дekoder | DEKODER

Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung

  • Editorial: dekoder #1 – ein Begleiter für komplizierte Zeiten

    Editorial: dekoder #1 – ein Begleiter für komplizierte Zeiten

    Dem ferner rückenden Russland wieder näher kommen – das ist Ziel, Sinn, Wesenskern und Ursprung von dekoder. In fast fünf Jahren haben wir im weltweiten Internetz einen Kosmos aufgespannt aus Bildern, Berichten, Interviews, Reportagen, Kommentaren, Gnosen. Es ist ein komplexes Netz, es bedarf konzeptioneller Jonglierkunst – und wir sind die umtriebigen Jongleure für die russische Wirklichkeit. 

    Doch manchmal möchte man die Bälle ruhen lassen. Zuweilen durchzog uns ein sehnsüchtiger Seufzer, wenn wir uns ausmalten, wie wir das, was wir hier vielstimmig in den Online-Kosmos schicken, ganz ruhig und sanft und klar zwischen zwei Buchdeckel verpacken. 

    Und so machten wir uns auf den Weg. Zunächst brauchte es einen Verlag, der versteht, was dekoder will und mit dem es Freude macht, das Aus-online-mach-analog-Experiment anzugehen. Diesen Verlag gab es, er heißt Matthes & Seitz Berlin und besticht durch sein vielstimmiges und kluges, begeisterndes und modern kuratiertes Programm. Vielstimmig, klug, begeisternd und modern kuratiert – das ist auch dekoder. Das passte zusammen.

    Der nächste Schritt bestand dann darin, einen Textkörper zusammenzubauen, der die mittlerweile fast fünf Jahre dekoder abbildet: das, was in Russland passiert ist, das, was Russland ausmacht, das, was in Russland gedacht wird und nicht zuletzt das, was in Russland zu sehen ist. 

    Und jetzt ist es da: das aktuelle Vademecum zu dem Riesenland im Osten, das wir lieben, mit dem wir leben und arbeiten. Und zwar gerne, jeden Tag – und da ist es schön, wenn man mal, statt auf den Bildschirm zu starren, einfach zum dekoder #1 greifen, und darin beglückt blättern und selig lächelnd lesen kann. 

    Das Coverfoto von Anastasia Khoroshilova war übrigens als letzter Streich ein „Genau, das ist es“. Es leuchtet aromatisch und lecker. Und ist somit hoffentlich ein genaues Abbild des Buchinhalts.

    Lasst es euch gut gehen bei der Offline-Lektüre, die sich gerade dann lohnt, wenn man dekoder sonst immer online genießt … und die in Zeiten von offizieller Verwirrung einen informierten Überblick schafft.

    Have a good read!
    Das wünschen euch Tamina und Rike

    PS: Ein erstes Interview zum Buch gibt’s auf Deutschlandfunk Kultur – Lesart.

    PPS: Eine Klub-dekoderin schrieb uns: „Hier der Kommentar meines Mannes, den ich genötigt habe, das Buch zu lesen: ,Der Band hat mir jetzt ein Studium in Osteuropäischer Geschichte erspart.‘“

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    Editorial: Das Tool

  • Editorial: Das Tool

    Editorial: Das Tool

    Neulich in der dekoder-Redaktion:

    Tamina: Ich habe ja den Eindruck, viele machen sich nicht klar, dass so eine Redaktionsarbeit viel Aufwand bedeutet.

    Alena: Das Problem haben andere ja auch. Da muss man dann oft erst diese Pop-Ups wegklicken.

    Martin: Das nervt aber. Also ich will nicht genötigt werden. Eher schon würde bei mir funktionieren, glaube ich, wenn mir ein Portal sozusagen ständig meine Nutzungs-Intensität anzeigen würde. Und wenn ich dann sehe, dass ich schon viel von dem Angebot profitiert habe, dann komme ich schon selber auf den Gedanken, mal die paar Klicks zu Paypal zu machen. 

    Tamina: Ja, man verdrängt das einfach. 

    Martin: Genau, man hat ja auch besseres zu tun beim Lesen. Gerade wenn der Artikel interessant ist.

    Alena: Paradox. Je besser der Content ist, desto weniger denkt man ans Bezahlen.

    Martin: In der Tat paradox … – Was meint ihr, wenn man sowas auf dem Site integrieren würde? So eine Art Nutzungs-Barometer? Und dann, wenn das allmählich steigt, einfach mal in netter Form einen Vorschlag machen? He, cool, dass du so häufig da bist! Vergiss uns nicht, wir ackern hier hinter den Kulissen, damit es das alles gibt! Unverbindlich. Ich meine, dekoder ist immer auch kostenlos, und wer nichts zahlen will oder schlicht nicht kann, der ist ja genauso willkommen.

    … 

    Und aus einer solchen Idee ist das Tool gewachsen, das – ihr habt es vielleicht schon bemerkt – seit vergangener Woche in jedem dekoder-Artikel und in jeder dekoder-Gnose zu sehen ist:

    Gemeinsam mit unserem Entwickler-Kollegen Kim von Palasthotel haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten überlegt, wie man diese Gratwanderung zwischen „bestimmt Erinnern“ und „nicht auf die Nerven gehen“ meistern kann, haben skizziert, gefeilt und schließlich den donation encourager gebaut.

    Das Dankesagen soll freiwillig sein, unkompliziert und am besten auch noch Freude bereiten. So sind wir auf den Emoji Selector gekommen, mit dem du, liebe Leserin, lieber Leser, dein individuelles Dankeschön-Paket schnüren kannst:

    Probier es doch einfach mal aus, etwa in unserem neuen Meinungsstück von Lilija Schewzowa über Russlands Rolle auf internationaler Bühne oder gleich hier unter dem Editorial.
    Achtung, Eröffnungsrabatt, nur bis 28. November: Nimm drei Emojis und zahl nur zwei!

    Freudiges Emojipacken wünschen 

    dekoder-Coder Daniel und die anderen dekoderщiki 

    PS: Du betreibst einen Blog, ein Indie-Medium oder bild.de und möchtest den donation encourager auf deiner Seite verwenden? Kein Problem – der Code liegt frei verfügbar auf Github! Meldet euch gern dazu!

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    Hier ist er – der russische dekoder!

  • Hier ist er – der russische dekoder!

    Hier ist er – der russische dekoder!

    Vor 30 Jahren hat der Mauerfall am 9. November die Menschen überrascht – das Jubiläum in diesem Jahr ist überraschungsfrei – sollen Performances und Spektakel eine bange Leere füllen? Eine Leere, die vor 30 Jahren für uns, die wir heute bei dekoder sitzen, sofern wir alt genug waren, eine inspirierende Leerstelle war? Ein riesiger Raum für Notizen, wie die Zukunft zu gestalten sei? Ein Palast des Wunderbaren? Es war alles auf einmal. 

    „Da haben wir uns hingehockt und was ausgeheckt – den russischen dekoder!” Die dekoderщiki (bzw. ein Teil von ihnen) in guter alter Gopniki-Tradition / Foto M. Bustamante
    „Da haben wir uns hingehockt und was ausgeheckt – den russischen dekoder!” Die dekoderщiki (bzw. ein Teil von ihnen) in guter alter Gopniki-Tradition / Foto M. Bustamante

    Dieses Gefühl von damals, das trägt uns seit Jahren. Und vor vier Jahren legten wir dann los: Seitdem vermitteln wir technisch immer durchdachter auf Deutsch, was unabhängige russische Medien auf Russisch veröffentlichen.

    Und jetzt haben wir von dekoder pünktlich zum Mauerfall etwas ausgeheckt. 

    Etwas, das die Energie des positiven Aufbruchs von damals weiterträgt. Damals wurden allein in Berlin zig Brücken in beide Richtungen geöffnet, man konnte rege hin und her. Und so vollenden wir zum 9. November 2019 unseren Brückenschlag zwischen zwei Gesellschaften – zwischen Russland und Deutschland: Ab jetzt gibt es deutsche und europäische Themen für russischsprachige Leser. 

    Hier ist er – der russische dekoder: dekoder.org/ru

    Das war eine Gaudi, die letzten Monate … dekoder brauchte neue Mitarbeiter für die russische Seite, der russische dekoder brauchte Texte und Materialien – das waren völlig neue Diskussionen: Was wollen wir wem mitteilen? Welche Themen sind derzeit prägend? Aus welchen Medien wollen und können wir Texte vermitteln? Welche Texte bilden am besten die Debatten ab, um ein stimmiges Europabild zu zeichnen, zu dem natürlich Themen wie 30 Jahre Mauerfall, Migranten und Wahlerfolge populistischer Parteien gehören? 

    Himmel über Berlin – erste Redaktionssitzung mit den beiden neuen russischen dekoder-Mitarbeitern Polina Aronson und Dmitry Kartsev
    Himmel über Berlin – erste Redaktionssitzung mit den beiden neuen russischen dekoder-Mitarbeitern Polina Aronson und Dmitry Kartsev

    Nun können wir sagen: Der Anfang des Neuen ist gemacht – vor allem dank der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius! An dieser Stelle herzlichen Dank für die Unterstützung!

    Seht selbst und verliert euch gern beim Lesen und Stöbern rechts und links der dekoder-Brücke, überall gibt es auch Links zu den jeweiligen Original Texten.

    Viel Spaß beim Lesen und Teilen: Spread the news!

    Eure dekoderщiki, die sich auch an diesem 9. November mächtig darüber freuen, was alles geht!


    Der russische dekoder in sozialen Medien:



     

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    «АдГ добьётся того, что Восточная Германия снова себя потеряет»

  • Editorial: dekoder an der Uni – oder von der Prawda zum kollaborativen Schreiben

    Editorial: dekoder an der Uni – oder von der Prawda zum kollaborativen Schreiben

    Linearer Text hält sich wacker in Online-Zeiten. Wo das Internet ausufert, zieht er irgendwie auch Grenzen, hegt ein, reduziert (wenn es gut läuft). Doch schöpft er die Möglichkeiten nicht aus. 
    Wie können Wissen und Inhalte unter digital getriebenen Arbeits- und Rezeptionsmustern generiert und aufbereitet werden? Das war eine der Kernfragen, die sich Studierende zusammen mit dekoder in einem Projektseminar an der Universität Hamburg gestellt haben. Die Studierenden haben sich dafür mit dem Truppenabzug der vormals Roten Armee aus Ostdeutschland beschäftigt. Ein Prozess, der sich bei rund einer halben Million Menschen, Militärs mit ihren Angehörigen, über knapp vier Jahre zog. Die Soldaten waren plötzlich ein Relikt des Kalten Krieges, mitgerissen vom Strom der Geschichte und von den rasanten Umbrüchen von 1990

    Wie lässt sich das Thema aufgreifen und für ein Online-Magazin aufbereiten? Dafür ist dekoder ein Semester lang an die Uni gekommen, und die Studierenden der Fachbereiche Geschichte und Osteuropastudien haben sich darauf eingelassen und ausprobiert. Wo sonst wissenschaftliche Hausarbeiten ihren Alltag dominieren, begannen sie, in Formaten zu denken, die völlig anders funktionieren, sei es eine Online-Presseschau oder ein Visual. 
    Dabei gehen Wissenschaft und Journalismus ineinander über. Nicht umsonst kooperiert das vom Lehrlabor der Universität Hamburg geförderte innovative Lehrformat eng mit dem Projekt Wissenstransfer hoch zwei: Russlandstudien, an dem dekoder mit der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen arbeitet. Die Materialien erscheinen zum Jahrestag des Truppenabzugs am 31. August auf dekoder.org. 

    Einige der Studierenden sagten, allein schon die Art des gemeinsamen on-offline-Arbeitens sei neu für sie gewesen: mit Redaktionskonferenzen in Gruppen oder im Plenum, per Email oder im Chat, außerdem mit kollaborativem Schreiben. Das erzeugt auch eine ständige Pseudo-Nähe, die gerade im digitalen Zeitalter zu vielen Berufsfeldern gehört, doch macht man sie sich selten bewusst. Andere überraschte, dass der Weg, Russland für ein online-Publikum zu entschlüsseln, ganz klassisch offline beginnt: mit der Wühlarbeit im Archiv über dicken, angegilbten Zeitungsstapeln – auch wenn das Internet suggeriert, alles sei nur ein paar Klicks entfernt (bei einigen Blättern, wie der Prawda und der Izvestia stimmt das sogar).

    dekoder stößt damit Fragen an: Was bedeutet die digitale Gesellschaft? Welche Kompetenzen braucht es? Wie verändert sich die Wissenschaft, das Leben und Arbeiten von Wissenschaftlern? Wie funktioniert wissenschaftsbasierter Journalismus im Internet? 

    Die Diskussion im Seminar zeigte, wie divers privater Medienkonsum aussieht: mit Podcasts, Videos und einer Faszination für Virtual Reality. WhatsApp nutzen alle durch die Bank. Doch als Produzenten hängen viele am klassisch linearen Text, der immer noch geläufigsten Form für Publikationen. Wie gesagt, er hält sich wacker. Warum auch nicht, Schreiben ist ein Teil des Digitalen, wird im Netz jedoch auf immer neue Weise ergänzt und transformiert. 
    So ist es für die Studierenden neues Terrain, mit der verzweigten dekoder-Struktur zu arbeiten, mit den Erklärungen in Pop-ups und den Hyperlinks zu den Gnosen, im besten Fall sogar interaktiven Karten (daran basteln wir noch) Was sie von ihren Erfahrungen sonst zu berichten haben, erzählen sie übrigens in einem begleitenden Seminarblog
    Mit den Materialien zum Truppenabzug aus Ostdeutschland geht es unterdessen auf die Zielgerade. Und wir sind selbst am meisten gespannt.

    Aus der Uni grüßen

    Monica Rüthers 
    Mandy Ganske-Zapf

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  • Editorial: Was hat dekoder mit einem Labor zu tun?

    Editorial: Was hat dekoder mit einem Labor zu tun?

    Was hat dekoder mit einem Labor zu tun?

    Das fragen wir uns auch! Je weiter wir dekoder entwickeln, desto mehr erinnert uns unser Alltag an die Arbeit eines Labors, das Stichproben macht, Experimente durchführt und neuartige Produkte entwirft. Nicht an einen Konzern, der am Fließband Waren in Tausender-Auflagen produziert, sondern doch eben an ein kleines Labor, dessen Mitarbeiter mit Neugierde die Wissenschaft aus dem Reagenzglas über die Destillierbrücke auf die glühende Platte des Journalismus tropfen lassen. 

    Vor einiger Zeit schon haben wir bemerkt, dass das alte kleine Gnosen-Labor (WTF sind Gnosen?) allein uns etwas eng geworden ist. Nun haben wir es erweitert und neu ausgerüstet, um innovative Verbindungen auszuprobieren und vor allem, um zu prüfen, ob die Chemie stimmt. Die Chemie zwischen Wissenschaft und Journalismus, die sich zu einem medialen Reinstoff verbinden sollen.

    In diesem Jahr sind wir eine Kooperation mit der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen (FSO) eingegangen: Wissenstransfer hoch zwei – Russlandstudien heißt das Projekt, das erstmal mit Unterstützung der VolkswagenStiftung auf eineinhalb Jahre angelegt ist.
    Die Entscheidung für die Kooperation mit der FSO lag quasi auf der Hand: Wenn man durch den Flur der Forschungsstelle Osteuropa geht, kann man praktisch an jeder Tür die Namen unserer Gnosenautoren lesen: Susanne Schattenberg, Heiko Pleines, Jan Matti Dollbaum, Eduard Klein, Manfred Zeller, Manuela Putz … zahlreiche aktive, ehemalige und assoziierte Wissenschaftler der FSO haben bereits für uns geschrieben. Und seit diesem Jahr ist die renommierte Forschungsstelle nicht mehr einfach nur Lieferant der Reagenzien und Freund, sondern ein dekoder-Kollege, mit dem wir die medialen Experimente gemeinsam durchführen. 
    Das erste Experiment war das Multimedia-Dossier Archipel Krim, das nun in allen vier (!) Sprachversionen komplett ist. 

    Das Experimentelle daran war, dass 30 Wissenschaftler, 13 Redakteure, zwei Programmierer, ein Dutzend Übersetzer, Fotografen, Grafiker und Designer zusammen an einem Medienprodukt gearbeitet haben und dabei richtig Spaß hatten. Nicht nur die FSO, sondern auch das Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS), das maßgeblich zu Konzeption, Umsetzung und auch Finanzierung des Dossiers beigetragen hat, sowie fünf weitere Medien waren daran beteiligt. Aber das alles ist nur der Anfang eines langen Weges. Eines Weges zu einer Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Journalismus und zum „Content neuen Typs“, der uns vorschwebt. 

    Aus dem Krim-Projekt haben wir viel gelernt und gehen nun weiter. Das nächste Stück kommt schon nach dem Sommer. Versucht mal anhand des Bildes herauszufinden, worum es da gehen soll (nein, nicht um Erdbeeren):

    Wie und warum wir das alles machen? Wie es Leonid in einem Gastbeitrag für das Fachmagazin Wissenschaftskommunikation.de skizziert hat, entwickeln sich die wissenschaftlichen und medialen Diskurse derzeit noch weitgehend in parallelen Welten. Die enorme Expertise, die von Forschungsinstituten kontinuierlich generiert wird, ist nicht ohne Weiteres zugänglich: Es fehlen Räume, in denen sich Wissenschaftler explizit an eine breitere Öffentlichkeit und nicht an die eigene Scientific Community wenden können. Es fehlt an Infrastruktur, die dem mediengerechten Wissenstransfer dient und es mangelt an medialen Formaten, die wissenschaftsbasierten Content rezipierbar machen. Und hier setzt dekoder an. 

    Wie Ihr seht, wir haben viel vor. Alles hoch zwei. 

    Eure dekoderschtschiki2

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    Editorial: Gekentertes Boot, Wlan-Asyl und beinahe-Übernachtung im Zugdepot

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    Editorial: Was Ihr mögt an dekoder

    Editorial: Was ist eigentlich der 8. März?

  • Editorial: Was ist eigentlich der 8. März?

    Editorial: Was ist eigentlich der 8. März?

    1990 – ich bin auf dem Weg nach Russland, in mein liebes Sankt Petersburg, ins damals märzdunkle Leningrad. Ich fahre zusammen mit einer Freundin, über Stockholm, Helsinki, in den himmelblau lackierten Abteilen des Zuges Helsinki–Leningrad. Fünf Stunden Fahrt. Meine erste Grenzkontrolle nach Russland in der Eisenbahn. Als West-Berlinerin bin ich diese Art Kontrollen durch den DDR-Transit von Kindesbeinen an gewöhnt und nun in schauriger Erwartung unfreundlicher, strenger Kontrolleure. 

    Wir sitzen mit einigen Frauen im Abteil, verstehen sehr wenig. Dann die Kontrolle: Junge Männer kommen, öffnen die Tür und begrüßen uns: „Herzlichen Glückwunsch zum 8. März!“ Alle lachen sich fröhlich an. Meine Freundin und ich sind verdutzt. Was ist der 8. März? Warum gratulieren uns die Männer herzlich, die uns eigentlich von oben bis unten filzen sollen – wir haben immerhin eine koffergroße Reisetasche mit Fruchtjoghurt bei uns: Birne, Heidelbeer, Erdbeere, Himbeere, Banane, als Gastgeschenk. Aber diese krasse Schmuggelware interessiert sie nicht. Sie sind freundlich, gratulieren, schauen die Pässe an und gehen wieder. Als sie weg sind ist die vorherige Stille aus dem Abteil verflogen, die Frauen lachen und reden und beginnen, uns wichtige Wörter beizubringen (ich erinnere mich an tarelka (dt. Teller), weiches r vor hartem l, ein phonetisches Gewitter im Mund einer Russischanfängerin).

    Später am Abend fahren wir zum ersten Mal die riesig langen High-Speed-Rolltreppen der Stadt im Sumpf empor und kommen zu Anja nach Hause. Dort wartet ein Tisch, gedeckt, gefüllt mit den größten Köstlichkeiten in rauen Mengen. Der Internationale Frauentag. Gekocht hat das alles Anjas Stiefmutter Oxana. Die sitzt leicht ermattet, aber freundlich lächelnd am Ende der Tafel. Lecker, fröhlich, viel. 

    Ich liebe den Internationalen Frauentag, den 8. März, denn für mich ist er der Anfang meiner Reisen nach Russland. Zeiten, in denen ich mich immer willkommen fühle.

    Das war kurz nach dem Mauerfall, liebe Leserinnen und Leser, vor knapp 30 Jahren. Vor einigen Wochen wurde entschieden, dass der Internationale Frauentag auch in Berlin ein arbeitsfreier Feiertag ist. Für mich ist das keine anzweifelbare Quatschaktion, wie, nennen wir sie Skeptiker, es nennen, sondern eine heimliche zeitliche Klammer oder Brücke. Der Systemwechsel war in Deutschland erfolgreich und gleichzeitig hart, hart gegenüber denen, die ihr Leben in ein anderes System investiert hatten. Genau wie wir unser Leben in die jetzige Zeit investieren. 

    Vielleicht haben wir die Chance, den altehrwürdigen Frauentag frisch zu besetzen, nicht mit Mimosen, blumengeschmückten Handtüchern und Parfum für Frauen, die dann am Schluss wieder allein das Geschirr abspülen. Vielleicht kann es ein Zeichen sein, wenn dieser eher in sozialistischen Systemen verankerte Internationale Frauentag auch in Gesamtdeutschland an Bedeutung gewinnt. Auch der Systemwechsel braucht Versöhnung und Zeichen. 

    Lasst euch zu diesem neuen Feiertag durch dekoder inspirieren. Es lohnt sich, im Frauendossier zu stöbern. Eine nagelneue Gnose zu einer der schillerndsten Vorkämpferinnen der Frauenrechte wird ab dem 8. März dort zu finden sein.

    In der zweiten Märzhälfte wird die Krim in den Vordergrund rücken. Anlässlich des fünften Jahrestags der Angliederung an Russland, mit einem Dossier im revolutionierten Wissenstransferprogramm. (Apropos Frauentag: Schaut dann mal, wer in diesem Dossier vor allem schreibt, das ist kein Quotenresultat.)

    Am 23. und 24. März werden wir im Rahmen der Leipziger Buchmesse das dann hoffentlich druckfrische dekoder – Russland entschlüsseln #1 vorstellen. Schaut gern am Samstag in der Kulturapotheke oder am Sonntag in den Messehallen vorbei!

    Wir wünschen euch allen (auch die Nicht-BerlinerInnen dürfen mitfeiern, zumindest bei uns in der Redaktion) einen schönen sozusagen ersten Internationalen Frauentag! Lest gern und schaut und hört und tanzt – und steht nicht zu lange in der Küche. Obwohl schon, damit es lecker wird, aber bitte in der Gruppe.

    Und wer schon heute anfangen will zu feiern, kann das tun mit einer ordentlichen Portion Eierkuchen Pfannkuchen Bliny, denn diese Woche wird mit der Masleniza der Winter vertrieben, da darf aus traditionellen oder Geschmacks- oder Wärmegründen ein Löffel Butter extra an den Teig! 

    Guten Appetit wünschen Rike und alle dekoderщiki

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  • Editorial: Was Ihr mögt an dekoder

    Editorial: Was Ihr mögt an dekoder

    Was Ihr mögt an dekoder, 

    liebe Leserinnen und Leser, und was Ihr weniger mögt – das wollen wir natürlich wissen. Und so haben wir im Januar eine Umfrage gestartet. Kein Zettelchen mit „Ja-nein-weiß nicht-bitte-ankreuzen“ wie aus Grundschultagen. Sondern einen für uns sehr aufschlussreichen Fragebogen, mit dem Ziel, von euch zu erfahren: Was können wir besser machen? 213 LeserInnen haben mitgemacht, dafür einen riesengroßen Dank!
     
    Und wir waren erstmal überwältigt von so vielen Ja-Kreuzchen, sprich Zuspruch. „Bleibt so wie Ihr seid!“, „Einfach großartig“, „Huhu, Ihr seid doch fehlerfrei“, „Was ich schätze? Einfach alles!“, „Behaltet einen langen Atem und einen kühlen Kopf in den hitzigen Debatten um Russland. Danke für Eure Arbeit und Euren Elan!“, „Großes Lob! Empfehle euch sehr oft weiter“, „Führen Sie die vorzügliche und wissenschaftlich basierte Arbeit weiter“ – regnete es auf uns wie tausend rote Rosen.

    Die kamen nicht nur von Russland-Checkern: Mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) gab an, beruflich gar nichts mit Russland zu tun zu haben, knapp die Hälfte (43 Prozent) spricht auch kein Russisch. So legt die Umfrage nahe, dass dekoder russlandinteressierte Lesende ganz gut „abholt“, wie das im Medienjargon heißt, und zwar sowohl die Auskenner als auch die Noch-nicht-Auskenner, die sich erstmal einfach nur interessieren. 

    Das will auch so sein, schließlich ist dekoder für alle da. Und will raus aus den Kategorisierungen und polarisierten Debatten – und auch da gab’s Leserlob: Eine große Mehrheit (76 Prozent) schätzt, dass dekoder viel Kontext bietet. Im freien Bereich nannte einer „die Unaufgeregtheit“, andere lobten die „Neutralität“ der Redaktion als großes dekoder-Plus.
     
    Dass wir uns auf diesen Lorbeeren nicht ausruhen sollten, legen andere Werte nahe: Wenn es auch tonnenweise Lob gab, von dem wir zehren, und wenn auch die Mehrheit der Befragten just keine Schwächen an dekoder nennen wollte, so merkten manche dennoch ein paar Punkte an, die weh tun. Weil sie stimmen. 
    Die öffentliche Wahrnehmung könnte größer sein, hieß es etwa. Das liegt natürlich nicht nur an uns: Kooperationen mit reichweitenstarken Medien sind für uns nicht so einfach, gerade weil wir uns eben nur auf Russland konzentrieren und das für die Auslandsseiten klassischer Medien mitunter zu wenig ist. So umgarnen wir den coolen BMX-Fahrer aus der 4b weiter und hoffen, dass er auf dem „Willst du mit mir gehen?“-Zettel bald sein Kreuzchen macht beim Ja.

    Die gute Nachricht ist, dass zum Beispiel die NZZ regelmäßig Beiträge von dekoder übernimmt. Und wir versuchen, noch weitere Medien für uns zu gewinnen. Außerdem geben wir fleißig Interviews, moderieren Fach-Panels, Workshops et cetera, um unsere Präsenz zu stärken. Jedenfalls: Wir sind bereit! 
    Gelobt wurde dekoder auch als „Themenfundus“: Liebe Journalisten, wenn Sie Themen bei uns finden, verlinken Sie uns gerne auch im Beitrag!
     
    Und schließlich: Es ist es keine On-Off-Beziehung, die die Befragten zu dekoder pflegen. Die meisten lesen dekoder sehr regelmäßig: insgesamt mehr als die Hälfte einmal (33 Prozent) oder mehrmals (29 Prozent) pro Woche. Allerdings würden uns viele gerne noch öfter, am liebsten täglich lesen. Der Wunsch nach mehr Veröffentlichungen und einer höheren Schlagzahl an Artikeln wurde mehrfach geäußert.
    Das ist mit unseren aufwändigen Redaktionsprozessen (wir checken jede Veröffentlichung in mehreren Redaktionsgängen gegen) und dem kleinen Team (sechs Redakteure, davon nur eine volle Stelle) nicht ganz ohne, wir bemühen uns aber verstärkt, täglich auf aktuelle Ereignisse zu reagieren.

    Angemerkt wurde auch eine gewisse Unübersichtlichkeit der Seite. Das Geniale an Site und Design sehen viele, aber Genie ist oft unpraktisch. Also arbeiten wir mit unseren Grafikern an ein paar Tools, die euch bald schick und schnell durch das virtuelle dekoder-Russland-Buch navigieren!
     
    Ein Thema, das wir gar nicht abgefragt hatten, das aber immer wieder zur Sprache kam: ob dekoder auch kremlfreundliche Stimmen abbilden soll – oder nicht. Unsere Leser brachten das von allein aufs Tapet, waren sich da aber nicht ganz einig.
     
    Derzeit bewegt sich dekoder sowieso erstmal in andere Richtungen weiter: Wir entwickeln gerade neue, multimediale Formate für den Wissenstransfer (unsere Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern), und der dekoder wird 2019 – zumindest teilweise – erstmals auch in die andere Richtung dekodieren: Artikel und Gnosen auf Russisch für russischsprachige Leser.

    Wir sind gespannt, wie euch das gefallen wird, sind jederzeit für euer konstruktives Feedback offen und dankbar!

    Wir schließen mit einem der vielen LeserInnen-Kommentare: 
     
    „dekoder – liebe ich!“
     
    Wir euch auch!
     
    Eure dekoderschtschiki
     
    PS: Du hast das gerade gelesen und dir fällt noch was Wichtiges ein? Schreib uns an umfrage@dekoder.org. Danke!

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    Editorial: Fragen meiner Generation

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    Editorial: Aus 1 mach 2

    Editorial: Ruhe und Sturm und Drang

  • Editorial: Ruhe und Sturm und Drang

    Wenn es stille Tage gibt, dann sind es diese. Der deutsche Weihnachtsbaum steht schon blasser in der Ecke, der russische ist noch nicht geschmückt. Und der dekoder atmet leise durch, und erinnert euch mit Texten an einen Weltteil, der euch interessiert, den ihr wichtig findet. Und der wichtig ist.

    Wir haben euch 2018 hoffentlich satt versorgt mit Themen, Texten und neuen Formaten, haben euch mitgenommen in das politische, aber auch weniger politische Leben in Russland. dekoder hatte Schwerpunkte, die die Machtverhältnisse heute und den Umgang mit Stalin genau betrachten. Wir haben die Werte angeschaut, die das Leben im heutigen Russland prägen und zu prägen haben und die Medien unter die Lupe genommen, die uns mit tollen Texten oder krassen Darstellungen das Jahr über Russland gezeigt haben.

    Aber wir haben 2018 auch ordentlich was dafür getan, dass der dekoder weiter und immer besser dekodieren kann. Und in dieser Hinsicht kam zum Jahresende viel Gutes zu uns zurück. Dafür allen danke, die daran direkt materiell, und auch mental Anteil haben. 
    So können wir den Dekodiertakt ein paar Tage runterfahren und kurz das tun, was nötig ist: kollektiv innehalten. 

    Und dann geht’s los: Mit Rückenwind düsen wir hinüber ins Jahr 2019!
    Das erste Zauberwort heißt Wissenstransfer und betrifft unser Kompetenzmodul – sprich Gnosen und Co: Diese Sparte wird dekoder ausbauen, zusammen mit der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, substantiell gefördert von der VolkswagenStiftung.
    Ein großes Thema gibt 2019 vor: der Mauerfall vor 30 Jahren und schließlich der Systemwechsel in Deutschland und Russland. Möglich ist dank der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ein jahresbegleitendes Dossier. Und nicht nur das: Möglich wird dadurch auch, den dekoder – zumindest in Teilen – endlich seiner inneren Logik entsprechend auch in die andere Richtung laufen zu lassen: vom Deutschen ins Russische. Wir sind gespannt!
    Das Sinnlichste und Handfesteste im Wortsinn wird das dekoder-Buch, das im Frühjahr pünktlich zur Leipziger Buchmesse erscheint. Dessen Produktion wird wunderbar unterstützt von der ZEIT-Stiftung sowie dem Verlag Matthes und Seitz Berlin. Dies sind nur ein paar leuchtende Schlaglichter, die hier bei dekoder Weihnachtsbaum und Neujahrs-Jolka schmücken. 
     
    All das finden wir großartig und freuen uns auf die Herausforderungen im neuen Jahr 2019!

    Genießt die Tage zwischen den Jahren, 
    sie sind kostbar, und Kostbares wollen wir pflegen!

    S nastupajuschtschim
    eure dekoderщiki

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    Editorial: Hinter den Kulissen – der dekoder-Klub

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    Editorial: Aus 1 mach 2

  • Editorial: Aus 1 mach 2

    Editorial: Aus 1 mach 2

    dekoder wird drei!!

    … Da dürfen wir uns doch was wünschen, gell? Mit 18 wünscht man sich Geld … Aber mit drei? Da wirkt dieser Wunsch befremdlich, schlecht erzogen. Aber ja, liebe Leserinnen und Leser: Wir wünschen uns Geld! 

    Aber nicht, dass ihr denkt, wir würden es verprassen. Nix da, es wird weiter dekodert, was das Zeug hält – und genau da findet eure Spende ihren Einsatz, und gleich doppelt. Wie geht denn das? Wir haben seit einem Jahr einen sogenannten Matching-Fonds von der Konvert-Stiftung unseres Gründers Martin Krohs. Das bedeutet, dass wir jede Summe, die wir von Stiftungen u. ä. einwerben, um die gleiche Summe aufstocken können. Diese Regel gilt nun genau eine Woche lang auch für Spenden von euch. Und so wird Community-Kommunikatorin Alena Göbel eine Woche lang mit Spenden von euch genau dies tun, zauberizaubera: verdoppeln. Deswegen seid bei euren Geburtstagsspenden umso großzügiger, es zahlt sich für uns und somit auch für euch doppelt aus.

    Das für euch so erfreuliche „Lesen, Wischen, Recherchieren, Assoziieren – und sich einfach mal Verlieren“ auf dekoder kann sich dann heiter weiterentwickeln. Wir werden weiterhin gute Texte und spannendes Kulturgut in Russland finden, es übersetzen und von angenehm lesbaren, wissenschaftlich fundierten Texten begleiten lassen. 
    Und wie in letzter Zeit immer öfter – dank Redakteur Daniel Marcus – durch Cyberwunder in den digitalen Himmel projizieren oder auf die virtuelle Schiene.
    Wir stehen also weiterhin vor der Herausforderung: All die sorgfältige Arbeit und geplanten Vorhaben finanzieren. Wofür wir euch wie bisher als begeisterte Leser brauchen, die uns weiterempfehlen, und auch als handfeste Unterstützer! 

    Für einen Rückblick taugt das zarte Alter von drei Jahren noch nicht. Vor allem würde es in die falsche Richtung weisen. Aber wir können uns Meilensteine anschauen, die auch die Richtung vorgeben, in die wir weiterstreben.

    Der erste Meilenstein war der dekoder Start. Martin Krohs hatte keine Handvoll idealistischer Überzeugungstäter um sich versammelt, darunter Wissenschaftsredakteur Leonid Klimov und Übersetzungsredakteurin Friederike Meltendorf, und dann ging’s los. Wir saßen wie heute in Altona (und wie heute saßen schon immer einige ganz woanders) und feilten an Texten. Draußen in der Welt wusste noch niemand, was da bald starten würde. Das Büro richteten wir im Datscha-Style ein – (was das auch immer hieß). Das Wichtigste dabei war die Tapete. Sie war selbst entworfen, und wir haben sie quer und bis heute nicht bis ganz unter die Decke geklebt. Wir nannten sie Malewitsch und folgen weiterhin ihrem zukunftsweisenden Geist.


    Das war der Anfang: Martin Krohs (Gründer), Friederike Meltendorf (Übersetzungsredakeurin), Leonid Klimov (Wissenschaftsredakteur) und Eduard Klein (Politikredakteur 2015)

    Am 1. September 2015 gingen wir online. Hm, wie das mit Eröffnungen gerade in der virtuellen Welt so ist. Sie sind akustisch recht still. Aber eigentlich war es ein Bombenerfolg. Wir wurden gefragt, erwähnt, porträtiert, interviewt und geliked. Und wir arbeiteten emsig weiter und schrieben, wählten aus, übersetzten, schriebenwähltenausübersetzten … arbeiten können wir echt gut.

    Aber wir können auch feiern. Und so fuhren wir mit fast voller Belegschaft eines Tages los nach Köln, samt neuem Politikredakteur Anton Himmelspach (plus quasi 1, denn Chefredakteurin Tamina Kutscher war schon ziemlich schwanger). Wir liefen alle ausgelassen den Rhein entlang zum Festsaal, obwohl die Preisträger bis zum Moment der Vergabe wirklich geheim sind. Und dekoder bekam den Grimme Online Award 2016 in der Kategorie Information! Das war im Juni 2016.

    Auch vom dritten Meilenstein gibt es ein Foto. Da wurde die dekoder-Redaktion nämlich plötzlich erwachsen. Das war im Juli 2017. Wir tagten auf Einladung in der Elbvilla der Alfred-Töpfer-Stiftung, gingen als Redakteure hinein, kamen als Gesellschafterinnen und Gesellschafter der Dekoder gGmbH wieder heraus und tanzten in der Abendsonne über den Strand. Eigentlich müssten auf diesem Foto nicht wir zu sehen sein (deswegen lassen wir es weg), sondern die, die uns Vertrauen und Anerkennung geschenkt haben, indem sie in den dekoder-Klub eingetreten sind. Denn das war der erste große Schritt in Richtung eines Community-gestützten Mediums. Danke an euch!


    Und gleichzeitig die Bitte an alle: Fördert dekoder großzügig, damit wir weiter das tun können, woran wir glauben: durch Wissen die Kommunikation zwischen Russland und Deutschland in schwierigen Zeiten ermöglichen und fördern, damit die Zeiten besser werden. Ohne funktioniert es nicht. Und ohne Geld funktioniert dekoder nicht.
    So also bleibt es beim Wunsch vom Anfang der Festrede: ein unvernünftig großzügiges Geldgeschenk! Viel soll es sein, was da zusammenkommt, damit wir noch schön oft zusammen Geburtstag feiern können! 


    Auf die nächsten Dreiunddreißig!

    Eure dekoderschtschiki

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    Editorial: Der Urknall des Gnosmos

    Der Urknall des Gnosmos,

    liebe Leserinnen und Leser, war ein eher geräuschloser. Die Materie, das geballte Russland-Wissen aus den dekoder-Gnosen, existierte ja bereits, sie suchte nur einen neuen Raum. Den gibt es nun hier: gnosmos.dekoder.org.

    Im April hatte ich in Hamburg eine Fortbildung zum Thema Datenjournalismus besucht. Die neu erworbenen Fähigkeiten wollten natürlich im Feld erprobt werden. Schnell waren die 270 dekoder-Gnosen mit ihren 1465 Verlinkungen in ein solches Bild verwandelt: 

    Ich war elektrisiert. Dieses Spinnennetz, gewoben aus dekoder-Gnosen, erinnerte mich an Ideen, die dekoder-Gründer Martin Krohs immer wieder in unseren Planungskonferenzen auf den Tisch gebracht hatte, die aber, weil scheinbar zu kompliziert, vorerst in der mentalen Schublade „schön, aber aktuell nicht realisierbar“ gelandet waren.

    Ich schickte das Bild zu Martin herüber, und ein paar Augenblicke später kam von ihm die Antwort: „Super! Der Gnosmos!“

    Es war von Anfang an Teil von Martins dekoder-Vision, dass unsere Plattform nicht nur Hintergrundkompetenzen und aktuelle Artikel liefern sollte, sondern auch die Bezüge zwischen diesen Inhalten zeigen – das, so sein Ansatz, wäre mindestens ebenso wichtig, um Russland zu entschlüsseln. In seiner Idealvorstellung vom Gnosmos, dem „Kosmos der Gnosen“, sollte es eine grafische Darstellung dieser Bezüge geben, die sich automatisch aktualisiert und durch die der User in einer dynamischen Art und Weise hindurchnavigieren kann.

    Mit dem obigen Spinnennetz war ich der Sache nun ein entscheidendes Stück näher gekommen. Also beschloss ich, diese Fährte wieder aufzunehmen, was mich – der ich eigentlich gar kein Programmierer bin, sondern studierter Philosoph – vor einige Herausforderungen stellte. Zum Beispiel sollte sich, dachte ich mir, die Größe der Knotenpunkte nach der Anzahl ihrer Verlinkungen richten, man bräuchte farblich unterschiedene Kategorien, eine Suchfunktion, Vorschau-Texte, und natürlich sollte das Ganze am Besten noch in 3D sein.  

    Wie ein besessener Maulwurf grub ich mich durch unzählige Tutorials (Gott schütze die Nerds und ihre Foren, in denen sie so großzügig ihr Wissen teilen!), klickte mich durch die kuriosesten Beispiele und experimentierte mit allerlei Code-Fetzen herum.

    Zwischenzeitlich drohte das Projekt zu einem riesigen Schwarzen Loch für mich und meine Freizeit zu werden. An anderen Tagen war die größere Gefahr, anstelle einer interaktiven Datenbank einen 90er-Jahre-Space-Shooter zu programmieren:

    Nun, mehrere Wochen, einige schlafdeprivierte Nächte, nicht wenige ausgerupfte Haare und gut tausend Zeilen Code später, stelle ich erleichtert fest: Draußen scheint die Sonne, ich bin nicht vollends zum Maulwurf geworden und der Gnosmos nicht zum Ballerspiel. 

    Im Russlanddiskurs geht es ja oft um gefühlte Wahrheiten oder Behauptungen, die mit Tatsachen bestenfalls noch ansatzweise zu tun haben. Umso wichtiger sind die Stimmen von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, die sich methodisch und über Jahre hinweg mit ihrer jeweiligen Thematik auseinandergesetzt haben, ihre vielschichtige Literatur aufs Genaueste kennen, eigene Interviews geführt, statistische Daten ausgewertet haben. Auf dekoder finden sie zu einem ständig wachsenden Wissensschatz zusammen, den man gar nicht spektakulär genug präsentieren kann.

    Erkenntnisreiche Erkundungsflüge wünscht allen Gnosmonautinnen und Gnosmonauten

    euer Daniel
    Social-Media-Redakteur und Gnosmos-Architekt

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