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Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung

  • Debattenschau № 61: The Death of Stalin nicht im russischen Kino

    Debattenschau № 61: The Death of Stalin nicht im russischen Kino

    Plötzliches Aus für The Death of Stalin: Auf Geheiß des Kulturministeriums darf der britische Film nicht in die russischen Kinos – wegen „Verbreitung illegaler Informationen“. Der Beschluss fiel nur zwei Tage vor dem geplanten Filmstart in Russland am 25. Januar.

    Am Vorabend der Entscheidung wurde die schwarze Komödie einem auserwählten Kreis gezeigt – darunter waren Mitglieder des Kulturministeriums, der Historischen Gesellschaft Russlands, der Staatsduma sowie einzelne Filmemacher wie der Regisseur und Schauspieler Nikita Michalkow. Einige davon wandten sich laut der Nachrichtenagentur TASS nach der Vorführung in einem Brief an Kulturminister Medinski und baten ihn darum, den Film nicht in russische Kinos zu lassen.

    Am Dienstag zog das Kulturministerium die Verleiherlaubnis wieder zurück. In der Begründung hieß es, dass der Film „in Russland verbotene Informationen enthalte“. Der schottische Regisseur Armando Ianucci hat inzwischen gegenüber dem Guardian seine Hoffnung geäußert, dass die schwarze Komödie – die auf einer Graphic Novel von Fabien Nury und Thierry Robin basiert – doch noch ins russische Kino kommt.

    Verhöhnt der Film die Opfer des Stalinismus? Oder sind diese Gründe nur vorgeschoben, Russland noch immer ein „stalinistisches Land“? Wäre es nicht sogar heilsam, über die historischen Traumata zu lachen? dekoder bringt Debatten-Ausschnitte aus russischen Medien.

    Rossijskaja Gaseta: Verhöhnung der Opfer

    Die Regierungszeitung Rossijskaja Gaseta zitiert Kulturminister Wladimir Medinski:

    [bilingbox]Ohne Frage: Viele Menschen der älteren Generation, und nicht nur sie, empfinden [den Film] als beleidigende Verspottung der gesamten sowjetischen Vergangenheit, des Landes, das den Faschismus besiegt hat, der sowjetischen Armee und der einfachen Leute und sogar – und das ist das ekelhafteste – der Opfer des Stalinismus.

    Es gibt bei uns keine Zensur. Wir haben keine Angst vor einer kritischen und unbefangenen Bewertung unserer Geschichte … Mehr noch – hohe Ansprüche, ja sogar Entschiedenheit in der Selbstbeurteilung haben in unserer Kultur Tradition. Doch es gibt eine moralische Grenze zwischen kritischer Geschichtsanalyse und Hohn.

    Das Kulturministerium hatte den Filmverleih auch auf die außerordentliche Unangemessenheit aufmerksam gemacht, einen solchen Film unmittelbar vor dem 75. Jahrestag des historischen Siegs von Stalingrad in die Kinos zu bringen. Der Verleiher hat nicht auf uns gehört.~~~Нельзя не согласиться: многие люди старшего поколения, да и не только, воспримут его как оскорбительную насмешку над всем советским прошлым, над страной, победившей фашизм, над Советской армией и над простыми людьми – и, что самое противное, даже над жертвами сталинизма.
    У нас нет цензуры. Мы не боимся критических и нелицеприятных оценок нашей истории… Более того, требовательность, даже категоричность в самооценке – традиция нашей культуры. Но есть нравственная граница между критическим анализом истории и глумлением над ней. Минкультуры обращало внимание прокатчика и на крайнюю неуместность выхода подобной картины на экраны в канун 75-летия исторической победы под Сталинградом. Нас прокатчик не услышал.[/bilingbox]

     

    erschienen am 23. Januar 2018

    Republic: Über Stalin wird nicht gelacht!

    Andrej Archangelski überlegt auf dem unabhängigen Portal Republic, warum über Stalin nicht gelacht werden darf: 

    [bilingbox]Vergleichbares hat es bei uns selbst in verschleierter Form seit den 1990ern nicht gegeben. Es gab seitdem keinen Versuch, den Stalinismus distanziert zu betrachten – vom Standpunkt normaler menschlicher Reaktionen auf Gewalt, mit den Augen eines normalen Menschen und nicht denen des Staates.

    Man darf Stalin beschimpfen, aber man darf nicht über ihn lachen – das ist offenbar das größte Tabu. Die Eile des Verbotes bestätigt diese Hypothese: Als wäre Lachen über Stalin ein gefährlicher Virus, dessen Verbreitung schleunigst eingedämmt werden muss, koste es, was es wolle.

    […] denn Stalin zu verspotten heißt, die Macht als solche zu verspotten – und das ist unzulässig. ~~~[…] ничего похожего даже в иносказательной форме у нас не было с 1990-х годов. Не было с тех пор попытки посмотреть на сталинизм отстраненно – с точки зрения обычных человеческих реакций на насилие, глазами обычного человека, а не государства. Сталина можно ругать, но над ним нельзя смеяться – это, по-видимому, и есть главное табу. И стремительность запрета подтверждает эту гипотезу: словно бы смех над Сталиным – опасный вирус, чье распространение нужно немедленно купировать, не считаясь со средствами.
    […] потому насмешка над Сталиным означает насмешку над властью как таковой – что недопустимо.[/bilingbox]

     
    erschienen am 24. Januar 2018

    Moskowskij Komsomolez: Stalin bleibt Zankapfel

    Auch das Boulevardblatt Moskowski Komsomolez kann nicht verstehen, weshalb man über Stalin nicht lachen sollte:

    [bilingbox]Unsere Zuschauer sind kompliziert. Sie sind schon ohnehin bereit, über alles unbesehen ein Urteil zu fällen – und nun auch noch so eine Steilvorlage. Stalin bleibt ein Zankapfel: Ist er ein Mörder oder ein Retter? Da hat man sich bei uns noch nicht endgültig festgelegt. In den letzten Jahren gab es eine Schwemme von neuen pseudopatriotischen Werken, in denen die stalinsche Epoche in Glanz und Gloria dargestellt wird. Und die Studenten der Filmhochschulen, die sich den ganzen Schmonz angeschaut haben, setzen diese Arbeit am laufenden Band fort. Ist es denn nicht besser, die eigenen Hirngespinste durch Lachen loszuwerden?~~~Зрители у нас сложные. Не видя, уже готовы осудить все что угодно, а тут такой благодатный материал. Сталин остается яблоком раздора. Убийца он или спаситель? С этим у нас окончательно не разобрались. В последние годы валом снимаются псевдоисторические опусы, где сталинская эпоха представлена в гламуре. А студенты киновузов, насмотревшись всякой дребедени, продолжают штамповать приблизительное кино на эту тему. Не лучше ли через смех избавиться от собственных фантомов?[/bilingbox]

     

    erschienen am 23. Januar 2018

    Izvestia: Was würden denn die Briten sagen?

    In der kremlnahen Izvestia dagegen findet der Leiter der Russischen militärhistorischen Gesellschaft Wladislaw Kononow gleich mehrere gute Gründe für ein Verbot des Films:

    [bilingbox]Dieser Film ist abscheulich. […] Abscheulich gar nicht so sehr deshalb, weil es dort keine einzige positive Rolle gibt, sondern weil dies eine abscheuliche Parodie auf die ganze Zivilisation Russlands ist. Genau so stellen sich die Autoren die russische Geisteshaltung vor, so, glauben sie, arbeite unser Staatsapparat … Ich kann mir nur schwer einen ähnlichen russischen Film über die britische Königsfamilie vorstellen, der in den britischen Verleih kommt. Das Einfachste, was man in dieser Situation machen kann, ist, den Verleih zu verbieten.~~~Фильм этот откровенно мерзкий. […] Мерзкий даже не тем, что там нет ни одного положительного персонажа, а потому что это мерзкая пародия на всю российскую цивилизацию. Именно так авторы представляют себе российскую ментальность, так, по их мнению, работает наш управленческий аппарат… Мне сложно представить подобный российский фильм, снятый о британской королевской семье и выходящий в британский прокат. Самое легкое, что можно сделать в данной ситуации, — это запретить его к показу.[/bilingbox]

     

    erschienen am 23. Januar 2018

    Tass: Experten haben geurteilt

    Ob der Debatte hat sich auch Kreml-Sprecher Dimitri Peskow geäußert, um die Entscheidung zu verteidigen. Die Nachrichtenagentur Tass gibt den Wortlaut wieder:

    [bilingbox]Das ist das Vorrecht des Kulturministeriums: Dort gibt es einen Expertenrat, und ausreichend viele dieser Experten haben sich den Film angesehen und sind zu einem entsprechenden Schluss gekommen. Das Kulturministerium kann die Meinungen seiner ehrenamtlichen Experten, die sich speziell dafür versammeln, nicht ignorieren. Im Übrigen ist das ein Vorrecht dieser Behörde. ~~~Это прерогатива Министерства культуры, там есть экспертный совет, эксперты в достаточно большом количестве посмотрели этот фильм и пришли к определенным выводам. Министерство культуры не может не учитывать точку зрения своих экспертов, общественников, которые для этого и собираются. В остальном это прерогатива ведомства[/bilingbox]

     

    erschienen am 24. Januar 2018

    The Insider: Ein stalinistisches Land

    Für den Filmkritiker und Chefredakteur des Filmmagazins Iskusstwo Kino, Anton Dolin, dagegen ist das Verbot ein trauriges Eingeständnis, wie er auf dem unabhängigen Portal The Insider schreibt:

    [bilingbox]Großzügig ausgelegt handelt es sich um das Eingeständnis des Staates und der in diesem Land für das Verbot verantwortlichen Staatsbeamten, dass dies ein stalinistisches Land ist, und dass ein Film, der den Diktator und den Moment seines Todes ironisch zeigt, auf unseren Leinwänden unzulässig ist. Dieser Logik zufolge muss in Deutschland Charlie Chaplins Der große Diktator verboten werden. Er war auch verboten, solange Hitler am Leben war, aber nach Kriegsende wurde er gezeigt, und es wurde gelacht wie in allen anderen Ländern.

    Was ist hier also los? Es ist doch nur Kino – ein Spielfilm, der nicht von sich behauptet, dokumentarisch zu sein, seine historische Genauigkeit ist nicht wichtig. Man kann ihn bewerten, wenn er rauskommt, Kritiken schreiben, zum Beispiel: „Er ist historisch ungenau“, oder darüber streiten, ob er genau ist oder nicht. Jedoch soll und kann das kein Grund für ein Verbot sein.~~~Расширительно можно это толковать как некое признание государства, тех чиновников, которые отвечают в стране за этот запрет, что у нас сталинистская страна, и фильм, который иронически показывает диктатора и момент его смерти, непозволителен на наших экранах. По этой логике в Германии должны запрещать «Великого диктатора» Чарли Чаплина. Его и запрещали, пока Гитлер был жив, но когда война закончилась, показывали и смеялись, как и весь остальной мир. Что тут такого? Это всего лишь кино — игровой фильм, не выдающий себя за документальный, его историческая точность совершенно не важна. Ее можно оценивать, когда картина выйдет, писать на него рецензии, например: «он исторически неточен» или спорить, точен он или нет. Однако, с моей точки зрения, это не должно и не может быть поводом для запрета.[/bilingbox]

     

    erschienen am 23. Januar 2018

    Vedomosti: Totaler Krieg der Befindlichkeiten

    Pawel Aptekar warnt im Wirtschaftsblatt Vedomosti die Kritiker des Films vor den Geistern, die sie rufen:

    [bilingbox]Der Schriftsteller Juri Poljakow, die Regisseure Nikita Michalkow und Wladimir Bortko und andere nennen den Streifen in ihrem Brief an Minister Wladimir Medinski eine „böse und absolut unangebrachte ,Komödie‘, die das Gedenken an unsere Bürger beschmutzt, die den Faschismus besiegt haben“ […]
    Den Autoren des Briefes an das Kulturministerium ist vielleicht nicht klar, dass sich ihre Initiative irgendwann auch gegen sie selbst wenden könnte: Innerhalb eines totalen Krieges der Befindlichkeiten finden sich sicher welche, die bereit sind, beleidigt zu sein, nachdem sie nochmals Bortkos Hundeherz oder Michalkows Zitadelle geschaut haben oder nochmals Poljakows frühe Erzählungen lesen.~~~Писатель Юрий Поляков, режиссеры Никита Михалков и Владимир Бортко и другие в письме министру Владимиру Мединскому назвали ленту «злобной и абсолютно неуместной якобы «комедией», очерняющей память о наших гражданах, победивших фашизм» […]
    Авторы письма в Минкульт, возможно, не поняли, что их инициатива может когда-нибудь обернуться и против них самих: в рамках тотальной войны чувств наверняка найдутся готовые оскорбиться, пересмотрев «Собачье сердце» Бортко, «Цитадель» Михалкова или прочитав ранние повести Полякова.[/bilingbox]

     

    erschienen am 24. Januar 2018

    dekoder-Redaktion

    Diese Übersetzung wurde gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

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  • Debattenschau № 60: Medien als „ausländische Agenten“

    Debattenschau № 60: Medien als „ausländische Agenten“

    Im Rekordtempo und einstimmig hat die Duma am 15. November 2017 eine Änderung im Mediengesetz verabschiedet: Demnach sollen Medien, die Geld aus dem Ausland erhalten, den Status eines ausländischen Agenten erhalten können. 
    Erklärt wurde der eilige Beschluss damit, dass man habe „symmetrisch“ reagieren müssen: Die USA hatten zuvor den russischen Auslandssender RT als ausländischen Agenten eingestuft. Betroffen sind Auslandssender wie die Deutsche Welle oder Voice of Amerika – aber nicht nur.
    Das eilig verabschiedete Gesetz – das der Präsident noch unterschreiben muss – ist jedoch so formuliert, dass nicht nur ausländische, sondern auch inländische Medien, die Geld aus dem Ausland erhalten, betroffen sein könnten.

    Ist das neue Gesetz auch Druckmittel gegen unabhängige, russische Medien? Wie weit wird die Meinungs- und Pressefreiheit dadurch eingeschränkt? Oder ist alles nur eine adäquate Antwort auf US-amerikanisches Vorgehen?
    dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte, die vor allem in den Sozialen Medien geführt wurde.

    Interfax: Im Informationskrieg

    Waleri Fadejew, Sekretär der Gesellschaftskammer, hält das neue Gesetz für unabdingbar, wie er der unabhängigen Nachrichtenagentur Interfax sagte:

    [bilingbox]Meine persönliche Einstellung, nicht als Sekretär der Gesellschaftskammer, sondern als Journalist: Wenn es keinen Informationskrieg (gegen Russland) geben würde, wäre er gar nicht notwendig, dieser Krieg, den nicht wir angezettelt haben. Dies ist eine notgedrungene Entscheidung, aber sie ist richtig.~~~Мое личное отношение, не как секретаря Общественной палаты, а как журналиста: если бы не было информационной войны (против России), это было бы не нужно, той войны, которую не мы развязали. Это решение вынужденное, но правильное.[/bilingbox]

     

    erschienen am 15.11.2017

    Znak: Auge um Auge

    Das Portal Znak zitiert den bekannten Journalisten Oleg Kaschin, der sicher ist, dass das neue Gesetz nicht nur ausländische Medien bestraft:

    [bilingbox]Normalerweise gelingt es Russland nicht unbedingt, „Auge um Auge“ so wörtlich zu nehmen – egal ob übertriebene Gegensanktionen von Lebensmitteln oder etwas Real-Satire, wie „das Verbot der Einreise eines amerikanischen Generals, der sowieso nicht zu uns wollte“. Verschlechtert das die Gesamtsituation? Noch vor fünf Jahren wäre es schnurzpiepegal gewesen. 

    Erinnern wir uns, wie Putin ungefähr im Jahr 2000 Jelzins Erlass, Radio Svoboda vergünstigte Mieten zu geben, außer Kraft gesetzt hat – das hat doch überhaupt niemand mitbekommen. Svoboda hat damals keine große Rolle gespielt. Innerhalb der letzten drei Jahre sind sie, genau wie die russische BBC oder die Deutsche Welle tatsächlich zu wichtigen russischen Medien geworden, für die nicht unsere schlechtesten Journalisten arbeiten. Ihr Publikum ist stark angewachsen und investigative Aufhänger […] sind heute an der Tagesordnung. 
    In dieser Situation unterscheidet sich die Rolle der BBC nicht sonderlich von der von RBK. Das heißt die Einschränkungen für Ausländer werden zu Einschränkungen für Russen.~~~Обычно все-таки у России не получается так буквально брать око за око — либо чрезмерные «антисанкции» с едой, либо что-нибудь карикатурное типа «запрет на въезд американскому генералу, который к нам и так не собирался». Ухудшит ли это ситуацию? Лет пять назад было бы плевать. Можно вспомнить, как Путин чуть ли не в 2000 году отменил указ Ельцина о льготной аренде для радио «Свобода» — этого же вообще никто не заметил, «Свобода» тогда большой роли не играла. А в последние три года и она, и русская BBC, и DW фактически стали важными российскими СМИ, там работают многие наши не последние журналисты, очень выросла их аудитория, и информационные поводы, […] сейчас случаются регулярно. В этой ситуации роль ВВС не сильно отличается от роли РБК, то есть ограничение для иностранцев станет ограничением для русских […].[/bilingbox]

     

    erschienen am 15.11.2017

    Facebook: Die pure Dummheit – von allen Seiten

    Der Journalist Alexey Kovalev kritisiert auf Facebook auch die USA.

    [bilingbox]Klar, dass das Auftauchen von RT auf der amerikanischen Liste zu einer völlig unverhältnismäßigen Reaktion und zu weiteren Bomben auf Woronesh führt. Also zu einer Hetze gegen Echo Moskwy oder noch eher zur Hetze gegen eine kleine und regionale Website, deren stellvertretender Chefredakteur beispielsweise auf einem internationalen Forum der Deutschen Welle war. […] 
    Auch die amerikanische Reaktion ist absolut unverhältnismäßig. Und von der Flut von Lügen und der Hysterie zu diesem Thema im russischen Fernsehen werden einem die Ohren klingen. Pure Dummheit, von allen Seiten.~~~Понятно, что попадание RT в американский список вызовет совершенно неадекватную реакцию и очередную бомбёжку Воронежа, то есть травлю условного Эха, или даже скорее маленького регионального сайта, чей замглавред съездил на международный форум Дойче Велле, допустим. […] И американская реакция […] абсолютно неадекватна истинному масштабу, и от потоков вранья и истерики из российского телика по этому поводу тоже уши вянут. То есть какая-то тотальная глупость со всех сторон.[/bilingbox]

     

    erschienen am 15.11.2017

    Meduza: Punktuelle Gegenmaßnahmen

    Das unabhängige Exilmedium Meduza hat den Vizesprecher der Duma Pjtor Tolstoj interviewt. Er war Leiter der Gruppe, die die Gesetzesänderung ausarbeitete. Im Interview versucht er die Kritik zu wiederlegen, es handele sich um einen Gummiparagraphen:

    [bilingbox]Was die Gesetzesänderung angeht, so gibt es eine Begrenzung: Als ausländischer Agent können ausländische Medien eingestuft werden – oder auch [Medien], die Geld aus dem Ausland erhalten. Wir als gesetzgebende Kraft geben der Exekutive die Möglichkeit, in Bezug auf einige Medien punktuell Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

    Das betrifft nicht alle, es ist nicht allgemeingültig, es ist kein direktwirkendes Gesetz, sondern ein Rahmen, innerhalb dessen das Justizministerium handeln kann.~~~Внутри поправок есть ограничитель: иностранным агентом может быть признано иностранное средство массовой информации — или [СМИ] получающее деньги из-за рубежа. Мы как законодатели даем возможность исполнительной власти принимать точечные — ответные — меры в отношении некоторых средств массовой информации. Это не касается всех, это не носит всеобщий характер, это не закон прямого действия, это рамка, внутри которой Минюст может действовать.[/bilingbox]

     

    erschienen am 15.11.2017

    Echo Moskwy: Abschreckung als Standard

    Galina Timtschenko dagegen – sie ist ehemalige Chefredakteurin von Lenta.ru und inzwischen Geschäftsführerin vom Exilmedium Meduza – fürchtet im Radiosender Echo Moskwy weitreichende Konsequenzen:

    [bilingbox]Das Furchtbare daran ist, dass wir nichts vorhersagen können. Wir verstehen einfach nur sehr sehr gut, dass es eine willkürliche Rechtssprechung gibt. Wen man zum Feind erkoren hat, den bekämpft man bis aufs Blut. Wen nicht, nun, der kommt davon. Das ist Standard, dass mit Abschreckung gearbeitet wird.~~~Весь ужас в том, что мы не можем прогнозировать ничего. Мы просто прекрасно понимаем, что есть избирательное правоприменение. Кого назначат врагами, с тех и будут драть три шкуры. Кого не назначат — ну, пронесет. Это очень стандартная ситуация с запугиванием.[/bilingbox]

     

    erschienen am 15.11.2017

    Kommersant FM: Schwierige Zeiten

    Auch Dimitri Drise, Politkommentator bei Kommersant FM, zeichnet ein düsteres Szenario für Medien, die den Status ausländischer Agent haben.

    [bilingbox]Durchaus verständlich, dass nicht jeder zu solchen Publikationen beitragen will [die den Status eines ausländischen Agenten haben – dek], Interviews geben, Nachrichten kommentieren oder der einen oder anderen Veranstaltung Raum geben – das riskiert nicht jeder. Denn man könnte ihn der Zusammenarbeit mit einem ausländischen Agenten beschuldigen und solche Probleme braucht niemand. Besonders in unseren schwierigen Zeiten.

    […]

    Und was die Meinungsfreiheit in Russland betrifft – daran wird sich nichts ändern. Offiziell. Es wird zwar schon immer diskutiert: Gibt es bei uns diese Freiheit oder nicht. Nun – je schlechter das Verhältnis zum Westen, desto größer die Gefahr, dass sie kaum noch vorkommt.~~~Понятно, что сотрудничать с таким изданием — давать ему интервью, комментировать новости или допускать на те или иные мероприятия, например на освещение выборов, — рискнет не каждый. Ведь могут обвинить в сотрудничестве с иностранным агентом – проблемы никому не нужны. Тем более, в наше сложное время.

    […]

    А что касается свободы слова в России – здесь ничего не изменится. Официально. Собственно, всегда была дискуссионной тема, есть у нас эта свобода или нет. А так – чем хуже отношения с Западом, тем больше угроза, что прилетит по касательной.[/bilingbox]

     

    erschienen am 15.11.2017

    Novaya Gazeta: US-Gesetz ist nur ein Vorwand

    In der renommierten unabhängigen Novaya Gazeta zieht Politikredakteur Kirill Martynow Parallelen zum Kalten Krieg:

    [bilingbox]Für ein Verbot ausländischer Medien im heutigen Russland hätte es gar keines speziellen Anlasses bedurft – besser gesagt, jeder Anlass hätte genügt. Sogar wenn die USA in Bezug auf RT nichts unternommen hätten – irgendjemand möchte ganz sicher wieder in unsere großartige Epoche zurück, in der Störsender und Stimmen um Einfluss auf die Geisteshaltung der Landleute wetteiferten.

    Bekanntermaßen haben die Stimmen einst haushoch gesiegt, und wie es scheint, wird jedes beliebige Verbot heutzutage den Einfluss ausländischer Berichterstattung auf Russland nur verstärken.~~~[…] возможно, для запрета иностранных СМИ в нынешней России и не требовался специальный повод — точнее, подошел бы любой. Даже если бы американцы ничего не предприняли в отношении RT, кому-то все равно очень хочется вернуться в нашу великую эпоху, где глушилки и «голоса» спорили в своем влиянии за умы соотечественников. Как известно, «голоса» тогда победили с разгромным счетом, и, кажется, любой нынешний запрет будет лишь усиливать влияние иностранного вещания на Россию.[/bilingbox]

     

    erschienen am 15.11.2017

    Facebook: Bomben auf Woronesh

    Das Gesetz ist nur der Anfang, meint der Journalist Wassili Gatow und zeichnet auf Facebook ein düsteres Zukunftsbild für Medien in Russland.

    [bilingbox]Leider werden die Bomben auf Woronesh dieses Mal ein paar konkrete Menschen treffen (von denen viele meine Freunde sind), die für westliche Medien arbeiten. Ich bin fast hundertprozentig überzeugt, dass die Duma die Arbeit für „unerwünschte Organisationen“ (Medien eingeschlossen) zu einem strafrechtlichen Vergehen erklärt.

    Merkt euch diesen Post.~~~К сожалению, „бомбить воронеж“ в этот раз будут по конкретным, немногочисленным людям (многие из которых мои друзья), которые работают на западные СМИ. Я почти с 100% уверенностью могу сказать, что Дума сделает уголовным преступлением работу на „нежелательную организацию“ (и СМИ, к ним приравненные).

    Запомните этот пост.[/bilingbox]

     

    erschienen am 15.11.2017

    Facebook: Der ausländische Agent ist ein Prachtkerl

    Sergei Medvedev, eine der profiliertesten liberalen Stimmen des Landes, versucht den Begriff des Agenten zu einem Trotzwort zu machen, ihn positiv umzudeuten. Auf Facebook untermauert er seinen Anspruch mit Vorbildern.

    [bilingbox]Ich bin ein ausländischer Agent. Ich denke, dass es überhaupt keine Schande, ja, dass es sogar eine Ehre ist, im heutigen Russland ein ausländischer Agent zu sein. Es ist ein besonderes Qualitätsmerkmal einiger weniger unabhängiger, hochwertiger und freier Institutionen in einem unfreien Land: das Lewada-Zentrum, Memorial und jetzt, wie es scheint, auch die westlichen Medien in Russland.

    Historisch wurde seit jeher alles „originär Russische“ mittels aufholender Modernisierung oder imitativer Westernisierung von westlichen Agenten in unser Land gebracht – vom Wodka bis zur Matrjoschka, von der Kalaschnikow bis zu Kirkorows Liedern. Fürst Wladimir und Fürstin Olga waren ebenso ausländische Agenten, wie Zar Peter und Katharina die Große […]. Ausländische Agenten haben den Kreml und die Magnitka gebaut, Jewgeni Onegin und Ein Held unserer Zeit geschrieben. Der ausländische Agent ist ein Prachtkerl. Sei wie ein ausländischer Agent.~~~Я иностранный агент. Думаю, что совершенно не зазорно, а очень почетно называться в России сегодня иностранным агентом, это своеобразный знак качества на немногих неангажированных, качественных и свободных институциях в несвободной стране — Левада-Центр, Мемориал, теперь, видимо, западные СМИ в России. Исторически, все „исконно русское“ в нашу страну догоняющей модернизации и имитационной вестернизации, было принесено иностранными агентами, от водки до матрешки, от автомата Калашникова до песен Киркорова. Иностранными агентами были Князь Владимир и княгиня Ольга, Петр и Екатерина. Иностранные агенты построили Кремль и Магнитку, написали „Евгения Онегина“ и „Героя нашего времени“. Иностранный агент молодец. Будь, как иностранный агент.[/bilingbox]

     

    erschienen am 15.11.2017

    dekoder-Redaktion

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  • Debattenschau № 59: Schweigen über 100 Jahre Revolution

    Debattenschau № 59: Schweigen über 100 Jahre Revolution

    Weltweit wird dieser Tage der Oktoberrevolution vor 100 Jahren gedacht. Doch Russland scheint sich mit diesem Erbe schwerzutun. Den 7. November als Feiertag, wie er zu Sowjetzeiten begangen wurde, hat Putin bereits 2005 abgeschafft. So gab es in Russland am Jahrestag der Revolution „business as usual“. Einige tausend Anhänger und auch Mitglieder Kommunistischer Parteien aus dem Ausland zogen mit Fahnen und Liedern durch Moskaus Innenstadt. Auf dem Roten Platz fand dagegen ein Reenactment der Militärparade vom 7. November 1941 statt – Kriegs- statt Revolutionsgedenken.
     
    In den Medien war der Jahrestag der Revolution kein großes Thema. Unter den Onlineportalen etwa hatten am 7. November überhaupt nur vereinzelte das Revolutionsjubiläum als Aufmacher auf ihrer Startseite. Die staatlichen Sender Perwy Kanal und Rossija 1 hatten jeweils eine Serie zum Thema aufgelegt, die staatliche Agentur TASS eine eigene Multimedia-Site.

    War die Revolution gut, war sie schlecht? Was soll da überhaupt erinnert werden? Und was sagt diese Form des (Nicht-)Erinnerns über das Heute aus? dekoder bringt Debatten-Ausschnitte aus russischen Medien.

    RIA Novosti: Versöhnt euch!

    Der Kommentar von Radiojournalist Ilja Charlamow für die Agentur RIA Novosti ist ganz im Einklang mit der offiziellen „Versöhnungs“-Rhetorik:

    [bilingbox]Einige der sogenannten Historiker und Menschen aus der Politik rufen dazu auf, das sowjetische Erbe auszuradieren, die Revolution zu verurteilen, ebenso wie das aus ihr hervorgegangene Staats- und Gesellschaftssystem.  […]
    Das 100-jährige Oktoberjubiläum – wie sollte es nicht als Anlass dienen, sich zu versöhnen, nein, sich auszusöhnen mit der eigenen Geschichte und den eigenen ideologischen Gegnern. Zumindest sollte man das beharrlich versuchen. Unsere Geschichte ist so wie sie ist. Eine andere gibt es nicht und wird es nie geben.~~~Некоторые так называемые историки и политические деятели призывают перечеркнуть, вымарать советское наследие и осудить революцию, так же как и созданный в ее результате общественно-политический строй. […]
    Столетие Октября – чем не повод помириться, нет, примириться со своей историей и со своими идейными оппонентами. Во всяком случае, настойчиво попытаться это сделать. Она – наша история – такова. Другой нет и никогда не будет.[/bilingbox]

     

    erschienen am 7. November 2017

    Republic: Eine externe Macht war’s

    Andrej Archangelski zieht auf Republic Parallelen zwischen dem Umgang mit der Revolution und der Ukraine:

    [bilingbox]Mehrere Varianten ein und desselben Ereignisses – es ist, als würde von dem eigentlichen Anlass abgelenkt. Es wurde eine Vielgestalt von Bewertungen der Revolution zugelassen, ja sogar befördert: Heute gibt es in den Staatssendern eine eher „rote“ Version der Revolution (die in offiziösen Verlautbarungen zart kritisiert wird); es gibt eine „weiße“, monarchistische; und es gibt eine Verschwörungsversion. Alle existieren in der Informationslandschaft zeitgleich. 

    Das hat den Diskurs über die Revolution auf eine neue dialektische Ebene gehoben – genau wie im Fall der antiukrainischen Propaganda, die die Formel „Man hat uns entzweit“ hervorbrachte. Es ist ein Universal-Verfahren in dem Moment, in dem alles Schreckliche schon getan und gesagt ist. Und die Verantwortung wird einer nicht benannten externen Macht zugeschoben.~~~Множество версий одного и того же события – как способ отвлечения внимания от единственной причины. Многовариативность в оценках революции, как мы видим, допускалась и даже поощрялась: сегодня в государственном эфире присутствует условно «красная» версия революции (которая мягко критикуется официозом), есть «белая», монархическая; есть, наконец, версия заговора – все они существовали в информационном поле одновременно. Это перевело разговор о революции на новый диалектический уровень – как и в случае с антиукраинской пропагандой, породив формулу «нас поссорили»; универсальный способ в момент, когда все ужасное уже было сделано и сказано, переложить ответственность на некую неназванную, могущественную силу снаружи.[/bilingbox]

     

    erschienen am 7. November 2017

    Echo: Eine Revolution? Gab es nicht!

    Oppositionspolitiker Leonid Gosman dagegen prangert in seinem Blogeintrag, den Echo Moskwy veröffentlicht hat, das offizielle Schweigen an:

    [bilingbox]Urteilen Sie selbst.

    Ein Mensch lebt, solange man sich an ihn erinnert. Bei einem Ereignis ist es dasselbe – es lebt, solange man sich daran erinnert.

    Wenn nun vor genau 100 Jahren in unserem Land eine Große Revolution stattgefunden hätte, dann hätte sich das derzeitige Staatsoberhaupt heute an die Nation gewandt, hätte gesagt: Das und das sind die Lektionen, Schlussfolgerungen und so weiter. Hat sich aber nicht an die Nation gewandt.
    Wenn vor genau 100 Jahren in unserem Land eine Große Revolution stattgefunden hätte, dann hätte es heute eine Schweigeminute gegeben, in Erinnerung der Opfer des damals losgetretenen Bürgerkriegs – Weißer, Roter, zufällig Involvierter. Hat es nicht gegeben. […]

    Die Machthaber haben unsägliche, paranoide Angst vor Revolutionen. Die Erinnerung daran, was vor 100 Jahren passiert ist, verletzt die zarten Seelen unserer Führungsriege. Also hat nichts stattgefunden. Eine Parade zu Ehren von 1941 hat stattgefunden. Hurra, Genossen!~~~Судите сами.

    Человек жив, пока о нем помнят. Событие тоже — живо, пока о нем помнят. 
    Если бы ровно сто лет назад в нашей стране случилась великая революция, то сегодня нынешний глава государства обратился бы в связи с этим к нации — уроки, мол, итоги и прочее. Не обратился. 
    Если бы ровно сто лет назад в нашей стране случилась великая революция, то сегодня объявлялась бы минута молчания в память жертв развязанной тогда гражданской войны — белых, красных, случайных. Ее не было. […]
    Власть фантастически, паранойяльно боится революции. Воспоминание о том, что случилось сто лет назад, ранит тонкие души нашего начальства. Значит, ничего и не было. А был парад 1941 года! Ура, товарищи![/bilingbox]

     

    erschienen am 7. November 2017

    Izvestia: Offene Diskussionen

    Valentina Matwijenko wiederum, die Vorsitzende des Föderationsrats, findet in ihrem Beitrag in der staatsnahen Izvestia Gründe für das offizielle Schweigen zum 100. Jahrestag der Revolution:

    [bilingbox]Man kann mit aller Bestimmtheit sagen, dass es in unserem Land de facto eine gesamtgesellschaftliche Diskussion gegeben hat. Breit, offen und völlig frei von offiziösen und regulierenden Eingriffen. Nicht zuletzt durch die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien hatten alle die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern, die das wollten. Und die Menschen haben, wie man so sagt, ihr Herz ausgeschüttet. Meiner Ansicht nach, hat das der Debatte einen besonderen Wert eingetragen. Im Grunde ist ein Panorama der politischen und der Ideenlandschaft des modernen Russland entstanden.~~~Можно со всей определенностью сказать, что в нашей стране фактически состоялась дискуссия общенационального масштаба. Она носила широкий, открытый характер, была полностью свободна от налета официоза, регулирования. В немалой степени благодаря современным информационно-коммуникативным технологиям возможность высказаться получили все, кто хотел это сделать. И люди, что называется, выплеснулись. На мой взгляд, это придало обсуждению особую ценность. По сути, мы получили панорамную картину идейного и политического ландшафта современной России.[/bilingbox]

     

    erschienen am 7. November 2017

    Snob: Hass und Angst

    Fjodor Krascheninnikow hat sich für Snob das Kino- und Fernsehprogramm zur Revolution angeschaut:

    [bilingbox]Worüber schweigt der Staat, wo wird gebrüllt? Daran kann man ziemlich gut erkennen, was in den Köpfen der Ideologen des derzeitigen Regimes vor sich geht. […]

    Den Mächtigen ist die Revolution auf den Straßen verhasst. Sie drehen fast durch, so hassen sie die, die das „Boot ins Wanken“ bringen und radikale Losungen skandieren. Keinesfalls möchten sie zeigen, dass im Endeffekt die Revolutionäre siegen, und nicht die orthodoxe Monarchie mit ihren Gendarmen, Metropoliten und Kosaken. Deswegen sehen wir auf dem Bildschirm nur Karikaturen von Randfiguren, die aus der Emigration zurückgekehrt und bereit sind, sogar von Vaterlandsfeinden Geld zu nehmen. Aber wir sehen auf dem Bildschirm nicht die wahren Revolutionäre von 1917.~~~По тому, о чем власть молчит и о чем кричит, можно составить довольно полное представление о том, что происходит в голове у идеологов существующего режима.
    […]
    Власти ненавистна революция на улицах, она до истерики ненавидит тех, кто «раскачивает лодку» и выдвигает радикальные лозунги, и ей совсем не хочется показывать, что в итоге побеждают как раз революционеры, а не православная монархия с жандармами, митрополитами и казачеством. Поэтому на экранах мы увидим лишь приехавших из эмиграции карикатурных маргиналов, готовых брать деньги даже у врагов Отечества. Но мы не увидим на экране настоящих революционеров 1917 года […][/bilingbox]

     

    erschienen am 30. Oktober 2017

    7×7: Lenin vs. Stalin

    Der Archangelsker Journalist Leonid Tschertok kritisiert auf 7×7 den zunehmenden Stalinkult, auch wenn über die Revolution gesprochen wird:

    [bilingbox]Ist Ihnen schon aufgefallen, dass Stalin mit den Jahren immer mehr Anhänger hat und Lenin immer weniger? Es stellt sich so dar, dass der schnauzbärtige effektive Manager die Fehler des Führers, der das R nicht rollen konnte, korrigierte, indem er die Industrialisierung und Kollektivierung in Gang setzte – anstelle der Wirtschaft des zerfallenen Imperiums, die durch den Bürgerkrieg und das Chaos der ersten Sowjetmacht-Jahre zerstört worden war. Übrigens, der Sieg im Großen Vaterländischen Krieg – was ist das, wenn nicht die Folgenbeseitigung des Friedensvertrags von Brest-Litowsk? Hätten sie Deutschland damals ganz und gar geschlagen … dann wäre dort wohl kaum ein Platz für Hitler gewesen. […]

    Man sagt, dass 1991 verantwortungslose Abenteurer an die Macht kamen … und die von 1917 – was waren sie?~~~Вот ещё одна системная ошибка спорящих о революции. Сталинские репрессии – это впереди, мы же говорим о первопричине, что из чего вылупилось. Кстати, обратили внимание, что с годами всё больше защитников как раз у Сталина, и всё меньше у Ленина? Получается так, что усатый эффективный менеджер исправлял ошибки картавого вождя, введя индустриализацию и коллективизацию взамен разрушенной гражданской войной и общей бесхозяйственностью первых лет советской власти экономики павшей империи. Впрочем, как и победа в Великой Отечественной войне – что это, как не ликвидация последствий того самого «Брестского мира»? Добили бы тогда Германию окончательно… вряд ли в ней потом нашлось место Гитлеру. 
    Говорят, в 91-м к власти пришли авантюристы… а те, из 17-го, кем были?[/bilingbox]

     

    erschienen am 7. November 2017

    Vedomosti: Zerstörung aller Formen

    Der Philosoph Alexander Rubzow meint auf Vedomosti, dass der damalige Verlust einer rechtsstaatlichen Ordnung in gewisser Weise bis heute nachwirkt:

    [bilingbox]Nach einer Revolution geht es ganz allgemein darum, wieder zu einer Form zu finden. Ansonsten herrschen auf ewig Ausnahmezustand und gesetzlose Willkür, wo die Machthaber sogar die formalen Normen brechen, die sie selbst aufgestellt haben. […]     

    Durch den Oktober 1917 wurde nicht nur einfach eine konkrete Form zerstört, sondern das Verhältnis zu allem Formalen. […] Eine Revolution bricht stets das Gesetz und ist in diesem Sinne immer verbrecherisch. Doch wenn sie vorüber ist, schafft sie Raum für eine neue Form. Die Revolutionen im Westen waren weder sauberer noch humaner als unsere. Aber sie blieben zeitlich begrenzte Episoden und wurden nicht zur dauerhaften Existenzweise. […]      

    Zum Allgemeingut geworden, spiegelt sich die Vernachlässigung und Missachtung der Form überall wieder: Zum Beispiel im Sport, wo ein „klar überlegener Sieg“ „unwesentliche“ Formverstöße psychologisch nichtig werden lässt.~~~Выход из революции имеет и более общий смысл: восстановления формы, правильного отношения к ней. Без этого становится хроникой режим чрезвычайного положения и властного беззакония, когда власть легко нарушает даже те формальные нормы, что установлены ею самой. […]

    Октябрь 1917 г. обрушил не просто конкретную форму, но само отношение ко всему формальному. […] Революция всегда нарушает закон и в этом смысле всегда преступна, но, прекращаясь, она уступает место новой форме. Революции на Западе были не чище и не гуманнее нашей, но они были эпизодами, а не способом существования. […][/bilingbox]

     

    erschienen am 6. November 2017

    dekoder-Redaktion

     

     

     

    Diese Debattenschau wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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  • Debattenschau № 58: Referendum in Katalonien

    Debattenschau № 58: Referendum in Katalonien

    Gewalt und Gegengewalt: Das Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens ist am vergangenen Sonntag blutig geendet. Das Verfassungsgericht hatte es zuvor verboten. Beobachter geben nun zumeist beiden Seiten die Schuld an den Ausschreitungen: der Zentralregierung in Madrid wie auch der katalanischen Regierung. Beide hätten eine Gewalteskalation riskiert, anstatt zu verhandeln. 
     
    In russischen Medien erregt das Referendum viel Aufsehen, auch schon vorab: Schließlich sehen hier viele eine Parallele zu den international nicht anerkannten „Unabhängigkeitsreferenden“ in den ukrainischen Oblasten Donezk und Luhansk und auf der Krim 2014.
     
    Unabhängigkeits- beziehungsweise Separatismus-Fragen beschäftigen das heutige Russland außerdem spätestens seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. In der Argumentation steht dabei das Selbstbestimmungsrecht der Völker oft gegen das Recht auf territoriale Integrität, je nach Fall und Interesse kann die Position wechseln. Gern zitiertes Beispiel ist der Kosovo, dessen Unabhängigkeit Russland, auf der Seite Serbiens, nicht anerkannt hatte. Denn Russland warnte davor, dass der Kosovo ein Präzedenzfall sein würde. Auch Spanien hatte die Unabhängigkeit des Kosovo nie anerkannt.

    In russischen Medien wird debattiert, unter anderem über solche Fragen: Katalonien, Kosovo, Krim … : Wer wird in die Unabhängigkeit entlassen und wer nicht? Und warum? Wer handelt dabei nach doppelten Standards? Und warum diskutiert Russland zwar über Katalonien, aber nicht über die Krim und eigene innenpolitische Fragen?

    pravda.ru: Kosovo als „Büchse der Pandora“

    Die Onlinezeitung pravda.ru, die sich als Nachfolger des kommunistischen Parteiorgans versteht, bemüht den Kosovo – wie es auch der Kreml gerne tut:

    [bilingbox]Im Jahr 2008 trat Madrid gegen die Unabhängigkeit des Kosovo ein – trotzdem: Heute zahlt ausgerechnet Spanien einen hohen Preis für die kurzsichtige Politik der Europäischen Union, die mit der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo die Büchse der Pandora für den gesamten europäischen Kontinent geöffnet hat.~~~Хотя Мадрид в 2008 году выступил против независимости Косово, тем не менее, сегодня именно Испания платит дорогую цену за недальновидную политику Евросоюза, открывшего признанием независимости Косово „ящик Пандоры“ для всего европейского континента.[/bilingbox]

     

    erschienen am 30.09.2017

    Rossijskaja Gaseta: Sowjetisches Szenario

    Fjodor Lukjanow, Außenpolitik-Experte und Professor an der HSE, fühlt sich in der Rossijskaja Gaseta an Szenarien kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion erinnert:

    [bilingbox]Von einem nuancierten Bild zur Schwarzweiß-Gegenüberstellung „Kämpfer für die Freiheit“ gegen den „unterdrückenden Leviathan“ ist der Weg in der Regel nicht weit. Und die Ermahnungen des Leviathan – von wegen, die anderen hätten angefangen, würden nur provozieren und niemandem würde es durch die Abspaltung besser gehen – gehen am Ziel vorbei! Aserbaidschan, Georgien, Litauen … Das Szenario lief, eines folgte aufs andere – und das „Zentrum“ konnte einfach nicht verstehen, was da nicht stimmte. 
    In Spanien beobachten wir eine merkwürdige Wiederholung dieses Schemas, zum Glück bislang ohne die Grausamkeit, die Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre im sowjetischen Raum zu Tage trat.~~~От нюансированной картины к черно-белой оппозиции „борцы за свободу“ против „репрессивного Левиафана“ путь, как правило, короткий. И увещевания Левиафана о том, что они, мол, первые начали, провоцируют и никому не будет лучше от размежевания, – мимо. Азербайджан, Грузия, Литва… Сценарий работал линейно, а „центр“ не мог понять, что не так. В Испании мы наблюдаем странное повторение схемы, слава Богу, пока что без жестокости, что проявлялась в конце 1980-х – начале 1990-х на советских просторах.[/bilingbox]

     

    erschienen am 02.10.2017

    Iswestija: „Ukrainisierung der EU“

    Die regierungsnahe Iswestija übt noch vor dem Referendum, am 25. September, Kritik an der Zentralregierung in Madrid genauso wie an der EU:

    [bilingbox]Wir erleben aktuell eine „Ukrainisierung“ der EU. Die Eurobürokraten rüsten sich heute mit den Methoden, die die ukrainische Staatsgewalt im Donbass und im ganzen Land angewendet hat. Ich befürchte Spanien wird nicht das letzte Beispiel bleiben.
    Mit ganz anderen Farben spielt der kollektive Westen bei allen Problemfragen an Russland in Bezug auf Südossetien, Abchasien, Transnistrien und den Donbass. Und natürlich in Bezug auf die Krim, die im März 2014 die Kraft und den Mut gefunden hat, gegen allen Widerstand und unter Berufung auf internationales Recht in den „heimatlichen Hafen“ zurückzukehren.
    Das Flair der schönen Worte über Demokratie und Menschenrechte fliegt von der EU wie Herbstlaub von den Bäumen. Nach jedem Herbst kommt der Winter.~~~Мы сегодня наблюдаем процесс «украинизации» ЕС. Те методы, которыми действовали украинские власти в Донбассе и по всей стране, сегодня берут на вооружение евробюрократы. Пример Испании, боюсь, не последний.
    В этом смысле совершенно другими красками играют все проблемные вопросы к России со стороны коллективного Запада относительно Южной Осетии, Абхазии, Приднестровья, Донбасса и так далее. И, конечно, Крыма, который нашел силы и мужество вопреки всему и опираясь на международное право, вернуться в «родную гавань» в марте 2014 года.
    Флер красивых слов про демократию и права человека слетает с ЕС как осенние листья с деревьев. За осенью всегда приходит зима.[/bilingbox]

     

    erschienen am 25.09.2017

    Republic: Nicht ganz wie bei uns

    Oleg Kaschin bedauert im unabhängigen Onlinemagazin Republic, dass innenpolitische Themen nicht klar angesprochen, sondern nur indirekt an fremden Ereignissen diskutiert würden:

    [bilingbox]Grundthese der offiziellen Antiwestlichkeit Russlands in den 2010er Jahren ist: „Bei denen ist alles wie bei uns“, wie es auch Wladimir Putin in zahlreichen Variationen wiederholte. Früher war dieses „bei uns“ noch direkt gemeint: Bei uns werden Demos gewaltsam aufgelöst, aber bei denen auch; bei uns wird die Meinungsfreiheit eingeschränkt, aber bei denen auch. Doch inzwischen sind die Grenzen dieses „bei uns“ stark verschwommen, die russische Medienrealität findet außerhalb von Russland statt.

    Deswegen wird Madrid nun mit Kiew verglichen und Barcelona mit Donezk. Das „Bei denen ist alles wie bei uns“ meint nicht mehr „wie in Russland“, sondern „wie in den russischen Fernsehnachrichten über die Ukraine und andere Länder“.

    Das dezente Mitgefühl der Sendung Wremja für die katalanischen Separatisten ist von gleicher Natur wie die Unterstützung der Donezker Separatisten. Gleichzeitig verschwinden ganz augenscheinliche Dinge der unmittelbaren russischen Realität von der Bildfläche: Erst gerade wurde die erste reale Haftstrafe „für Separatismus“ verhängt, gegen den krimtatarischen Aktivisten İlmi Ümerov, weniger aufsehenerregende Rechtsfälle desselben Paragraphen sind schon längst Teil des medialen Hintergrundrauschens wie auch die alltäglichen Verurteilungen für Reposts und die Teilnahme an Demos.~~~Базовый тезис официального антизападничества России десятых – это часто в разных вариациях повторяемое и самим Владимиром Путиным «у них все, как у нас», но если раньше «у нас» подразумевало прямой смысл – у нас разгоняют демонстрации, но и у них разгоняют демонстрации; у нас душат свободу слова, но и у них душат свободу слова, – то теперь границы этого «у нас» сильно размыты, российская медиареальность сместилась за пределы России, поэтому Мадрид теперь сравнивается с Киевом, а Барселону – с Донецком, и «у них все, как у нас» расшифровывается не «как в России», а «как в российских теленовостях об Украине и других странах». Сдержанное сочувствие программы «Время» каталонским сепаратистам имеет ту же природу, что и поддержка донецких сепаратистов, при этом более очевидные вещи непосредственно из российской реальности просто уходят за кадр – как раз на днях первый реальный срок «за сепаратизм» получил крымскотатарский активист Ильми Умеров, а менее громкие дела по той же статье уже давно превратились в часть информационного фона наряду с привычными приговорами за репосты и участие в митингах.[/bilingbox]

     

    erschienen am 02.10.2017

    Facebook/Arkadi Babtschenko: Was geht uns Catalunya an?

    Dementsprechend zeigt sich der Journalist und Blogger Arkadi Babtschenko auf Facebook genervt über die Berichterstattung auf allen Kanälen. Babtschenko verließ Russland im Februar 2017 – nach eigener Aussage wegen massiver Drohungen gegen ihn. Derzeit lebt er in Kiew und schreibt betont kremlkritische Beiträge. Auf Facebook hat er mehr als 180.000 Follower, mit jedem Beitrag sammelt er hunderte likes und shares. 

    [bilingbox]Da ist etwas, was ich einfach nicht verstehe. Ich rede nicht von Staatspropaganda. Das ist sowieso klar. Aber sagen wir mal Meduza. Oder Echo. Oder Doshd. Live-Übertragungen aus Catalunya!!! Nur hier – schauen sie unsere Online-Reportage!!! Die Polizei hat Teile Barcelonas eingenommen!!! Eilmeldung! Eilmeldung! Eilmeldung! Die Protestierenden beginnen, Barrikaden zu errichten!!!
    Freunde, sagt mal, glaubt ihr wirklich, dass in unserem Land, das gerade zwei Kriege führt, wo die Staatsmacht seit 17 Jahren usurpiert ist, wo orthodoxe Aktivisten Kinos in Brand stecken, wo Nemzow auf einer Brücke ermordet wurde, wo ein Kadyrow ist, der Donbass, Meltschakows und Girkins, Sanktionen, Verelendung, wo es überhaupt keine Wahlen gibt und erst recht keine Referenden, wo es Annexionen gibt, Folter und Verschleppung – sagt mal, glaubt ihr wirklich, dass Russlands wichtigstes Ereignis zurzeit das Referendum in Catalunya ist?
    Geht es Euch nicht am Arsch vorbei, was da aus Catalunya wird?
    Hauptsache über irgendetwas sprechen, nur ja nicht nicht über die wichtigen Dinge …~~~Вот чего я реально никогда не мог понять. Про госпропаганду я молчу. С ними и так все понятно. Но, вот, скажем, „Медуза“. Или „Эхо“. Или „Дождь“. Прямая трансляция из Каталунии!!! Только у нас – смотрите он-лайн репортаж!!! Полиция захватила участки в Барселоне!!!! Срочно! Срочно! Срочно! Протестующие начали возводить баррикады!!!!
    Друзья, скажите, а вы вправду считаете, что в вашей стране, которая ведет сразу две войны, где власть узурпирована уже семнадцать лет, где православные экстремисты жгут кинотеатры, где Немцова убили на мосту, где Кадыров, где Донбас, где Мильчаковы-Гиркины, где санкции, где обнищание, где вообще никаких выборов и уж тем более никаких референдумов, где аннексия, пытки и похищения – скажите, вот вы реально считаете, что главное событие России сейчас это референдум в Каталунии?
    Вот вам правда не похуй, как там в Каталунии будет?
    О чем бы ни говорить, лишь бы не о главном …[/bilingbox]

     

    erschienen am 01.10.2017

    Wsgljad: Gegensatz, keine Analogie

    Der kremlnahe Wsgljad vom 20. September kritisiert, dass Madrid den „katalanischen Frühling“ unterdrücke und hebt die Krim als positives Beispiel hervor: 

    [bilingbox]Die Krim war, wie auch Katalonien, autonom. Und die Ukraine, wie auch Spanien, ein Einheitsstaat. Tatsächlich handelt Katalonien in vielen Bereichen schon seit Langem selbstständig, seine Autonomie ist real und und vielfältig, während die Krim nur formell einen autonomen Status besaß.
    „Allerdings besteht zwischen den Ereignissen keine Analogie, sondern ein Gegensatz. Auf der Krim hat man den Leuten erlaubt, ihre Meinung kundzutun, und ein Referendum durchgeführt – in Katalonien wird diese Möglichkeit nicht gegeben“, erklärt [Alexander Tschitschin, Dekan der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der – dek] RANChiGS.~~~Крым, как и Каталония, был автономией, а Украина, как и Испания, – унитарным государством. Правда, Каталония во многом давно уже действует самостоятельно – ее автономия вполне реальная и широкая, Крым же в составе Украины обладал лишь формальным автономным статусом.
    «Только между этими событиями не аналогия, а противопоставление. В Крыму дали людям высказаться, провели голосование, а Каталонии такой возможности не дают, – поясняет эксперт РАНХиГС.[/bilingbox]

     

    erschienen am 20.09.2017

    Facebook/Morosow: Selbstermächtigungs-Referenden

    Dagegen warnt Alexander Morosow, Journalist unter anderem bei colta.ru, auf seinem Facebook-Kanal vor zuviel Verständnis: 

    [bilingbox]Im 21. Jahrhundert sollte man in Europa nicht mit einseitigen Handlungen sympathisieren. Die eine Sache ist der Zerfall der Tschechoslowakei und der Brexit – wo es beidseitigen Konsens gab. Die andere Sache sind Selbstermächtigungs-Referenden wie auf der Krim oder in Katalonien. Sogar dann, wenn die ganze Welt in den Abgrund rollt – wir selbst müssen den Wert des politischen Konsens anerkennen.~~~В 21-м веке в Европе не следует симпатизировать односторонним действиям. Одно дело распад Чехословакии или Брекзит – где имелся консенсус обеих сторон, а другое дело самочинные референдумы в одностороннем порядке, такие как Крым или Каталония. Даже если весь мир катится в тар-тарары, мы сами должны сознавать ценность политического консенсуса.[/bilingbox]

     

    erschienen am 02.10.2017

     
    Bei der Abschlussveranstaltung des Diskussions-Klubs Valdai am 19. Oktober 2017 kam auch Präsident Putin auf das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien zu sprechen.

     

    dekoder-Redaktion

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  • Debattenschau № 57: Regisseur Kirill Serebrennikow unter Hausarrest

    Debattenschau № 57: Regisseur Kirill Serebrennikow unter Hausarrest

    Ein Menschenauflauf vor dem Moskauer Basmanny-Gericht am Mittwoch, den 23. August, etwa 300 Leute haben sich hier versammelt, viele Prominente sind darunter. Drinnen sitzt der bekannte Regisseur Kirill Serebrennikow. Die prominente Unterstützung hilft ihm nicht: Serebrennikow steht bis 19. Oktober unter Hausarrest.

    Betrug in Millionenhöhe lautet der Vorwurf gegen den berühmten und umstrittenen Theatermann. Die ehemalige Chefbuchhalterin belastet ihn.

    Serebrennikow leitet das Moskauer Theater Gogol Center, eine Art Experimentierbühne, staatlich gefördert. Er ist international bekannt für seine innovativen Regiearbeiten, im Oktober soll seine Inszenierung der Oper Hänsel und Gretel in Stuttgart Premiere feiern, sein aktueller Film Der die Zeichen liest ist in Cannes ausgezeichnet worden.

    Die Unterstützung hilft Serebrennikow nicht – er bleibt unter Arrest / Foto © Irina Bursho/Kommersant
    Die Unterstützung hilft Serebrennikow nicht – er bleibt unter Arrest / Foto © Irina Bursho/Kommersant

    Schon im Mai hatten maskierte und bewaffnete Männer das Gogol Center durchsucht, die Polizei inspizierte auch die Wohnung Serebrennikows. Putin soll laut Medienberichten die Beamten als Duraki (dt. Dummköpfe) bezeichnet haben.

    Im Juli erregte der Regisseur erneut Aufsehen, als sein Ballett Nurejew am Moskauer Bolschoi Theater kurz vor der Premiere verschoben wurde. Anfang der Woche wurde Serebrennikow schließlich in der Nacht festgenommen, während er in St. Petersburg an seinem neuem Film Leto (dt. Sommer) arbeitete.

    Seine Festnahme und der Hausarrest lösen heftige Debatten aus, nur wenige glauben an die Vorwürfe. Viele Prominente, etwa die Schriftsteller Boris Akunin und Ljudmila Ulitzkaja, ergriffen Partei für ihn, waren teilweise im Gericht anwesend. Die berühmte Publizistin Irina Prochorowa hatte sogar erklärt, eine Kaution in beliebiger Höhe für Serebrennikow zu zahlen.

    Warum ausgerechnet Serebrennikow? Soll hier ein Exempel statuiert werden? Ein missliebiger, international renommierter Kreativer mundtot gemacht werden? Und wer steckt dahinter? dekoder bringt Stimmen aus russischen Medien.

    Facebook/Andrej Loschak: Ins Gesicht gerotzt

    Für Andrej Loschak, Gründer und ehemaliger Chefredakteur von Takie Dela, ist klar, weshalb die Behörden gegen Serebrennikow vorgehen, wie er auf Facebook schreibt:

    [bilingbox]Kirill ist die ideale Figur für einen Schauprozess gegen Liberale. Wahrscheinlich die Autorität schlechthin – um ihn können sich städtische Oppositionelle einmütig zusammentun. Seine Festnahme ist ganz klar ein Zeichen. So saftig und voll Schmackes hat man uns noch nie ins Gesicht gerotzt. Jetzt wird alles lang und genüsslich verschmiert und ausgewalzt. Mindestens sechseinhalb Jahre.
    Die erste Aule – die Bolotnaja-Prozesse – haben wir geschluckt. Zu ihnen erschienen im besten Fall ein paar Dutzend Menschen. […] Die Verhaftung von Kirill werden wir auch schlucken. Nach einigen Achs und Ohs werden wir in unseren privaten Alltag zurückkehren, wie es auch 2012 der Fall war.~~~Фигура Кирилла – идеальная для показательного процесса над либералами. Наверное нет других таких авторитетов, вокруг которых единодушно консолидировалась бы городская фронда. Его арест безусловно знаковый. Так смачно и с оттяжкой нам еще в лицо не харкали. Теперь будут размазывать долго и с удовольствием. Ну, минимум 6 с половиной лет.
    Первый харчок – процессы над „болотниками“ – мы проглотили. На них приходило в лучшем случае несколько десятков человек. […] Арест Кирилла тоже проглотим. Поохаем тут и вернемся в частную жизнь, как это случилось в 2012-м.[/bilingbox]

     

    erschienen am 22.08.2017

    Colta: Verrat am Kollegen

    Auch der international berühmte Geiger Gidon Kremer hat sich nun zu dem Fall geäußert, Colta druckt seine Stellungnahme ab:

    [bilingbox]Ich glaube, dass alle, die sich – um diese Aktion zu rechtfertigen – befremdet und erstaunt zeigen oder die darauf verweisen, dass es – auch in Künstlerkreisen – ein weit verbreiteter Usus sei, über dunkle Kanäle Geld zu beschaffen oder zu waschen, dass diese Menschen eine erstaunliche Gleichgültigkeit an den Tag legen, was die allgemeinen Entwicklungen betrifft. Sie üben damit offenkundig Verrat an ihrem Kollegen, wie auch an ihrem Gewissen als Bürger.
    Allein der Rang des Künstlers impliziert eine bestimmte Moral, und ich bin überzeugt, dass Kirill Serebrennikow diese auch verkörpert.~~~Думаю, что все те, кто в оправдание акции выражают лишь недоумение или ссылаются на повсеместно распространенные — и в артистических кругах! — теневые способы получать и «отмывать» деньги, также показывают определенное равнодушие к развитию событий и тем самым открыто предают как своего коллегу, так и свою гражданскую совесть. Само звание артиста предполагает определенную мораль, и я уверен, что Кирилл Серебренников — ее олицетворение.[/bilingbox]

     

    erschienen am 24.08.2017

    Facebook/Boris Akunin: Nicht ohne Putins Segen 

    Ein weiterer von vielen Prominenten, die den Fall kommentierten, ist Star-Autor Boris Akunin. Kurz nach der Festnahme Serebrennikows in St. Petersburg, aber noch vor dem Hausarrest, zieht er auf Facebook historische Parallelen:

    [bilingbox]Festnahmen von Personen diesen Ranges, die international Resonanz auslösen, geschehen bei uns nur mit dem Segen oder gar auf direkten Befehl des obersten Chefs. Nicht anders.
    Darum lasst uns die Dinge beim Namen nennen. Den Regisseur Meyerhold hat nicht der NKWD festgenommen, sondern Stalin. Den Regisseur Serebrennikow hat nicht das Ermittlungskomitee festgenommen, sondern Putin. Gut wäre, es würden nur PR-Ziele verfolgt, um anschließend größtmögliche Gnade zu zeigen und den weltbekannten Regisseur unter Hausarrest zu stellen oder mit Meldeverpflichtung zu entlassen. Denn wenn nicht, so hieße das, dass Russland in ein neues Stadium übergegangen ist, in dem neue Regeln gelten. ~~~Международно резонансные аресты людей такого уровня у нас происходят только с санкции, а то и с прямого приказа Главного Начальника. Не иначе. 
    Поэтому давайте называть вещи своими именами. Режиссера Мейерхольда арестовало не НКВД, а Сталин. Режиссера Серебренникова арестовал не Следственный комитет, его арестовал Путин. И хорошо еще, если с PR-целью затем явить высочайшую милость и выпустить всемирно известного режиссера под домашний арест или подписку. Потому что если нет — значит, Россия перешла на новую стадию существования, где будут действовать новые правила.[/bilingbox]

     

    erschienen am 22.08.2017

    RIA Nowosti: Weshalb automatisch Opfer? 

    Weshalb sollte ein Künstler immer gleich Opfer sein, fragt Viktor Marachowski in seiner Analyse für die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti:

    [bilingbox]Brandschutzinspektoren, Polizisten, Generälen oder Gouverneuren – warum können denen Wirtschaftsverbrechen angelastet werden und niemand vermutet, dass Putin da persönlich den Nichteinverstandenen die Mäuler stopft? Aber ein Künstler und Intendant, dem Veruntreuung angelastet wird, für den gilt die Vermutung, er würde verfolgt. Das heißt: Ein Amtsinhaber, der Zugang zu staatlichen Geldern und zahlreiche Möglichkeiten zu dessen Veruntreuung hat, muss automatisch als Opfer politischer Willkür behandelt werden, wenn er ein Mann der Künste ist.~~~почему пожарный инспектор, полицейский, генерал или губернатор могут быть обвинены в хозяйственном преступлении, и никто не заподозрит, что это лично Путин затыкает рты несогласным. А режиссер и худрук, обвиненный в утаскивании средств, — обладает „презумпцией преследуемости“. То есть должностное лицо, обладающее доступом к казенным деньгам и широчайшими возможностями их распила, должно по умолчанию трактоваться как жертва политического произвола, если оно человек искусства.
    [/bilingbox]

     

    erschienen am 23.08.2017
    Bis zum 19. Oktober unter Hausarrest – Regisseur Kirill Serebrennikow  / Foto © Anton Belizki
    Bis zum 19. Oktober unter Hausarrest – Regisseur Kirill Serebrennikow / Foto © Anton Belizki

    Echo Moskwy: Konflikt innerhalb der Gesellschaft

    Alexander Baunow, Chefredakteur bei Carnegie.ru, schreibt im Blog auf Echo Moskwy von einem innergesellschaftlichen Konflikt:

    [bilingbox]Man darf das nicht als einen Konflikt zwischen Staatsmacht und Künstler, oder zwischen Volk und Künstler deuten. In der Gesellschaft Russlands gibt es zwei Teile, und die Teilung ist vertikal, nicht horizontal. Sie verläuft von oben nach unten: Sowohl innerhalb der Kreml-Spitzen, als auch in der Wirtschaftselite, in der Intelligenzija, unter gewöhnlichen und spießigen Bürgern hat Serebrennikow kategorische Anhänger und kategorische Gegner. Für die einen ist er ein großer Künstler, für die anderen ein Mensch, der das Geld der Steuerzahler ausgibt und damit seine Passion zu suspekten Experimenten auslebt.
    […] in den Augen eines Teils der Gesellschaft und, sagen wir mal, der patriotisch eingestellten politischen Elite […], ist Vielfalt nicht vorgesehen. Ein solches Theater wie das Gogol Center, solche Stücke, wie sie Serebrennikow inszeniert, ein solches Ballett wie Nurejew im Bolschoi-Theater – all das hat es nicht zu geben.  ~~~Не надо анализировать это как конфликт между властью и художником или как конфликт между народом и художником. В российском обществе есть 2 части: это вертикальное, а не горизонтальное деление, это деление проходит сверху вниз и в кремлевских верхах, и в бизнес-верхушке, и в интеллигенции, и в среде обывателей, обычных граждан есть и категорические сторонники, и категорические противники Серебренникова. Для одних это большой художник, а для других это человек, который тратит деньги налогоплательщиков, удовлетворяя свои страсти к сомнительным экспериментам.
    […]  в глазах части общества и, соответственно, политической верхушки, ну, скажем так патриотически настроенной, […] разнообразия быть не должно. Такого театра как Гоголь-Центр, таких спектаклей, которые ставит Серебренников, такого балета как «Нуриев» в Большом театре быть не должно.[/bilingbox]

     

    erschienen am 23.08.2017

    Facebook/Dimitri Bykow: Wichtiges Signal

    Dimitri Bykow dagegen ist sicher, dass Putin zumindest unterrichtet ist – und mit dem Fall eine eindeutige Message gesendet werden soll, wie er in einem Interview sagte und auf Facebook schreibt:

    [bilingbox]Es ist lächerlich zu sagen, dass Putin es nicht weiß, dass man Putin nicht davon unterrichtet hat. Natürlich ist Putin darüber informiert, gehört Serebrennikow doch in die Top Fünf der bedeutendsten Kulturschaffenden seiner Generation.
    Hier wird aus meiner Sicht ein doppeltes Signal gesendet: Erstens glaube ich, dass hiermit dem Westen noch einmal gezeigt wird, dass hier niemand auf seine Meinung angewiesen ist. Der Westen verleiht Serebrennikow demonstrativ Theaterpreise, Russland erniedrigt ihn demonstrativ und öffentlich. 
    Dabei ist seine Schuld nicht bewiesen. Er läuft nicht vor der Untersuchung weg, sein Pass wurde ihm weggenommen, und dennoch setzen sie ihn fest. Das ist eine dreiste öffentliche Demonstration dafür, dass sie auf das Recht pfeifen, auf den Künstler und auf das ganze Land – wir tun das, was wir wollen.
    Das Zweite ist sogar noch bedauerlicher, das Signal an die kreative Intelligenzija: Sie muss darüber nachdenken, was ihre Meinungen denn eigentlich wert sind. ~~~Смешно говорить, что Путин не знает, что Путину не докладывают. Разумеется, Путин осведомлен об этом, все-таки Серебренников из деятелей культуры своего поколения в России входит в пятерку самых заметных людей.
    Тут, на мой взгляд, сигнал идет двоякий. Во-первых, я думаю, что это лишний раз показывает Западу, что от его мнения здесь никто не зависит. Запад демонстративно присуждает Серебренникову театральные премии, Россия демонстративно и публично унижает его. Причем вина его не доказана, и от следствия он не бегает, и загранпаспорт у него был отобран, а его, тем не менее, сажают. Это наглая публичная демонстрация абсолютно наплевательского отношения и к праву, и к художнику, и ко всей стране — что хотим, то и воротим.
    Ну, а второе, что еще более печально — это сигнал творческой интеллигенции призадуматься о том, чего стоят все еe мнения.[/bilingbox]

     

    erschienen am 23.08.2017

    Kommersant FM: Talent tut nichts zur Sache

    Der berühmte Regisseur Andrej Kontschalowski verteidigt auf Kommersant FM das Vorgehen gegen Serebrennikow:

    [bilingbox]Wenn es nicht Kirill Serebrennikow wäre, sondern Hänschen Meier, wen würde es dann überhaupt scheren? Solche Ereignisse gibt es im russischen Leben täglich in ausreichender Menge. Niemanden würde es scheren. 
    Hier haben die Ermittler und Staatsorgane offensichtlich etwas gefunden. Und was, wenn sie nun mal etwas gefunden haben? Ich kann außer Mitgefühl und Bedauern für die Menschen, die da Fehler gemacht haben, nichts empfinden. Zu sagen, was für ein talentierter Regisseur oder Künstler Serebrennikow ist, tut hier nichts zur Sache.~~~А если бы не Кирилл Серебренников, а Иван Петрович Пупкин, кто бы обратил внимание? А таких событий в российской жизни происходит ежедневно достаточное количество. Никто бы не обратил внимание. Но там, очевидно, следователи, силовые органы что-то обнаружили. Если они что-то обнаружили, что делать? У меня, кроме сочувствия и соболезнования людям, которые ошиблись каким-то образом, больше ничего нет. Нельзя говорить, насколько Кирилл Серебренников талантливый режиссер или художник — это не имеет отношения к делу.[/bilingbox]

     

    erschienen am 22.08.2017

    Facebook/Sergej Medwedew: Völlig kafkaesk

    Dem kremlkritischen Politologen und Historiker Sergej Medwedew scheint es auf Facebook so, als fände sich Kirill Serebrennikow plötzlich in einem Kafka-Stück wieder:

    [bilingbox]Serebrennikow wurde – eben ein echter Künstler – Opfer seiner eigenen Bilder. In der letzten Spielzeit zeigte das Gogol Center Kafka, und die Geschichte seiner Festnahme ist völlig kafkaesk: Der Regisseur wird beschuldigt, dass es das, was es gab, nicht gegeben hat. Das ist wie im Prozess, wo es Joseph K. nicht zu erfahren gelingt, wessen er beschuldigt wird.
    Weiter gefasst, greift hier eher die Metapher der Verwandlung. Eines nicht so wunderschönen Tages, entdecken wir, dass sich in unserer Wohnung ein riesiges, grimmiges Insekt eingenistet hat, eine zehn Meter lange Raupe mit zig Ringen, liegt in Wohnzimmer, Flur und Küche und mampft unaufhörlich etwas. Wir haben uns schon an sie gewöhnt, quetschen uns an ihr vorbei in eine Küchenecke.
    Zuweilen schnappt sich die Raupe einen der Bewohner, alle regen sich ein Weilchen auf, schlagen Krach, doch dann verstummen sie und quetschen sich weiter vorbei, denn so läuft es bei uns nun mal. Diese Raupe kann einen Magnitski umbringen, einen Senzow und Koltschenko anknabbern, sich einen Uljukajew packen, und nun siehe da, einen Serebrennikow, ja im Prinzip jeden – aber wir haben uns schon daran gewöhnt und begreifen sie als wohnungseigenes Spezifikum.~~~Серебренников как настоящий художник стал заложником своих образов. В прошлом сезоне „Гоголь-центр“ делал „Кафку“, и сюжет его ареста – совершенно кафкианский, режиссера обвиняют в том, что существовавшее – не существовало. Это как в „Процессе“, где Йозефу К. так и не удается узнать, в чем его обвиняют.
    Но если шире, то тут скорее метафора „Превращения“. В один не очень прекрасный день мы обнаруживаем, что с нами в одной квартире поселилось огромное мерзкое насекомое, десятиметровая гусеница из множества колец, лежащая в гостиной, коридоре и кухне, и постоянно что-то жующая. Мы уже привыкли к ней, ходим бочком, на кухне сидим в тесноте. Иногда гусеница схватывает кого-то из жильцов квартиры, все недолго возмущаются, шумят, но потом стихают и продолжают ходить бочком, потому что так у нас заведено. Эта гусеница может убить Магнитского, зажевать Сенцова и Кольченко, схватить Улюкаева, теперь вот Серебренникова, да собственно любого, но мы уже привыкли и воспринимаем ее как особенность планировки.[/bilingbox]

     

    erschienen am 23.08.2017

    dekoder-Redaktion

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  • Debattenschau № 56: Matilda

    Debattenschau № 56: Matilda

    Es ist der meistdiskutierte Film des Jahres in Russland: Matilda. Kinostart ist im Oktober, aber schon seit Veröffentlichung des ersten Trailers wollen orthodoxe Aktivisten und Monarchisten den Film verhindern. Das Biopic dreht sich um die historisch verbürgte Liebesbeziehung, die der noch ungekrönte Zar Nikolaus II. mit der Ballerina Matilda Kschessinskaja einging. Die Zarenfamilie der Romanows wurde vor 100 Jahren gestürzt und später von den Bolschewiki ermordet.
    Der landesweit bekannte Regisseur Alexej Utschitel hat sich gegen Angriffe auf seinen Film ausdrücklich verwahrt. Wortführerin dieser Angriffe auf politischer Ebene und Initiatorin von Eingaben bei Ermittlungsbehörden ist die umstrittene Duma-Abgeordnete Natalja Poklonskaja – ehemals Generalstaatsanwältin auf der Krim, seit der Wahl im September 2016 Mitglied des Parlaments.

    Offiziell gibt es keinerlei Beanstandungen, und das russische Kulturministerium gab den Film nun zum Verleih frei. Betont wurde zugleich, dass es den Regionen Russlands freistehe, davon abweichende Regelungen zu treffen. Hintergrund ist, dass die Obrigkeiten der Kaukasus-Republiken Dagestan und Inguschetien den Zarenfilm aus ihren Kinos raushalten wollen. Auch Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow zählt zu den erklärten Gegnern.
    Die Kritiker berufen sich bei ihrem Protest auf die „Verletzung religiöser Gefühle“, weil sie das Ansehen des Zaren beschmutzt sehen, der von der orthodoxen Kirche zur Jahrtausendwende zum Heiligen erklärt wurde. In Russland kann so etwas unter Anwendung eines schwammig gehaltenen Extremismusbegriffs rigide Ahndungen nach sich ziehen.

    In die Schusslinie des Streits um den Film gerät immer wieder auch der deutsche Schauspieler Lars Eidinger, der in dem Historiendrama die Hauptrolle des Zaren spielt. Auch Theaterregisseur Thomas Ostermeier hat eine Rolle. Ostermeier ist künstlerischer Leiter der Berliner Schaubühne, Eidinger dort Ensemblemitglied und für sein exzentrisches Spiel auf der Bühne bekannt. Zu den Anfeindungen sagte der Schauspieler der Deutschen Welle, er könne die Vorbehalte „bis zu einem gewissen Punkt“ verstehen. „Aber ich glaube, diese Vorwürfe laufen ins Leere, wenn man den Film anguckt. Weil man merkt, dass sich dieser Film dem Charakter mit großem Respekt annähert und dass er etwas zutiefst Menschliches beschreibt.“
    Die Dreharbeiten waren bereits im Herbst 2014; je näher nun die Premiere rückt, desto schärfer und wütender werden die Anfeindungen. Und das, obwohl bisher so gut wie niemand den Film gesehen hat.

    Die Freigabe durch das Kulturministerium – eigentlich eine Formalie – ließ die Debatte erneut hochkochen. dekoder übersetzt Auszüge aus Interviews und Kommentarspalten.

    https://www.youtube.com/watch?v=RYNTRzXC0_g

    Kommersant-FM: Republikchef Inguschetien

    Der Kommersant-FM lässt Junus-bek Jewkurow zu Wort kommen, Republikchef von Inguschetien. Jewkurow zeigt sich enttäuscht, dass das Kulturministerium kein allgemeines Verbot ausgesprochen hat, den Film zu zeigen – und hält eine solche Option nicht nur in diesem Fall für geboten.

    [bilingbox]Ich finde, dass es gerade heutzutage natürlich eine gewisse Zensur geben muss, weil wir ein multiethnischer und multikonfessioneller Staat sind. Und jeder verzerrte und sogar nicht verzerrte Fakt, der bedeutende historische Ereignisse oder Personen betrifft, muss daraufhin geprüft werden, welchen Einfluss er hat. Deshalb brauchen wir Zensur. Im Kulturministerium muss der Film schon im Stadium des Drehbuchs dahingehend begutachtet werden, ob wir ihn brauchen oder nicht. Erst recht, wenn der Film mit Hilfe staatlicher Gelder entsteht. Auch Filme, die aus privaten Mitteln finanziert werden, müssen eine gewisse Zensur durchlaufen. […]

    Wenn ein Film einen Keil zwischen Völker und Konfessionen treibt – wozu ist er dann gut? […] Was hat der Film für eine Wirkung und wie beeinflusst er die Gesellschaft, wird es danach im Land mehr Patrioten geben oder Banditen.~~~Я считаю, что определенная цензура, особенно в нынешнее время, конечно, должна быть, потому что мы многонациональная многоконфессиональная страна, и любой искаженный или даже не искаженный факт, который касается значимых исторических событий, личностей, должен рассматриваться с точки зрения того, какое влияние он оказывает. Поэтому цензура должна быть. На уровне Министерства культуры еще на стадии сценария должна даваться оценка, нужен он или нет. Тем более если этот фильм создается на бюджетные средства. Также и картины, бюджет которых предполагает частные источники, должны проходить определенную цензуру. […]

    [Е]сли какой-то фильм может вбить клин между народами, между конфессиями, то зачем он нужен? […] Что эта картина даст на выходе и какое влияние на общество окажет, станет ли после ее просмотра в стране больше патриотов или бандитов.[/bilingbox]

    erschienen am 11.08.2017

    Republic: Film-Furore als Steigbügelhalter

    Die Politologin Tatjana Stanowaja lenkt die Aufmerksamkeit weg von der eigentlichen Diskussion um den Film. In einem Beitrag für das liberale Webmagazin Republic nimmt sie den Charakter politischer Allianzen in den Blick, die sich im Kampf gegen den Film gebildet haben.

    [bilingbox]Ramsan Kadyrow hat in Poklonskaja auf gesamtstaatlicher Ebene eine neue Anwältin gefunden. Sie ist vielleicht nicht fähig, „wichtige Entscheidungen zu treffen”, mindestens aber in der Lage, Interpretationen und ideologischen Grundlagen Vorschub zu leisten, die sowohl die Handlungen des tschetschenischen Regimes legitimieren wie auch den reinen Fakt seiner Existenz in heutiger Form. So wurde Poklonskaja erst über die vergangenen zwei Monate zur Verfechterin von traditionellen Werten in der Tschetschenischen Republik. Und sie bezeichnete es als absurd, die Führung massenhafter Hinrichtungen zu beschuldigen. […]

    Russland betritt eine Epoche großer Veränderungen (voraussichtlich von 2017–2020) mit einer Elite, die sich an die Vergangenheit klammert. Die Diskussion über Matilda ist das erste entfernte Anzeichen, wie schwer es für den Umbau des späten Putin-Regimes sein wird, den Widerstand der sich an den Status Quo klammernden Konservativen zu überwinden.~~~В лице Поклонской Рамзан Кадыров нашел нового адвоката федерального уровня, который если и не способен «решать вопросы», то как минимум может продвигать интерпретации и идеологические обоснования, легитимирующие и действия чеченского режима, и сам факт его существования в нынешнем виде. Так, Поклонская только за последние два месяца успела заступиться за «традиционные ценности» в Чеченской Республике и назвать «абсурдом» обвинение руководства республики в массовых казнях. […]

    Россия вступает в эпоху перемен (можно ориентироваться на 2017–2020 годы) с элитой, цепляющейся за прошлое. Дискуссия вокруг «Матильды» – первый очень отдаленный признак того, как тяжело перестройка позднего режима Путина будет преодолевать сопротивление цепляющихся за свой статус-кво охранителей.[/bilingbox]

    erschienen am 12.08.2017

    Echo Moskau: Kaukasus als Vorkämpfer

    Doch ein bisschen mehr als politisches Kalkül sieht Alexander Malenkow darin. Der Chefredakteur des Männermagazins Maxim geht im Interview beim Radiosender Echo Moskau auf die spezifische Rolle der Kaukasusrepubliken ein – die sich aus seiner Sicht zum Anwalt aller Gläubigen im Land erheben.

    [bilingbox]Erstens liegen unsere kaukasischen Republiken meilenweit vor den anderen, was Religiosität angeht. Und da es ja hier um das Thema der Beleidigung von Gefühlen Gläubiger geht, haben die hier in diesem Sinne ein großes Stimmrecht – sie fühlen sich ein bisschen verantwortlich für Religion allgemein. Und zweitens ist eine gewisse Bekräftigung, ein Ausdruck der eigenen konservativen staatlichen Verhaltenslinie, immer wieder gut.

    […] Sie sind im Grunde von Vornherein beleidigt. Jenseits der Unterteilung in Konfessionen, gibt es im Prinzip auch eine Gemeinschaft aller Gläubigen, die mittlerweile mit Leib und Seele füreinander einstehen. Ungeachtet dessen, dass sie immer Erzfeinde waren, haben sie sich jetzt vereinigt gegen – man kann nicht mal sagen gegen die Atheisten, sondern gegen – Menschen, die ganz prinzipiell ein wenig gleichgültig sind gegenüber dem Glauben und entsprechend auch gegenüber den Gefühlen Gläubiger.~~~Во-первых, наши кавказские республики, в общем-то, сильно впереди всех остальных в религиозности. А поскольку здесь на повестке дня тема оскорбления чувств верующих, то у них в этом смысле большое право голоса – они себя ощущают немножко ответственными за вообще религиозность.

    И второе, некое подтверждение свое, там, консервативной государственной линии поведения лишний раз выказать хорошо. […]

    То есть они уже заранее обижены. Кроме деления по конфессиям есть еще такое, в принципе, сообщество верующих, которые теперь друг за друга горой. Несмотря на то, что они заклятые враги всегда были, но сейчас они объединились против не то, что даже атеистов, а против людей несколько равнодушных, в принципе, к вере и, соответственно, к чувствам верующих.[/bilingbox]

    erschienen am 09.08.2017

    Snob: Großes Geschenk

    Iwan Dawydow geht beim virtuellen Debattenmagazin Snob auf die riesige PR ein, die mit der anhaltenden Diskussion und den Protestaktionen gegen Matilda verbunden ist – und macht darin auch etwas Gutes aus.

    [bilingbox] Die Filmtrailer zu Matilda (die ich selbstverständlich gesehen habe, wie wohl alle gutwilligen Menschen und Finstermänner des Vaterlandes) genügen, um mir zu zeigen, dass der Film nichts für mich ist. […] Aber anschauen muss ich ihn jetzt. Das ist wahrlich kein Geschenk – aber im Weiteren wird es nur noch um Geschenke gehen. Was bitte wusste noch vor zwei Jahren ein sogar ziemlich gebildeter russischer Bürger über Matilda Felixowna Kschessinskaja? Klar, ‘ne Ballerina. Primaballerina am Marinski. Getanzt hat sie.

    […] Nicht nur die Memoiren wurden [nun] gelesen. Sondern auch die im Auftrag der Duma-Abgeordneten Natalja Poklonskaja erstellte Expertise, die zeigen soll, dass Alexej Utschitels extremistischer Film die Gefühle von Gläubigen beleidigt. Erstens ist das eine äußerst amüsante Lektüre, und einen Anlass zum Lachen sollte man immer nutzen. Aber zweitens – und das ist natürlich wichtiger, denken die Leser vielleicht mal darüber nach, welche Art von Studien dazu führen, dass Menschen durch zahlreiche Paragraphen  unseres Strafgesetzes, die die Freiheit von Worten und Gedanken einschränken, büßen müssen. Haftstrafen, unvorstellbar hohe Geldstrafen werden verhängt, Leben zerstört. Je mehr Menschen das bewusst wird, desto höher sind die Chancen, dass die unerhörten Strafparagraphen verschwinden. Und dass die Richter, die nach diesen Paragraphen Urteile sprechen, zusammen mit den „Experten”, die die Beweisgrundlage liefern, losgeschickt werden, die Straßen zu fegen. Das ist doch ein wahrlich großzügiges Geschenk der Ballerina.~~~Трейлеров фильма «Матильда» (которые я, разумеется, видел, как видели их все люди доброй воли и все мракобесы отечества, похоже) достаточно, чтобы понять, что это — не для меня. […] Но смотреть теперь все-таки придется. Это, впрочем, не подарок, но дальше речь пойдет исключительно о подарках. Что знал обычный, даже не лишенный эрудиции, россиянин о Матильде Феликсовне Кшесинской года два-три назад? Ну, балерина. Прима Мариинского. Ну, танцевала. […]

    […] Читали ведь не только мемуары. Еще выполненную по заказу депутата Натальи Поклонской «экспертизу», призванную доказать, что экстремистский фильм Алексея Учителя оскорбляет чувства верующих. Во-первых, это очень смешное чтиво, а повод посмеяться никогда не бывает лишним. Но, во-вторых, что, конечно, важнее, прочитавшие, может быть, задумались, на основании каких изысканий людей карают по многочисленным статьям нашего УК, ограничивающим свободу слова и мысли. Дают реальные сроки, невообразимые штрафы, ломают жизни. Чем больше людей обратит на это внимание, тем больше шансов, что позорные карательные статьи исчезнут, а судьи, выносившие по ним приговоры, вместе с «экспертами», готовившими доказательную базу, отправятся мести улицы. Это по-настоящему роскошный подарок от балерины.[/bilingbox]

    erschienen am 11.08.2017

    Vedomosti: Zurückpfeifen gestaltet sich schwierig

    Was die Duma-Abgeordnete Natalja Poklonskaja bei ihrem Kampf gegen den Film antreibt – wobei sie sich stets darauf beruft, dass sie mehrere Zehntausend Unterschriften und Hinweise aus der Bevölkerung erhält –, welche Auswirkungen es hat, dass sie die religiösen Gefühle Gläubiger verletzt sieht und wie das Kulturministerium darauf reagiert, betrachtet Xenia Bolezkaja in einem Kommentar für das liberale Wirtschaftsblatt Vedomosti.

    [bilingbox]Poklonskaja hat einen echten Fimmel: Nikolaus II. Im Jahr 2016 ging sie sogar mit einer Ikone des Märtyrer-Zaren auf eine Kundgebung des Unsterblichen Regiments. Das Antlitz des Imperators mitten unter den im Großen Vaterländischen Krieg gefallenen Soldaten, zudem noch in den Händen einer amtierenden Staatsanwältin, war befremdlich. Als Poklonskaja, dann schon als Dumaabgeordete, mit ähnlicher Ernsthaftigkeit  mitteilte, dass, nein, keine Ikone, sondern gleich eine Büste von Nikolaus II. in Simferopol Salböl weine, zuckte schon niemand mehr zusammen. Als gäbe es eine schweigende Übereinkunft: Nun, es kommt vor, dass russische Staatsanwälte-Parlamentarier ein bisschen spinnen, oder gar schlimmer. Tja, nun ist das Rad ins Laufen gekommen – und jetzt müssen sich ehemalige Kollegen und Staatsbeamte gegen Eingaben und Gesuche von Poklonskaja zu Matilda schon ganz ernstlich wehren.

    […] Wobei das Kulturministerium Poklonskaja sehr schlau abwehrt. Kein einziges scharfes Wort gegen sie, nur die Anregung, den Film erst einmal in Gänze anzuschauen und dann zu beurteilen. Erstens ist die harsche schöne Staatsanwältin eines der bedeutendsten Symbole von Krimnasch. Zweitens ist es sehr schwer, ein gerade erst losgelassenes Tier namens „Beleidigung der Gefühle von Gläubigen” zurück in den Käfig zu jagen. Ja wie könnte man denn die sehr sehr gläubige Poklonskaja packen und ihr barsch beibringen, dass Heilige eine Sache sind – und das Kino was ganz anderes ist. Besser man wartet ab.~~~Для Поклонской образ Николая II – настоящий пунктик. В 2016 г. она даже вышла с иконой царственного мученика на шествие «Бессмертный полк». Лик императора среди погибших во время Великой Отечественной войны солдат, да еще и в руках действующего прокурора смотрелся крайне удивительно. Так что когда Поклонская, уже депутат, с такой же серьезностью сообщила, что даже не икона, а бюст Николая II в Симферополе замироточил, уже почти никто не вздрогнул.

    Будто молча решили: бывают у российских прокуроров-депутатов причуды и похуже. Но вот маховичок раскрутился – и теперь от запросов Поклонской по «Матильде» уже совсем не в шутку вынуждены отбиваться бывшие коллеги и чиновники. […]

    Причем отбиваются от Поклонской очень аккуратно. Ни одного резкого слова против, только приглашения сначала посмотреть фильм целиком, а потом уже судить. Во-первых, суровый и красивый прокурор – один из главных символов «Крымнаша». Во-вторых, сложно загнать обратно в загон только разгулявшегося зверя под названием «оскорбление чувств верующих». Ну как же можно взять да и грубо сообщить очень-очень верующей Поклонской, что святые отдельно, а кино отдельно? Лучше переждать.[/bilingbox]

    erschienen am 14.08.2017

    Komsomolskaja Prawda: Natalja Poklonskaja

    Das Boulevardblatt Komsomolskaja Prawda hat ein Interview mit Natalja Poklonskaja geführt und kritisch hinterfragt, wo ihre konkreten Probleme mit dem Film liegen. Allen voran stört sie sich an der Besetzung der Hauptrolle von Nikolaus II. mit dem deutschen Schauspieler Lars Eidinger.

    [bilingbox]Meinen Sie nicht, man hat sehr bewusst bestimmte Schauspieler für die Rolle des russischen Herrschers und die anderen Rollen ausgesucht?

    In Russland gibt es viele beeindruckende Schauspieler. Sind die uns irgendwie ausgegangen? Nein, es gibt sie. Orthodoxe. Aber den heiligen Märtyrer spielt ein deutscher Pornodarsteller. Haben die Filmemacher etwa nicht gemerkt, dass diese Gestalt den orthodoxen, gläubigen Menschen missfällt? Menschen, die ein Ehrgefühl haben, die die eigene Geschichte lieben? Die in die Kirche gehen und sich vor den Heiligen verbeugen. […]

    Heute erscheint das alles als Mysterium, aber vor hundert Jahren war das ein unwahrscheinlich grausamer Mord. Wie Tiere wurden der Herrscher und seine gesamte Familie ermordet. Es entsteht der Eindruck, dass hier eine  Opferdarbringung wiederholt werden soll.~~~[Р]азве не специально были подобраны конкретные актеры на роль русского государя и других персонажей?

    В России много удивительных актеров. Неужели они закончились? Нет, они есть. Православные. Но играет Святого мученика немецкий порноактер. Неужели создатели фильма не понимали, что его образ не устроит православных верующих, людей, уважающих собственное достоинство? Уважающих свою историю. Приходящих в церковь поклониться святым. […]

    Сегодня это кажется мистическим, но сто лет назад было совершено жестокое убийство. Зверски убиты государь и вся его семья. Складывается впечатление, что жертвоприношение планируется повторить.[/bilingbox]

    erschienen am 14.08.2017

    Das Interview mit Natalja Poklonskaja in Auszügen mit deutschen Untertiteln (Quelle: Komsomolskaja Prawda):

    dekoder-Redaktion

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  • Debattenschau № 55: Neue US-Sanktionen

    Debattenschau № 55: Neue US-Sanktionen

    Gestern hat das US-Repräsentantenhaus neue Sanktionen gegen Russland sowie gegen den Iran und Nordkorea beschlossen. Die Zustimmung des Senats gilt als sicher, auch Trump wird voraussichtlich seine Unterschrift darunter setzen. Obwohl die Tragweite der Sanktionen noch kaum beziffert werden kann, stellen Politikwissenschaftler, Rohstoffanalysten und Lobbyisten schon Szenarien auf. Und trotz aller Divergenzen sind sich die meisten von ihnen in einem Punkt einig: Die Sanktionen gegen Russland könnten den gesamten globalen Energiemarkt durcheinanderwirbeln. 

    Offiziell sollen die neuen Sanktionen in erster Linie aber Russland bestrafen: unter anderem für die Angliederung der Krim, die mutmaßliche Einmischung in die US-Präsidentschaftswahlen und die Unterstützung Baschar al-Assads im syrischen Bürgerkrieg.

    Vor allem Russlands Rohstoffgeschäft, das einen großen Teil des Staatshaushalts ausmacht, könnte durch die Sanktionen betroffen werden. Russlands Regierung bewertet das neue Sanktionenpaket offiziell als „äußerst negativ“, einzelne Politiker fordern Gegensanktionen

    Auch russische Medien diskutieren: Gehört Russland jetzt zur neuen Achse des Bösen? Wie wird der Kreml die Sanktionen beantworten? Und welche Folgen könnten Sanktionen und Gegensanktionen für Russland haben?

    dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in staatlichen wie unabhängigen Medien.

    Rosbalt: Ein neuer Eiserner Vorhang

    Mit den neuen Sanktionen werde nicht nur das Regime, sondern das ganze Land bestraft, kommentiert Iwan Preobrashenski auf dem unabhängigen Nachrichtenportal Rosbalt – und warnt vor den Folgen:

    [bilingbox]Von dem Moment an, als Russland die Krim angliedert und sich in innerukrainische Politik eingemischt hatte, begann im Westen die Diskussion darüber, wie man sich nun weiterhin gegenüber den Russen verhalten sollte. 
    Die erste Variante war, gemäßigte Sanktionen einzuführen und abzuwarten, solange Moskau nicht von den Plänen ablässt, die Weltpolitik umzubauen. […]
    Es gab […] eine weitere, die man unter Vorbehalt als die „Wir-wollen-Russland-Vergessen“-Variante bezeichnen könnte. Sie sieht einen neuen Eisernen Vorhang vor und nimmt Kurs auf ein politisches und wirtschaftliches Erdrosseln nicht nur der derzeitigen regierenden Klasse Russlands, sondern des ganzen Landes – sodass es zumindest nicht mehr die Weltpolitik beeinflussen kann.

    Jetzt kann man sagen, dass die Amerikaner anfangen, zur letzten Variante zu neigen. Wie die jüngste Erfahrung in den bilateralen Beziehungen zeigt, führen dabei selbst politische Änderungen in Russland – wenn sie denn plötzlich stattfinden sollten – nicht unbedingt dazu, dass sich die amerikanische Gesetzgebung ändert.~~~С того момента как Россия присоединила Крым и вмешалась во внутриукраинскую политику, на Западе началась дискуссия о том, как вести себя с «русскими» дальше. Первый вариант был — вести умеренные санкции и ждать, пока Москва не откажется от планов по переустройству мировой политики. […] Был […] и вариант, который можно условно назвать «хотим забыть о России». Он подразумевал возведение нового «железного занавеса» и курс на экономическое и политическое удушение не только нынешнего российского правящего класса, но и страны в целом, чтобы как минимум лишить ее возможности влиять на мировую политику.

    […] Теперь […] можно будет сказать, что американцы начинают склоняться к последнему варианту. Причем, как показывает прошлый опыт двусторонних взаимоотношений, даже политические перемены в России, если они вдруг случатся, совершенно не обязательно приведут к изменению американского законодательства.[/bilingbox]

     

    erschienen am 26.07.2017

    Valdai Club: Im Club der Schurkenstaaten

    Auf der Website des Valdai-Clubs schlägt Programmdirektor Iwan Timofejew einen alarmistischen Ton an:

    [bilingbox]Das Gesetzesvorhaben stellt Russland in eine Reihe mit „Schurkenstaaten“, auf eine Stufe mit Problemen wie dem Terrorismus. Das raubt denjenigen den Boden, die daran interessiert waren, den Schaden durch die Sanktionen möglichst gering zu halten und die russisch-amerikanische Zusammenarbeit im Rahmen der 5+1-Gruppe hinsichtlich des Irans beziehungsweise der Sechs-Parteien-Gespräche hinsichtlich Nordkoreas zu erhalten.
    In Moskau fragt man nun zu recht, welchen Sinn es habe, mit Washington bei diesen Problemen zu kooperieren, wenn man uns auf einer Stufe mit ebenjenen sieht.~~~Законопроект помещает Россию в линейку «государств-изгоев», а также в разряд проблем, сопоставимых с терроризмом. Это выбивает почву из-под ног у тех, кто рассчитывал минимизировать ущерб от санкций и сохранить российско-американское взаимодействие в рамках «пятёрки» по Ирану и «шестёрки» по Корее. В Москве теперь вполне закономерно зададут вопрос: какой смысл нам сотрудничать с Вашингтоном по этим проблемам, если нас уравнивают с самими этими проблемами?[/bilingbox]

     

    erschienen am 25.07.2017

    Facebook/Alexander Morosow: Handlungsoptionen prüfen!

    Den alarmistischen Duktus des Artikels bewertet Politikexperte und Journalist Alexander Morosow in einem Facebook-Post:

    [bilingbox]Auf der Seite des Valdai-Clubs, des berühmten Kreml-Think-Tanks, gibt’s einen Kommentar zur Kongress-Abstimmung über die neuen Sanktionen. Sein Tenor ist ganz knapp und düster: Wir haben uns verzockt. Nicht eine einzige Bemerkung über irgendwelche Handlungsszenarien oder Möglichkeiten.~~~на сайте известного кремлевского мозгового треста „Валдайский клуб“ комментарий к голосованию в Конгрессе по новым санкциям. Он совершенно четкий и мрачный: „Мы – доигрались“. Там нет даже намека на какую-то „сценарность“ или „варианты“.[/bilingbox]

     

    erschienen am 25.07.2017

    Facebook/Konstantin Kossatschjow: Schmerzhafte Antwort geben

    Der Vorsitzende des Ausschusses für internationale Angelegenheiten beim Föderationsrat, Konstantin Kossatschjow, dagegen stellt auf Facebook die Frage nach Handlungsoptionen:

    [bilingbox]Was tun? 
    Erstmal nichts überstürzen. Unsere offizielle Antwort sollte erst erfolgen, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist (was, o weh, zweifellos geschieht, aber dennoch). 

    Zweitens sollte eine ebensolche Antwort vorbereitet werden, weil es sie unbedingt geben muss. Keine symmetrische, aber eine schmerzhafte für die Amerikaner. Eine Antwort sowohl auf das Gesetz, als auch auf die vorherigen Aktionen mit den Immobilien, den Diplomaten und so weiter.

    Drittens sollten wir davon ausgehen, dass es bei dem gegenwärtigen antirussischen Konsens im Kongress (gestern gab es 419 Pro- und nur drei Gegenstimmen!) keinen Dialog geben kann, und das auf lange Zeit.~~~Что делать?
    Первое – не суетиться. Наша официальная реакция должна последовать уже на вступивший в силу закон (в чем, увы, нет сомнений, но все же). Второе – готовить такую реакцию, потому что она обязательно должна быть. Не симметричная, но болезненная для американцев. И на закон, и на все предшествовавшие этому действия по недвижимости, дипломатам и проч. Третье – исходить из того, что с нынешним антироссийским консенсусом в Конгрессе (вчерашнее голосование 419 против 3!) диалог не получится, это надолго.[/bilingbox]

     

    erschienen am 26.07.2017

    Kommersant: Probleme liegen bei uns

    Von weiteren Gegensanktionen rät Igor Jurgens, Präsident des Think Tanks INSOR, auf Kommersant dringend ab. Er sieht die Probleme woanders:

    [bilingbox]Die Gegensanktionen […] haben uns einen großen Verlust gebracht: Die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind gerade gestiegen, auch wenn unsere Agrarversicherer behaupten, dass wir uns mit einer Subvention mehr schaden würden als mit dieser Gegensanktion. 
    All unsere wirtschaftlichen Probleme liegen im Inneren, nicht außen, und die müssen wir lösen.~~~Контрсанкции […] нанесли нам больший урон: цены на сельхозпродукцию только повысились, а наши агростраховщики говорят, что мы наносим себе единой субсидией больше урона, чем этой контрсанкцией. Все экономические проблемы у нас внутри, а не снаружи, и вот их надо решать.[/bilingbox]

     

    erschienen am 26.07.2017
    dekoder-Redaktion

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  • Debattenschau № 54: Nurejew

    Debattenschau № 54: Nurejew

    Drei Tage vor der Uraufführung, am 8. Juli 2017, kündigte der Generaldirektor des berühmten Bolschoi-Theaters in Moskau an, dass die Premiere des Balletts Nurejew von Kirill Serebennikow verschoben wird. Sie soll erst im Mai 2018 stattfinden. Die offizielle Begründung lautet, dass das Stück noch nicht aufführungsreif sei. Die Entscheidung wurde nach der ersten Durchlaufprobe getroffen. 
    Auch wenn es auch im Bolschoi-Theater keine Ausnahme ist, dass ein Ballett kurz vor der Premiere abgesetzt wird, löste diese Maßnahme eine breite Diskussion in den russischen Medien aus. Für die gab es gleich mehrere Auslöser:
    Die staatliche Nachrichtenagentur TASS veröffentlichte eine Meldung, die Absetzung sei auf „Anordnung von Kulturminister Wladimir Medinski“ erfolgt. Die Formulierung wurde innerhalb weniger Stunden korrigiert, Medinski habe die Absetzung befürwortet, so heißt es nun auf der Webseite von TASS. Inwieweit der Staat die Kultur kontrolliert, wurde in den Medien breit diskutiert.

    Tränen am Bolschoi – Warum wurde das lang erwartete Ballett „Nurejew“ aufgeschoben? / Foto © Kirill Serebrennikow/Facebook
    Tränen am Bolschoi – Warum wurde das lang erwartete Ballett „Nurejew“ aufgeschoben? / Foto © Kirill Serebrennikow/Facebook

    Die Debatten kreisen aber auch um Rudolf Nurejew (1938–1993) und Autor und Regisseur Kirill Serebrennikow:

    Der schwule Nurejew war Solotänzer im Mariinski-Theater in St. Petersburg, der 1961 mit den Gastspielen die UdSSR verließ und politisches Asyl in Frankreich beantragte. Kirill Serebrennikow leitet seit 2012 das von ihm gegründete Gogol-Zentrum in Moskau, das im Juni ins Zentrum eines Korruptionsskandal geriet. 

    Was waren die tatsächlichen Gründe für die Absetzung? Ist das Thema Homosexualität zu „heiß“ für russische Bühnen? Oder Regisseur Serebrennikow einfach zu provokant? Und welche Rolle spielt dabei Kulturminister Medinski? Debatten-Ausschnitte aus russischen Medien.

    The New Times: Was hatte das Bolschoi erwartet?

    Im unabhängigen Wochenmagazin The New Times wundert sich Katerina Gordejewa über das Bolschoi Theater:

    [bilingbox]Möglicherweise liegen ja in Nurejews Biographie Antworten auf die Frage, was am Bolschoi Theater kurz vor der Premiere des Stücks über sein Leben und Werk, über Liebe und Hass geschehen ist.
    […]
    Welcher Teil seiner Biographie könnte sich 2017 in Russland und für einen russischen Zuschauer als unwichtig, unbedeutend oder gar verboten erweisen: Der Zug? Die verbannte Lehrerin? Die Flucht in den Westen? Die Homosexualität? Oder vielleicht die Krankheit

    Was hatte die Leitung des Bolschoi Theaters erwartet, als sie den Vertrag mit Serebrennikow abschloss? Dass es um einen anderen Nurejew gehen würde, dessen Leben Kirill Serebrennikow mit irgendwelchen für ihn völlig untypischen Mitteln erzählen würde? ~~~Возможно, в биографии Нуреева можно отыскать ответы на вопрос о том, что произошло в Большом театре накануне премьеры постановки о его жизни, творчестве, любви и ненависти. 
    […]
    Какая часть его биографии в 2017 году в России и для российского зрителя может оказаться неважной, несущественной или даже запретной: поезд? ссыльная учительница? побег за границу? гомосексуальность? или, может быть, болезнь? На что рассчитывало руководство Большого театра, заключая контракт с Серебренниковым: что это будет какой-то другой Нуреев, чью жизнь какими-то несвойственными себе способами расскажет […] Кирилл Серебренников?[/bilingbox]

     

    erschienen am 10.07.2017

    Moskowski Komsomolez: Regisseur als Aushängeschild

    Feuilleton-Redakteurin Marina Raikina listet im staatsnahen Moskowski Komsomolez vor allem inoffizielle Gründe für die Absetzung des Ballets auf – und sieht einen wesentlichen Grund im Regisseur selbst:

    [bilingbox]Es gibt nur einen offiziellen Grund: die Unfertigkeit des Stücks. Inoffizielle Gründe gibt es allerdings zuhauf: von der Unzulässigkeit, Homosexualität auf der wichtigsten Bühne des Landes […] zu thematisieren, bis hin zur politischen Verfolgung von Kirill Serebrennikow. Brächte jemand anders als Serebrennikow Nurejew auf die Bühne, gäbe es wohl kaum so einen Lärm und keiner hätte seine „Rohheit“ bemerkt. 

    Wie dem auch sei, dieser Fall beweist (wie schon viele andere zuvor): Ein Künstler, der sich bereit erklärt, das „Aushängeschild“ für irgendwelche politischen Kräfte zu sein, muss sich darauf einstellen, dass man „Aushängeschildern“ nachjagt und sie früher oder später zerfetzt – entweder machen es die Anhänger oder die Gegner.~~~Официальная причина только одна — неготовность спектакля, зато неофициальных масса: от недопустимости темы гейства на главной сцене страны […] до политического преследования Кирилла Серебренникова. Но если бы «Нуреева» делал не Серебренников, вряд ли бы поднялся такой шум и никто бы не заметил его «сырости». Как бы там ни было, но этот случай (а до него масса других) доказывает: художник, согласившийся быть «знаменем» тех или иных политических сил, должен быть готов к тому, что со «знаменем» носятся, но рано или поздно порвут — чужие или свои.[/bilingbox]

     

    erschienen am 16.07.2017

    Telegram/Alexej Wenediktow: „Nichts Persönliches”

    Alexej Wenediktow, Chefredakteur des Radiosenders Echo Moskwy, macht in seinem Telegram-Kanal ganz andere für die Absetzung des Stückes verantwortlich:

    [bilingbox]Rätsel gelöst. Bei der Generalprobe waren Vertreter der Russisch-Orthodoxen Kirche. Aber in Zivil. Sie rannten zu Tichon. Tichon rief Medinski an. Medinski braucht für die Wiederernennung zum Minister im nächsten Jahr nämlich die Unterstützung der ROK (Michalkow allein genügt nicht mehr), und insbesondere die von Tichon vom Sretenski[-Kloster], unserem großen „Beichtvater“. Nichts Persönliches. Medinski rief [Wladimir] Urin an und machte einen auf zornig und hysterisch. Dann kam er wieder runter und bat, über einen Aufschub nachzudenken – die neue Regierung, die Wahlen.
    „Sie können doch keine Proteste vor dem Theater gegenüber vom Kreml gebrauchen. Und die machen sowas!!!“ Der Minister drohte.
    Da habt ihr’s, nichts Persönliches.
    Und ihr immer mit euren „Schwuchteln“.
    Knete und Karriere – darum geht’s.
    Wir sind gespannt, wie es weitergeht.~~~Разобрался. На прогоне были представители РПЦ. Но в штатском. Они добежали до Тихона. Тихон позвонил Мединскому. Мединскому для переназначения в следующем году в министры нужна поддержка (одного Михалкова уже не хватает) РПЦ и, в частности, Тихона Сретенского, “духовника” нашего всего. Ничего личного. Мединский позвонил Урину и изобразил ярость и истерику. Потом, охолонув, попросил подумать о переносе на потом – новое правительство, выборы.
    “Вам же не нужны пикеты возле театра напротив Кремля перед выборами. А они могут!!!” Пугал министр. 
    Ну вот, ничего личного. 
    А вы все “пидорасы, пидорасы…”
    Бабло и карьера
    Будем наблюдать[/bilingbox]

     

    erschienen am 10.07.2017

    Kommersant: Blockbuster des psychologischen Balletts

    Im Kommersant bedauert Tatjana Kusnezowa den unermesslichen Verlust für die russische Ballettwelt und löst damit eine Debatte in den Feuilletons aus:

    [bilingbox]Nurejew hätte zweifellos zum erfolgreichsten und einträglichsten Ballett des Bolschoi der postsowjetischen Epoche werden können: Bei allen Vorstellungen in Russland wäre ihm ein ausverkauftes Haus sicher, genau wie die unbedingte Aufnahme ins Gastspielrepertoire. 

    Nun ist angesichts der wachsenden Hysterie aber klar, dass das Moskauer Schicksal des Stücks besiegelt ist: Nurejew wird wohl kaum am 4. oder 5. Mai 2018 auf die Bühne kommen, wie es der Generaldirektor bei der Pressekonferenz versprochen hatte. Aber dieser Blockbuster des psychologischen Balletts kann mit gleichem Erfolg auf jeder großen internationalen Bühne gespielt werden (nur leider ohne die wunderbaren russischen Künstler).~~~«Нуреев», без сомнения, мог бы стать самым успешным и кассовым балетом Большого российской эпохи: аншлаг на всех российских представлениях и непременное включение в гастрольный репертуар были бы ему гарантированы. Теперь на фоне нарастающей общественной истерии уже ясно, что московская судьба спектакля не сложится: едва ли 4 и 5 мая 2018 года «Нуреев» выйдет на сцену, как пообещал гендиректор на брифинге. Но этот балетный психологический блокбастер с тем же триумфом, что и в Москве, может пройти на любой серьезной сцене мира (жаль, что без замечательных русских артистов).[/bilingbox]

     

    erschienen am 11.07.2017

    Colta: Großes nationales Melodram

    Auf solche Lobeshymnen über Nurejew reagiert Bogdan Korolek auf dem unabhängigen Kulturportal Colta.ru mit großer Skepsis:

    [bilingbox]

    Keiner der Kommentatoren ließ auch nur den Gedanken daran zu, dass Possochows Ballett einfach eine schlechte Produktion sein könnte. Es griff die eiserne Logik: Verboten heißt innovativ, genial. Ein Ding, eine Marke, also kaufen. Schaut man sich allerdings das im Internet kursierende Video an – die nahezu vollständige Aufzeichnung, die etwa eine Stunde dauert – wird man feststellen, dass Nurejew im schlechtesten Sinne literarisch ist: Zwar liegt dem Stück kein Buch zugrunde, aber verbale Fakten dominieren den Handlungsverlauf und lassen dem rein musikalisch-plastischen Ausdruck keinen Raum.

    Pathetische Aussagen über das Schicksal der Heimat, leidenschaftlich hingeworfene Worte wie „Hetze“ oder „Meisterwerk“, hysterische Werbung, die sich als Antiwerbung entpuppt – all das ist genauso ein großes nationales Melodram, wie das Projekt Nurejew selbst.~~~Никто из комментаторов отмены даже не допустил мысли, что балет Посохова мог быть попросту плохой продукцией. Сработала безотказная логика: запрещенный — значит, новаторский, гениальный. Вещь, фирма, надо брать. Если посмотреть гуляющее по сети видео — наиболее полную запись, длящуюся что-то около часа, — окажется, что «Нуреев» в худшем смысле литературен: в основу не была положена книга, но ход спектакля определяют словесные факты, не оставляя поля для чистой музыкально-пластической выразительности.
     
    Патетические реплики о судьбах Родины, в сердцах брошенные слова «травля» и «шедевр», истерическая реклама, обернувшаяся антирекламой, — все это — большая всенародная мелодрама, какой является и сам проект «Нуреев».[/bilingbox]

     

    erschienen am 14.07.2017

    dekoderRedaktion
    Übersetzerin: Maria Rajer

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  • Debattenschau № 53: Putin und Trump auf G20

    Debattenschau № 53: Putin und Trump auf G20

    Kurz vor dem Treffen von Putin und Trump auf dem G20-Gipfel war das Verhältnis zwischen Russland und den USA in Meinungsumfragen erneut auf einem Tiefpunkt angelangt. Kurz vorher hatte Trump in Warschau außerdem noch über das „destabilisierende Verhalten“ Russlands gewettert. Das Gespräch zwischen den beiden Staatschefs am vergangenen Freitag dauerte schließlich aber mit über zwei Stunden deutlich länger als die geplante halbe Stunde. Außer den Übersetzern waren nur die beiden Außenminister dabei, Sergej Lawrow und Rex Tillerson.

    Viel drang nicht nach außen, noch während des Gesprächs wurde bekannt, dass beide Länder eine Waffenruhe in Syrien vereinbarten. Außerdem soll ein neuer Kommunikationskanal geschaffen werden, um Gespräche über die Situation in der Ukraine zu führen. Seine Idee, mit Russland eventuell im Kampf gegen Cyberkrimininalität zu kooperieren, zog Trump nach heftiger Kritik aus Washington kurz nach dem Gespräch wieder zurück.

    Trump, wie er Putin die Hand hinstreckt, das war ein Bild, das vor allem das Staatsfernsehen immer wieder zeigte. Einen Bericht der New York Times, wonach das Gespräch zwischen beiden „hitzig“ geworden sei, wies Kreml-Sprecher Dimitri Peskow als „absurd“ zurück.

    Doch welche konkreten Ergebnisse bringt das Gespräch? Braucht es die überhaupt, oder ist das Zusammentreffen an sich schon ein Erfolg?

    dekoder zeigt Debatten-Ausschnitte aus staatsnahen wie unabhängigen Medien.

    Izvestia: Nicht ohne unseren Leader

    In der kremlnahen Izvestia bewertet Politologe Jewgeni Mintschenko das Treffen sowie den Gipfel insgesamt als Erfolg für Putin:

    [bilingbox]Festzuhalten ist: Der Gipfel in Hamburg war für die russische Delegation und Präsident Wladimir Putin gehaltvoll und produktiv. Keine einzige der wichtigen und in Hamburg gelösten Fragen ist ohne den russischen Leader entschieden worden. Demnach ist das dumme Gerede in den westlichen Medien über eine Isolation Moskaus nicht einfach nur übertrieben, sondern ganz offensichtlich eine Lüge. […] Das nahezu wichtigste ukrainische Exportgut, die Russophobie, wird man im Westen nicht länger abkaufen. Zumindest nicht in den Mengen wie früher.~~~Важно отметить, что для российской делегации и президента Владимира Путина гамбургский саммит стал очень насыщенным и продуктивным. Ни один из важных и решенных вопросов в Гамбурге не обошелся без участия российского лидера. В связи с этим глупые разговоры в западных СМИ об изоляции Москвы не просто преувеличены, а выглядят откровенной ложью. […] Чуть ли не главный экспортный украинский «товар» — русофобию — больше не станут покупать на Западе. По крайней мере в таких количествах, как раньше.[/bilingbox]

     

    erschienen am 09.07.2017

    Facebook: Nur „body language“ und Melania

    Für den liberalen Oppositionspolitiker und Wirtschaftswissenschaftler Grigori Jawlinski dagegen ist Russland weit abgeschlagen. Auch die Nachricht, dass selbst Melania das Gespräch der beiden Staatschefs nicht rechtzeitig beenden konnte, kommentiert er ironisch:

    [bilingbox]Trump ist höchst unangenehm und sogar gefährlich für uns. Vor allem, weil er schlicht auf uns pfeift und ein völliger US-Provinzler ist. Wenn wir ihm keine Probleme bereiten oder wenn Russland nicht gerade gebraucht wird, um politische Gegner zu „trollen“ (wie während des Präsidentschaftswahlkampfs), sind wir für ihn einfach Luft […] Auf dem G20-Gipfel hat Trump wiederum gezeigt, dass Russland in der amerikanischen Außenpolitik weit abgeschlagen nicht den ersten Platz einnimmt. 

    Deswegen hat auch das Treffen Putin – Trump nichts mit dem zwischen Gorbatschow und Reagan zu tun. Und nicht mal mit dem zwischen Putin und Bush. Denn mit Bush hat sich Putin getroffen, als bei allen Problemen noch die Hoffnung lebte, dass Russland und die USA ernsthafte Partner werden, beispielsweise im Kampf gegen den internationalen Terrorismus … 
    Vom Treffen Putin – Trump waren nun einzig interessante Bilder und Interpretationen der „body language“ zu erwarten. Wenigstens ein kleines Vergnügen und Nahrung für den Grips. Melania schaute kurz bei dem Treffen vorbei – was ‘ne Nachricht.~~~Трамп крайне неприятен и даже опасен для нас. Прежде всего тем, что ему на нас наплевать и он глубокий американский провинциал. Когда мы не создаем ему проблем или когда тему России нельзя использовать для того, чтобы «троллить» оппонентов (как во время президентской кампании), мы для него вообще исчезаем. […] На саммите G-20 Трамп еще раз показал, что в американской внешней политике Россия занимает далеко не первое место. Поэтому и встреча Путин-Трамп — это совсем не Горбачев-Рейган. И даже не Путин-Буш. Потому что с Бушем Путин встречался, когда при всех проблемах еще была жива надежда на то, что Россия и США станут серьезными партнерами, например, в борьбе с международным терроризмом… А вот от встречи Путина с Трампом только и можно было ожидать, что интересных картинок и расшифровок «body language». Хоть какое-то развлечение и пища для размышлений. Мелания зашла на встречу — вот и новость.[/bilingbox]

     

    erschienen am 09.07.2017

    Moskowski Komsomolez: Die Angst ist weg

    Im staatsnahen Moskowski Komsomolez vergleicht Michail Rostowski die Euphorie einiger seiner Kollegen mit dem Hochgefühl unmittelbar nach der Wahl Donald Trumps. Er selbst sieht in dem Treffen jedoch keinen wirklichen Durchbruch, auch wenn es Anlässe für leise Hoffnungen gebe:

    [bilingbox]Der „neue Impuls“, den das Treffen von Putin und Trump unseren Beziehungen bringen sollte, besteht ganz einfach in Folgendem: Die kleinen Staatsbeamten beider Länder – insbesondere die US-amerikanischen – sollen einen Anreiz bekommen, innerhalb der von den Präsidenten skizzierten Agenda konkret zusammenzuarbeiten.

    Vor dem Rendezvous von Putin und Trump hatten amerikanische Staatsbeamte keinen solchen Anreiz. Stattdessen herrschte Angst: Wenn ich auch nur den kleinsten Schritt auf die Russen zugehe, wird man mich gleich zum „Agenten Moskaus“ erklären. Nach Hamburg ist diese Angst natürlich nicht vollständig verschwunden. Aber immerhin haben die Beamten und Diplomaten nun ein „Schutzmittel“, eine Ausrede: Ich führe nur die Anweisung meines unmittelbaren Chefs aus. Falls Ihnen etwas nicht gefällt, wenden Sie sich an ihn. 

    […] Was in Hamburg geschah, das ist gut. Und möge dieses „gut“ eine Fortsetzung finden.~~~

    «Новый импульс», который встреча Путин-Трамп должна придать нашим отношениям, заключается в очень простой вещи. У нижестоящих чиновников двух стран — особенно у нижестоящих американских чиновников — должен появиться стимул к конкретной работе друг с другом в рамках очерченной президентами повестки.

    До рандеву Путина и Трампа такого стимула у американских чиновников не было. Зато был страх: если я сделаю хоть крошечный шажок навстречу русским, меня тут-же объявят « агентом Москвы». После Гамбурга такой страх, естественно, полностью никуда не исчез. Но у чиновников и дипломатов появилось хоть какое-то «средство защиты», отмазка и отговорка: я выполняю прямое указание своего непосредственного начальника. Если вам что-то не нравится, то обращайтесь к нему.

    […] то, что произошло в Гамбурге — это хорошо. И дай бог, чтобы это «хорошо» получило свое продолжение.[/bilingbox]

     

    erschienen am 09.07.2017

    Republic: Wenn du gar nicht weiter weißt …

    Außenpolitik-Experte Wladimir Frolow sieht wenig konkrete Ergebnisse, wie er auf dem unabhängigen Portal Republic schreibt:

    [bilingbox]Klar, dass keine Einigungen erreicht werden, die Seiten interpretieren die Aufgaben der Gruppe sehr unterschiedlich. […] Doch hier findet sich ein bekannter Lösungsansatz: Willst du ein Problem begraben, gründe einen Arbeitskreis. Und das wäre ein wichtiges positives Ergebnis des Treffens: die Isolierung des Destruktiven und die Bereitschaft voranzugehen. […]
    Es war ein Treffen zweier geopolitischer Konkurrenten, die ein einziges Thema fanden, bei dem die Interessen eine Zusammenarbeit erlauben – Syrien. Das gesamte restliche Gebiet ist voller Konfliktstoff, dessen Überwindung von beiden Leadern gehörige Abstriche und Begrenzung ihrer Ambitionen verlangt. Die Zeit dafür ist noch nicht gekommen. ~~~Понятно, что ни о чем договориться не получится, стороны по-разному интерпретируют задачи такой группы (Москва традиционно хочет обсуждать национальный суверенитет над интернетом от американского информационного влияния, США – хакерские атаки на объекты критической инфраструктуры, включая теперь уже и избирательные системы в американских штатах). Но тут действует известный подход: хочешь похоронить проблему – создай комиссию. И это было бы важным позитивным итогом встречи – изоляция деструктива, готовность двигаться дальше, – весьма выгодным для России. […] 
    Это была встреча двух геополитических соперников, нашедших одну тему, где интересы позволяют работать вместе, – Сирия. Все остальное пространство занято конфликтной повесткой, преодоление которой потребует от обоих лидеров содержательных уступок и ограничения амбиций. Время для этого пока не пришло.[/bilingbox]

     

    erschienen am 08.07.2017

    RBC: Moskau steuert auf großen Konflikt zu

    Auch Politologe Alexander Morosow sieht auf RBC kein Ende der Konfrontation – ein Hauptproblem sei dabei Putins Außenpolitik, die an die der Breshnew-Jahre anknüpfe

    [bilingbox]Putin ist dabei, eine russische „Souveränität“ aufzubauen – das ist sein deklariertes Hauptziel. Er denkt sich die Souveränität praktisch im sowjetischen Sinn, nach Art der 1960er und 1970er Jahre, also als eine militärische und politische Parität. Obwohl die UdSSR real gesehen weder militärisch noch politisch gleichauf waren mit den USA, hat die Geschichte gezeigt, dass der erfolgreiche Bluff und eine aktive Außenpolitik ein Gleichgewicht geschaffen haben, welches zum Ende der 1970er Jahre in einer Reihe von Verträgen und Abmachungen verankert wurde.

    In den Jahren 2014 bis 2017 hat Putin derart krasse Schritte unternommen, dass kein Zweifel besteht, wohin die Reise geht: Krim, Donbass, Aufrüstung der Armee, Militäreinsatz in Syrien, Schaffung globaler Propaganda-Instrumente – all das zeigt, dass Moskau über verschiedene kleine Zusammenstöße mit den USA konsequent auf einen großen Konflikt vom Maßstab einer Kubakrise zusteuert. Nur bei einer solchen Entwicklung der Ereignisse hat der russische Präsident eine Chance, seine eigene Politik als Politik des Erfolgs zu festigen.~~~Путин находится в процессе постройки российского «суверенитета» — это его главная декларируемая цель. Он мыслит себе суверенитет практически по-советски, на манер 1960–1970-х годов, то есть как военный и политический паритет. История показала, что хотя в те годы у СССР не было реального военного паритета с США, но успешный блеф и активная внешняя политика привели к установлению равновесия, которое к концу 1970-х было закреплено целым рядом договоров и соглашений.

    В 2014–2017 годах Путин сделал целую серию шагов настолько резких, что нет никаких сомнений в том, куда он ведет дело: Крым, Донбасс, перевооружение армии, военная операция в Сирии, создание инструментов глобальной пропаганды — все это показывает, что Москва настойчиво движется через различные мелкие точки столкновений с США к масштабному конфликту типа Карибского кризиса. Только при таком развитии событий у российского президента есть шанс закрепить всю свою политику в качестве политики успеха.[/bilingbox]

     
    erschienen am 09.07.2017

    Carnegie.ru: Geschenk an das eigene Land und die Menschheit

    Auf Carnegie.ru meint Alexander Baunow, dass es konkrete Vereinbarungen und Zugeständnisse zwischen den beiden Staatschefs derzeit gar nicht brauche, um dennoch eine Entspannung zu erreichen:

    [bilingbox]Wenn Russland so stark und gefährlich ist, wie es in den letzten Monaten gezeichnet wird, ist keinerlei konkreter Tauschhandel nötig. Ein Erfolg ist schon die Aufhebung der Spannungen in den Beziehungen zu dem schrecklichen Feind, der fähig ist, gleichzeitig in der Welt und in den USA zerstörerisch zu handeln. Mit einem Nicht-Freund in Feindschaft leben will niemand – weder die Wirtschaftswelt noch der einfache Wähler, dem die Politiker Rechenschaft schuldig sind. Die Ausmerzung von Gefahr ohne konkreten Tauschhandel – das ist in einem solchen Fall schon ein Geschenk an das eigene Land und die Menschheit.~~~Если Россия так сильна и опасна, как ее изображают в последние месяцы, никакого конкретного размена и не нужно. Успехом будет уже снятие напряженности в отношениях со страшным противником, способным разрушительно действовать одновременно в мире и в самой Америке. Жить во вражде с недругом не хочется никому – ни бизнесу, ни простому избирателю, перед которым отчитываются политики. Устранение угрозы без конкретного размена по пунктам в таком случае – уже подарок собственной стране и человечеству.[/bilingbox]

     

    erschienen am 07.07.2017

    Rossijskaja Gaseta: So sehen Demokratie und Pluralismus aus

    Die staatsnahe Rossijskaja Gaseta beschäftigt sich auch mit den Ausschreitungen in Hamburg während des Gipfels:

    [bilingbox]Ungeachtet der Erfolge der G20 werden den vielen in die Stadt gereisten ausländischen Delegationen auch andere Bilder im Gedächtnis bleiben: brennende Barrikaden und bewaffnete Spezialeinheiten, Wasserwerfer auf Demonstranten, das ständige Dröhnen der über der Stadt kreisenden Hubschrauber, das Knallen von Böllern, die Schreie der unter Polizeiknüppel geratenen Protestler und die verschreckten Bewohner friedlicher Bezirke …

    All das war auch der Gipfel in Hamburg, der, so hatte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel versprochen, den Triumph der deutschen Demokratie und den in der Bevölkerung existierenden Meinungspluralismus demonstrieren sollte.

    Genau wie die in den Tagen des Summit auf der Straße ertönte 9. Symphonie von Beethoven. Ein absurdes Zusammentreffen: Während der Chor eifrig die Worte „Alle Menschen werden Brüder“ hervorbrachte, bewarfen Teilnehmer der Protestaktionen auf Hamburgs Straßen die Polizisten mit Flaschen, Steinen und schossen mit Steinschleudern … Und die in Rage gekommenen Hüter der Ordnung antworteten mit dem gesamten Arsenal.

    Die Hamburger sahen wilde Szenen: brennende Barrikaden, aufgerissene Bürgersteige, geplünderte Geschäfte.

    An den Tagen des Gipfels verwandelte sich die Stadt in eine Hölle. Das also sind die Folgen des demokratischen Spektakels, das sich die Frau Kanzlerin ausgedacht hat.~~~Несмотря на успехи “двадцатки“, у приехавших в город многочисленных иностранных делегаций в памяти останутся картины горящих баррикад и вооруженных спецназовцев, падающих под струями водометов демонстрантов, гул постоянно кружащих над городом вертолетов, хлопки петард, крики попавших под полицейские дубинки протестующих, и испуганные жители мирных кварталов… Все это – тоже саммит в Гамбурге, который, как обещала канцлер Германии Ангела Меркель, должен был продемонстрировать торжество немецкой демократии и царящий в обществе плюрализм мнений. Так же, как и сыгранная в дни саммита на улице девятая симфония Бетховена. Абсурдное совпадение: в то время как хор старательно выводил слова “Все люди станут братьями“, участники акций протеста на улицах Гамбурга кидали в полицейских бутылки, камни, стреляли из рогаток. А вошедшие в раж стражи порядка отвечали им всем арсеналом спецсредств. Жители Гамбурга наблюдали жуткие картины: горящие баррикады, развороченные тротуары, разграбленные магазины. На дни саммита город превратился в ад. Такими оказались последствия того демократического спектакля, который задумала фрау канцлер.[/bilingbox]

     

    erschienen am 09.07.2017

    dekoder-Redaktion

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    Kalte Freundschaft

  • Debattenschau № 52: Proteste vom 12. Juni

    Debattenschau № 52: Proteste vom 12. Juni

    Der 12. Juni ist der Tag Russlands. Ausgerechnet für diesen Feiertag rief der Oppositionelle Alexej Nawalny erneut zu landesweiten Anti-Korruptions-Protesten auf.

    Tausende Menschen in mehr als 140 Städten Russlands folgten seinem Ruf – Ende März waren es noch unter 100 Städte.

    Bei den Protesten wurde nicht nur gegen Korruption protestiert, auch Slogans wie „Russland ohne Putin“ oder „Putin ist ein Dieb“ waren zu hören. Laut der Menschenrechtsorganisation OWD-Info gab es allein in Moskau rund 700 Festnahmen.

    Auf dem Sankt Petersburger Marsfeld ist für den Tag keine Kundgebung gestattet: Die Polizei wendet sich an die Umstehenden – in ausgesucht freundlichem Ton / Quelle: @ars_ves/Twitter

    Nawalny selbst wurde noch vor Beginn der Aktion in Moskau in seinem Hausflur verhaftet, inzwischen wurde er zu einer Haftstrafe von 30 Tagen verurteilt. Zuvor hatte er die Moskauer Protestaktion von einem abgelegenen Büroviertel ins Zentrum verlegt: Die Demonstrierenden sollten vom zentralen Puschkinplatz aus die Twerskaja-Straße entlangspazieren. Dies war nicht genehmigt worden, an dem Feiertag spielten dort einzelne Gruppen historische Szenen nach.

    Bereits am 26. März waren tausende Menschen dem Aufruf Nawalnys gefolgt, gegen Korruption zu protestieren. In einem Video hatte der Oppositionspolitiker unter anderem Premier Dimitri Medwedew der Korruption beschuldigt, die er über ein undurchsichtiges Netz von Stiftungen betreibe. Auch Milliardär Alischer Usmanow sei in die undurchsichtigen Geschäfte verwickelt.

    Der anschließende Prozess Usmanows gegen Nawalny und auch öffentliche Diffamierungsversuche (wie ein Video, in dem er mit Hitler gleichgesetzt wird) scheinen dem Oppositionspolitiker, der Putin bei den Präsidentschaftswahlen im März 2018 herausfordern will, nichts anzuhaben.
     
    Die Proteste vom 12. Juni: Zeichen des zunehmenden Bürger-Unmuts? Schreibt Nawalny die Wahlkampf-Gesetze neu? Oder ist es nur mehr Machtkampf eines Einzelnen, während die Protestbewegung an Kraft verliert?

    dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in russischen Medien.

    Rossijskaja Gaseta: Inszenierung für den Westen

    Die offizielle Regierungszeitung Rossijskaja Gaseta hält die Proteste für inszeniert:

    [bilingbox]Man fragt sich: Wofür hat die Opposition das alles gemacht? Doch nur, um den westlichen Fernsehanstalten Bilder zu liefern, die dann sagen können: In Moskau gibt es eine Opposition zum Präsidenten Putin! Dafür hat die Opposition, die ein Tausendstel aller Moskauer ausmacht, versucht, die ganze Twerskaja Uliza in einen Drehort zu verwandeln und die Menschen, die den Tag Russlands feierten, als ihre Anhänger darzustellen. Sie haben bewusst die Rechtsschutzorgane provoziert und sie dazu genötigt, harte Maßnahmen zu ergreifen …

    Dank gemeinsamer Anstrengung von Moskauer Behörden, Innenministerium, Nationalgarde und freiwilligen Helfern, die für Ordnung in der Hauptstadt sorgten, ist es ihnen dennoch nicht gelungen, den Moskauern und den Gästen der Hauptstadt die Laune zu verderben.~~~Спрашивается, ради чего оппозиция все это делала? Да только для того, чтобы создать картинку для западных телекомпаний, которые смогут сказать: в Москве у президента Путина существует оппозиция! Вот для этого оппозиция в лице тысячной доли  москвичей и попыталась превратить всю улицу Тверскую в съемочную площадку, а людей, праздновавших День России, представить как своих сторонников. Они специально провоцировали представителей правоохранительных органов, вынуждая их на принятие самых жестких мер…
    И все- таки в целом испортить настроение москвичам и гостям столицы им не удалось благодаря общим усилиям столичных властей, МВД, Росгвардии и народных дружинников, обеспечивавших охрану общественного порядка в столице.[/bilingbox]

     

    erschienen am 12.06.2017

    Echo Moskwy Blog: Regierung sucht den Konflikt

    Nawalny hatte unter anderem beklagt, dass ihm in Moskau keiner das technische Equipment für seine Aktion verleihen wollte, auf Druck der Regierung. Anton Orech kommentiert in seinem Blog auf Echo Moskwy

    [bilingbox]Hätten sie Nawalny doch die Möglichkeit gegeben, Leute zu versammeln und eine Kundgebung abzuhalten: mit Bildschirmen, Tonanlage und Bühne, ohne Spezialeinheiten und Gefängnistransporter – nichts wäre passiert! Kein Lärm in der Welt, keine Festnahmen, keine Prügelopfer. Und so viele Menschen wären dann übrigens auch nicht gekommen.

    Den Bürgern ist ihr Schaschlik wichtiger als alles andere auf der Welt. Aber die Regierung hat es von Anfang an auf einen Konflikt angelegt. Formal wurde alles erlaubt, aber hinter den Kulissen alles dafür getan, dass es nicht funktionieren konnte.

    Die Regierung braucht Zusammenstöße und Tumult viel mehr als Nawalny: um allen Angst einzujagen, die sich in nächster Zeit Straßenaktionen anschließen wollen, um unter dem Vorwand von Chaos alles zu verbieten, was bislang noch nicht verboten ist.~~~Ну, дали бы спокойно Навальному собрать людей, провести митинг — с экранами, сценой и звуком, без ОМОНа и автозаков — и ничего бы не было! Ни шума на весь мир, ни задержанных, ни побитых. И народу, к слову, пришло бы не так много.
    Гражданам шашлыки дороже всего на свете. Но власти с самого начала закладывались на конфликт. Потому формально все разрешали, а за кулисами делали все, чтобы ничего не получилось. Столкновения и беспорядки нужны властям гораздо больше, чем Навальному. Чтобы запугать всех, кто впредь собирается ходить на уличные акции, чтобы под предлогом беспорядков запретить все, что еще не успели запретить.[/bilingbox]

     

    erschienen am 12.06.2017

    Republic: Wahlkampf der Post-TV-Epoche

    Oleg Kaschin diagnostiziert Russland auf dem unabhängigen Portal republic.ru eine ganz neue Art von Präsidentschaftswahlkampf:

    [bilingbox]In gewissem Sinne ist Alexej Nawalny heute der wahre Chef des offiziell noch nicht aufgestellten Wahlkampfstabs von Wladimir Putin […]. Er bestimmt den Terminplan der Wahlkampfveranstaltungen, der Regierung bleibt nur, ihm zu folgen, indem sie Reenactment-Feste veranstaltet, die Jugendpolitik ummodelt oder prophylaktische Diskussionen in Schulen und Hochschulen durchführt.  […]
     
    Derartige Präsidentschaftswahlen hat es in Russland noch nie gegeben. Weder 1996 noch 1999 und erst recht nicht unter Putin fand ein Wahlkampf, wie dramatisch er auch gewesen sein mag, außerhalb der Fernsehwelt statt. Der erste Präsidentschaftswahlkampf der Post-TV-Epoche ist eröffnet und wird angeführt von einem Herausforderer aus dem Internet.
    ~~~В каком-то смысле Алексей Навальный сегодня – реальный начальник еще формально не созданного предвыборного штаба Владимира Путина […]. Он составляет график предвыборных мероприятий, и власти остается только следовать за ним, устраивая реконструкторские фестивали, переформатируя молодежную политику или проводя профилактические беседы в школах и вузах. […]
     
    Таких президентских выборов в России еще не было. И в 1996 году, и в 1999-м, и тем более при Путине каждая предвыборная кампания, какой бы драматичной она ни была, не выходила за пределы мира, существующего в телевизоре. Первую президентскую кампанию посттелевизионной эпохи открыл и ведет оппозиционер из интернета.[/bilingbox]

     

    erschienen am 13.06.2017

    Vedomosti: Neue Protestwelle

    Die Redaktion von Vedomosti zieht Parallelen zu den Protesten von 2011/12 – und sieht doch entscheidende Unterschiede:

    [bilingbox]Nach den Ereignissen vom 12. Juni kann man nun von einer neuen Welle politischer Proteste sprechen. Und diese Welle unterscheidet sich von der Welle der Jahre 2011/12. Der Protest in Russland ist nicht erschöpft, er hat sich politisiert und personalisiert. […]

    Damals war es eine Bewegung der Mittelschicht in den großen Städten, die gehofft hat, den politischen Trend mittels legaler Massenaktionen zu ändern. […] Die heutigen Demonstranten sind bunter gemischt, was Besitz und Alter angeht, sie machen sich keine Illusionen über einen Dialog mit den Machthabern. […] Die, die heute auf die Straße gehen, stehen in Opposition zur Regierung und fordern einen Machtwechsel.~~~После событий 12 июня, пожалуй, уже можно говорить о новой волне политических протестов, и эта волна отличается от волны 2011–2012 гг. Протест в России не исчерпан, он политизировался и персонализировался. […] 
    Тогда это было движение среднего класса больших городов, который наде­ялся изменить политические тренды массовыми легальными акциями. […] Нынешние протестующие более пестры по имущественному положению и возрасту, у них нет иллюзий о возможности диалога с властью. […] Те, кто выходит сейчас, внутренне уже противостоят власти и требуют ее замены.[/bilingbox]

     

    erschienen am 12.06.2017

    Novaya Gazeta: Kampf eines Einzelnen

    Kirill Martynow von der unabhängigen Novaya Gazeta dagegen sieht weniger eine erstarkte Protestbewegung, als den Machtkampf eines Einzelnen:

    [bilingbox]Eine Protestbewegung gibt es nicht mehr, es gibt nur noch den Kampf von Alexej Nawalny um die Macht. Daran ist selbstverständlich nichts Schlimmes. Politik, vor der man bei uns in Russland in den letzten Jahren solche Angst hat, bedeutet ja letztendlich einen Kampf um die Macht. […]

    Nach dem 26. März war klar, dass es eine zweite erfolgreiche Aktion braucht, um den Erfolg der neuen oppositionellen Demonstrationsbewegung zu festigen. Der 12. Juni kam, wenn auch vielleicht nicht im von den Initiatoren gewünschten Maßstab: In dutzenden Städten fanden große Kundgebungen statt.

    Aber bisher gilt es im Spiel Nawalny gegen die Regierung ein Unentschieden zu konstatieren. Zwar hatte der Оppositionelle genug Ressourcen, um mit einem unerwarteten Zug in Moskau den Erfolg vom März auszubauen. Doch die Aktionen auf ein neues Niveau zu heben, das gelang ihm bisher nicht. ~~~Протестного движения больше нет, есть борьба Алексея Навального за власть. В этом, разумеется, нет ничего дурного.
     
    Политика, которой у нас в России так страшатся в последние годы, и представляет собой борьбу за власть.  
    […]
    После 26 марта было ясно, что для закрепления успеха новой оппозиционной уличной повестки нужна вторая успешная акция. 12 июня она состоялась, пусть и не в желаемых ее устроителями масштабах: крупные митинги прошли в десятках российских городов.
    Но пока в игре Навального против власти стоит зафиксировать ничью. Хотя у оппозиционера хватило ресурсов для того, чтобы предложить в Москве неожиданный ход, некоторым образом развить успех, достигнутый в марте, но вывести акции на новый уровень пока не удалось.[/bilingbox]

     

    erschienen am 12.06.2017

    Izvestia: Anführer von Internet-Lemmingen

    Die staatsnahe Izvestia kreidet Nawalny vor allem an, dass er den Ort der Protestaktion kurzfristig verlegte. Und vermutet hinter seiner vorzeitigen Verhaftung persönliches Kalkül: 

    [bilingbox] Es ist schon sehr bezeichnend: Letztes Mal rief er Schüler zu einer nichtgenehmigten Kundgebung im Stadtzentrum auf und setzte sie damit der Gefahr einer Bestrafung durch die Obrigkeit aus. Nun hat der er Anführer des virtuellen Protests wieder vor der Veranstaltung schnell seine Verhaftung provoziert. Damals hat er sein Vergehen bei der Polizei abgesessen, eine kleine Strafe bezahlt und ist dann ruhig nach Hause gegangen, zum Abendessen.

    Nach demselben Schema wurde er heute laut seiner Frau noch vor der von ihm provozierten unrechtmäßigen Aktion auf der Twerskaja im Treppenhaus verhaftet. Er hatte einfach keine Lust, an einer unrechtmäßigen Aktion teilzunehmen und im Gefängnistransporter zu landen. Dorthin hat er seine Internet-Lemminge geschickt. Sollen sie doch in den Gefängnistransportern sitzen und ihre Eltern dann später die Strafen zahlen.~~~Весьма показательно — как и в прошлый раз, призвав школьников на центральную улицу на незаконный несанкционированный митинг, подставляя их под санкции властей, лидер виртуального протеста по-быстрому спровоцировал свое задержание еще до мероприятия. Тогда он отсиделся в отделении полиции, заплатил мелкий штраф и спокойно пошел домой ужинать. 
    Сегодня по той же схеме еще до начала провоцируемой незаконной акции на Тверской Навальный, со слов его жены, был задержан в подъезде. Просто ему на незаконную акцию в полицейский автозак идти неохота. Он туда своих сетевых хомяков отправил. Пусть они по автозакам сидят и потом их родители штрафы платят.[/bilingbox]

     

    erschienen am 12.06.2017

    Radio Echo Moskwy: Die gefletschten Zähne der Macht

    Auch Jelena Lukjanowa, Rechtsprofessorin an der Moskauer Higher School of Economics, sieht die Verlegung der Aktion ins Moskauer Zentrum kritisch. Im Radio-Interview mit Echo Moskwy schildert sie, welch gespaltene Gefühle die Bilder aus dem Moskauer Zentrum – die etwa in den Nachrichten auf dem Staatskanal Rossija 1 nicht gezeigt wurden, sondern vor allem in vielen unabhängigen Onlinemedien – bei ihr auslösten: 

    [bilingbox]Jede Freiheit hat ihre Grenzen, und die Grenzen sind die Interessen der anderen. Und dieser Grenzwert wird in Russland gerade ausgelotet. Das [heutige Übertreten dieser Grenze – dek] obliegt der Verantwortung eines Politikers [wie Nawalny – dek], und genau das gefällt mir nicht. Das bedeutet, die Moskauer in Gefahr zu bringen  […], die gekommen sind, um das Reenactment eines Feiertags anzuschauen, und zweitens auch die Gäste der Stadt. 
    […] andererseits gucken doch viele Fernsehen, wo nichts gezeigt wird, ihnen ist nicht klar, dass die Dinge im Internet auch sie betreffen könnten. Wie die gefletschten Zähne der Macht aussehen. Was willkürliche Verhaftung bedeutet. Was die Polizei ist, die, wie es heute in den Nachrichten hieß, mit Kampfstiefeln auf den Kopf eines jungen Mannes einschlug, der am Ende nur noch in den Armen der Polizisten hing. Wir wissen noch nicht, was da passiert ist. Wir kennen noch keine Ergebnisse. Und wissen nicht, wie viele Opfer betroffen sind. […]

    Zu dem, was die Regierung auf der Twerskaja als Reenactment zu inszenieren versuchte, kamen die wirklichen Ereignisse dieses Tages. Herausgekommen ist ein Reenactment, dem man online deutlich ansah, was heute im Land vor sich geht.~~~У всякой свободы есть предел и предел это интересы других. И этот предел в России сегодня только нарабатывается, где граница. Это, конечно ответственность политика и это то, что мне не нравится. Это поставить под угрозу москвичей, которые, […] пошли посмотреть на реконструкцию на праздник, а во-вторых, гостей [города]. 
    […] ведь многие смотрят телевизор, в котором ничего не показывают, им невдомек, что то, что в Интернете может вдруг коснуться их. Что такое звериный оскал власти. Что такое безосновательное задержание, что такое полиция, которая, прошло сегодня сообщение, что ударил полицейский берцом по голове молодого парня, который повис на руках в итоге. Мы еще не знаем, что там произошло. Мы еще не знаем, каковы результаты. И сколько пострадало.
    […]
    то, что пыталась власть сделать в виде [реконструкторского] спектакля на Тверской, добавилось реальными событиями сегодняшнего дня. это получилась реконструкция, которая абсолютно в онлайн режиме показывала, что сегодня происходит в стране.[/bilingbox]

     

    erschienen am 12.06.2017

    Moskowski Komsomolez: Ein zweiter Revolutionär

    Michail Rostowski, Korrespondent des staatsnahen Moskowski Komsomolez, begegnet dem Oppositionspolitiker mit gemischten Gefühlen: Er kann Nawalny durchaus auch Gutes abgewinnen – und warnt gleichzeitig vor ihm:

    [bilingbox]In der von Putin errichteten Machtvertikale gab es immer genug Feinde und Gegner. Doch einen ständig wachsenden, sich ständig geschickt wandelnden Opponenten wie Nawalny im Sommer 2017, gab es noch nie.

    Ich sehe in den Handlungen Alexej Nawalnys kein Bestreben nach Blutvergießen. Ich sehe in ihnen aber die feste Überzeugung eines Nawalny: An Regeln halte ich mich nicht. Meine Sache ist rechtens. Mein Wort ist Gesetz. 

    Diese Häuptlings-Attitüde erinnert mich an einen anderen Politiker in unserer Geschichte, der sich auch im Jahr 17 „verwirklichte“: Wladimir Lenin.

    Solange es sich im Rahmen hält, ist Nawalnys Einfluss auf den politischen Prozess Russlands ein Einfluss zum Guten. Ein Einfluss, der unsere politische Elite diszipliniert, sie dazu zwingt, nicht auszuufern und sie nicht zur Ruhe kommen lässt.

    Doch falls es Nawalny irgendwann gelingt, operative Freiheiten an sich zu reißen und den verwalterisch-politischen Apparat zu unterwerfen, dann wird er Russland – genauso wie Lenin 1917 –  die wirkliche Bedeutung von „ich werd’s euch schon zeigen“ beibringen. Mir scheint, so weit sollte man es besser nicht kommen lassen. Wir hatten schon einen Lenin. Einen zweiten brauchen wir nicht.~~~У выстроенной Владимиром Путиным вертикали власти никогда не было недостатка во врагах и противниках. Но такого постоянно растущего, постоянно мимикрирующего оппонента как Навальный образца лета 2017 года на ее пути еще не встречалось. […]
     
    я не вижу в действиях Алексеях Навального стремления к крови. Но я вижу в них твердую убежденность Алексея Анатольевича: правила – не для меня. Мое дело правое. Мое слово – закон. И эта абсолютно вождистская установка заставила меня вспомнить о другом политике из нашей истории, который тоже “проявил себя” в семнадцатом году: Владимире Ленине. […]
    В разумных пределах влияние Алексея Навального на российский политический процесс – это влияние во благо. Влияние, которое дисциплинирует нашу политическую элиту, заставляет ее держать себя в рамках и не позволяет расслабиться. 
     
    Но если Навальный когда-нибудь сможет вырваться на “оперативный простор” и переподчинить себя административно-политический механизм, то он – совсем как Ленин в 1917 году – покажет России истинное значение выражения “ кузькина мать”. Мне кажется, что до этого дело лучше не доводить. Один Ленин у нас уже был. Второго не надо.[/bilingbox]

     

    erschienen am 12.06.2017

    dekoder-Redaktion

     

     

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