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Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung

  • Noworossyrija – Freiwillig für Assad in den Krieg

    Noworossyrija – Freiwillig für Assad in den Krieg

    Wie schon in der Ukraine sind auch in Syrien russische Kämpfer als Freiwillige am Konflikt beteiligt. Die Vermittlung dieser Kräfte übernehmen spezielle Agenturen im Internet. Das russische Portal The Insider, das vornehmlich Informationen aus schwer zugänglichen Quellen sowie geleakte Dokumente veröffentlicht, hat mit dem Vertreter einer solchen Vermittlungsagentur gespochen. Dabei entstand ein Interview, das seltene Einblicke in diese fast unbekannten Abläufe gewährt.

    Wir veröffentlichen das Material einschließlich des redaktionellen Vorspanns von The Insider.

    Nachdem in der Süd-Ost-Ukraine eine relative Waffenruhe eingetreten ist, hat sich Russland auf einen neuen Krieg zur Verteidigung des syrischen Dauerpräsidenten Baschar al-Assad eingestellt. Wie im Fall der Ukraine befinden sich an diesem Brennpunkt neben regulären Truppen auch Freiwillige. „The Insider“ berichtete bereits davon, wie deren Anwerbung für den Krieg in der Ukraine erfolgte. Jetzt wurden dieselben Mechanismen bei der Suche nach Freiwilligen im Krieg für Assad angewandt.

    Am 24. September kündigte dobrovolec.org [wörtl. Freiwilliger.org – dek] ein Auswahlverfahren für Interessenten an, die im Rahmen der „russischen heroischen Passion“ nach Syrien wollen, um dem „proamerikanischen oder religiös-extremistischen Regime Widerstand zu leisten“. Um für den Einsatz angenommen zu werden, muss man älter als 23 sein, eine Ausbildung im Umgang mit Schusswaffen haben, eine suchtmedizinische Unbedenklichkeitsbescheinigung und Angaben zu den nächsten Verwandten vorlegen.

    Wie viele russische Kriegsfreiwillige in Syrien tatsächlich im Einsatz sind, wie sie mit Assads Regierungstruppen kooperieren und warum durchaus nicht jeder, der in der Süd-Ost-Ukraine im Einsatz war, nun gegen die Dschihadisten kämpfen darf, erzählt einer der Koordinatoren von dobrovolec.org, hier unter dem Namen Kirill.

    Warum hat Ihr Projekt eine neue Richtung genommen?

    Wir haben das Programm erstmal dichtgemacht, zumindest vorübergehend. Schon seit einigen Tagen ist das Auswahlverfahren gestoppt – für die wichtigsten Gebiete der Organisation waren die Kontingente voll. Wir sehen das so: Es gibt eine Front, es gibt da Arbeit, warum also nicht hinfahren? Ich denke, der Bedarf wird sich in nächster Zeit verdoppeln. Wenn sich die Front ausweitet, braucht man mehr Fachleute. Nach diesem für die Verhältnisse der syrischen Armee derart erfolgreichen Angriff kann das jetzt durchaus so kommen. Also, sagen wir mal, jetzt werden Fachleute für die Panzerabwehr gebraucht. Später sinkt der Bedarf dann wieder …

    Mit der Vorbereitung Richtung Syrien haben wir Ende des Sommers begonnen, aber die Front Noworossija hat nach wie vor Priorität – in Prozenten ausgedrückt beansprucht die neue Richtung nur 5 Prozent unserer organisatorischen Kapazität und null der materiellen. Alles ist auf Noworossija und die angrenzenden Gebiete abgestimmt.

    In welchen Teil von Syrien gehen diejenigen, die Ihre Dienste in Anspruch nehmen?

    Geografisch kann ich das nicht sagen. Das wird alles geheimdienstlich kontrolliert – da wird ja schließlich geschossen. Die ausgewählte Truppe arbeitet eng mit der Regierungsarmee zusammen, aber auch Russen haben direkte Befehlsgewalt. Ja, letztlich stehen sie unter Leitung des Befehlshabers Baschar al-Assad, aber sie sind ihm nicht direkt unterstellt.

    Wie das alles abläuft? Jemand schreibt uns: „Ich diene in der-und-der-Einheit der Volksrepublik Lugansk, kann bis zum so-und-so-vielten kündigen, möchte zwei Wochen zu meiner Familie und besorge dort gleich alle Papiere.“ Alles auf freiwilliger Basis – der Betreffende entscheidet selbst, ob er am nächsten Tag fährt oder nicht. Wir drängen schon darauf, dass sie länger bleiben, aber auch wenn es weniger als ein halbes Jahr ist, passt das – niemand wird dort festgehalten. Es gab schon Fälle, da wollten die Leute aus familiären Gründen weg, wenn irgendwas Schreckliches passiert war zum Beispiel.

    Was die Ausrüstung angeht, empfehlen wir das mitzunehmen, was jeder Profi sowieso hat – Schießbrille, Kolben, Visiere. Jeder nimmt das, woran er gewöhnt ist. Aber eine Schutzweste und eine Munitionstasche MOLLE sollte man dabeihaben. Für seine Verlegung muss der Betreffende nichts zahlen.

    Das heißt, die Transferkosten übernimmt die andere Seite?

    Das geht auf Kosten verschiedener Fonds, Spenden, also alles aus dem Wohltätigkeitssektor, kurz gesagt. Auch den Kurden haben wir ein paar Freiwillige geschickt, das war noch im Frühjahr. Aber das waren wirklich buchstäblich Einzelfälle – ein junger Mann aus Petersburg ging zu den YPG (Volksverteidigungseinheiten von West-Kurdistan). Er wollte die syrische Kultur kennenlernen, ein wenig kämpfen vielleicht, ja, und er hatte schon immer mit den Kurden sympathisiert. Er ist Orientalist, wollte gern Erfahrungen sammeln – wir konnten ihm Kontakte vermitteln. Mittlerweile ist er wieder in Russland. Die Kurden stellen keine ernstzunehmende Kraft dar. Wenn man von irgendeiner Art Organisiertheit sprechen will, dann sind sie das genaue Gegenteil – vom Niveau her eine schlichte Volksmiliz.

    Für den Fall einer Gefangennahme, ist da eine Versicherung vorgesehen?

    Es ist überhaupt nicht vorgesehen, dass sich jemand gefangennehmen lässt, schließlich sind die Leute nicht unmittelbar in der Nähe von gefährlichen Einsatzorten. Ein Techniker der Funküberwachung hält sich womöglich 300 Kilometer von einem gefährlichen Ort entfernt auf. Wir haben eine Karte, auf der die Gebiete eingezeichnet sind, wo man so etwas gern macht, Geiselnahmen, Sklavenhaltung. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt herrscht in diesen Gebieten keine derartige Gefahr. Aber sollte etwas passieren, dann wird was unternommen – wir brauchen die Fachleute ja selbst, warum sollten wir sie jemandem anders überlassen? Viel wahrscheinlicher ist es, dass Journalisten, von denen es dort weitaus mehr gibt, in so eine Lage geraten.

    Welche Motivation hat Ihre Klientel?

    Viele fahren aus patriotischen Beweggründen – sie waren im Ersten und Zweiten Tschetschenienkrieg, haben sich an den Antiterrormaßnahmen im Nordkaukasus beteiligt. Diese Menschen kennen das bärtige Gesicht des Feindes, und viele sind revanchistisch gestimmt, schließlich haben sie mit schon einmal mit solchen Rebellen gekämpft, vom gleichen Typ.

    Was sind das für Rebellen?

    In dem Fall eher Usbeken und Tadshiken, auch Tschetschenen. Solche, die in den 1990er Jahren [aus den russischen Teilrepubliken – dek] ausgereist sind, sich in Westeuropa niedergelassen haben und dann in der Ukraine im Bataillon Scheich Mansur und im Bataillon Dschochar Dudajew [auf ukrainischer Seite gegen die Russen – dek] gekämpft haben.

    Wir haben einen tollen Jungen bei uns, der hat von Ende Mai 2014 bis zum August im Gebiet um den Flughafen von Donezk gekämpft. Er ging nach Syrien mit den Worten: „Ich war noch nie da, aber eine aufregendere Last-Minute-Tour hätte ich nicht finden können!“ Die Leute sympathisieren schon rund fünf Jahre mit Assad – nicht mit seinen Ideen, nicht mit der Baath-Partei (Arabische Sozialistische Partei der Wiedererweckung), sondern weil dieser Mann der westlichen Aggression, den radikal eingestellten Bartträgern und sonstigem Unsinn Widerstand leistet. Und nun gibt es die Möglichkeit, dorthin zu gehen, und die Leute denken sich: „Vier Jahre lang habe ich Posts geteilt, ihn geliked, da muss ich ihm doch jetzt helfen.“

    Das Auftauchen des großen und schrecklichen IS hat eine Rolle gespielt, aber eine kleinere als für den durchschnittlichen Zuschauer. Die meisten von uns haben den Konflikt lange beobachtet und wissen, dass beim Thema IS viel Mythos ist, der unbesiegbare Staat, die haben ja selbst ein solches Medienbild geschaffen, alles ein bisschen an den Haaren herbeigezogen. Der IS kontrolliert einen riesigen Medienraum, und den füllen sie mit einzigartigen Inhalten.

    Das Projekt nennt sich dobrovolec.org [Freiwilliger.org], arbeiten die Menschen im Fall von Syrien tatsächlich nur aufgrund ihrer Motivation oder bekommen sie ein Honorar?

    Das kann ich nicht sagen. Wir zahlen niemandem etwas, schauen aber später auch niemandem in die Tasche. Allerdings ist es ein wichtiges Kriterium – wenn jemand in seinen ersten Briefen schreibt, dass er einen bestimmten Lohn in bestimmter Frist braucht, dann lehnen wir ihn ab. Solche Anfragen gab es ziemlich häufig, aber im Wesentlichen sind das so Freundchen, die uns überhaupt nicht interessieren.

    Das sind zwanzigjährige Jungs, die sich für coole Kämpfer halten, die sehen aus wie Agenten oder Supersöldner aus einem Hollywoodfilm. Aber sie haben keine ernstzunehmenden Erfahrungen, keine Ausbildung – das sieht man in den ersten Zeilen ihrer Briefe. Es gibt viele Abenteurer, die sich nicht nur auf europäischem Territorium aktiv dabeisein wollen, sondern auch an exotischen Orten. Aber wir können ihnen keine wilden Partys bieten – die Arbeit hier ist einigermaßen ernst und in gewisser Weise eine sitzende Tätigkeit.

    Treten Leute aus Ihrer Organisation als Ausbilder auf?

    Naja, Ausbilder für irgendeine Spezialeinheit auf nicht-militärischer Ebene können sie schon sein. In Syrien waren unsere Berater in den letzten fünfzig Jahren gelegentlich, aber konkret habe ich nie gehört, dass unsere Leute unmittelbar die Armee ausgebildet hätten.

    Wie viele Menschen, die von Ihnen kommen, befinden sich insgesamt in Syrien?

    Das kann ich nicht sagen.

    Mehr als hundert oder weniger?

    Mehr als hundert, aber nicht sehr viel mehr. Worin der Unterschied zur Rekrutierung nach Noworossija liegt? Dort zählten sowohl Quantität als auch Qualität. Wir mussten damals die goldene Mitte finden, hier haben wir ein solches Problem nicht – Massen sind hier nicht gefragt. Es werden nur Profis ausgewählt, die wirklich gebraucht werden. Deswegen schicken wir nicht mal welche in Reserve, sondern nur so viele, wie wirklich gebraucht werden.

    Wurden viele von denen abgelehnt, die sich beworben haben?

    Von 40 Personen lehnen wir 39 ab. Man muss das Auswahlprinzip verstehen – es ist nicht das Ziel, so viele wie möglich zu finden, es gibt genügend, die kämpfen wollen. Unsere Leute sind nicht nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligt, kurz, sie rennen nicht mit Maschinengewehren herum. Unsere Aufgabe ist, grob gesagt, mit Grips zu helfen und nicht mit Händen. Dort fehlen Militärexperten, echte Profis.

    Das an Militärakademien ausgebildete Offizierskorps der syrischen Armee kann es mit unseren jungen Offizieren nicht aufnehmen – das ist ein völlig anderes Niveau. Es fehlt dort an Personal für Hochtechnologie-Anlagen, die mit der Technik umgehen können, an Analytikern. Wenn man kein Profi ist, kann man zum Beispiel viel weniger aus Aufklärungsdaten herauslesen – da fehlt es einfach an der Ausbildung.

    Verstehe ich es richtig, dass alle, die dorthin gehen, Offiziere sind?

    Bei weitem nicht jeder, der dorthin geht, ist Offizier. Natürlich geben wir den Absolventen von Militärakademien den Vorzug, aber es gibt auch solche, die keine militärische Hochschulbildung haben, aber eine Hochschulbildung haben natürlich alle. Oft kann man das durch vielfältige militärische Erfahrungen kompensieren. Manche haben Kampferfahrung aus Noworossija – von denen kommen sehr viele Bewerbungen. Von denjenigen, die wir jetzt nach Syrien schicken, waren 30 bis 40 Prozent in Noworossija. Jetzt sind sie in Syrien, weil dort die Lage eben allgemein unklar ist.

    Und warum sind es so wenige? Reicht die Qualifikation nicht?

    Zum einen ja. Das sind schließlich völlig unterschiedliche Kriege. Können Sie sich vorstellen, welche militärischen Aktionen in Noworossija durchgeführt wurden und wie sehr sie sich von denen im Nahen Osten unterscheiden? Außerdem hat der IS Raketenwerfer, Panzer, Haubitzen – die sind alle genauso veraltet wie die der syrischen Armee, aber klar, in der letzten Zeit wird da erneuert. Aber auch hier gibt es Mangel – es fehlt nach den Luftangriffen an Profis. Die Europäer, die auf Vertragsbasis im Islamischen Staat gearbeitet haben, sind jetzt wieder zu Hause, weil die Summen, die sie bekommen, es nicht wert sind, sich umbringen zu lassen.

    Gibt es vor dem Hintergrund der Waffenruhe immer noch die gleiche Zahl von Freiwilligen, die in die Gegend westlich von Rostow wollen?

    Sie ist geringer geworden im Vergleich mit den Kämpfen von Debalzewo im Januar und Februar, aber der Zustrom ist recht groß, auch wenn das Interesse zurückgegangen ist. Jetzt lehnen wir die Leute oft selbst ab – wenn jemand nur einfacher Schütze ist, hat er da nichts verloren. Dann kann er da höchstens Wache schieben, aber wen interessiert das schon? Dann sagen wir ihm das auch so – du wirst doch höchstens auf der Wache sitzen.

    Wir stehen in Kontakt mit denen, die schon wieder zurück sind, und bei einer Wiederaufnahme irgendwelcher militärischen Handlungen werden sie schnell mobilisiert. Das geht dann alles viel schneller – wir können nach kürzester Zeit alle Positionen besetzen. Etwas anderes sind Ausbilder, die einen intellektuellen Beitrag leisten wollen, die sind bei uns immer willkommen. Aber wenn jetzt jemand dorthin fährt, um zu kämpfen, und in seinem Bereich gibt es keine Einsätze, was soll er dann machen? Warum soll man zur Arbeit gehen, zum Beispiel in ein Büro oder sagen wir in einen Schützengraben, wenn es nichts zu tun gibt?

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  • Igor Strelkow

    Igor Strelkow

    Igor Strelkow diente bei der russischen Armee und im Geheimdienst und war einer der Anführer der ostukrainischen Separatisten im Sommer 2014. Seit August 2014 nimmt er nicht mehr aktiv an den Kampfhandlungen teil, ist jedoch Berater der Separatisten und gilt als ideologischer Verfechter ihrer Interessen in Russland. Der Name Strelkow ist ein Pseudonym, sein wirklicher Name lautet Igor Girkin.

    Der Moskauer Igor Girkin (geb. 1970) wuchs in einer Militärfamilie auf. Diese Prägung führte zu einer großen Begeisterung für Armee und Militärgeschichte: Auch Kriegs-Reenactment – die Nachstellung historischer Schlachten – gehört zu seinen Hobbies.1 Girkin ist unter dem Kampfnamen Strelkow bekannt geworden, was im Russischen „Schütze“ bedeutet. Er hat in Moskau Geschichte studiert und wurde in Kreisen der russischen weißen (neo-zaristischen) Bewegung bekannt. Er nahm als Freiwilliger an den Kämpfen in Transnistrien (Juni – August 1992) und Bosnien (November 1992 – März 1993) teil. Von 1993 bis 1998 diente Girkin in der russischen Armee, dann wechselte er zu den Spezialtruppen des russischen Nachrichtendienstes FSB und arbeitete dort bis 2013. Nachdem er den FSB verlassen hatte, war er als Sicherheitschef eines Investmentfonds tätig, wo er zusammen mit seinem alten Freund, dem späteren „Premierminister“ der Donezker Volksrepublik, Alexander Borodaj zusammenarbeitete.

    Nach eigenen Angaben kam Girkin Anfang März 2014 freiwillig auf die Krim, wo er zunächst als Militär- und Sicherheitsberater des Ministerpräsidenten der autonomen Republik Krim Sergej Aksenow tätig war. Im April 2014 ging er an die russisch-ukrainische Grenze, führte die Separatisten bei mehreren Gefechten gegen die ukrainische Armee an und wurde im Mai 2014 zum Verteidigungsminister der selbsternannten Donezker Volksrepublik ernannt. Wenige Minuten nach dem Absturz des Flugs MH17 der Malaysian Airlines am 17. Juli 2014 schrieb er in den sozialen Netzwerken, dass die Separatisten einen weiteren „Vogel“ abgeschossen hätten und die Ukrainer endlich verstehen sollten, dass sie im Luftraum der Donezker Volksrepublik nicht fliegen dürften2. Der Eintrag verschwand wenige Stunden später, gilt aber als ein Hinweis darauf, dass das Flugzeug von den Separatisten abgeschossen wurde3. Girkin trat im August 2014 von seinem Posten als Verteidigungsminister zurück und ging zurück nach Russland, wo er seitdem die gesellschaftliche Bewegung Noworossija leitet. Diese sammelt Geld für die Ausrüstung der Volksmilizen der nicht anerkannten Republiken. Ukrainische und europäische Nachrichtendienste äußerten mehrfach den Verdacht, dass Girkin auf der Krim und in Donezk für den russischen Außennachrichtendienst GRU tätig war, weswegen er auch auf der EU-Sanktionsliste steht.          

    Foto © Dom kobb unter CC BY-SA 4.0
    Foto © Dom kobb unter CC BY-SA 4.0

    Igor Girkin hat sich erfolgreich als Held von Noworossija inszeniert, seine tatsächliche Rolle in der separatistischen Bewegung sowie die Umstände seines Rücktrittes bleiben umstritten. Eine Zeit lang war er in den russischen Medien sehr präsent; dass er aus ihnen inzwischen fast verschwunden ist, wird als ein Zeichen dafür gesehen, dass das Projekt Noworossija von russischer Seite aufgegeben wurde. Der ehemalige Premierminister der Donezker Volksrepublik Alexander Borodaj warf seinerseits Girkin vor, für mehrere militärische Verluste der selbsternannten Republik verantwortlich zu sein.4 Nach seinem Rücktritt kritisierte Strelkow seinerseits heftig die Führung der beiden selbsternannten Volksrepubliken und behauptete im Interview mit der Zeitung Sawtra, dass es ohne ihn keine separatistische Bewegung in der Ostukraine gegeben hätte.5 Er kritisierte darin außerdem das Minsker Abkommen und die russische Regierung –  letztere, da sie seiner Meinung nach Noworossija nicht genügend unterstützt und gar aufgegeben habe – dabei nahm er Präsident Putin jedoch aus.

    Die Gründung der Allrussischen Nationalen Bewegung im Mai 2016, an der Strelkow beteiligt war, glich vor diesem Hintergrund einem Eingeständnis, dass das Projekt Noworossija nun tatsächlich fallengelassen wurde. Damit wich auch die konziliante Haltung Strelkows gegenüber Putin: In einem Interview mit Znak sah Strelkow den Präsidenten, dessen Portrait nun verstaubt hinter dem Schrank in seinem Büro liege, als „Kapitulanten”, der sich „auf dem Weg Miloševićs” befinde.

    Im Juli 2023 wurde Girkin in Moskau festgenommen. Er soll zu extremistischen Aktivitäten aufgerufen haben, ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft. Die von Strelkow gegründete Organisation Klub der zornigen Patrioten arbeitet daran, ihren verhafteten Anführer als einen Gewissensgefangenen zu stilisieren und Strelkows Sichtbarkeit durch Social Media Kampagnen zu steigern. 


    1. Openuni.io: Rekonstruktory: Meždu proshlym i nastojaščim ↩︎
    2. The Guardian: Three pro-Russia rebel leaders at the centre of suspicions over downed MH17 ↩︎
    3. BBC: Ukraine crisis: Key players in eastern unrest ↩︎
    4. Expert.ru: Borodaj: «Strelkov po faktu uže vojuet na storone protivnika» ↩︎
    5. Donezki.org: Ėkskljuzivnoe intervʼju I. Strelkova: Sražajasʼ za Novorossiju, my sražaemsja za Rossiju ↩︎

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  • Grüne Männchen

    Grüne Männchen

    Als kleine grüne Männchen, manchmal auch höfliche Menschen, werden euphemistisch die militärischen Spezialkräfte in grünen Uniformen ohne Hoheitsabzeichen bezeichnet, die Ende Februar 2014 strategisch wichtige Standorte auf der Krim besetzt haben. Bestritt Moskau zunächst jegliche direkte Beteiligung und verwies auf „lokale Selbstverteidigungskräfte“, so gab Präsident Putin später zu, dass es sich dabei um russische Soldaten gehandelt habe. Die grünen Männchen sind inzwischen zu einem kulturellen Symbol geworden.

    Nachdem sich im Zuge des Euromaidan der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch am 21. Februar abgesetzt hatte und vom ukrainischen Parlament seines Amtes enthoben worden war, tauchten ab dem 27. Februar innerhalb weniger Tage auf der Krim plötzlich militärische, hochgerüstete Spezialkräfte ohne erkennbare Hoheitsabzeichen auf und besetzten strategisch wichtige Objekte. Da sie zunächst nicht zweifelsfrei zugeordnet werden konnten, etablierte sich im russischsprachigen Raum schnell der Begriff der grünen Männchen in Anlehnung an ihre grünen Uniformen. Da sie zur Besetzung von administrativen Gebäuden – darunter dem Parlament der Autonomen Republik Krim – wichtigen Straßen, Plätzen, Flughäfen und ukrainischen Militärbasen keine Gewalt anwendeten und weder mit Einheimischen, noch mit Journalisten sprachen, bürgerte sich ebenfalls der synonym benutzte Begriff der höflichen Menschen ein.1

    Trotz zahlreicher Indizien dafür, dass es sich um offizielle russische Einheiten handelte – auf der Krim ist die für Russland strategisch wichtige Schwarzmeerflotte mit mehr als 16.000 Soldaten stationiert – stritt Russland zunächst jede Beteiligung ab und sprach davon, dass es sich um lokale Selbstverteidigungsmilizen handelte. Erst im Laufe des sich anbahnenden internationalen Konflikts gab Präsident Putin im April bei seiner alljährlichen Fernsehsendung Der direkte Draht zu, dass die grünen Männchen russische Militäreinheiten sind, die nach dem Sturz Janukowitschs die Krim vor Chaos und einer angeblichen faschistischen ukrainischen Bedrohung schützen und das völkerrechtlich umstrittene Referendum über den Status der Halbinsel sicherstellen sollten. Der Tag des Einmarsches der grünen Männchen (27. Februar), wurde von Präsident Putin zum Tag der Spezialeinsatzkräfte erklärt.

    Spezialkräfte ohne Hoheitsabzeichen in Simferopol am 2. März 2014. Foto © Gemeinfrei
    Spezialkräfte ohne Hoheitsabzeichen in Simferopol am 2. März 2014. Foto © Gemeinfrei

    Werden die grünen Männchen in der Ukraine äußerst kritisch gesehen, da es vor allem ihrem Eingreifen geschuldet war, dass die Krim de facto von der Ukraine losgelöst wurde, so gelten sie in Russland im Zuge der Krim nasch-Euphorie als Helden und haben Kultstatus erlangt. Es gibt für sie eine eigene Hymne, ihr Konterfei findet sich auf beliebten Merchandise-Artikeln wie Tassen und T-Shirts, auf denen häufig auch Präsident Putin als “höflichster” der höflichen Menschen bezeichnet wird, und sie werden sogar als Actionfiguren produziert. Im russischprachigen Internet kursieren zudem zahlreiche Memes, die die grünen Männchen als Helden glorifizieren.2 Die weite Verbreitung des einstigen Internet-Memes in der breiten Gesellschaft von einfachen Menschen bis hin zur politischen Elite und dem Präsidenten selbst führte laut der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti dazu, dass die Begriffe höfliche Menschen und grüne Männchen inzwischen fast zum synonymen Begriff für die regulären russischen Streifkräfte geworden ist.3


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  • Krym-Annexion

    Krym-Annexion

    Als Krym-Annexion wird die einseitige Eingliederung der sich über die gleichnamige Halbinsel erstreckenden ukrainischen Gebietskörperschaft der Autonomen Republik Krym in die Russische Föderation bezeichnet. Seit der im Frühjahr 2014 erfolgten Annexion der Krym ist die Halbinsel de facto Teil Russlands, de jure jedoch ukrainisches Staatsgebiet und somit Gegenstand eines ungelösten Konfliktes zwischen der Ukraine und Russland.

    Nur wenige Tage nach dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowytsch als Resultat der Proteste auf dem Maidan setzten auf der Krym mehrere richtungsweisende Ereignisse ein: Am 27. Februar besetzten bewaffnete Personen, die sich als „Selbstverteidigungskräfte der russischsprachigen Bevölkerung der Krym“ bezeichneten, das Parlament sowie das Regierungsgebäude der Autonomen Republik Krym in Simferopol. Parallel okkupierten russische Spezialeinheiten, die aufgrund ihrer fehlenden Hoheitszeichen in der Ukraine sarkastisch als grüne Männchen bezeichnet wurden, ukrainische Verwaltungs- und Militärstandorte sowie sämtliche Verkehrswege der Halbinsel. Moskau leugnete dies zunächst vehement, später brüstete sich Putin jedoch damit, dass reguläre russische Soldaten im Einsatz gewesen sind.1

    In einer höchst umstrittenen Sondersitzung des Parlaments der Autonomen Republik, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, wurde Sergej Axjonow, Vorsitzender der Splitterpartei Russische Einheit, zum Ministerpräsidenten der Krym ernannt. Zeitgleich stimmte das Parlament der Abhaltung eines Referendums über die Unabhängigkeit der Krym zu. Igor Girkin, ein russischer FSB-Offizier, der später unter dem Kampfnamen Strelkow (dt. „Schütze“) als Separatistenführer im Donbas in Erscheinung trat und nicht nur maßgeblich an den ersten bewaffneten Kampfhandlungen des dortigen Krieges beteiligt war, sondern auch an der Okkupation der Krym, räumte Monate später ein, dass die Abgeordneten von der Volksmiliz zur Abstimmung getrieben wurden.2

    Das Referendum wurde nach mehrfacher Vorverlegung am 16. März 2014 abgehalten. Knapp 97 Prozent der Abstimmenden sollen sich bei einer angeblichen Wahlbeteiligung von rund 83 Prozent für den auf den Stimmzetteln als „Wiedervereinigung“ bezeichneten Beitritt der Krym zur Russischen Föderation ausgesprochen haben. Das Krym-Parlament hatte zuvor bereits für eine Unabhängigkeitserklärung der Krym gestimmt. Die offizielle Aufnahme der Krym in die Russische Föderation erfolgte wenige Tage später. Das Referendum sowie sämtliche von Parlament und Regierung der Krym beschlossene Maßnahmen zur Herauslösung der Krym stehen im eindeutigen Widerspruch zum Staats- und Verfassungsrecht der Ukraine und wurden von Kyjiw nicht anerkannt.3

     

    Auch die internationale Staatengemeinschaft erkennt die Eingliederung der Krym in die Russische Föderation nicht an und sieht in ihr eine Verletzung der territorialen Unversehrtheit der Ukraine sowie mehrerer internationaler Verpflichtungen durch Russland.4 Die EU, die USA sowie weitere Staaten reagierten mit Sanktionen gegen Russland. Moskau betrachtet indes unter Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker die Eingliederung der Krym als rechtmäßig. Abgesehen von der Illegalität des Referendums nach ukrainischer Gesetzgebung und unabhängig von der völkerrechtlich umstrittenen Frage, ob das Selbstbestimmungsrecht der Völker ein Recht auf Sezession umfasst, ist das Referendum jedoch auch deshalb als nichtig zu werten, weil erst die völkerrechtswidrige militärische Intervention, das heißt die Anwendung von Gewalt, das Referendum ermöglichte.

    Umstritten ist, welche Zustimmung eine Sezession in der Bevölkerung der Krym tatsächlich genossen hat. Politische Kräfte, die eine Loslösung der Krym von der Ukraine anstrebten, waren in den letzten Jahren marginalisiert. Der Historiker Jan Zofka verweist allerdings auch darauf, dass das russische Militär in einer politisch feindlichen Umgebung nicht derart ungestört hätte agieren können. Die Russland-Orientierung breiter Teile der Krym-Bevölkerung, Institutionen der Autonomie und Überreste der Unabhängigkeitsbewegung der 1990er Jahre sieht er als begünstigende Faktoren der Annexion als Folge der militärischen Intervention.5  Die massive russische Propaganda im Zuge der Ereignisse auf dem Maidan hat zudem Ängste und Unsicherheit bei Teilen der Bevölkerung der Krym geschürt. In Opposition zur Angliederung an Russland stehen indes große Teile der etwa 300.000 Krymtataren, die das Referendum boykottierten.6


    1. Frankfurter allgemeine Zeitung: Putin rechtfertigt Annexion. „Krim-Operation war Reaktion auf Nationalismus“ ↩︎
    2. Neue Zürcher Zeitung: Wie die Krim annektiert wurde. «Wir haben sie zur Abstimmung getrieben» ↩︎
    3. Luchterhandt, Otto (2014). Die Krim-Krise von 2014: Staats- und völkerrechtliche Aspekte, in: Osteuropa, 2014 (5-6), S. 61-86 ↩︎
    4. United Nations: Resolution adopted by the General Assembly on 27 March 2014, 68/262. Territorial integrity of Ukraine ↩︎
    5. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Ukraine. Zurück zum Mutterland ↩︎
    6. Mejlis of the Crimean Tatar People: Statement of Mejlis of the Crimean Tatar People as Regard to Announcement of “Crimean Referendum” by Verkhovna Rada of Autonomous Republic of Crimea ↩︎

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  • Volksmilizen (Opoltschenzy)

    Volksmilizen (Opoltschenzy)

    Das Wort opoltschenzy kann mit Volkswehr oder Volksmiliz übersetzt werden. Es wird vor allem von den bewaffneten Milizen der selbsternannten Luhansker und Donezker Republiken sowie von einzelnen bewaffneten Gruppen im Osten der Ukraine verwendet, die gegen die ukrainische Armee kämpfen. Der Begriff, den auch die russischen Staatsmedien verwenden, ist eine Anspielung auf die russische Volksarmee, die 1612 polnische und schwedische Besatzer aus Russland vertrieb. Im russischen kollektiven Gedächtnis ist er somit stark positiv konnotiert. In den deutschen Medien werden die Volksmilizen hingegen als Rebellen oder prorussische Separatisten bezeichnet; die ukrainische Seite spricht von „Terroristen”.

    Es ist schwer einzuschätzen, wie viele Personen zu den Luhansker und Donezker Volksmilizen gezählt werden können. An ihrer Seite kämpfen sowohl beteiligte aus der Lokalbevölkerung („Bergbauer und Traktorenführer“, wie Präsident Putin es formulierte1) als auch viele Freiwillige aus anderen Ländern, vor allem Russland. Im russischsprachigen Internet wird aktiv um Freiwillige geworben. Dabei wird der Krieg im Osten der Ukraine oft als die Frontlinie eines Krieges des Westens gegen Russland geschildert, in dem die russische Welt (russki mir) verteidigt werden muss, um das historische Neurussland wiederherzustellen – einige Rebellen sehen sich daher auch als die „Volksmilizen Neurusslands” an.

    Augenzeugen berichten, dass z. B. das Bataillon Smert (Tod) komplett mit tschetschenischen Kämpfern ausgestattet ist, die die Ortssprache kaum sprechen.2 Laut dem ehemaligen Anführer der Donezker Volksmiliz, Igor Strelkow, schließen sich viele russische Soldaten freiwillig den Milizen an, um dort „statt am Meer ihren Urlaub zu verbringen“.3 Aber auch russische Soldaten und Offiziere kämpfen für die Volksmilizen4, obwohl dies von offizieller russischer Seite bestritten wird. Oft heißt es, die russischen Soldaten und Offiziere würden erst kündigen, bevor sie in die Ostukraine gehen. Es gibt aber auch Berichte, dass sie unter Druck in die Region entsandt werden.

    Kämpften die einzelnen Milizen anfangs noch recht unkoordiniert und unabhängig voneinander, wird etwa seit Juli 2014 eine Volksarmee der Donezker Republik aufgebaut. Die Anführer der einzelnen Volksmilizen sitzen häufig gleichzeitig in politischen Schlüsselpositionen der selbsternannten Volksrepubliken. So war der Moskauer Igor Strelkow im Sommer 2014 Verteidigungsminister der Donezker Republik und leitete gleichzeitig die in der Region kämpfende Russische Orthodoxe Armee. Alexander Sachartschenko, das Staatsoberhaupt der Donezker Volksrepublik, leitet die Miliz Oplot. Die Offiziere der Volksarmeen haben weitreichende politische Befugnisse und können z. B. Bürgermeister absetzen, wie es in Donezk und Slowjansk geschah.

    Obwohl sie das Interesse teilen, gegen den Kiewer Staat anzugehen, stimmen die Anführer der Milizen nicht in allen Fragen miteinander überein. Interne Streitigkeiten werden hin und wieder in den russischen Medien ausgetragen. Die verschiedenen Ansichten und Vorstellungen bezüglich der Zukunft der Volksrepubliken Donezk und Luhansk könnten auch eine Erklärung dafür sein, warum der Waffenstillstand in der Region trotz der Minsker Abkommen nicht eingehalten und von den Volksmilizen häufig gebrochen wird.5


    1. Deutschsprachiges Zitat in: Faz.de: Russlands diplomatische Offensive ↩︎
    2. Sueddeutsche.de: Der Mann hinter der Schreckensherrschaft ↩︎
    3. Eine englische Version findet sich auf The Moscow Times: Russia’s Igor Strelkov: I Am Responsible for War in Eastern Ukraine. Das gesamte Interview auf Russisch gibt es auf Zavtra.ru nachzulesen: Kto ty, strelok ↩︎
    4. Über die russische Beteiligung am Krieg in der Ukraine siehe: Mitrokhin, Nikolay (2014): Infiltration, Instruktion, Invasion. Russlands Krieg in der Ukraine, in: Osteuropa 2014 (8), Berlin, S. 3-16 ↩︎
    5. Detaillierte Berichterstattung zu dem militärischen Geschehen vor Ort liefert die „Special Monitoring Mission“ der OSCE ↩︎

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  • Krim nasch

    Krim nasch

    Im Zuge der Angliederung der Krim hat sich in Russland eine euphorische Stimmung verbreitet, die mit kaum einem zweiten Begriff so eng assoziiert wird wie Krim nasch – die Krim gehört uns. Der Ausdruck wird inzwischen nicht nur aktiv im Sprachgebrauch verwendet, sondern ziert auch zahlreiche beliebte Merchandise-Artikel.  

    Infolge des Euromaidans in der Ukraine erklärte Wladimir Putin am 18. März 2014, dass die ukrainische Halbinsel Krim nach einem (international umstrittenen) Referendum einen Antrag auf Angliederung an Russland gestellt habe. Nach Putins Unterschrift unter den Beitrittsvertrag wurden die Republik Krim sowie die Stadt Sewastopol am 21. März 2014 offiziell zu russischen Föderationssubjekten erklärt. Diese Entscheidung, die international nicht anerkannt wurde und zu westlichen Sanktionen führte, löste in Russland eine Welle der Begeisterung aus, für die sich schnell die Formel „krim nasch“ – die Krim gehört uns – einbürgerte.

    Der Begriff Krimnasch ist inzwischen in den aktiven Sprachgebrauch eingegangen und wird auch für verschiedene Merchandise-Artikel verwendet. Er findet sich auf T-Shirts, Taschen und Tassen ebenso wieder wie im öffentlichen Raum auf Schildern, Hauswänden usw.

    Das Hashtag #крымнаш bzw. #krymnash hat sich auf Twitter und anderen sozialen Medien schnell etabliert.1 Die überwiegende Mehrheit der euphorischen Befürworter der Angliederung der Krim (die manchmal auch als krimnaschisty bezeichnet werden) verwendet ihn, um Stolz und Freude über die Rückkehr der Halbinsel zu Russland auszudrücken. Aber auch die Minderheit der Kritiker der Angliederung nutzt diesen Hashtag, jedoch vorrangig im Zusammenhang mit negativen Konsequenzen wie ausbleibenden Touristen, hohen Transferzahlungen oder den internationalen Sanktionen. Den Ausdruck #krymnash haben sie zudem wortspielerisch zu #namkrysh abgewandelt, was sich ungefähr mit und wir müssen dran glauben wiedergeben ließe (im Sinne von: aufgrund der Angliederung der Krim geht es uns nun an den Kragen).


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