Dossier

Belarus: Unabhängigkeit & Emanzipation

„Wir sehen eine Nation, die sich ihrer selbst bewusst wird“, schreibt der belarussische Ökonom Sergej Tschaly wenige Tage nach der Präsidentschaftswahl am 9. August 2020: Die offiziellen 80 Prozent für Amtsinhaber Lukaschenko bei einer immer deutlicher dokumentierten massiven Wahlfälschung, der exzessive Gewalteinsatz von Polizei und Sondereinheiten schon im Vorfeld der Wahl, der dann am 9. August und an den Tagen danach seinen blutigen Höhepunkt fand mit Blendgranaten und Schusswaffen gegen Demonstranten, die Verstorbenen, mehrere tausende Festgenommene, von denen viele später über beispiellose Gewalt, Erniedrigungen und Misshandlungen in den Gefängnissen berichteten – all das hat für viele Menschen in Belarus das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht und einen Wandel- und Selbstermächtigungsprozess in Gang gesetzt, dessen Ausgang immer noch unklar ist. Auch wenn dieser Prozess durch die anhaltenden Repressionen vorerst gestoppt wurde bzw. ins Ausland verlagert wurde, wo eine neue belarussische Diaspora sich darum bemüht, die 2020 entstandene Demokratiebewegung weiterzuentwickeln.

Was es mit der allgegenwärtigen weiß-rot-weißen Fahne auf sich hat, wieso die Frauen bei dem Protest eine so eine wichtige Rolle spielten, welche Rolle Alexander Lukaschenko und Belarus beim Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine spielen – hier bündeln wir alle dekoder-Materialien zu den schon jetzt historischen Ereignissen in Belarus, die wir seit 1. November 2020 mit einem eigenen Belarus-dekoder verstärkt begleiten.

Am 1. April 2021 startete unser Projekt Peremen – Belarus im Wandel, mit dem dekoder nicht nur den gesellschaftspolitischen Wandlungsprozess in dem immer noch unbekannten osteuropäischen Land journalistisch darstellt und aufbereitet, sondern auch differenzierte Beiträge mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten zu diesem faszinierenden Kulturraum bietet. Auf diesem Projekt baute seit dem 1. April 2022 die Erweiterung Perspektiven für Belarus auf. Zusätzlich zu den journalistischen und wissenschaftlichen Beiträgen, die wir weiterhin zu Belarus liefern, bieten wir in der Reihe „Exiljournalismus“ Beiträge von russischen, belarussischen oder auch ukrainischen Journalistinnen und Journalisten. Sie schreiben über aktuelle Debatten und Entwicklungen zu osteuropäischen Themen. Die Texte werden weitgehend von Journalistinnen und Journalisten geschrieben, die sich gezwungen sahen, aufgrund der Repressionen in ihren Ländern ins Exil zu gehen. Darauf folgte ab 1. April 2023 unser Projekt unter dem Titel Belarus sichtbar machen. Am 1. April 2024 haben wir mit dem Projekt Belarus: Kampf um die Zukunft begonnen. Denn darum geht es in dieser weiterhin erschütternden Zeit: differenziertes und vertieftes Wissen zu Belarus zugänglich zu machen, ein besseres Verständnis für diesen lange vernachlässigten Kulturraum und weiterhin auch für die Lebensweiten der Berlarussen in ihren neuen Exilländern und in Belarus selbst zu ermöglichen.


  • Gnose

    Nikolaj Statkewitsch

    Nikolaj Statkewitsch (geb.1956), von seinen Anhängern Mikola genannt, ist ein belarussischer Oppositionspolitiker. Mit der Perestroika fand der Militärangehörige seinen Weg in die Politik. Er verschrieb sich den Ideen der Belarussischen Volksfront „Wiedergeburt“”, wurde aber letztlich der Anführer der sozialdemokratischen Partei Hramada, weil er soziale Themen für essentiell hielt, um die Zukunft von Belarus zu gestalten. Mit der Wahl Lukaschenkos 1994 wurde Statkewitsch zu einem seiner unbeugsamsten Widersachern. Die Folge: unzählige Haftstrafen. Bereits im Vorfeld der Proteste von 2020 wurde er erneut inhaftiert und schließlich zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt.  

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  • Ein Akt der Rache

    Ab sofort erhalten Belarussen im Exil keine Ausweisdokumente mehr in den Botschaften ihres Heimatlandes. Sie müssen dafür nach Belarus reisen. Rächt sich das System Lukaschenko für die Proteste von 2020 an seinen Bürgern? Reform.by mit einer Analyse.

    In Gesellschaft by

  • Verbot eines Klassikers

    Die belarussischen Machthaber haben erstmals die Arbeiten eines Literaturklassikers ihres Landes verboten, nämlich die von Dunin-Marzinkewitsch. Er gilt als Begründer des belarussischen Nationaldramas. Warum diese Entscheidung? Das Online-Medium Reform.by mit einer Analyse, die tief in die Geschichte greift. 

    In Kultur by

  • Menschen im Sumpf

    Vor fast 90 Jahren reiste die Grönland- und Arktisforscherin Louise Arner Boyd durch die Sumpfgebiete des südlichen Belarus, die damals zu Polen gehörten, und dokumentierte das Alltagsleben der Bewohner. Das Online-Medium Zerkalo hat die Fotos wiederentdeckt, die wir in einer Auswahl zeigen.

    In Kultur by

  • Gnose

    Die Beziehungen zwischen Belarus und Polen seit 1991

    Nur unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren die belarussisch-polnischen Beziehungen von einer gewissen Offenheit und Konstruktivität geprägt. Mit der Wahl Alexander Lukaschenkos zum Präsidenten in Belarus und mit der Rückkehr zum Autoritarismus verkomplizierte sich das Verhältnis, das auch immer wieder durch die staatlichen Repressionen gegen die polnische Minderheit in Belarus auf die Probe gestellt wird. Nach der Niederschlagung der Proteste 2020 sind zehntausende Belarussen nach Polen geflohen. Die belarussische Führung hat sich unheilvoll in den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verstrickt. Dies hat die polnisch-belarussischen Beziehungen fast vollständig zum Erliegen gebracht.

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