahre gewählt, 2024 wäre er damit faktisch ein knappes Vierteljahrhundert an der Macht.

    Das vorläufige offizielle Ergebnis, das die Zentrale Wahlkommission meldet, lautet: 76,69 Prozent der Stimmen gingen an Wladimir Putin (s. die dekoder-Infografiken zur Wahl), in einzelnen Wahlbezirken fuhr er über 90 Prozent der Stimmen ein, etwa auf der Krim, die 2014 an Russland angegliedert worden war.
     
    Besonders wichtig für den Kreml war die Wahlbeteiligung, die Putins Macht eine größere Legitimatität verschaffen soll. Während sie am Wahlabend lange auf rund 60 Prozent hochgerechnet wurde, lag sie nach weiteren Auszählungen schließlich bei rund 67,49 Prozent.
     
    Was sagen die hohen Prozentwerte aus – gerade auf der Krim? Zeigt die Wahl eine große Beliebtheit Putins – oder vor allem die immer autokratischeren Züge des Systems? dekoder bringt Ausschnitte aus russischen Medien-Debatten nach der Wahl.

    Komsomolskaja Prawda (Radio): Bedingungsloser Sieg Putins

    Ex-Premier Sergej Stepaschin zieht im Radio-Interview mit Komsomolskaja Prawda eindeutige Schlüsse aus dem Wahlergebnis:

    [bilingbox][…] Es ist ein bedingungsloser Sieg Putins. Genauer gesagt: Nicht einfach ein Sieg, sondern ein lautstarker Sieg mit einer solch hohen Unterstützung des Volkes. Das ist sein bestes Ergebnis. Um so mehr, weil niemand sagen kann, dass irgendwer, so wie 1996, mit irgendwas die Urnen aufgefüllt hätte. […]
    Das Wichtigste ist, dass der Präsident die Unterstützung von über 50 Millionen Bürgern bekommen hat. Nun kann niemand mehr behaupten, der Präsident hätte keinen Rückhalt in der Gesellschaft. Das ist die Unterstützung von quasi dem gesamten aktiven Teil des Landes.~~~[…] безоговорочная победа Владимира Путина. Точнее, не просто победа – а оглушительная победа, с таким высоким уровнем поддержки народа. Это его лучший результат. Тем более, что никто не скажет, как это было в 1996 году, что кто-то чего-то набросал в урны. […]
    Главное, что президент получил поддержку более 50 миллионов граждан. Вот теперь уже никто не скажет, что президент не имеет опоры в обществе. Это поддержка практически всей активной части страны.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2018

    Republic: Entpolitisierung der Gesellschaft

    Ganz anders interpretiert Oleg Kaschin auf dem unabhängigen Online-Portal Republic die hohen Zustimmungswerte für Putin:

    [bilingbox]Der Kreml hat […] einen offensichtlichen Bedarf nach Entpolitisierung der Gesellschaft. Die Gesellschaft soll sich automatisch auf Seite der Staatsmacht befinden, bei deren Konfrontation mit äußeren Gegnern. […] 
    Aber wenn alle für Putin sind, heißt das, dass keiner für Putin ist. Die auf ein historisches Maximum gebrachten Zahlen formaler Loyalität verlieren ihre politische Aussagekraft: Staatsmacht und Gesellschaft sind gleichermaßen interessiert daran, sich gegenseitig zu ignorieren. Das wird offenbar zum Idealzustand unserer und derer Existenz für die nächsten Jahre.

    ~~~Очевидная потребность Кремля состоит […] в деполитизации общества – общество должно по умолчанию находиться на стороне власти в ее противостоянии с внешними оппонентами. […] Но если за Путина все, то это значит, что за Путина никто. Доведенные до исторического максимума цифры формальной лояльности просто перестают быть политическим фактором, власть и общество оказываются одинаково заинтересованы во взаимном игнорировании, которое, очевидно, и станет оптимальной формой нашего и их существования на ближайшие годы.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2018

    Novaya Gazeta: Gestärkte Nomenklatura

    Nicht Putin – Politologe Alexander Kynew sieht in der unabhängigen Novaya Gazeta zwei ganz andere, eigentliche Gewinner der Wahl:

    [bilingbox]Nawalnys Wahlboykott war im Grunde nur eine Möglichkeit, nicht wen auch immer unterstützen zu müssen. Schließlich war völlig klar, dass es für’s Image höchst schädlich ist, einen gescheiterten Kandidaten zu unterstützen. Ausgehend von dem allgemeinen Ergebnis ist der politische Stellenwert Nawalnys höher als der von Sobtschak, Jawlinski und Titow zusammen.Tatsächlich gab es bei diesen Wahlen einen Kampf der alten Nomenklatura um den Erhalt des eigenen Status. Es ging darum, niemand neuen [zur Wahl – dek] zuzulassen, und falls doch, dann eine solche Kandidaten-Karikatur, die am bisherigen Monopol bestimmt nicht rüttelt. Das [die Nomenklatura – dek] waren die wahren Nutznießer der Wahlkampagne, es war nicht mal Putin.~~~Бойкот Навального — на самом деле, лишь способ дистанцироваться от поддержки кого бы то ни было. Ведь абсолютно понятно, что поддерживать провальные кампании с точки зрения имиджа – крайне вредно. Исходя из общих результатов, политический рейтинг Навального выше, чем у Собчак, Явлинского и Титова вместе взятых.

    На самом деле на этих выборах шла борьба старой номенклатуры за сохранение своего статуса. Задача была не допустить никого нового, а если и допустить, то такого карикатурного кандидата, который точно не помешает ее прежней монополии. Они были истинными бенефициарами кампании, даже не Путин.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2018

    Facebook: Was ist mit den Nicht-Wählern?!

    Den bekannten Journalisten Alexander Morosow beschäftigen auf Facebook ganz andere Zahlen:

    [bilingbox]Eine einfache Frage, über die niemand nachdenkt: Warum ist ein Drittel der Bürger (nennen wir sie „Wähler“ unter Vorbehalt) wieder nicht zur Wahl gegangen? Und das, wo doch die Heimat in Gefahr, der Westen im Vormarsch und Konsolidierung gefragt ist? Ein Drittel! In absoluten Zahlen sind das um die 40 Millionen Menschen [nach aktuellem Auszählungsstand haben knapp 36 Millionen Menschen nicht an der Wahl teilgenommen – dek]. Warum gehen die nicht wählen?

    Erstens stellt sich die Frage: Gibt es die überhaupt? Vielleicht sind das irgendwelche Senioren, die schon längst von skrupellosen Immobilienmaklern aus der Stadt in irgendwelche abgeschiedenen Dörfer umgesiedelt wurden? Vielleicht liegen sie auch bereits unter der Erde? Oder die 40 Millionen sind so tief im Suff versunken, dass sie gar nicht wissen, dass die „Krim unsere“ ist, vielleicht schauen sie schon vier Jahre kein Fernsehen mehr, weil sie den [Fernseher – dek] zum Pfandleiher gebracht haben?

    Oder wollen die 40 Millionen mit ihrem Nicht-Wählen etwas sagen? Und was? Worüber die unzufrieden sind – keine Ahnung. Und warum fragt niemand in einem solchen Fall? Das ist doch spannend! Wer sind diese Leute, was machen sie, wo sind sie?~~~Вот простой вопрос, над которым никто не задумывается. а почему треть граждан („избирателей“, назовем их так условно) опять не пришла на выборы? причем, в условиях, когда родина в опасности, Запад наступает и требуется консолидация? Треть! В абсолютных цифрах – это около 40 млн человек. Почему они не ходят? Во-первых, встает вопрос: а есть они вообще? Может быть, это какие-то старики, которых давно уже черные риэлторы переселили из города в глухую деревню? и они там околели уже? Или это 40 млн человек, которые в таком запое, что даже не знают, что „Крым наш“, не смотрят телевизор уже четыре года, потому что уже снесли его в ломбард? Или эти 40 млн что-то хотят сказать своим „нехождением“. А что? Чем они недовольны, непонятно. И почему никто не спросит, в таком случае. Это же интересно! Кто эти все люди, чем они занимаются, где они?[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2018

    Izvestia: Kein Populismus

    Politologe Dimitri Orlow dagegen sieht in der kremlnahen Izvestia konkrete Versprechen für die Zukunft als einen Grund für den Sieg Putins:

    [bilingbox]Die umfangreiche Arbeit, die der Präsident mit der traditionellen „Putinschen Mehrheit“ verrichtet hatte, hat Früchte getragen. Eine wichtige Rolle spielte der direkte Umgang der Staatsführung mit den Wählern vor Ort.[…]
    Das im Vorfeld der Kampagne breit diskutierte „Zukunftsbild“, das von den Wählern positiv aufgenommen wurde, ist kein Populismus, sondern ein konkreter Vorschlag der Staatsmacht zur Lösung von Problemen, die die Schlüsselgruppen der Wähler betreffen. Dabei hat die Staatsmacht keine schnelle Lösung versprochen, sondern ein konkretes Arbeitsprogramm.~~~Принесла плоды масштабная работа, которую провел президент с традиционным «путинским большинством», большую роль сыграло прямое общение главы государства с избирателями на местах. […] Широко обсуждавшийся в преддверии нынешней кампании «образ будущего», который был позитивно воспринят избирателями, — не популизм, а конкретные предложения властей по решению проблем, касающихся ключевых групп избирателей, не обещания быстрого результата, а планы реальной работы.[/bilingbox]

    erschienen am 20.03.2018

    Carnegie.ru: No Future

    Auf dem Online-Portal des Thinktank Carnegie dagegen, kritisiert die Politologin Tatjana Stanowaja die bisherige offizielle Rhetorik gegenüber den Wählern als wenig zukunftsorientiert:

    [bilingbox]Die einfachste Erklärung dafür, warum die Bevölkerung sich in Warteschlangen einreihte, um für Putin zu stimmen, sind aus heutiger Sicht die angespannten geopolitischen Rahmenbedingungen, die Logik der belagerten Festung. […] Der wichtigste Fehlschluss der Staatsmacht bei der Interpretation der Wahlergebnisse besteht darin, dass sie die vollendete Legitimation der Vergangenheit mit einer Carte blanche für die Zukunft verwechseln. Dieselbe Zukunft, über die die Staatsmacht mit der Gesellschaft nicht diskutieren konnte und wollte. Stattdessen hat die Staatsmacht die Gesellschaft vollends zur Geisel des wachsenden geopolitischen Chaos gemacht.~~~На сегодня самым простым объяснением того, почему население выстроилось в очереди, чтобы проголосовать за Путина, стало влияние напряженного геополитического фона, логики осажденной крепости. […] Ключевая ошибка власти в интерпретации итогов выборов заключается в том, что они подменяют свершившуюся легитимацию прошлого народным карт-бланшем на будущее. То самое будущее, о котором власть не захотела и не смогла говорить с обществом, окончательно отведя ему роль заложника нарастающего геополитического хаоса. [/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2018

    TASS: Dank an den Westen

    Die Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission Ella Pamfilowa spielt auf die jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Russland und dem Westen an, etwa die Anschuldigungen im Fall Skripal, wenn sie laut staatlicher Nachrichtenagentur TASS sagt:

    [bilingbox]Abgesehen natürlich von all den politischen Aspekten, möchte ich sagen, dass sich unser Volk in schwierigen Zeiten immer vereint. Deshalb gilt ein riesen Dank gewissen Führungspersonen gewisser westlicher Staaten – ich werde keine Namen nennen –, die ebenfalls eigene positive Beiträge geleistet haben und dabei behilflich waren, unser Volk zu konsolidieren und zu vereinen.~~~Помимо, конечно, всех тех политических аспектов, я хочу сказать, что, знаете, наш народ всегда объединяется в трудные минуты. Поэтому большое спасибо некоторым лидерам, не буду называть, некоторых западных государств, которые тоже внесли свою положительную лепту, содействовали консолидации и объединению нашего народа[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2018

    RIA FAN: Krim wählte Russland

    Die kremlnahe Nachrichtenagentur RIA FAN zitiert den skandalumwitterten Duma-Abgeordneten Leonid Sluzki, der das Wahlergebnis auf der Krim kommentiert:

    [bilingbox]Die Position des Westens, die Präsidentschaftswahl auf der Krim nicht anzuerkennen, hat nichts mit der Realität zu tun. Das Wahlergebnis von Wladimir Putin auf der Halbinsel, mehr als 90 Prozent der gewonnenen Wählerstimmen, spricht für sich. Die Krim wählte Russland. Die Krim wählte Putin und nicht Poroschenko. ~~~Позиция Запада о непризнании выборов президента в Крыму не имеет ничего общего с реалиями. Результат Владимира Путина на полуострове, более 90% в его поддержку, говорит сам за себя. Крым выбрал Россию, Крым выбрал Путина, а не Порошенко.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2018

    Krym.Realii (Radio Svoboda): Anomale Territorien

    Auf Krym.Realii von Radio Svoboda erklärt Politologe Iwan Preobrashenski, warum er den hohen Werten auf der Krim nicht traut: 

    [bilingbox]Wenn die Wahlbeteiligung in einer Region den Landesdurchschnitt erheblich übersteigt, können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass es sich um „anomale Territorien“ wie Tschetschenien oder Dagestan handelt, wo eigentlich niemand die tatsächlichen Wahlergebnisse kennt. Grund dafür sind die vielfachen Wahlfälschungen, die bei den Bezirkswahlkommissionen beginnen und sich über die gesamte Vertikale ausbreiten, wo jeder Vorgesetzte versucht, sich so eifrig wie möglich anzudienen und dem Haupt-Kandidaten Stimmen zuzuschanzen. ~~~Если явка серьезно превышает среднероссийскую, то с большой долей вероятности мы можем говорить, что это «аномальные территории» типа Чечни или Дагестана, где реальных результатов выборов на самом деле не знает уже никто. Потому что там выборы многократно фальсифицируются, начиная с участковых избиркомов и по вертикали, где каждый начальник старается максимально выслужиться и добросить голосов главному кандидату.[/bilingbox]

    erschienen am 20.03.2018

    Republic: Denkt an Tunesien

    Der Politologe Grigori Golossow warnt auf Republic mit Blick auf den Arabischen Frühling generell vor zu viel Euphorie:

    [bilingbox]Wofür stehen Ergebnisse autoritärer Wahlen? Dafür, wofür sie stehen müssen – für Loyalität. Üblicherweise bleibt die Loyalität über die ganze Legislaturperiode hinweg erhalten, und das eröffnet den Spielraum für Propaganda à la „Rückhalt des ganzen Volkes“. Manchmal nehmen Ereignisse eine andere Wende. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass in Tunesien nach weniger als eineinhalb Jahren [nach der Präsidentschaftswahl – dek] eine Revolution stattfand, bei der Ben Ali keine Beschützer und nicht einmal passive Unterstützer fand. ~~~О чем свидетельствуют результаты авторитарных выборов? О том, о чем и должны свидетельствовать, – о лояльности. Обычно лояльность сохраняется в течение всего президентского срока, и это открывает простор для пропагандистской темы о «всенародной поддержке». Иногда события принимают другой оборот. В связи с этим напомню о том, что в Тунисе менее чем через полтора года произошла революция, в ходе которой ни защитников, ни даже пассивных сторонников у бен Али не нашлось.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2018
     

    Diese Debattenschau wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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  • Infografik: Wahl 2018

    Infografik: Wahl 2018

    70/70 – das, so munkelte man bereits Monate vor der Wahl, sei die Zielvorgabe aus der russischen Präsidialadministration gewesen: 70 Prozent für den Amtsinhaber bei 70 Prozent Wahlbeteiligung. Und so kam es (fast) auch: Nach dem offiziellen Ergebnis wurde Wladimir Putin für weitere sechs Jahre im Amt bestätigt (s. auch unsere Debattenschau zum Thema). Wir haben uns die Zahlen genauer angeschaut und in drei interaktiven Infografiken aufbereitet.

    Offizielles Ergebnis 

    Mit einem vorläufigen Stimmenanteil von rund 77 Prozent konnte Putin sein bislang bestes Ergebnis aus dem Jahr 2004 überbieten, rund 56 Millionen Menschen stimmten diesmal für ihn: 

     


    Quelle: ZIK (Falls die Grafiken nicht laden, bitte hier aktualisieren)

    Unterschiede in der Wahlbeteiligung

    Bei der Dumawahl 2016 gab es je nach Region große Unterschiede in der Wahlbeteiligung, was vielfach als Indiz für Wahlfälschungen gewertet wurde. Die endgültigen Zahlen für 2018 stehen zwar noch nicht fest, der Wahlanalytiker Sergej Schpilkin sieht aber bei manchen Regionen eine ähnliche Tendenz, wenngleich in einem offensichtlich kleineren Ausmaß.  

     


    * Um die offiziellen Wahldaten vollständig abzubilden, sind auf der Karte auch die Krim und Sewastopol verzeichnet, die Russland seit 2014 als eigene Föderationssubjekte betrachtet. Gemäß dem Völkerrecht gehören diese Gebiete jedoch zur Ukraine. Mehr dazu in unserer Gnose: Krim-Annexion / Quelle: ZIK, Sergej Schpilkin (Falls die Grafiken nicht laden, bitte hier aktualisieren)

    Die Wahlbeteiligung beträgt nach vorläufigen Angaben (Stand: 19. März, 14:45 Uhr Moskauer Zeit) rund 67,5 Prozent. Damit ist sie höher als bei der Präsidentschaftswahl 2012, allerdings etwas niedriger als 2008. Die 70 Prozent-Vorgabe ist fast erfüllt – doch was sagen diese Zahlen aus? 

    Die Stimmverteilung gleicht diesmal mehr einer Gaußschen Glockenkurve (Normalverteilung) als bei der Dumawahl 2016, auch der berüchtigte Zacken-Bart fällt diesmal insgesamt kleiner aus. Für den Physiker Sergej Schpilkin bleiben nach vorläufigen Berechnungen rund 10 Millionen Stimmen verdächtig, insgesamt verortet er die Anzahl der Wahlfälschungen bei dieser Präsidentschaftswahl aber zwischen der Anzahl der Fälschungen bei den Wahlen 2004 und 2012. Das Wahlprozedere selbst verlief also dem erstem Anschein nach mit weniger Manipulationen als 2012. 

    Das gilt allerdings nicht für das Prozedere vor der Wahl: Die Zulassung zur Kandidatur wurde erschwert, kandidiert haben vor allem Systemoppositionelle. Es war also eine Wahl ohne wirkliche politische Konkurrenz. 

    Zwar vermeldeten Wahlbeobachter vereinzelt das Auffüllen von Wahlurnen, einige Beobachter durften Wahllokale sogar nicht betreten. Einen großen Anteil der Manipulationen machte aber nach vorläufigen Schätzungen die sogenannte Administrative Ressource aus: So wurden vermehrt Gruppen von Bjudshetniki gesichtet, die offensichtlich dazu angehalten wurden, an der Wahl teilzunehmen. Eine gesetzliche Wahlpflicht gibt es in Russland nicht, vielfach wird jetzt aber von einer Wählernötigung gesprochen.

    Die Staatsführung strebte eine hohe Wahlbeteiligung an, dazu wurde im ganzen Land wochenlang getrommelt. Angesichts einer derart massiven Mobilisierungskampagne, sei die Wahlbeteiligung allerdings doch recht dürftig, meint beispielsweise der Politologe Gleb Pawlowski in einem Interview mit dem unabhängigen Fernsehsender Doshd

    Während in Moskau und Sankt Petersburg rund 60 beziehungsweise 64 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne gingen, weisen etwa die Republiken des Nordkaukasus eine Wahlbeteiligung von über 90 Prozent auf – unter anderem in diesen Regionen konnte Putin auch die höchsten Stimmerfolge für sich erzielen.

    Keine Normalverteilung

    Der Physiker Sergej Schpilkin hat sich diese regionalen Unterschiede noch ein wenig genauer angeschaut und mit mathematischer Methode untersucht. Dazu hat er die Ergebnisse aller Wahlbezirke nach Wahlbeteiligung sortiert und in ein sogenanntes Histogramm eingetragen (s. Infografik oben).

    Dabei fällt auf, dass Putin – anders als seine Konkurrenten – überdurchschnittlich viele Stimmen vor allem dort geholt hat, wo die Wahlbeteiligung am oberen Ende der Skala lag. Bei Putin gleicht die Stimmverteilung keiner Gaußschen Glockenkurve (Normalverteilung), sondern einem Zacken-Bart. Schpilkin sieht darin ein starkes Indiz für Wahlfälschung.

    Um das Ausmaß der Anomalie einzuschätzen, hat Schpilkin die Stimmen aller Gegenkandidaten, die eher nach einer Normalverteilung aussehen, addiert und auf ein Vergleichsniveau skaliert (gestrichelte Linie), sodass sich die Spitzenwerte mit denen von Putin decken. Die Differenz zwischen Putins Ergebnis und der Vergleichskurve (grüner Bereich) markiert für Schpilkin den Anteil der verdächtigen Stimmen, etwa 10 Millionen Stimmen von rund 73 Millionen gezählten. Diese könnten durch Wahlmanipulationen zustande gekommen sein.

    Derartige Befunde sind für Wahlen in Russland keine Überraschung: Bei den Bolotnaja-Protesten nach der Dumawahl 2011 forderten Demonstranten auf ihren Plakaten „Gebt uns Gauß zurück!“, und auch bei der Dumawahl 2016 wurden ähnliche Unregelmäßigkeiten festgestellt. Die Novaya Gazeta hatte dazu damals Sergej Schpilkin nach seiner Methodik befragt.

    Text: Anton Himmelspach
    Datenvisualisierung: Daniel Marcus

    erschienen am 19.03.2018

    Diese Infografik wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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    Während des Wahlkampfes ist ein anonymer Wahlwerbespot aufgetaucht, der sehr schnell viral ging. Der Spot betont, wie wichtig es ist, wählen zu gehen. Geht man nicht, so zeigt der Film Folgen, vor denen der russische Wähler anscheinend Angst haben soll: Etwa ein Gesetz, dass jede Familie einen Schwulen in Pflege nehmen muss. Die Hauptfigur mimt der beliebte Komiker Sergej Burunow, der sehr bekannt ist aus dem Fernsehen.

    Seit der Spot erschien, spekuliert das Netz: Wer war der Auftraggeber? Steckt gar Putins Wahlkampfstab dahinter?

    Oleg Kaschin kommentiert auf Republic, dass diese Frage im Grunde irrelevant sei, in jedem Fall könne man in dieser Art der Wahlwerbung die Handschrift des Staatsapparates erkennen. Der Spot sage viel darüber aus, wie sich der Staat den Durchschnittsrussen vorstelle, und in welcher Sprache er mit diesem kommuniziere:


    [bilingbox]Die Sprache von Fernseh-Comedians eignet sich sich bestens für eine Wahlkampagnen-Ausschlachtung im Interesse Putins, unter anderem deshalb, weil die jetzige Epoche keinerlei eigene originelle Sprache hervorgebracht hat. Ein Defizit an Worten und Redeweisen sowie die Verarmung politischer Rhetorik in kritischem Ausmaß ist ein Fakt, als dessen leibhaftige Verkörperung die staatlichen Pressesprecher gelten können, allen voran Dimitri Peskow.

    Über deren Stimme kommunizieren die Machthaber mit der Gesellschaft. Und diese Stimme ist nicht imstande auch nur irgendwas Überzeugendes hervorzubringen. Deswegen versammeln die Machthaber – wenn sie dem Volk etwas Ernstes mitteilen wollen (und die Wahlbeteiligung ist das Ernsteste, was es derzeit im Zusammenhang mit den Wahlen gibt) – Komiker und inszenieren mit deren Zugkraft parodistische Stücke.~~~Язык телевизионных юмористов лучше всего подходит для предвыборной эксплуатации в интересах Путина в том числе потому, что никакого другого собственного оригинального языка эта эпоха не произвела. Дефицит слов и интонаций, критическое обеднение политической риторики – факт, живым воплощением которого можно считать государственных пресс-секретарей во главе с Дмитрием Песковым. Их голосом с обществом разговаривает власть, и этот голос не в состоянии произнести ничего убедительного вообще, поэтому, когда власти нужно сообщить народу что-то серьезное (а явка же – это сейчас самое серьезное из всего, что связано с выборами), она собирает комических актеров и ставит их силами пародийный сценарий.[/bilingbox]


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    dekoder-Redaktion
    erschienen am 13.03.2018

    Diese Übersetzung wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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    Bystro #2: Das Wichtigste zur Präsidentschaftswahl 2018 – in sechs Fragen und Antworten. Einfach durchklicken.

    1. 1. Jeder sagt, Putin wird die Wahl gewinnen. Warum ist das so klar?

      Ein wichtiger Grund ist die Propaganda-Formel Putins Alternativlosigkeit: Diese ist in den staatsnahen Medien ein immer wiederkehrendes Motiv. Auch wenn Nawalny, der einzige wirkliche Konkurrent, zur Wahl zugelassen worden wäre – eine ernsthafte Chance gegen Putin hätte er genauso wenig wie die anderen sieben Kandidaten. Diese werden auch als Kandidaten von Putins Gnaden bezeichnet, wirkliche politische Konkurrenz gibt es bei dieser Wahl nicht. Auch deshalb sprechen nicht nur böse Zungen von einem Putin-Referendum statt von einer Präsidentschaftswahl.  

    2. 2. Warum durfte der Oppositionspolitiker Nawalny nicht kandidieren, wenn er doch eh keine Chancen hätte?

      Allein die Zulassung zur Wahl hätte Nawalny als Sieg verbuchen und viele seiner Anhänger mobilisieren können. Außerdem gliche die Zulassung einem Eingeständnis, dass Nawalny doch kein amerikanischer Spion sei – ein häufiger Vorwurf in den staatsnahen Medien. Dort hätte Nawalny als Kandidat auch noch eine ihm bislang völlig verschlossene Bühne bekommen, denn alle offiziellen Kandidaten haben ein Recht auf Sendezeit. Er hätte bestimmt auch die Korruption des Systems Putin angeprangert und damit auch Menschen erreicht, die bislang nicht mit dem Thema in Berührung kamen.  

    3. 3. Warum gehen die Wähler dennoch an die Wahlurne, auch wenn der Ausgang der Wahl so klar scheint?

      70/70 – so soll der stellvertretende Leiter der Präsidialadministration Putins Wahlziel definiert haben. Sprich: Putin möchte eine mindestens 70-prozentige Wahlbeteiligung und 70 Prozent der Stimmen. Um sie zu erreichen, wird ein virtueller Kriegszustand angeheizt: der Topos von Russland als belagerter Festung, die der Westen in die Knie zwingen wolle.

      Laut Propaganda ist „Für Putin“ gleichzusetzen mit „Für Russland“. Aus dieser Logik heraus gleicht die Wahl für viele einem Referendum über die Frage, wer die belagerte Festung am besten verteidigen kann.

      Hinzu kommt, dass auf Staatsbedienstete und Empfänger staatlicher Hilfsleistungen oft großer Druck ausgeübt wird, an den Wahlen teilzunehmen. 

    4. 4. Steht nicht der Großteil der Bevölkerung hinter Putin?

      Jein. Sicherlich funktioniert bei vielen die Propaganda, die Menschen haben Angst und versammeln sich hinter Putin, auch weil es sonst niemanden anderen gibt – wegen ausgeschalteter politischer Konkurrenz. Die Politikwissenschaftlerin Lilija Schewzowa meint allerdings, dass allein die Konzentration auf die Formel belagerte Festung einem Eingeständnis der Ohnmacht gleiche.

      Hinzu kommt die grassierende Verarmung, die Realeinkommen sinken schon vier Jahre hintereinander. Meinungsumfragen, die Putin eine über 80-prozentige Zustimmung bescheinigen, sind nicht unbedingt besonders aussagekräftig, worauf der Soziologe Grigori Judin hinweist: Denn die wenigen Menschen, die sich überhaupt zu einer Umfrage bereit erklären, referieren dabei oft nur das, was sie am Tag zuvor in den Nachrichten gehört haben.

    5. 5. Ist die Kandidatin Xenia Sobtschak tatsächlich eine Marionette des Kreml?

      Viele Beobachter meinen, dass Sobtschak ohne Putins Gnaden nicht zur Wahl zugelassen worden wäre. Sie spekulieren, dass die Kandidatin nur deshalb im liberalen Milieu um Protestwähler werben und sogar die Staatsmacht im Staatsfernsehen kritisieren darf, weil sie damit politische Konkurrenz simuliert, die Wahlbeteiligung steigert und die liberale Wählerschaft spaltet. Während Nawalny um eine neue politische Mitte wirbt, beackert Sobtschak aber nur den äußersten Rand des politischen Spektrums. 

    6. 6. Nach der letzten Präsidentschaftswahl gab es massive Proteste. Könnte das diesmal wieder passieren?

      Einige Wahlrechtsreformen der letzten Jahre können das Wahlprozedere selbst in einigen Punkten tatsächlich demokratischer machen. Das gilt allerdings nicht für das Prozedere vor der Wahl: unter anderem wurde die Zulassung zur Kandidatur erschwert. Auch wird die administrative Ressource verstärkt eingesetzt (siehe Punkt 3). So wird die Präsidentschaftswahl 2018 weder frei noch fair sein. Weil somit auch die politische Konkurrenz ausgeschaltet wurde, sind massive Wahlfälschungen jedoch eher unwahrscheinlich.

      Derzeit setzt Oppositionspolitiker Nawalny auf einen Wählerstreik und damit auf eine niedrige Wahlbeteiligung. Es ist zu erwarten, dass Nawalny nach dem 18. März weiter an seinen Korruptionsenthüllungen arbeiten wird. Angesichts der grassierenden Verarmung kann er womöglich noch mehr Menschen für Proteste mobilisieren.



    *Das französische Wort Bistro stammt angeblich vom russischen Wort bystro (dt. schnell). Während der napoleonischen Kriege sollen die hungrigen Kosaken in Paris den Kellnern zugerufen haben: „Bystro, bystro!“ (dt. „Schnell, schnell!“) Eine etymologische Herleitung, die leider nicht belegt ist. Aber eine schöne Geschichte.

    Text: dekoder-Redaktion
    Stand: 12.03.2018

    Diese Veröffentlichung wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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    Staat im Staat 2.0

    Egal, ob es um Vorwürfe wegen vermeintlicher Wahleinmischung in den USA oder russischen Kämpfern in der Ostukraine geht: Der Kreml bestreitet dies stets. Offiziell hat sich Putin immer von Hackerangriffen distanziert (s. Video). Zu den aktuellsten Recherchen von Nawalnys Fonds für Korruptionsbekämpfung, die eine russische Einflussnahme auf die US-Wahlen über Vize-Premier Prichodko und den Oligarchen Oleg Deripaska nahelegen, hat sich der Kreml offiziell nie geäußert.

    Einen Monat vor der russischen Präsidentschaftswahl beobachtet Maxim Trudoljubow eine Art „Staat im Staat“, die Auslagerung wichtiger Operationen aus den staatlichen Institutionen heraus.

    Ausländische Staaten sprechen von einer Einmischung Russlands in ihre inneren Angelegenheiten und in ihre Wahlen. Russlands offizielle Vertreter dementieren das. Und sichtbare Anzeichen für eine Beteiligung russischer Staatsangehöriger an den Kriegshandlungen in Syrien und in der Ukraine oder an den Troll-Angriffen auf amerikanische Wähler ändern nichts an der offiziellen Position: Das sind nur Privatpersonen, Urlauber und Enthusiasten. 

    Wenn Putin auf die Frage eines ausländischen Journalisten nach möglichen Hackerangriffen auf die Wahlen in Deutschland sagt: „Auf staatlicher Ebene machen wir so etwas nie“, dann wählt er seine Worte sorgsam und zieht eine für ihn wichtige juristische Grenze zwischen Privatem und Staatlichem.

    Wie sind die gefallenen Kämpfer nach Syrien gekommen?

    Das Außenministerium räumt ein, dass in Syrien bei Kämpfen zwischen Assad-treuen Einheiten und Kräften, die von den Amerikanern unterstützt werden, russische Staatsangehörige ums Leben gekommen sind. Wie aber diese russischen Kämpfer, die nicht im Dienst der Armee standen, nach Syrien gelangten, ist den Behörden nicht bekannt.

    Nicht bekannt ist auch, warum individuelle Mitarbeiter privater Medienunternehmen amerikanisch anmutende Accounts in Sozialen Netzwerken einrichten oder sogar E-Mail-Server amerikanischer Politiker hacken. „Hacker, das sind freie Menschen, wie Künstler: Die stehen auf, und wenn sie in Stimmung sind, setzen sie sich hin und malen. Genau wie Hacker: Die wachen auf und lesen, dass da was los ist in den internationalen Beziehungen, und wenn sie patriotisch gesinnt sind, dann leisten sie ihren Beitrag“, meinte Wladimir Putin im vergangenen Jahr.

    Projekte, bei denen nichtstaatliche Kräfte eingesetzt werden, sind von erheblicher Bedeutung. Es ist also kein Programmfehler, sondern es ist das Programm – eine bewusst aufgebaute Public-private-Partnership im politischen und militärischen Bereich. Ganz offensichtlich ist das Besondere an in diesem Ansatz, dass sich eine Beteiligung des Staates leugnen lässt, ohne sich groß verbiegen zu müssen. 

    Alibi für den Kreml

    Dem Kreml ein Alibi zu verschaffen, ist natürlich nicht die einzige Aufgabe, an der Oleg Deripaska, Jewgeni Prigoshin, Konstantin Malofejew und andere sehr wichtige Privatpersonen arbeiten – jeder in seinem Bereich.

    Eine untergründige, aber wichtige Entwicklung all der Jahre unter Putin bestand darin, den Charakter von Eigentum zu ändern: Grundsätzliche Voraussetzung für Besitz ist mittlerweile der Dienst am Staat. Wer über „altes Geld“ verfügte (in Wirklichkeit waren das natürlich junge Leute mit sehr jungem Geld), ging auf dem Wege von trial and error dazu über, ungeschriebene Eigentumsverträge durch neue zu ersetzen, nachdem man gelernt hatte, wie Verhandlungen laufen; jeder gab nach seinen Fähigkeiten: Die einen subventionierten ganze Regionen sowie verlustträchtige, aber sozialpolitisch wichtige Unternehmen. Andere unterstützten Jugendgruppen und politische Parteien, bei denen die Regierung Pate steht, die dritten beteiligten sich an der Sanierung oder dem Bau von Palästen und Projekten zur nationalen Prestigesteigerung.

    Es ging dabei nicht nur um den Neuabschluss alter Verträge, sondern auch um das Knüpfen neuer Beziehungen. Im Unterschied zu den alten Oligarchen erhalten die neuen Leute – von denen viele lustigerweise gar nicht so jung sind – einfach die Möglichkeit großer Gewinne (beispielsweise durch Kontakte zu Gazprom oder dem Verteidigungsministerium), vorausgesetzt, sie übernehmen für das Gemeinwohl nützliche Aufgaben. Ein wertvoller Beleg für diesen Prozess sind die Materialien von Sergej Kolesnikow, der einst munter medizinische Geräte aus Deutschland nach Russland lieferte, sich dann aber entschloss, die Geschichte des „Putinpalastes“ publik zu machen.

    Wichtige Vorgänge aus den staatlichen Institutionen auszulagern, ist heute ein äußerst wichtiges politisches Instrument des Kreml. Natürlich könnte man den Einsatz dieser Mechanismen ausschließlich in Korruptionsmotiven suchen: weniger Transparenz, also mehr Möglichkeiten zu stehlen. Das wäre jedoch zu eindimensional. Für das konsequente Vorgehen, das außerhalb Russlands oft angriffslustig wirkt, ist eine solche Erklärung nicht hinreichend. Es ist völlig klar: Putins neue Oligarchen erhalten unbeschränkt Zugang zu Gewinnquellen, aber sie führen seine Kriege und bauen seine Brücken.

    Sie führen Putins Kriege und bauen Putins Brücken

    Paradoxerweise vertraut der Staatsmann Putin dem gewöhnlichen Staat nicht, der ihm zu unpersönlich ist. Und für jeden CIA-Agenten ist es ein Leichtes, die Berichte einzusehen; er ist also für den Feind transparent. Der Staat mag sich zwar heute unter der Kontrolle Putins befinden, aber er ist nach Grundzügen aufgebaut, die – zumindest theoretisch – Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und eine Verantwortlichkeit gewählter Politiker gegenüber der Gesellschaft vorsehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein nicht im Vorhinein abgesegneter Kandidat bei Wahlen gewinnt, ist natürlich verschwindend gering, aber sie ist nicht gleich Null. Und für einen vorsichtigen Spieler ist bereits diese geringe Wahrscheinlichkeit einer Niederlage Grund genug, sich abzusichern.

    Gewöhnlicher Staat versus Staat des Zaren

    Eine solche Absicherung ist die Schaffung eines Staates, der außerhalb des gewöhnlichen Staates existiert. Einst gab es ein Synonym für wne („außerhalb“), otdelno („gesondert“) oder snarushi („von außen“): Es lautete opritsch. Die Opritschnina war ihrem Sinne nach ein Staat des Zaren außerhalb der gewöhnlichen Semschtschina. Sie war eine neue institutionelle Realität, mit neuen Leuten, die Eigentum und Reichtum nur für treue Dienste erhielten und dem Geltungsbereich der verhassten Feudalordnung entzogen waren.

    Die Beziehungen zwischen diesen beiden Staaten müssen sich nicht unbedingt derart blutig gestalten, wie Iwan IV. („der Schreckliche“) es eingerichtet hatte (auch wenn die Abrechnung mit einigen Gouverneuren und dem ehemaligen Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Alexej Uljukajew, etwas von Opritschnina hatte). Ein Hort idyllischer Harmonie werden sie aber wohl nie werden.

    Der „andere Staat“ sammelt Einkommensquellen und rekrutiert Oligarchen, die sie überwachen. Dem gewöhnlichen Staat überlässt er die Kosten, soziale Verpflichtungen und das Fußvolk der Gouverneure.

    Den gewöhnlichen Staat leitet der Premierminister, dem ist alles übertragen, womit sich der Anführer des „anderen“, des zarischen Staates, nicht befassen will.

    Die Reformprogramme werden für den gewöhnlichen Staat geschrieben, dessen Beamte berechnen ächzend die Haushalte und führen Handelsgespräche. Aber es reicht eine Bewegung des unberechenbaren „anderen Staates“ und alles war umsonst – wie schon mehrfach geschehen. 


    Sollte Putin irgendwann einmal die Kontrolle über die Wahlen lockern, wird er zwar die Wahl eines Oberhaupts für den gewöhnlichen Staat zulassen, den Staat des Zaren aber wird er selbst behalten.

    Der „andere Staat“ bleibt unsichtbar

    Russland fällt in der Welt immer stärker durch das Vorgehen des „anderen Staates“ auf (jenes Staates, der private Kriege führt und die öffentliche Meinung manipuliert). Doch ist der „andere Staat“ für Russen wie für Ausländer unsichtbar: Wir kennen seine Dimensionen nicht, wissen nicht, wieviel Geld und wieviel Leben durch ihn aus dem gewöhnlichen Staat abgezapft werden und dann in der Blackbox des parallelen, privaten Staates verschwinden. Offiziell werden nur die üblichen Zahlen veröffentlicht und diskutiert, und nur auf dieser Grundlage werden Prognosen erstellt. Das vermittelt uns aber keine Vorstellung von den Plänen des privaten Staates. 

    Welcher von beiden Staaten wird mehr Gewicht haben? Den meisten Bürgern des Landes, so scheint es, gefällt es, auf die Erfolge des agilen „anderen Staates“ stolz zu sein. Sie leben aber in der Realität des depressiven gewöhnlichen Staates, eines Staates, in dem die staatlichen Angestellten mit Ach und Krach versuchen, ein schändliches Minimalgehalt an das kärgliche Existenzminimum anzugleichen.

    Diese Übersetzung wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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  • Streiken oder Wählen? Aber wen?

    Streiken oder Wählen? Aber wen?

    Oppositionspolitiker Alexej Nawalny darf bei der Präsidentschaftswahl im März 2018 nicht kandidieren und hat zum Wählerstreik aufgerufen. An Xenia Sobtschak, die erklärt hat, Kandidatin gegen alle zu sein, scheiden sich die Geister: Ist sie am Ende eine Marionette des Kreml, angetreten, um die liberale Wählerschaft zu spalten? 
    So oder so: Was Nawalny grundlegend von Sobtschak unterscheidet, obwohl sich ihre Positionen ähneln, und welche Möglichkeiten ein kritischer Wähler im März sonst noch hat – das analysiert Politologe Alexander Kynew auf Republic.

    Es scheint so, als wären die Wahlkampagnen von Nawalny und Sobtschak quasi identisch. Tatsächlich aber unterscheiden sie sich sehr und ziehen völlig unterschiedliche Folgen nach sich.  

    Worum geht es in Nawalnys Kampagne? Nawalny ist zweifellos ein Mensch mit demokratischen Ansichten, er ist bestrebt, mit den Menschen in der Sprache zu sprechen, die die Mehrheit versteht und zwar über das, was diese Mehrheit anzuhören bereit ist. Er übersetzt den liberalen Diskurs in eine für die Mehrheit verständliche Sprache und führt Beispiele an, die jeweils für sich genommen überzeugend sind – im Prinzip schafft er eine Synthese von Freiheit und Gerechtigkeit. Denn sein zentrales Thema – der Kampf gegen Korruption – entspricht im Grunde dem Thema soziale Gerechtigkeit, nur knackig und anschaulich serviert.

    Die Sprache der Mehrheit

    Ob er auch auf andere Bürgerrechte Wert legt, auf freie Religionsausübung und so weiter und so fort? Bestimmt, und kaum jemand bezweifelt das. Nur orientiert er sich an einem breiten Auditorium, wenn es darum geht, die Probleme zu gewichten. Er versucht, mit dem Übertragen des liberalen Diskurses in die „Sprache der Menschen“ eine neue Mehrheit zu schaffen. Genau deswegen ist er für die gegenwärtige Staatsmacht eine Bedrohung.

    Alles, was bei Nawalny die Grundlage für sein Image und sein politisches Programm bildet, kommt bei Sobtschak entweder gar nicht vor oder nur irgendwo am Rande. Und umgekehrt: Das, was bei Nawalny zwar implizit ist, im Kampf um die Wählermassen aber keine Rolle spielt, ist in Sobtschaks Kampagne ein Hauptanliegen. Ob die Krim uns gehört oder nicht, europäische Werte, Sanktionen gegen Russland, Legalisierung leichter Drogen, LGBT-Rechte, Säkularisierung des gesellschaftlichen Lebens und so weiter – das alles sind natürlich wichtige Fragen. Doch aus der Sicht des einfachen Bürgers stehen sie nicht an erster oder zweiter und nicht mal an dritter Stelle.

    Mobilisierung einer Minderheit

    Weil sie Probleme anders hierarchisiert und weil die Kandidatin ein anderes Image hat, ist die an sich ähnliche Kampagne Sobtschaks nicht dazu geeignet, eine neue Mehrheit zu erzeugen, sondern nur dazu, eine Minderheit zu mobilisieren. Wobei dieser Effekt durch die geringe Beliebtheit der Kandidatin verstärkt wird.

    Wie unterscheiden sich die Folgen dieser beiden Strategien, der Erzeugung einer neuen Mehrheit (bei Nawalny) und der Mobilisierung einer ultraliberalen Minderheit (bei Sobtschak)?

    Die Strategie der neuen Mehrheit ist immerhin ein realer Kampf um die Macht – Macht, zumindest was [einen hypothetischen – dek] politischen Einfluss im Parlament angeht. Und sie ist eine Chance, die gesellschaftliche Evolution durch Schritte voranzutreiben, die die Menschen zu verstehen und anzunehmen bereit sind.

    Kampf um die Macht versus Wähler-Ghetto

    Die Strategie der Mobilisierung einer Minderheit bedeutet, dass auf sehr lange Sicht kein realer Einfluss auf die Machthaber zu erwarten ist, ganz zu schweigen von einer Chance, sie abzulösen. Im Grunde ist es ein Kampf für das Recht auf ein ruhiges Leben im Wähler-Ghetto, es ist eine Strategie der langfristigen politischen Aufklärung und ein Versuch, die Gesellschaft allmählich an die Existenz und Akzeptanz eines liberalen Diskurses zu gewöhnen – in der Hoffnung, sie würde sich von selbst schrittweise weiterentwickeln.

    Auch wenn sich also die Positionen in vielen Fragen ähneln, sind die Aussichten in realita völlig unterschiedlich. Die zweite Strategie zu wählen, würde für Anhänger der ersten nicht bedeuten, „quasi Gleichgesinnte“ zu unterstützen – es wäre eine Kapitulation und ein Eingeständnis, auf Ambitionen und Kampfgeist zu verzichten. Und genau so wird das auch benutzt werden. „Quasi dasselbe“ zu unterstützen, wird sich als Falle erweisen.  

    Nawalny: kein Ritter im weißen Gewand

    Nawalny als Ritter im weißen Gewand zu bezeichnen, ist sicher auch nicht angebracht.

    In verschiedener Hinsicht kann man ihn kritisieren, vor allem für seinen fehlenden Teamgeist: Im Prinzip wurde nichts unternommen, um anderen oppositionellen Kandidaten zu helfen, sei es bei den Wahlen zum Moskauer Stadtrat 2014, zur Staatsduma 2016 oder bei den Moskauer Kommunalwahlen 2017. Die offenbar gut organisierten Mitarbeiter Nawalnys sind heute praktisch das einzige funktionsfähige regionale Netzwerk eines führenden demokratischen Politikers.

    Stimme „gegen alle“ gibt es nicht

    Vielleicht ändert sich diese Situation in der Zukunft, aber derzeit unterstützen Sie bei den bevorstehenden Wahlen, wenn Sie eine der beiden genannten Strategien wählen, auch den Trend, der die Demokratiebewegung weiterhin dominieren wird. Eine Stimme „gegen alle“ gibt es bei diesen Wahlen nicht. Das ist eine Illusion. Sie unterstützen (oder auch nicht) einen ganz konkreten Politiker und mit ihm die Strategie, die er verkörpert. Das Ergebnis derer, die an der Macht sind, werden Sie bei solchen Wahlen fast nicht beeinflussen, das Schicksal der Demokratiebewegung jedoch durchaus.

    Also, wenn Sie für ein kleines liberales Ghetto und Versuche einer schrittweisen Aufklärung sind, dann ist Ihre Kandidatin Xenia Sobtschak. Andernfalls haben Sie gleich drei Möglichkeiten: beim „Wählerstreik“ mitzumachen; Stimmzettel zu verschandeln oder mitzunehmen; oder aber „für jeden anderen Kandidaten“ zu stimmen, der chancenlos, aber unschädlich ist (wie Jawlinski und Titow).
     

    Diese Übersetzung wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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  • Igor Setschin

    Igor Setschin

    Putins Schatten. Grauer Kardinal. Darth Vader. Kaum jemand in Russland ist gegenwärtig mit mehr Klischees belegt als Igor Setschin. Der Philologe und Übersetzer für Portugiesisch und Französisch begleitet Präsident Putin seit über 25 Jahren auf Schritt und Tritt. Ähnlich wie viele andere mächtige Männer im Land, arbeitete er mit ihm bereits Anfang der 1990er Jahre in der Stadtverwaltung von St. Petersburg. 1996 wechselte er mit Putin nach Moskau. Nach dessen Wahl zum Präsidenten wurde Setschin zunächst stellvertretender Leiter der Präsidialadministration, später stellvertretender Ministerpräsident. Seit 2012 ist er Vorstandsvorsitzender des größten russischen Ölkonzerns Rosneft, dem seit September 2017 auch Altkanzler Gerhard Schröder als Chef des Direktorenrats angehört.

    Igor Setschin gilt Vielen als unheimlich. Öffentlich kaum sichtbar, zieht er die Strippen im Hintergrund und kämpft, wenn nötig, mit harten Bandagen. 2003 war er unmittelbar an der Zerschlagung des Unternehmens Yukos[/gnose] von [gnose-723]Michail Chodorkowski beteiligt. Anschließend verhinderte er, dass die Anteile an Gazprom gingen. Stattdessen legte er den Grundstein für den Aufstieg von Rosneft. Im November 2016 lancierte er die Verhaftung des Ministers für Wirtschaftliche Entwicklung Alexej Uljukajew – die erste Verhaftung eines amtierenden Ministers seit dem Ende der Sowjetunion.

    Setschins Geschick stützt sich dabei auch auf die persönliche Nähe zum Präsidenten. Als langjähriger Sekretär Wladimir Putins gilt er diesem als treu ergeben. Gegenwärtig selbst ohne politisches Amt,  steuert er derzeit Russlands wirtschaftliche Lebensader: die Erdölindustrie.

    Aus einfachen Verhältnissen

    Dabei deutet zunächst nichts auf eine derartige Karriere hin. Setschin stammt aus einfachen Verhältnissen. 1960 in Leningrad in einer Arbeiterfamilie geboren, lernt er in der Schule Französisch und studiert ab 1977 an der renommierten Staatlichen Universität Leningrad Romanistik. An der philologischen Fakultät wird er zum Übersetzer für Portugiesisch und Französisch ausgebildet. Noch vor Abschluss des Studiums geht er 1982 nach Mosambik, wo er als Dolmetscher für das sowjetische Militär arbeitet, das sich im dortigen Bürgerkrieg engagiert. 1984 kehrt er nach Leningrad zurück und schließt sein Studium ab. Sein anschließender Militärdienst führt ihn zunächst nach Turkmenistan und schließlich nach Angola. Aus dieser Zeit stammen Gerüchte über eine offizielle Zusammenarbeit Setschins mit der sowjetischen Militäraufklärung GRU und dem KGB. Eindeutig geklärt sind diese bis heute nicht. 

    Putins Schatten

    Nach seiner Rückkehr aus Afrika wird Setschin 1986 zunächst Mitarbeiter seiner Alma Mater in der Abteilung für Internationales.1 Dank seiner Portugiesischkenntnisse wechselt er 1988 in das Exekutivkomitee des Leningrader Stadtrates, wo er unter anderem die Städtepartnerschaft mit Rio de Janeiro betreut. In diesem Umfeld macht er auch Bekanntschaft mit Anatoli Sobtschak, damals noch Professor an der Leningrader Universität und ab Juni 1990 Vorsitzender des Stadtrates. Unter welchen Umständen und wann Setschin Wladimir Putin zum ersten Mal begegnet, ist hingegen nicht eindeutig überliefert.2

    Nach der Wahl Anatoli Sobtschaks zum Bürgermeister im Juni 1991 wird Putin Leiter des Komitees für Außenbeziehungen. Er holt Setschin als Sekretär zu sich und arbeitet in den nächsten fünf Jahren eng mit ihm zusammen. Setschin organisiert Putins Termine und Korrespondenz und erarbeitet sich den Ruf eines treuen Dieners. Nach der Niederlage Sobtschaks bei der Bürgermeisterwahl 1996 gibt Putin sein Amt ab. Setschin folgt im Schlepptau.

    Nur einen Monat später wechseln beide nach Moskau. Während Putin bald zum ersten stellvertretenden Leiter der Präsidialadministration berufen wird, später das Amt des Direktors des Inlandsgeheimdienstes FSB übernimmt und im August 1999 schließlich zum Ministerpräsidenten Russlands aufsteigt, folgt ihm Setschin stets wie ein Schatten.

    Als Putin am 31. Dezember 1999 die Amtsgeschäfte des Präsidenten übernimmt, macht er Setschin zum stellvertretenden Leiter der Administration unter Dimitri Medwedew. Wie schon in St. Petersburg bleibt Setschin jedoch Herr über Putins Vorzimmer und wacht über dessen Treffen und Termine. Auch nach dem Amtsantritt von Dmitri Medwedew als Präsident im März 2008, bleibt Setschin als stellvertretender Ministerpräsident an Putins Seite.

    Rosneft: Setschins Traum

    Setschins große Stunde schlägt im Sommer 2003. Im Juni warnt der Rat für nationale Strategie in einem Bericht mit dem Titel „Staat und Oligarchie“ vor einer Verschwörung der Oligarchen.3 Rückblickend lässt sich dieser Bericht als Startschuss für die Zerschlagung und Verstaatlichung von Yukos betrachten, damals Russlands größter privater Erdgas- und Erdölförderer. Einige frühere Yukos-Manager sehen in Setschin den Auftraggeber. Der Autor des Berichts – Stanislaw Belkowski – verneint dies jedoch. Gleichzeitig gibt das ehemalige Yukos-Vorstandsmitglied Alexander Temerko zu Protokoll, dass Setschin den gesamten Prozess um Yukos im Kreml betreut und angeleitet habe. Dabei habe sich dieser nicht selbst für das Unternehmen interessiert, vielmehr sei es ihm um den Schutz seines Dienstherrn gegangen, so Temerko. Neben den politischen Ambitionen Chodorkowskis, sei der Verkauf von Sperrminoritäten strategisch wichtiger Unternehmen an ausländische Investoren für Setschin nicht hinnehmbar gewesen.4

    In der Folge wird Yukos mit immer neuen Steuernachforderungen konfrontiert. Zur Begleichung der Schulden wird im Dezember 2004 unter anderem Juganskneftegaz zwangsversteigert – das größte Produktionsunternehmen des Konzerns. Als Käufer taucht die bis dahin völlig unbekannte Briefkastenfirma Baikalfinanzgruppe (BKG) auf. Nur wenige Tage später erklärt Rosneft, damals noch der sechstgrößte Ölförderer Russlands, die Übernahme der BKG. Igor Setschin war bereits im Sommer als einfaches Mitglied in den Direktorenrat von Rosneft berufen worden. Ende Juli 2004 hatte er dessen Vorsitz übernommen.

    Die Zerschlagung von Yukos und die Übernahme der Kontrolle von Rosneft durch Setschin gelten damals als erster Schritt in Richtung einer staatlichen Energieholding, in der die Aktiva von Rosneft und Gazprom zusammengeführt werden sollen.5 Doch Setschin hat andere Pläne. Er wiedersetzt sich der schon geplanten Übernahme Rosnefts durch Gazprom, dessen Direktorenrat-Vorsitzender noch Dimitri Medwedew heißt.

    Als Präsident versucht Medwedew zaghaft, Staat und Wirtschaft stärker voneinander zu trennen. Im April 2011 muss Setschin als  stellvertretender Ministerpräsident unter Putin den Direktorenrat verlassen. Nur ein Jahr später, nach dem dritten Amtsantritt Putins, kehrt er jedoch zurück und übernimmt im Mai 2012 als Konzernchef endgültig das Ruder bei Rosneft. Gleichzeitig wird der Konzern zum strategischen Unternehmen des russischen Staates erklärt.

    An der Seite des Präsidenten leitet Setschin fortan die Sitzungen der neu eingerichteten Kommission für Energiefragen. Im März 2013 übernimmt Rosneft außerdem die Kontrolle über TNK-BP und wird damit zum weltweit größten, börsennotierten Erdölförderer.6

    Der Fall Bashneft: Setschins Zukunft

    Im Konflikt um den seit 2014 vorbereiteten Erwerb des russischen Erdölförderers Bashneft wird Setschins politischer Einfluss zum ersten Mal auch einer breiteren Öffentlichkeit deutlich. Das ehemalige Staatsunternehmen Bashneft wird 2009 von AFK Sistema als Mehrheitseigner übernommen und schrittweise modernisiert. Im Sommer 2014 meldet das staatliche Ermittlungskomitee jedoch rechtliche Zweifel an der Art und Weise des Geschäfts an. Der Multimilliardär und Eigentümer von AFK Sistema, Wladimir Jewtuschenkow, wird unter Hausarrest gestellt. Gerüchte über eine Wiederholung des Fall Yukos machen die Runde. Die erfolgte Privatisierung wird gerichtlich für unzulässig erklärt. Jewtuschenkow verzichtet auf eine Revision, fast 72 Prozent von Bashneft gehen zurück an den russischen Staat. Die treibende Kraft hinter dem Prozess: Rosneft-Chef Igor Setschin.

    Im Frühjahr 2016 wird Bashneft von der Regierung wieder zur Privatisierung ausgeschrieben. Neben acht weiteren Interessenten bietet auch Rosneft mit. Der damalige Minister für wirtschaftliche Entwicklung Alexej Uljukajew spricht sich jedoch gegen die Übernahme durch einen Staatskonzern aus. Für den Wirtschaftsliberalen ist dies nicht mit dem gesteckten Ziel einer Privatisierung vereinbar. Doch es hilft nichts. Im Oktober 2016 kauft Rosneft für knapp 5 Milliarden Euro die Mehrheit an Bashneft. Damit nicht genug. Mitte November wird Uljukajew, der unter einem Vorwand von Igor Setschin in die Rosneft-Zentrale gelockt wird, verhaftet. Der Vorwurf: Bestechung. Zwei Millionen US-Dollar an Schmiergeld für seine angebliche Zustimmung zum Geschäft. 

    Der anschließende Prozess gerät zur Farce. Setschin, obwohl selbst als Hauptzeuge geladen, erscheint trotz mehrmaliger Aufforderung nicht vor Gericht. Für Uljukajew ändert dieser Umstand wenig. Im November 2017 wird er zu acht Jahren Lagerhaft bei verschärftem Vollzug und einer Geldstrafe in Höhe des vermeintlichen Schmiergeldes verurteilt.

    Dies ist der erste Prozess gegen einen Minister wegen Korruption im post-sowjetischen Russland und zugleich ein deutliches Zeichen der politischen Macht Setschins. Der völlig unerwartete Schritt lässt die Vertreter des liberalen Wirtschaftsbloсks in der Regierung aufhorchen. Für welche Zukunft Russlands Putins Schatten steht, scheint ihnen nur allzu bewusst.

     


    1. Vedomosti: Igor‘ Sečin, pervyj vozle Vladimira Putina ↩︎
    2. Laut der Zeitung Leningradskaja Pravda lernten sich Putin und Setschin bereits Ende der 1980er Jahre als Mitarbeiter der Universität Leningrad kennen, Leningradskaja Pravda: Zaverbovali na 3 kurse. Dies ist jedoch äußerst unwahrscheinlich, da Putin erst im Januar 1990 aus Dresden in die Sowjetunion zurückkehrte, Ot pervogo lica: Razgovory s Vladimirom Putinym, M., Vagrius, 2000, 76. Nach anderen Informationen geht der erste Kontakt auf eine Reise von Sobtschak 1990 nach Brasilien zurück, FAZ: Igor Setschin. Putins Schatten. ↩︎
    3. Utro.ru: V Rossii gotovitsja oligarchičeskij perevorot ↩︎
    4. Vedomosti: Igor‘ Sečin, pervyj vozle Vladimira Putina ↩︎
    5. Kommersant: Neftjanoj kardinal und Polit.ru: «Seryj kardinal» Kremlja stal glavnym neftjanikom strany ↩︎
    6. The Guardian: Rosneft takes over TNK-BP in $55bn deal ↩︎

    Diese Gnose wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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