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Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung

  • Debattenschau № 81: Tumult in Washington

    Debattenschau № 81: Tumult in Washington

    Die Reaktionen auf die Eskalation im Kapitol sind in Westeuropa nahezu einhellig: Allenthalben ist hier die Feststellung „Angriff auf Demokratie“ zu vernehmen. Viele wähnen sich in einem schlechten Film, wenn sie die Bilder der von Trump angefeuerten Menge sehen, die das US-Parlament stürmt und die Abgeordneten in die Flucht treibt. 

    In Russland sind die Reaktionen anders: Das Land befindet sich kollektiv in den traditionell langen Neujahrsferien, heute feiern zahlreiche orthodoxe Kirchen außerdem Weihnachten. Während der Feierlichkeiten dringen nur wenige Kommentare zu den Unruhen im Kapitol an die Öffentlichkeit. Für Kommentatoren in staatsnahen Medien scheinen sie aber ein gefundenes Fressen zu sein. dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in russischen Medien. 

    Rosbalt: Wie in Kirgistan?

    Bei den Bildern aus dem Kapitol fühlen sich viele Kommentatoren in Russland an Ereignisse aus Nachbarländern erinnert – hier Jewgeni Jewdokimow auf dem unabhängigen Nachrichtenportal Rosbalt

    [bilingbox]Der Ablauf der Ereignisse erinnert an das klassische Szenario einer Farbrevolution in einem Dritte-Welt-Land. Aggressive Anhänger des unterlegenen Kandidaten sind unzufrieden mit dem Wahlausgang und ziehen zum Sturm auf das Parlament – etwas sehr Ähnliches ist Anfang Oktober in Kirgistan passiert.

    Doch nun geht es um eine führende Weltmacht in militärisch-politischer wie auch wirtschaftlicher Hinsicht.~~~Такой ход событий напоминает стандартный сценарий «цветной революции» в странах третьего мира. Агрессивные сторонники проигравшего кандидата, недовольные исходом выборов, идут на штурм парламента — что-то очень похожее в начале октября происходило в Киргизии.

    Однако на этот раз речь идет о ведущей державе мира, как в военно-политической, так и в экономической сферах.[/bilingbox]

    erschienen am 07.01.2021, Original

    RIA Nowosti: Wer Wind sät …

    Farbrevolutionen sind nach Kreml-Lesart meist aus dem Ausland – allen voran von den USA – gesteuert. Nach Ansicht von Leonid Sluzki, Vorsitzender des Duma-Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, rächt sich das nun.

    [bilingbox]Der Bumerang der Farbrevolutionen fliegt offensichtlich zurück in die USA. Das alles droht zu einer Jahrhundertkrise des amerikanischen Regierungssystems zu werden.~~~Бумеранг „цветных революций“, как мы видим, возвращается в США. Все это грозит обернуться кризисом американской системы власти в новом столетии.[/bilingbox]

    erschienen am 07.01.2021, Original

    Rossiskaja Gaseta: Kekse für Krawallmacher

    In der offiziellen Regierungszeitung Rossijskaja Gaseta, kommentiert Konstantin Kossatschow, Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses im russischen Föderationsrat, und zieht einen Vergleich zum Maidan in der Ukraine.

    [bilingbox]Das Fest der Demokratie ist vorbei.

    O weh, das ist wirklich ein Tiefpunkt, und das sage ich ohne Schadenfreude. Amerika gibt nicht mehr den Kurs vor – und hat mithin auch jegliches Recht dazu verloren, den Kurs vorzugeben oder ihn gar anderen aufzuzwingen.

    Zu guter Letzt kann ich mir eine Frage an Frau Nuland nicht verkneifen, die nun wieder ins Außenministerium einzieht, und ihre damaligen Kuratoren des Maidan-Projekts, die jetzt wieder an die Macht kommen. Was würden sie Leuten sagen, die Kekse verteilen an die Krawallmacher auf den Stufen des nationalen Parlaments? „Das Volk hat immer Recht“? „Es lebe die Demokratie“? „Weg mit den Usurpatoren“? Tja …~~~Праздник демократии закончился.

    Это, увы, на самом деле дно, говорю это без тени злорадства. Америка более не прокладывает курс, а следовательно – утратила все права его задавать. И тем более навязывать другим.

    А напоследок, не удержусь – вопрос госпоже Нуланд, возвращающейся в Госдеп США, и ее тогдашним кураторам майданного проекта, возвращающимся в президентскую власть. Что бы они сказали сейчас тем, кто собрался бы раздавать печеньки толпам бузотеров на подступах к национальному парламенту? „Народ всегда прав“? „Да здравствует демократия“? „Долой узурпаторов?“ Ну-ну.[/bilingbox]

    erschienen am 07.01.2021, Original

    Facebook/Sergej Medwedew: Geschenk für die Propaganda

    Der Politologe Sergej Medwedew zeigt sich auf seiner Facebook-Seite betroffen – und sieht in den Ereignissen ein Geschenk für die Kreml-Medien.

    [bilingbox]Keep America Great? Diese Präsidentschaft konnte nicht einfach so enden, mit einer friedlichen Regierungsübergabe. Das, was als böse Clownerie begann, endet mit dem Versuch eines Umsturzes – eigentlich müssten Trump, der den Mob zum Kapitol geschickt hat, Impeachment und Gerichtsverfahren erwarten. Ich kann mir jedoch kaum vorstellen, wie seine 70 Millionen Wähler damit zurechtkommen werden, die durch Propaganda, Soziale Medien und Verschwörungstheorien angeheizt sind – das alles in einem ausgeprägten Föderalismus und mit zig Millionen Waffen, die im Umlauf sind. Für den 20. Januar ist schon ein Marsch auf Washington angekündigt – der Tag der Vereidigung des neuen Präsidenten wird ein wahrer Test für die Regierung. Voller Schmerz schaue ich auf Amerika am Rande eines Bürgerkriegs. Und die Kreml-Propaganda frohlockt – was für ein schönes Weihnachtsgeschenk. Hat jemand gedacht, das alles würde mit dem Jahr 2020 enden? Herzlich willkommen im Jahr 2021! ~~~Keep America Great? Это президентство не могло закончиться просто так, мирной передачей власти. То, что началось, как злая клоунада, заканчивается попыткой государственного переворота — по-хорошему, Трампа, пославшего толпу на Капитолий, должен ждать импичмент и суд. Но мне сложно представить, как с этим смирятся 70 миллионов его избирателей, воспаленных пропагандой, соцсетями, теориями заговора — при наличии сильного федерализма и десятков миллионов единиц оружия. Уже объявлен марш на Вашингтон 20 января — и реальном тестом для власти может стать день инаугурации. С болью смотрю на Америку на грани гражданской войны. А кремлевская пропаганда ликует — такой подарок на рождество.
    Кто-то думал, что все это закончится в 2020 году? Добро пожаловать в 2021й.[/bilingbox]

    erschienen am 07.01.2021, Original

    Twitter/Margarita Simonjan: Frohe Weihnachten!

    Ganz nüchtern klingt auf den ersten Blick der Kommentar von Margarita Simonjan. Doch in dem Tweet der Chefredakteurin von Russia Today – ihre erste Reaktion zum Thema überhaupt – erkennen andere Nutzer auch Spott und Hohn.

    [bilingbox]Ich möchte die Gelegenheit nutzen und den Bürgern der USA zum orthodoxen Weihnachtsfest gratulieren.~~~Пользуясь случаем, поздравляю граждан США с православным Рождеством.[/bilingbox]

    erschienen am 07.01.2021, Original

    Facebook/Dimitri Trawin: Bloß eine Clownerie

    Dimitri Trawin warnt vor einer Überbewertung der Ereignisse: Das was in den USA passiert, ist halb so wild, glaubt der Wirtschaftswissenschaftler und Journalist – und vergleicht den Fall mit Belarus.

    [bilingbox]Stellen wir uns vor, dass die gestrigen Ereignisse nicht in Washington, sondern in der Hauptstadt irgendeiner Bananenrepublik stattgefunden haben. Ein Typ mit Hörnern bricht in das örtliche Kapitol ein, während die Polizei Siesta hält. Ein anderer Typ klettert die Wand hoch, entweder mit Anlauf oder aus Schreck. Wie würden sie das bewerten? Wahrscheinlich als eine alberne Clownerie, die man belächeln kann, aber nicht mehr. […]

    In jedem Land gibt es Freaks mit einem Hang zum Schockieren und Provozieren. […] Und nur selten kann ein Clown ernsthafte Veränderungen herbeiführen, wie es in Italien mit Beppe Grillo der Fall war.

    Der Unterschied zwischen Aktionen einer Gruppe von Freaks und einer ernsthaften demokratischen Bewegung zeigt sich deutlich an den jüngsten Ereignissen in Belarus: Die Belarussen haben zwar verloren, aber […] der starke friedliche Protest in verschiedenen Städten dieses kleinen Landes hat gezeigt, dass ein beträchtlicher Teil der Gesellschaft eine andere politische Ordnung will. In Amerika gibt es keine Spur von so etwas: Was auch immer für Krawallmacher auf den Straßen oder innerhalb der Mauern des Kapitols auftauchen, die Gesellschaft als Ganzes ist mit dem demokratischen System, in dem man Trump gegen Biden oder Republikaner gegen Demokraten austauschen kann, durchaus zufrieden.~~~Представим себе, что вчерашние события стряслись не в Вашингтоне, а в столице какой-нибудь банановой республики. Мужик с рогами влез в местный Капитолий, пока полиция была на сиесте. Другой мужик забрался на стенку: то ли с разбега, то ли с перепуга. Как бы мы к этому отнеслись? Наверное, как к дурацкой клоунаде, которой можно уделить для смеха немного внимания, но не более того. […]
    В любой стране есть маргиналы, склонные к эпатажу. […] И лишь изредка клоун может спровоцировать серьезные перемены, как это было в Италии с Беппе Грилло.
    Различие между акцией кучки маргиналов и серьезным демократическим движением хорошо видно по недавним событиям в Беларуси. Белорусы проиграли, но […] мощный мирный протест в разных городах этой маленькой страны показал, что значительная часть общества хочет иного политического режима. В Америке ничего подобного нет. Какие бы погромщики не появлялись на улицах или в стенах Капитолия, общество в целом вполне удовлетворено демократической системой, при которой можно свободно менять Трампа на Байдена или республиканцев в целом на демократов.[/bilingbox]

    erschienen am 07.01.2021, Original

    dekoder-Redaktion

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  • Debattenschau № 80: Putin forever?

    Debattenschau № 80: Putin forever?

    Es ist Dienstag, 10. März 2020, eigentlich will die russische Staatsduma über die geplante Verfassungsänderung abstimmen. Die Zukunft des amtierenden Staatspräsidenten Putin nach der Wahl 2024 scheint unklar, laut Verfassung darf er nicht mehr kandidieren. Dennoch beschäftigen sich die Abgeordneten routiniert mit den von ihm eine Woche zuvor eingebrachten Vorschlägen. Bis die Abgeordnete Valentina Tereschkowa eine aufsehenerregende Idee in die Diskussion einbringt: 

    „Warum es so verworren und kompliziert machen, wozu all die unnötige Mühe mit künstlichen Konstruktionen?“, fragt Tereschkowa, die 1963 als erste Frau im Weltall war. Es gebe doch eine einfache Lösung: Die verfassungsmäßige Begrenzung der Amtszeiten für den russischen Präsidenten zu annullieren, damit Putin wieder zum Staatschef gewählt werden kann.

    Tereschkowa, eine bekannte und geschätzte Person des öffentlichen Lebens, ist in der Duma bislang nicht als Verfassungsrechtlerin aufgefallen, insgesamt blieb sie in der russischen Politik eher unscheinbar. Ihr Vorschlag aber platzt wie eine Bombe in den Reihen der Abgeordneten. Der Vorsitzende der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, ruft schleunigst den Staatschef an, der schon kurze Zeit später in der Duma erscheint, um eine Rede zu halten. Im Prinzip, sagt Putin, wäre die Annullierung der Amtszeiten möglich, aber nur, wenn das Verfassungsgericht sie als verfassungskonform bestätigt. Außerdem müsse auch das Volk demokratisch darüber entscheiden, bei der Abstimmung am 22. April.

    Schon bevor die Duma mehrheitlich für die scheinbar überraschende Verfassungsänderung stimmt, bricht in Russland eine hitzige Diskussion los: Ist die Volte Teil eines sorgsam orchestrierten Plans, den Putin am 15. Januar mit seiner Idee von der Verfassungsänderung lostrat, oder ist sie aus der Not geboren? Was könnte den Präsidenten dazu getrieben haben, diesen Vorschlag vorbringen zu lassen: Gefahr, die aus dem Westen droht, Angst vor Machtverlust – oder gar das Coronavirus? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in russischen Medien.

    Novaya Gazeta: Alle Hemmungen fallen gelassen

    Kirill Martynow konstatiert in der Novaya Gazeta, dass Putins „eleganter“ Plan, bis 2024 einen geregelten Machttransfer zu vollziehen und dennoch faktisch an der Macht zu bleiben, nun einer plumpen Lösung weicht:

    [bilingbox]Der Kreml hat in Bezug auf die Verfassung alle Hemmungen fallen gelassen: Putin ist bereit, so lange an der Macht zu bleiben, wie er und die von ihm selbst ernannten Richter des Verfassungsgerichts das für nötig halten.~~~У Кремля больше нет никаких конституционных комплексов: Путин готов находиться на своем посту столько, сколько сочтет нужным он сам и назначенные им же судьи КС.[/bilingbox]

    erschienen am 10.03.2020, Original

    TASS: Annullierung? Welche Annullierung?

    Pawel Krascheninnikow, Ausschussvorsitzender der Staatsduma für Staatsaufbau und Gesetzgebung, bewertet die Lösung als verfassungsgemäß – schließlich sollen die Bürger darüber abstimmen:

    [bilingbox]Es gibt da keine Annullierung […]. Die Verfassungsänderungen werden zur Volksabstimmung vorgelegt. Und wenn die Bürger dem zustimmen, dann kann er nochmal Kandidat werden. Und das wird in einem Artikel der Verfassung sowie in einem Artikel der Übergangsbestimmungen verankert.~~~Ну нет там обнуления […]. Поправки выносятся на общероссийское голосование. И если граждане это поддерживают, то он еще раз может стать кандидатом. И это будет записано в одной статье Конституции и в одной статье переходных положений.[/bilingbox]

    erschienen am 11.03.2020, Original

    Meduza: Die äußere Gefahr bestimmt den Kurs

    Meduza zitiert einen anonymen Informanten aus der Präsidialadministration. Dieser meint, dass Putin bei seiner Entscheidung von Silowiki wie Nikolaj Patruschew und Alexander Bortnikow gedrängt wurde:

    [bilingbox]‚Die äußere Gefahr bleibt und nimmt zu, ein Machttransfer in einer solchen Situation ist gefährlich. Man hat den Präsidenten davon überzeugt, dass er sich durch eine Annullierung absichern sollte, damit er die Möglichkeit hat, [im Amt – dek] zu bleiben. Und dass es besser wäre, er bliebe.‘~~~«Внешняя угроза сохраняется и растет, транзит власти в таких условиях опасен, они убеждали президента „подстраховаться“ через обнуление, что надо оставить возможность остаться. И лучше бы остаться»[/bilingbox]

    erschienen am 10.03.2020, Original

    Echo Moskwy: In einem Krieg wechselt man nicht den Befehlshaber

    Auch der kremlnahe Politologe Sergej Markow bemüht die Propagandaformel der belagerten Festung: Der Westen führe einen Krieg gegen Russland, das russische Volk sei verängstigt und dürste mehr denn je nach einem starken Leader: 

    [bilingbox]Der Oberbefehlshaber darf während des hybriden Krieges gegen Russland nicht ausgewechselt werden, das ist der Wille des Volkes. Das ist die Logik der Geschichte. Wenn also der Westen seinen hybriden Vernichtungskrieg gegen Russland fortsetzt, den er seit 2013 führt, […] dann wird das russische Volk wollen, dass Putin an der Macht bleibt …~~~Главнокомандующий во время гибридной войны против России меняться не должен, такова воля народа. Такова логика истории. Поэтому если Запад продолжит свою гибридную войну на уничтожение России, которую он ведет, начиная с 13-го года, […] тогда народ России, чтобы Путин остался у власти…[/bilingbox]

    erschienen am 11.03.2020, Original

    Facebook/Grigori Golossow: Angst vor dem Nachfolger

    Der Politikwissenschaftler Grigori Golossow glaubt, dass Putins Entscheidung improvisiert war. Der ursprüngliche Plan barg für den Präsidenten große Gefahren, meint der Dekan der Politikwissenschaftlichen Fakultät an der Europäischen Universität Sankt Petersburg:

    [bilingbox]Ich nehme an, dass die kasachische Variante, mit [Putin als Chef des] Staatsrat, lange Zeit ernsthaft erwogen wurde. Irgendwann (vielleicht sogar erst letzte Woche) hat Putin aber erkannt, dass er keinen Kandidaten finden würde, den er einerseits ernsthaft für das Präsidentenamt aufstellen könnte und der ihn andererseits nicht bei der ersten Gelegenheit aus dem Staatsrat entlassen würde. Putin hatte schlicht Angst. Ihm wurde klar, dass es nicht die Zeit ist, einen Wettbewerb mit Nasarbajew zu veranstalten, wer jetzt cooler ist: Es ist wichtiger, jetzt auf sich selbst aufzupassen.~~~Я так понимаю, что казахстанский вариант с Госсоветом довольно долго рассматривался как приоритетный, но в какой-то момент (возможно, даже на прошлой неделе) Путин понял, что он не найдет такого кандидата, которого, с одной стороны, он мог бы всерьез выдвинуть в президенты, а с другой стороны, который не уволил бы его с Госсовета при первой возможности. Просто испугался. Понял, что не время тягаться с Назарбаевым в крутизне, важнее позаботиться о себе.[/bilingbox]

    erschienen am 10.03.2020, Original

    Facebook/Kirill Rogow: Coronavirus hilft Putin 

    Auch der Politologe Kirill Rogow ist sich sicher, dass Putins Entscheidung nicht orchestriert war. Geboren sei sie vielmehr aus einer für den Präsidenten günstigen Gelegenheit:

    [bilingbox]Es war improvisiert. Putin hatte sich allem Anschein nach davor gefürchtet, jetzt anzukündigen, dass er bleibt. Er hatte Angst vor Massenprotesten. Er fürchtete sich vor einer Konsolidierung [der Opposition – dek]. Aber dann wurde ihm nahegelegt, auf das Coronavirus zu setzen: Die Überlegung, dass das Coronavirus ein guter Helfer ist, um Massenproteste zu verhindern. Es erzeugt Ängste bei den Menschen und liefert einen guten Vorwand, um Demonstrationen zu verbieten.~~~Это была импровизация. Объявлять сейчас о том, что он остается, Путин, по всей видимости, боялся. Боялся массовых манифестаций. Боялся точки консолидации. Но тут ему принесли план с коронавирусом – рассуждение о том, что коронавирус хорошее подспорье в предотвращении массовых протестов – и страхи людей, и хорошая отмазка для запрета манифестаций.[/bilingbox]

    erschienen am 10.03.2020, Original

    Facebook/Dimitri Gudkow: Putinsche Nebelkerzen

    Der Oppositionspolitiker Dimitri Gudkow glaubt dagegen, dass die im Januar angekündigte Verfassungsreform nur vom Wesentlichen ablenken sollte. In diesem Schauspiel sei der Vorschlag von Valentina Tereschkowa Teil eines orchestrierten Szenarios:

    [bilingbox]Das heißt, dieses ganze unanständige Hin und Her mit der Verfassung ist allein wegen dieses einen Moments heute angezettelt worden: für zwei neue Amtszeiten Putins. Tereschkowa, die Stalin noch gut in Erinnerung hat, hat Putin nicht hängen lassen.~~~То есть вся эта неприличная возня с Конституцией затевалась ради одного сегодняшнего момента: двух новых сроков Путина. Терешкова, хорошо помнящая еще Сталина, не подвела.[/bilingbox]

    erschienen am 10.03.2020, Original

    Geopolitiкa: Weltweites Ende des Liberalismus

    Alexander Dugin gehört zu denjenigen Intellektuellen in Russland, denen eine Nähe zum neofaschistischen Gedankengut nachgesagt wird. Putins Entscheidung bewertet der Ideologe zweideutig: Es werde zwar keine Gerechtigkeit unter Putin geben, weil dieser laut Dugin unter anderem nicht nationalistisch genug sei. Dafür werde Russland unter Putin dem Westen aber weiterhin die Stirn bieten können:

    [bilingbox]Die Politik in Russland wird bis 2036 abgeschafft, wenn vorher nichts geschieht: etwas Coronavirus-Artiges oder etwas ähnlich Unberechenbares. […] Die bedrohliche Beschwörungsformel des „langwährenden Staates“ wird real. Ja, jetzt ist klar, in welchem Sinne er langwährend sein wird … Richtig, er ist langwährend, nämlich im Sinne von „praktisch ewig“ … […]
    Es wird keine Proteste geben, oder es wird welche geben, die leichterdings durch einen einfachen Verweis auf ihren pro-westlichen liberalen Charakter erstickt werden können. Und der Liberalismus ist nicht nur bei uns, sondern einfach überall zusammengebrochen. Jetzt geht es nur noch um eine geschlossene Gesellschaft und chinesischen Zentralismus.~~~Политика в России отменена до 2036 года, если раньше ничего не случится коронавирусного или аналогично непредсказуемого.[…] Сбывается угрожающее заклинание про «долгое государство». Да, теперь понятно, в каком смысле оно будет долгим… Правда, это долго – в смысле практически «вечно»…
    […]
    Протестов не будет или будут такие, которые легко заглушить простым указанием на их прозападную либеральную природу. А либерализм рухнул окончательно не только у нас, но просто везде. Теперь только закрытое общество и китайский централизм имеют значение.[/bilingbox]

    erschienen am 10.03.2020, Original

    Vedomosti: Putin forever 

    Das System Putin habe nun auch seine letzte Maske fallen lassen, meint die Redaktion von Vedomosti:

    [bilingbox]Die vorgeschlagenen Änderungen stärken das hyperpräsidentielle, fast monarchische Machtmodell, bei dem die Imitation von Wahlen nicht verhindert, dass es praktisch jahrzehntelang von ein und derselben Person aufrechterhalten wird. Die erste Generation der unter Putin geborenen Russen könnte bereits am 22. April an der landesweiten Volksabstimmung teilnehmen. Die Verfassungsänderung, die ihnen zur Abstimmung vorgelegt wird, bedeutet: Auch ihre Kinder könnten allein unter Putin geboren werden und aufwachsen.
    ~~~Предложенные поправки укрепляют гиперпрезидентскую, близкую к монархической модель власти, в которой имитация выборов не мешает ее сохранению одним и тем же человеком в течение теперь уже фактически десятилетий. Первое поколение россиян, родившееся при Путине, уже может прийти на общероссийское голосование 22 апреля. Поправки, за которые им будет предложено проголосовать, означают, что и их дети могут родиться и вырасти при нем же.[/bilingbox]

    erschienen am 11.03.2020, Original

    Zusammenstellung: dekoder-Redaktion
    Übersetzung: Hartmut Schröder, dekoder-Redaktion

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  • Debattenschau № 79: Delo Seti – Aktivismus vs. Journalismus?

    Debattenschau № 79: Delo Seti – Aktivismus vs. Journalismus?

    „Vier gingen in den Wald, und nur zwei kamen heraus“ – so heißt die investigative Recherche von Meduza, die das Exilmedium am Abend des 21. Februar veröffentlicht hat. Noch nie wurde das liberale Medium so scharf aus der liberalen Ecke Russlands kritisiert, wie nach dem Erscheinen dieses Artikels.

    In der Untersuchung liefert Meduza Hinweise darauf, dass einige der am 10. Februar im sogenannten Fall Set (dt. Netzwerk) verurteilten Männer 2017 einen zweifachen Mord begangen haben.

    Der Fall der angeblichen Terrororganisation Set rief in Russland eine Welle der Kritik hervor: Die zu sechs- bis 18-jährigen Haftstrafen Verurteilten haben ihre „Geständnisse“ nachweislich unter Folter abgelegt, die Menschenrechtsorganisation Memorial listet sie als politische Gefangene, tausende Menschen protestieren seit Wochen und fordern auch mit ihren Unterschriften die Freilassung.

    Und nun sollen zwei der verurteilten Männer Mörder sein? Zumindest behaupten das die Quellen von Meduza. Diese geben außerdem an, dass es in der Stadt Pensa eine linke und anarchistische Gruppierung namens 5.11 gegeben hat. Und dass manche von den Verurteilten dieser Gruppierung angehörten und mit Drogen gehandelt hätten.

    Meduzas Material wirkt auf viele roh und unaufbereitet. Der Artikel fußt streckenweise auf nicht nachprüfbaren Aussagen von Informanten; einige der Beobachter kritisieren auch, dass Meduza nur belastende Hinweise bringt und keine möglichen Hinweise auf Entlastung liefert.

    Darf ein unabhängiges Medium in die Hände der Folterjustiz spielen und zum Helfershelfer des FSB werden? Oder muss es zwecks eines höheren Ziels Hinweise vorenthalten? Darf es nur Fakten liefern, und nichts anderes als Fakten? dekoder steckt die Eckpunkte einer hitzigen Diskussion ab.

    Meduza: Schwieriger Balanceakt

    Meduza hat sich schon im Vorfeld der Veröffentlichung zu den Mordverdächtigungen in einem Dilemma gewähnt und brachte parallel zu der Publikation eine Stellungnahme:

    [bilingbox]Wir sind uns bewusst, dass dies ein schwerer Schlag für alle ist, die die Verurteilten unterstützen. Für ihre Familien und Angehörigen. Für diejenigen, die auf die Straße gehen, um gegen Ungerechtigkeit zu protestieren. In unseren Köpfen fügen sich noch immer viele Fakten nicht zusammen, wir als Journalisten haben aber kein Recht, solche wichtigen Informationen zurückzuhalten.~~~Мы отдаем себе отчет, что это тяжелый удар для всех, кто поддерживает фигурантов дела. Для их родных и близких. Для тех, кто выходит на улицы, чтобы протестовать против несправедливости. Многие факты у нас по-прежнему с трудом укладываются в голове, но и скрывать такую важную информацию мы как журналисты не имеем права.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 21.02.2020

    MBCh-Media: Friendly Fire

    Die Menschenrechtlerin und Journalistin Soja Swetowa geht auf MBCh-Media hart ins Gericht mit der Meduza-Veröffentlichung:

    [bilingbox]Die Veröffentlichung des Artikels über eine mögliche Beteiligung Dimitri Ptschelinzews und anderer Verurteilter im Fall Set an einem zweifachen Mord schadet der breiten gesellschaftlichen Kampagne zu ihrer Verteidigung. Sie diskreditiert sie, indem Zweifel gestreut werden, ob die Verurteilten denn wirklich verteidigt werden müssen.

    Die schwache Beweislage in dem Artikel überzeugt nicht von einer Zweckdienlichkeit der veröffentlichten Informationen – sie lassen Zweifel aufkommen an ihrer Glaubwürdigkeit und sind gesellschaftlich nicht dermaßen bedeutend, als dass für ihre Veröffentlichung derartige Eile geboten gewesen wäre.

    Im Grunde spielt die Publikation den „Fabrikanten“ des Falles über eine nichtexistente terroristische Organisation in die Hände.

    Das kann noch weit schlimmere Folgen haben: Die Ermittlung wegen zweifachen Mords im Wald von Rjasan wird aufgerollt und den in Pensa schon wegen Terrorismus Verurteilten angedichtet.

    Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass für die Gerechtigkeit und Freiheit von Menschen, die des Mordes beschuldigt werden, diejenigen kämpfen werden, die bereit waren, sie zu verteidigen, als aus ihnen unter Folter Angaben über die Beteiligung an einer nichtexistenten terroristischen Organisation herausgeprügelt wurden.~~~[…] публикация статьи о возможной причастности Дмитрия Пчелинцева и других осужденных по «пензенскому делу» к двойному убийству вредит широкой общественной кампании в их защиту, дискредитирует их, вызывая сомнение в необходимости их защищать. А слабая доказательная база, приведенная в статье, не убеждает в целесообразности публикации информации, которая вызывает сомнения в ее достоверности и не является столь общественно значимой, что оправдывает спешку с ее обнародованием.
    А по сути, публикация играет на руку «фабрикантам» дела о несуществующей террористической организации.
    Она может привести и к еще худшим последствиям: следствие по делу о двойном убийстве в рязанском лесу возобновят и сфальсифицируют причастность к нему тех, кого уже осудили в Пензе по терроризму.
    Мне трудно представить, что за справедливость и свободу людей, обвиненных в убийстве, будут бороться те, кто был готов защищать их, когда у них под пытками выбивали показания об участии в несуществующей террористической организации.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 22.02.2020

    Facebook/Kirill Martynow: Aktivismus vs. Journalismus?

    Für Kirill Martynow, Politikredakteur von der Novaya Gazeta, ist die Sache nicht ganz so klar: Meduza habe zwar Fehler gemacht, die Kritiker würden aber die Grenzen zwischen Aktivismus und Journalismus verkennen:

    [bilingbox]Das Meduza-Material über die mögliche Mitwirkung von Set-Verurteilten an Mordfällen, und insbesondere die Reaktion darauf, zeugen vor allem von der Tiefe der Gesellschaftskrise, in der Russland steckt.

    Erstens ruft es nicht den geringsten Unmut hervor, wenn die russische Strafverfolgung einen Mordfall nicht untersucht, niemand weist darauf hin. Die Handlungsunfähigkeit des Systems wird als Norm angesehen.

    Zweitens liest sich der Meduza-Artikel entweder wie eine Bekräftigung der FSB-Version (und Propaganda), dass nämlich die im Fall Set Beschuldigten ihre Haftstrafen verdient hätten, oder wie die Diskreditierung der öffentlichen Kampagne zu ihrer Verteidigung. Tatsächlich ist weder das eine noch das andere der Fall. Wenn Menschen unter Folter wegen Terrorismus verurteilt werden, die aber tatsächlich laut den Quellen von Meduza einen Mord begangen haben, dann sollten sie zunächst vom Terrorismus freigesprochen und erst danach der Mordfall aufgerollt werden – falls denn die Beschuldigungen offiziell erhoben werden. Übrigens: Mörder haben in Russland, anders als Terroristen, ein Recht auf ein Geschworenengericht, was den Geheimdiensten solche Prozesse enorm erschwert.

    Im Bewusstsein der Menschen ist nun endgültig die Grenze zwischen Aktivismus und Journalismus aufgehoben: Sie denken, dass Journalisten bei öffentlichen Kampagnen zum Schutz von Verurteilten eindeutig mitmachen oder zumindest schweigen müssen. Das ist natürlich nicht richtig: Wenn sie gesellschaftsrelevante Informationen haben, dann veröffentlichen sie diese – denn das ist ihr Job. Die Aufgabe der Gesellschaft ist es dann, das Gesagte zu interpretieren und daraus Schlüsse ziehen. Die Logik der Medien kann man nicht mit der Logik der Menschenrechtsarbeit gleichsetzen – das sind schlicht unterschiedliche Gebiete.

    Zu der Veröffentlichung von Meduza gibt es auch Fragen. Die Zeit der Veröffentlichung ist seltsam – Freitagabend, am Tag vor langen Feiertagen. Jenseits jeder Verschwörung kann man das damit erklären, dass die Redaktion befürchtet hat, dass irgendjemand sonst die Informationen hatte und den Journalisten damit zuvorkomme. Alles um den Fall Set ist mit Provokateuren infiltriert, nach Durchlesen des Textes habe auch ich das Gefühl, dass die Meduza-Journalisten Opfer solcher Provokateure wurden – die Eile mit der Veröffentlichung ist nur ein weiterer Hinweis darauf. Um das Mißtrauen zu zerstreuen, hätte Meduza einen Disclaimer darüber veröffentlichen sollen, wie genau diese Investigation gemacht wurde. Das wurde nicht getan, und das ist der größte Schwachpunkt dieser journalistischen Arbeit.

    Noch ein Mal: Im Fall der „terroristischen Organisation“ Set gibt es keine Beweise. Dafür gibt es Folter. Die Urteile in diesem Fall müssen aufgehoben werden.~~~Материал «Медузы» о возможной причастности фигурантов дела «Сети» к убийствам и особенно реакция на него свидетельствует в основном о глубине общественного кризиса, который переживает Россия.

    Во-первых, история о том, что российская правоохранительная система не расследует убийства, не вызывает ни малейшего возмущения, ее никто вообще не замечает. Недееспособность этой системы воспринимается как норма.
    Во-вторых, публикация «Медузы» воспринимается либо как подтверждение версии ФСБ (и пропаганды) о том, что обвиняемые по делу «Сети» заслуживали сроков, либо как дискредитация общественной кампании по их защите. В действительности, ни того, ни другого не происходит. Если людей под пытками судят за терроризм, а на самом деле по версии источников «Медузы» они совершили убийство, то сначала они должны быть оправданы по делу о терроризме, а потом должно быть разбирательство по убийству – если такие обвинения будут официально предъявлены. К слову, убийцы в отличие от «террористов» имеют в России право на суд присяжных, что сильно усложняет спецслужбам такие процессы.

    Наконец, граница между активизмом и журналистикой окончательно стерлась в сознании людей: предполагается, что если идет общественная кампания в защиту осужденных, то журналисты должны в ней явно участвовать или как минимум молчать. Это, конечно, не так, если у вас есть общественно значимая информация, вы ее публикуете, в этом ваша работа, а задача общества – интерпретировать сказанное и делать выводы. Медийная логика не идентична правозащитной, но и не отрицает последнюю – это просто разная работа.

    К публикации «Медузы» тоже есть вопросы. Странно выбрано время публикации – пятница вечер накануне длинных праздников. Без конспирологии это может объясняться тем, что в редакции опасались, что информация может быть у кого-то еще, и журналистов опередят. Пространство вокруг «Сети» инфильтровано провокаторами, и после прочтения текста у меня нет ощущения, что журналисты «Медузы» не оказались их жертвами – спешка с публикаций только вносит здесь дополнительные сомнения. Для того, чтобы снять подозрения, «Медузе» стоило бы опубликовать дисклеймер о том, как именно готовилось это расследование. Этого сделано не было, и это самый крупный минус работы журналисты.
    И еще раз: в деле о «террористической организации» «Сеть» нет доказательств, но есть пытки, приговоры по этому делу должны быть отменены.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 22.02.2020

    dekoder-Redaktion

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    „Niemand sollte dem System alleine ausgeliefert sein“

    Protest in Russland – ein dekoder-Special

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    Delo Seti – Protokolle von Willkür- und Folterjustiz

  • Debattenschau № 78: Vier Jahre Sperre: „Antirussische Hysterie“?

    Debattenschau № 78: Vier Jahre Sperre: „Antirussische Hysterie“?

    Bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio wird es wohl keine Athleten unter russischer Flagge geben. Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hat Russland wegen Doping für vier Jahre gesperrt. Damit hielt sich die WADA an die Empfehlung der unabhängigen Prüfkommission CRC. Einzelne russische Sportler können unter bestimmten Voraussetzungen allerdings unter neutraler Flagge an den Spielen teilnehmen. Auch die Fußball-EM 2020 wird weiterhin mit der russischen Mannschaft und teilweise in Russland stattfinden, da die UEFA den WADA-Code nicht unterzeichnet hat und die EM zudem als „kontinentales“ Sportereignis gilt.

    Hintergrund der Sperre ist, dass Russland die Manipulation von Dopingtests nachgewiesen wurde. Der russische Sportminister bestritt die Vorwürfe. Premierminister Medwedew räumte zwar Probleme mit Doping ein, sprach angesichts der vierjährigen Sperre allerdings von „antirussischer Hysterie“. Russland will nun beim Internationalen Sportgerichtshof Einspruch einlegen.

    Nicht nur kremlnahe, sondern auch liberale Stimmen äußern sich kritisch über die WADA-Entscheidung. Die vierjährige Sperre Russlands: Ausdruck einer antirussischen Haltung? Werden die Falschen bestraft? Oder ist es eine gerechtfertigte Maßnahme? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in russischen Medien.

    Facebook / Sergej Medwedew: Je schlimmer, desto schlimmer

    Der Schlag, den die WADA Russland verpasst hat, sei viel schwerer als all die politischen Sanktionen. Das meint der kremlkritische Historiker und Publizist Sergej Medwedew auf Facebook:

    [bilingbox]Im Weltsport – anders als in der Weltpolitik – zeigen Sanktionen genaue, automatische und schmerzliche Wirkung. Atomwaffen und Staatengröße sind keine Argumente: Aus der UNO wird Russland nicht rausgeschmissen, aus Olympia aber ohne mit der Wimper zu zucken.

    Und es soll bitte niemand sagen, es sei eine politische Entscheidung gewesen – ja, sie hat enorme politische Wirkung, aber zunächst einmal ist das Ganze rein technisch: Russland (beziehungsweise der, der die Datenbank frisiert hat) hat WADA überhaupt keine Chance gelassen.
    Fehl am Platz ist auch das typische russische „Je schlimmer, desto besser“. Nein: je schlimmer, desto schlimmer – der russische Sport hat voll eins in die Fresse bekommen […] und damit wir alle: Ein Schlag gegen das Humankapital, die Soft Power, die Gesundheit und Freude der Nation, oder was auch immer noch von diesen Begriffen übrig ist. Sport ist das, wo Russland bislang zumindest ein bisschen (und verdientermaßen) stark war.~~~В мировом спорте, в отличие от мировой политики, санкции работают четко, автоматически и болезненно. Тут ядерное оружие и территория не аргумент: из ООН Россию не выгонят, а с Олимпиады — запросто.
    И не надо говорить, что это решение политическое — да, оно имеет огромные политические последствия, но в основе своей оно чисто техническое: Россия (вернее, те, кто зачищал базу данных) не оставила ВАДА никакого выбора.
    И не надо тут типично русской Schadenfreude, «чем хуже, тем лучше».  Нет, чем хуже, тем хуже — нанесен зубодробительный удар по российскому спорту и в итоге — по нам всем, по человеческому капиталу, мягкой силе, здоровью и радости нации, что бы там от этих понятий ни оставалось. Спорт — то немногое, в чем Россия до сих пор была хоть немного (и заслуженно) сильна.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 09.12.2019

    Facebook / Wladislaw Inosemzew: Neues Schäbigkeits-Level

    Der Ökonom und Publizist Wladislaw Inosemzew fragt auf Facebook nach den strukturellen Ursachen der russischen Doping-Politik:

    [bilingbox]Das aktuelle System des Weltsports ist in der Epoche der Machtkämpfe und der militärpolitischen Konkurrenz entstanden und hat diese Prozesse mitentwickelt und ergänzt.  
    Das schäbige Bild des modernen Russlands nach der Entscheidung der WADA spiegelt in erster Linie wider, wie unangemessen diese veralteten politischen Interessen sind sowie ihre Kollision mit den Interessen der Sportler. Diese müssen mit Fans und Zuschauern die einzigen wichtigen Akteure des globalen Sports sein.~~~Современная организация мирового спорта родилась в эпоху суверенитетов и военно-политического соперничества, став развитием и дополнением этих процессов. Убогость образа современной России после решения ВАДА отражает прежде всего неадекватный характер устаревшей трактовки политических интересов и их столкновение с интересами спортсменов, которые – наряду с фанатами и зрителями – должны быть единственными значимыми акторами глобального атлетического движения.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 09.12.2019

    Facebook / Iwan Preobrashenski: Geiseln der Drecksäcke 

    Auch für den liberalen Politikwissenschaftler Iwan Preobrashenski werden die russischen Sportler zu Opfern des Systems:

    [bilingbox]Mein Beileid den russischen Sportlern, die zu Geiseln der Drecksäcke geworden sind.~~~Мои соболезнования российским спортсменам, которые оказались заложниками подонков.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 09.12.2019

    Erster Kanal: Unangemessen, unlogisch und unverhältnismäßig

    Der Vorsitzende des Russischen Olympischen Komitees Stanislaw Posdnjakow protestiert auf dem staatlichen Ersten Kanal gegen den Olympia-Ausschluss: 

    [bilingbox]Die Position des Russischen Olympischen Komitees bleibt unverändert: Die Sanktionen sind unangemessen, unlogisch und unverhältnismäßig. Und wir werden alles Mögliche tun, damit die russische Olympiamannschaft in Japan unter den Farben der russischen Trikolore antritt.~~~Позиция ОКР остается неизменной — санкции носят неадекватный, нелогичный и чрезмерный характер. И мы сделаем все от нас зависящее, чтобы олимпийская сборная выступила в Японии под цветами российского триколора.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 09.12.2019

    Kremlin.ru: Gesetzeswidrige Kollektivhaftung

    Auf seiner Pressekonferenz nach dem Gipfel im Normandie-Format in Paris äußerte sich Wladimir Putin auch zu der WADA-Entscheidung: 

    [bilingbox][…] jegliche Strafe, so schon im Römischen Recht verankert, muss individuell verhängt werden, ausgehend davon, was die eine oder andere Person getan hat. Strafen können nicht kollektiv verhängt werden und für Menschen gelten, die mit dem konkreten Verstoß nichts zu tun haben. ~~~[…] любое наказание, так повелось еще со времен Римского права, должно быть индивидуально и исходить из того, что содеяно тем или иным лицом. Наказания не могут носить коллективного характера и распространяться на людей, которые к определенным нарушениям не имеют никакого отношения.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 10.12.2019

    Vedomosti: Zweite Chance für Russland

    Bei den Olympischen Winterspielen 2018 sind russische Sportler bereits unter neutraler Flagge angetreten. Auch diesmal sind die WADA-Sanktionen ähnlich. Die Redaktion der Tageszeitung Vedomosti fragt, ob die zweite Chance denn verdient sei:

    [bilingbox]Die Reaktion der russischen Politiker und Beamten bietet bislang keinen Anlass zu Optimismus. Premierminister Dimitri Medwedew hat die WADA-Sanktionen schon als „antirussische Hysterie“ bezeichnet, das Außenministerium – als „skrupellose Konkurrenz“. Nachdem im Dezember 2017 der russischen Mannschaft verboten wurde, unter eigener Flagge bei der Winterolympiade anzutreten, hat der Kreml Fingerspitzengefühl bewiesen: hat das Doping-Problem eingestanden und den Sportlern erlaubt, in Pyeongchang unter neutraler Flagge zu starten. Doch Worte sind hier ganz bestimmt nicht das Wichtigste: Russland hat schon bewiesen, dass es fähig ist, gegebene Versprechen zu brechen und gegen selbst auferlegte Verpflichtungen zu verstoßen. Wenn auch die wiederholten Sanktionen es nicht schaffen, Russland von Doping und von Manipulationen der Proben abzubringen, dann kann es sein, dass es keine dritte Chance bekommen wird. ~~~Реакция российских политиков и чиновников пока не дает повода для оптимизма. Премьер Дмитрий Медведев уже назвал санкции WADA «антироссийской истерией», а МИД — «недобросовестной конкуренцией». В декабре 2017 г. после лишения российской сборной флага на зимней Олимпиаде — Кремль продемонстрировал сдержанность: признал наличие допинговой проблемы и разрешил атлетам отправиться в Пхенчхан в нейтральном статусе. Но слова тут в любом случае не главное: Россия уже доказала, что способна нарушать данные обещания и не выполнять взятые на себя обязательства. Если и повторные санкции не заставят Россию на самом деле отказаться от допинга и махинаций с пробами, третьего шанса ей могут и не дать.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 09.12.2019

    Republic: Die grünen Männchen des Sports

    Zwischen den beiden Möglichkeiten „Lass dich nicht erwischen“ und „Löffel die Suppe aus, die du dir eingebrockt hast“ wird Russland nun eine dritte wählen – prognostiziert Andrej Sinitsyn auf Republic:

    [bilingbox]Wladimir Putin (wer, wenn nicht er?) könnte sich aus reiner Gewohnheit fürs Nichtstun plus Propaganda entscheiden. Ja, wir befinden uns unter dem Beschuss der Russophobie, aber wir wissen doch, dass es eben unsere Sportler sind, die da unter neutraler Flagge eine neutrale Hymne singen, wir wissen, welche echte Flagge sie in der geballten Faust in ihrer Tasche haben und welche echte Hymne sie singen, bevor sie schlafen gehen im Olympischen Dorf. Sie werden zu den „Es-gibt-dort-Keine“, den „höflichen Menschen“ und der Gruppe Wagner des Sports. Und den russischen Fans wird stets bewusst sein, wen sie da anfeuern – und den Gegner werden sie zehn Mal heftiger verfluchen.~~~[…] Владимир Путин (а кто, если не он?) может по привычке выбрать […] ничегонеделание плюс пропаганда. Да, мы под огнем русофобии, но мы же знаем, что под нейтральным флагом поют нейтральный гимн именно наши спортсмены, мы знаем, какой у них настоящий флаг зажат фигой в кармане и какой настоящий гимн они поют перед сном в Олимпийской деревне. Они станут спортивными «ихтамнетами», «вежливыми людьми» и спортротой ЧВК Вагнера, и российские болельщики будут всегда знать, за кого болеть. А соперника они станут проклинать в десять раз сильнее.[/bilingbox]

    Original, veröffentlicht am 10.12.2019

    dekoder-Redaktion

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    Presseschau № 32: Fußball-Hooligans

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  • Debattenschau № 76: Kolyma – Heimat unserer Angst

    Debattenschau № 76: Kolyma – Heimat unserer Angst

    Am 23. April veröffentlichte der Journalist und YouTuber Juri Dud seinen Film Kolyma – Heimat unserer Angst. Mit mehr als 14 Millionen Views und über 700.000 Likes ist die mehr als zwei Stunden lange Doku eines der erfolgreichsten Videos des jungen Journalisten.

    Kolyma gilt als Inbegriff des Gulag und der Stalinschen Säuberungen. Allein in Sewwostlag, dem 1932 gegründeten größten Lager in der Region, saßen unter unmenschlichen Haftbedingungen jährlich bis zu 190.000 Menschen ihre Strafe ab. Viele davon, ohne je ein Verbrechen begangen zu haben. In den Kolyma-Lagern waren unter anderem der Autor der Kolymskije rasskasy (Erzählungen aus Kolyma) Warlam Schalamow inhaftiert sowie Sergej Koroljow, der später als Vater der sowjetischen Raumfahrt berühmt wurde. Mit Nachfahren und Historikern führt Dud lange Interviews.  

    Duds Zuschauerschaft gilt als jung. Da fast die Hälfte der 18- bis 24-Jährigen in Russland laut einer Umfrage noch nie etwas von Stalinschen Säuberungen gehört hat, feiern viele seinen Dokumentarfilm nun als eine aufklärerische Leistung. Auch vor diesem Hintergrund löste der Film eine heftige Diskussion in den russischen Medien aus: Ist es ein Auftrag, Russland zum Einsturz zu bringen? Ist es ein Film über die Geistesstärke des sowjetischen Menschen, oder eine Möglichkeit für die Nation, in den Abgrund zu schauen? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte.

    Echo Moskwy: Hohlraum der Erinnerungskultur

    Laut einer Umfrage haben 47 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in Russland noch nie etwas von Stalinschen Säuberungen gehört. Diese Leerstelle füllt jetzt der Film Kolyma aus, meint Ex-Polittechnologe Gleb Pawlowski auf Echo Moskwy:

    [bilingbox]Es ist ein guter Aufklärungsfilm. Davon sollte es viele geben, und das wäre übrigens auch möglich. […] Er füllt eine Leerstelle, eine Leerstelle an der Stelle des Wortes „Stalin“. Stalin kennen alle, 100 Prozent. Aber was ist das bitteschön, was steht hinter dem Wort? Nicht alle wissen doch, dass es eine besondere Bestialität war, derer sich die Staatsmacht bediente, und zwar – ich würde sogar sagen – unter persönlichem Druck von Josef Wissarionowitsch Stalin. Dass er der Autor des Ganzen war, dass er persönlich wie am Fließband Dokumente durchsah und entschied: „Plattmachen!“ Wer weiß diese Dinge?~~~Это хороший просветительский фильм, я думаю. Таких должно быть много, между прочим, и могло быть много <…>.
    [Он] заполняет пустоту на этом месте, пустоту на месте слова «Сталин». Сталина-то все знают, сто процентов. А что это такое, чем это заполнено? Не все же знают, что это особый тип зверства, который практиковался властью, практиковался именно под личным, я бы сказал даже, давлением Иосифа Виссарионовича Сталина; что он автор этого, что он лично просматривал паточные [sic – dek] документы и ставил резолюцию: «Бить!» Вот эти вещи кто знает?[/bilingbox]

    erschienen am 29.04.2019, Original

    Rossijskaja Gaseta: Mächtige journalistische Arbeit

    In der regierungsnahen Zeitung Rossijskaja Gaseta bringt der Schriftsteller Andrej Maximow eine persönliche Note in seine lobenden Worte ein:

    [bilingbox]Juri Dud hat mit Kolyma einen grandiosen Film gemacht. Auf dieser Feststellung bestehe ich. Juri Dud hat ein Filmereignis geschaffen. 70 Prozent der Russen heißen die Taten Stalins gut. Die Intelligenzija sagt dazu Ach! und Oh!. Und Dud dreht einen Film. Einen klugen Film. Sehenswert. Ernst.
    Meine Mutter ist vor mehr als zehn Jahren gestorben. Und bis zu ihrem Tod ist sie zusammengezuckt, wenn sie nachts hörte, wie jemand Autotüren zuschlug: Meinen Opa hatten sie geholt. 
    Ein junger Mensch in zerfetzten Jeans und roter Winterjacke hat nun über diese Angst einen Film gedreht. Ich nicht. Und viele andere nicht. Er hat es gemacht. Danke, Juri Dud, für diese mächtige journalistische Arbeit. Danke für das Beispiel. […]
    Dem Autor des Films wird fehlender Patriotismus vorgeworfen und unterstellt, etwas in den Dreck ziehen zu wollen. Aber ich möchte Ihnen eines sagen, meine Lieben: Kolyma ist nicht nur – was sag ich – vielleicht gar nicht so sehr ein Film über die Stalinschen Säuberungen als vielmehr ein Film über die Geistesstärke des sowjetischen Menschen, über einen Geist, den zu zerstören nicht möglich war. Ein Film darüber, dass die Menschen hier bei uns immer stärker und gütiger sind als das System. ~~~Юрий Дудь снял выдающийся фильм „Колыма“. Я настаиваю на этом определении. Юрий Дудь снял картину-событие. 70% россиян одобряют деятельность Сталина. Интеллигенция заахала. Дудь снял кино. Талантливое. Зримое. Серьезное. 
    Моя мама умерла более десяти лет назад. И до самой смерти она вздрагивала, если слышала, как ночью хлопает дверь машины: мой дедушка был репрессирован. Молодой человек в рваных джинсах и красной куртке снял кино про этот страх. Я не снял. И много кто еще не снял. А он сделал. […] Спасибо, Юрий Дудь, за мощную журналистскую работу. Спасибо за пример.

    […]
    … автора картины обвиняют в отсутствии патриотизма и желании чего-то там опорочить. А знаете, что я вам скажу, дорогие мои: „Колыма“ – это не только, а, может быть, и не столько картина о сталинских репрессиях, сколько фильм – о силе духа советского человека, духа, который невозможно было сломить. Про то, что люди у нас всегда сильнее и добрее системы.[/bilingbox]

    erschienen am 05.05.2019, Original

    Livejournal/Arkadi Babtschenko: Hipper Jüngling in teuren Klamotten

    Der oppositionelle Journalist Arkadi Babtschenko sieht auf Livejournal ein Authentizitätsproblem der Doku:

    [bilingbox]Sieh an: in Kolyma ist es kalt. Wer hätte das gedacht. Moskau hat für sich den Einfluss der Kälte entdeckt: als das Vernichtende all des Menschlichen im Menschen. Eine übersättigte Community, die es fertiggebracht hat, sich aus allen Erschütterungen, Kriegen, Naturkatastrophen herauszuhalten, die das Land in den letzten 30 Jahren umfänglich mitgemacht hat, hört jetzt zu, wie ein hipper Jüngling in teuren Klamotten ihnen etwas über die Kälte erzählt. […]
    Geht in die Bibliotheken, ihr Infantilos.
    Nehmt eure Kinder mit.
    Und lest.~~~На Колыме, оказывается, холодно. Кто бы мог подумать. Москва открыла для себя уничтожающее в человеке все человеческое влияние холода. Сытая тусовка, умудрившаяся остаться в стороне от всех потрясений, войн, катаклизмов, которые последние тридцать лет несла их страна по всему периметру, слушают, как им про холод рассказывает модный мальчик в дорогой одежде. <…>
    Идите в библиотеки, инфантилы. 
    Детей своих ведите. 
    Читайте.[/bilingbox]

    erschienen am 03.05.2019, Original

    Swobodnaja Pressa: Wir klauen euch eure Zukunft

    Zu den schärfsten und lautstärksten Kritikern des Dokumentarfilms gehört Sachar Prilepin. Auf Swobodnaja Pressa erläutert der polarisierende Schriftsteller seinen Standpunkt:

    [bilingbox]Der Sinn des Films ist so banal, dass einem leicht übel wird. Der Autor sagt: Kinder, jetzt erzähle ich euch, warum ihr diesem fiesen Land nichts schuldig seid, in dem in vergangenen Zeiten solche wie ihr, nämlich Kinder, für’s Eisessen ins Lager gesteckt wurden. […]
    Offensichtlich ist es möglich, den historischen Fokus, der 1987 bis 1991 gesetzt wurde, einfach zu wiederholen. Mit dem bisherigen Resultat waren die Auftraggeber nicht zufrieden: Denn wir sind wieder hervorgekrochen und fluchen nun, was das Zeug hält. Nun gut, sagen sie, dann fangen wir euch eben eure Zukunft weg: eure naiv dreinschauenden Erben. Und sie sind äußerst erfolgreich auf ihrem Fang: 500.000 Likes – das ist ein ganz veritabler Maidan, ein Versammlungsplatz gefüllt bis in die letzte Ecke.
    ~~~Смысл фильма банален до легкой тошноты. Автор говорит: дети, сейчас я вам расскажу, почему вы ничего не должны этой мерзкой стране, где в былые времена таких же, как вы, детей сажали за съеденное мороженое. <…>
    Оказывается, фокус, который был произведён в 1987—1991 гг. — вполне можно еще раз повторить. Прежним результатом заказчики не удовлетворены: мы как-то выползли и отругиваемся теперь. Ну, ладно, сказали они, мы своруем у вас ваше будущее: ваших лупоглазых наследников. И более чем успешно воруют. Пятьсот тысяч лайков — это вам, имейте в виду, хорошая майданная площадь, заполненная до краёв.[/bilingbox]

    erschienen am 29.04.2019, Original

    The New Times: Guter Grund für Optimismus!

    Nicht nur die Doku selbst hat in Russland für Aufsehen gesorgt, auch die implizite Kontroverse zwischen Prilepin und Dud ist ein großes Thema. Auf The New Times sieht der Politologe und Schriftsteller Fjodor Krascheninnikow diesen Streit entschieden: 

    [bilingbox]Der Streit zwischen Prilepin und Dud ist grundlegend: Es geht darum, wer die Jugendlichen in die Zukunft führt und wie diese Zukunft einst werden wird. […]
    Die Niederlage Prilepins und seinesgleichen war unausweichlich, weil all ihre faulige UdSSR-Nostalgie, all ihre masochistische Liebe zu Stalin-Stiefeln, ihr gewissenloses Jonglieren mit Orden toter Kriegsveteranen und das Posieren in Soldatenmänteln, all die Sagen über den Donbass, den provinziellen Hass gegen Amerika und Europa – all das kannst du nicht denen verkaufen, die mit dem Internet geboren sind und ihr Leben lang damit gelebt haben. Diese junge Menschen interessiert kein Prilepin, der über den Donbass redet, sie interessiert Dud, wenn er über Kolyma spricht – und das lässt Optimismus aufkommen!~~~Спор Прилепина и Дудя принципиален, и он о том, кто поведет молодежь в будущее и каким это будущее станет. <…>
    Поражение Прилепина и ему подобных неизбежно, потому что всю их протухшую ностальгию по СССР, всю их мазохистскую любовь к сапогам тов. Сталина, их бессовестное жонглирование медалями умерших ветеранов и позирование в мундирах, все эти былины про Донбасс и провинциальную ненависть к Америке и Европе — всё это не продать тем, кто родился и прожил всю жизнь в интернете. Им, этим ребятам, не интересен Прилепин про Донбасс, им интересен Дудь про Колыму — и это хороший повод для оптимизма![/bilingbox]

    erschienen am 06.05.2019, Original

    Spektr: Wenn man lange in einen Abgrund schaut …

    Semjon Nowoprudski betrachtet Duds Kolyma als „die größte Tat des gegenwärtigen russischen Journalismus“. Auf Spektr argumentiert er für seine These:

    [bilingbox]Kolyma ist in Duds Film ein Gebiet von schönster Natur und absoluter Hoffnungslosigkeit, was das Leben angeht. So kann man nicht leben. Hier kann man nicht leben. Hier herrscht ewiges Eis. Ewiges Eis und die ewige Scheußlichkeit der Verwüstung in den Seelen von Millionen Russen. Dieser Film und die Reaktion darauf ergeben ein Blutbild – es ist der Versuch der Russen, öffentlich über ihre schlimmste Tragödie zu sprechen. 
    In der russischen Geschichte ist immer viel Blut geflossen. Die Machthaber haben das Volk immer als „menschliches Material“ angesehen, als „Personal“, jetzt auch noch als „Elektorat“. Dieser Film – beinahe mutet er unterhaltsam, ruhig an, mit Elementen aus dem ganz normalen Leben – erweist sich als Möglichkeit für unsere Nation, in den Abgrund zu schauen. Und dort ihr Spiegelbild zu sehen.~~~Колыма в фильме Дудя предстает территорией красоты природы и абсолютной безнадежности уклада жизни. Так жить нельзя. Здесь жить нельзя. Это вечная мерзлота. Но мерзлота и мерзость запустения в душах миллионов россиян. Этот фильм и реакция на него дают «общий анализ крови» — становятся попыткой россиян публично проговаривать свою самую главную трагедию. В российской истории всегда лилось много крови. Власть всегда считала людей «человеческим материалом», «личным составом», теперь вот еще «электоратом». Этот фильм, вроде бы почти развлекательный, спокойный, с элементами обычной нормальной жизни, оказался способом для нации заглянуть в бездну. И увидеть там свое отражение.[/bilingbox]

    erschienen am 07.05.2019, Original

    dekoder-Redaktion

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    Infografik: Russlands Verhältnis zu den USA

    Wieso ist Stalin heute so populär?

    „Der Geschichte sind die Augen verbunden“

    „Wir müssen die Erinnerung wiederbeleben“

    Stalins Henker

    Monumentale Propaganda

  • Debattenschau № 75: Was bedeutet Selenskys Sieg für Russland?

    Debattenschau № 75: Was bedeutet Selenskys Sieg für Russland?

    Der Schauspieler und Comedian Wolodymyr Selensky hat die Präsidentschaftswahl in der Ukraine gewonnen. Über 61 Prozent der Wahlberechtigten nahmen an der Wahl teil, Hochrechungen am Montag zufolge bekam Selensky rund 73 Prozent der Stimmen, Petro Poroschenko etwa 25 Prozent. Damit hat der Polit-Neuling den bisherigen Amtsinhaber haushoch besiegt. 

    Was bedeutet der Sieg von Selensky für Russland? Was könnte sich in den ukrainisch-russischen Beziehungen ändern? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in russischen Medien.
     

    Wie die Ukraine gewählt hat – unsere interaktive Ukraine-Wahlkarte.

    Zargard.tv: Der Präsidenten-Stuhl

    Wladimir Solowjow, polarisierender Moderator im Staatsfernsehen, ruft dazu auf, die ukrainische Wahl nicht anzuerkennen. In einem Gespräch mit dem Fernsehsender Zargrad sagt er, dass er vom neuen Präsidenten nichts erwarte:  

    [bilingbox]Wie irgendein ausländischer Diplomat ganz richtig sagte: Statt Selensky hätte auch ein Stuhl antreten können. Selbst der hätte gegen Poroschenko gewonnen.~~~как правильно говорил кто-то из иностранных дипломатов, вместо Зеленского мог быть стул. И то он победил бы Порошенко[/bilingbox]

    erschienen am 22.04.2019, Original


    Facebook/Lilija Schewzowa: Wenden wir uns wieder uns selbst zu!

    Die Ukraine beherrschte die russischen Schlagzeilen – gerade in kremlnahen Sendern wurde sehr kritisch über die Entwicklungen berichtet. Auf Facebook beurteilt Politologin Lilija Schewzowa die Folgen des ukrainischen Wahlausgangs für Russland auch vor diesem Hintergrund:

    [bilingbox]Die russische Fraktion rätselt, was für ein Präsident Wolodymyr Selensky wohl werden wird. Was für einer auch immer er wird, er wird die nationalen Interessen der Ukraine verteidigen. Andernfalls wird ein neuer Maidan über sein Schicksal entscheiden. Außerdem wird Selensky nicht das einzige Zentrum der Macht sein in der Ukraine, die es vermochte, ein System der checks and balances aufzubauen. Möglicherweise ist entscheidender, wie die Machtverhältnisse in der Rada sind und wer der neue Premier wird. Das ist eine uns völlig unverständliche Realität. Wir, die wir an Alleinherrschaft gewöhnt sind, fühlen uns verloren, wenn wir viele widerstreitende Kräfte sehen, und empfinden sie als Chaos. […]
    Klar, es ist peinlich, ein ausgestoßener Staat zu sein. Noch peinlicher ist es, auf Gleichgültigkeit zu stoßen. Aber wenn Russland seine Würde und Zukunftsperspektive zurückerlangen will, müssen wir das Leiden an der Ukraine überwinden und uns endlich mit unseren Angelegenheiten beschäftigen.~~~

    Российская тусовка гадает, каким президентом станет Владимир Зеленский. Каким бы он ни стал, он будет защищать украинские национальные интересы. Иначе новый Майдан решит его участь. Причем, Зеленский не будет единственным центром власти в Украине, которая сумела создать систему противовесов. Возможно, важнее будет новое соотношение сил в Раде и кто станет новым премьером. Это непонятная для нас реальность. Мы, привыкшие к единовластию, теряемся, когда видим множество противоборствующих сил, считая это хаосом. 

    […]

    Конечно, быть отвергнутой державой обидно. Встречать равнодушие еще обиднее. Но если Россия хочет вернуть себе достоинство и видение будущего, придется переболеть Украиной и заняться своими делами.[/bilingbox]

    erschienen am 22.04.2019, Original

    Kommersant: Neue Rhetorik?

    Die unabhängige Zeitung Kommersant zitiert den berühmten Staatsjournalisten Dimitri Kisseljow: Dieser bemerkte, dass Selensky die Separatisten aus dem Donbass „Aufständische“ nenne:

    [bilingbox]Für sich genommen, bedeutet das Wort „Aufständische“, dass es ein innerukrainischer Konflikt ist, dass es ein innerukrainischer Krieg ist. Moskau ist kein Teil dieses Konflikts. Poroschenko fürchtete das Wort „Aufständische“ wie der Teufel das Weihwasser. Selensky hat keine Angst davor. […] Selensky verspricht, im Normandie-Format zu handeln und den Minsker Prozess fortzusetzen. Für seine erstrangige Aufgabe hält er, so wie er sagt, die Rückkehr aller Verhafteten in die Ukraine. Auch ein Waffenstillstand gehört zu den prioritären Aufgaben des neuen Leaders der Ukraine.
    ~~~Само по себе слово „повстанцы“ обозначает, что конфликт внутриукраинский, а война внутригражданская. Москва стороной конфликта не является.[…] Порошенко боялся „повстанцев“ как черт ладана. Зеленский этого слова не боится. […] Зеленский обещает действовать в нормандском формате и продолжить минский процесс. Своей первостепенной задачей считает возвращение на Украину, как он выразился, всех заключенных и пленных. Прекращение огня в Донбассе также остается приоритетной задачей для нового лидера Украины.[/bilingbox]

    erschienen am 22.04.2019, Original

    Republic: Begrenzt positive Agenda

    Politologe Wladimir Frolow überlegt auf Republic noch vor der Stichwahl am Sonntag, wie sich die ukrainisch-russischen Beziehungen unter einem Präsidenten Selensky wohl gestalten würden. Sein positives Szenario fällt nur kurz aus:

    [bilingbox]Bislang kann man aus dem, was Selensky im Wahlkampf öffentlich sagte, den Schluss ziehen, dass er womöglich von aggressiver Rhetorik absehen und eine ruhigere Diskussionsatmosphäre aufbauen wird, etwa, was Fragen nach Verkehrsverbindungen angeht (Wiedererrichtungen direkter Flugverbindungen, des Güterverkehrs), das Aufheben einzelner Sanktionen, den Zugang zu Märkten bestimmter Güter. […]
    Klar, die Rede ist keinesfalls von der Rückkehr in die Zeiten vor 2014 und von Beziehungen „brüderlicher Länder”. Selensky kann die russische Hoheit über die Krim nicht anerkennen. […]. 
    Selensky fordert [aber] auch, die künstlichen Beschränkungen für den Gebrauch des Russischen in der Ukraine zu beseitigen. […] Solche Schritte, wenn sie denn gemacht werden, bringen das Eis zum Schmelzen und sie werden vom Kreml angemessen bewertet werden. […]
    Doch das ist eine begrenzte positive Agenda. Sie basiert unweigerlich darauf, dass Fortschritte im Donbass erzielt werden oder bricht wieder in sich zusammen, sobald unüberwindliche Differenzen bei der Umsetzung des Minsker Abkommens auftreten.~~~Пока из того, что публично наговорил Зеленский в ходе кампании, можно сделать вывод о возможном отказе от агрессивной риторики и создании более спокойной атмосферы для обсуждения, например, нормализации транспортного сообщения (восстановление прямых авиарейсов, транзита грузов), снятия отдельных санкционных ограничений, доступа на рынки по отдельным товарным позициям. […]
    Разумеется, ни о каком возвращении к временам до 2014 года и отношениям «братских стран» речь не идет. Зеленский не сможет признать российский суверенитет над Крымом […]. Зеленский призывает также к снятию искусственных ограничений на использование русского языка на Украине […]. Такие шаги, если они будут сделаны, растопят лед и будут правильно оценены Кремлем. […]
    Но это ограниченная позитивная повестка. Она неизбежно упирается в достижение прогресса по Донбассу или же вновь рушится при возникновении непримиримых разногласий вокруг реализации Минских соглашений.[/bilingbox]

    erschienen am 19.04.2019, Original

    Facebook/Konstantin von Eggert: Leb wohl, Ukraine!

    Der unabhängige Journalist Konstantin von Eggert resümiert über die Wahl in der Ukraine auf Facebook:

    [bilingbox]Die Ukraine hat sich als Demokratie vollständig etabliert. Einen Moskau-nahen Präsidenten wird es dort nicht geben, denn das wird die Gesellschaft nicht zulassen. Wenn Selensky nicht gefällt, werfen sie ihn raus und wählen den nächsten, sei es ein Karpaten-Ungar, eine Frau, ein Zahnarzt, der ehemalige Botschafter in Kairo oder ein Schwuler. Und uns mit unserem ewigen Putin werden sie nicht fragen. Wie Sergej Medwedew sagt, „die Nation ändert die Realität”. Leb wohl, Ukraine! Danke dir. Wir werden uns auch bemühen.~~~Украина полностью состоялась как демократия. Никакого промосковского президента там не будет, потому что не позволит общество. Если Зеленский не понравится, выгонят и изберут себе карпатского венгра. Женщину. Дантиста. Бывшего посла в Каире. Гея. И нас с нашим вечным Путиным не спросят. Как говорит Сергей Медведев, “нация меняет реальность». Прощай, Украина! Спасибо тебе. Мы тоже будем стараться.[/bilingbox]

    erschienen am 21.04.2019, Original

    Facebook/Sacharowa: Die Möglichkeit eines Resets

    Auf Facebook zeigt sich die Außenamtssprecherin nach wochenlanger Kritik an dem Wahlkampf zwar versöhnlicher, dennoch spart Maria Sacharowa nicht an Spitzen:

    [bilingbox]Auch wenn ich das Backstage der Weltpolitik verstehe, sage ich dennoch: Die Ukraine kann einen Reset vollziehen. Nicht im Sinne der Umverteilung von Geldflüssen aus der einen in die andere Tasche. Sondern einen richtigen Reset, der dem Bewusstsein geschuldet ist, dass eine Konsolidierung des Volkes nicht mit Gewalt, sondern durch das Herausarbeiten einer Agenda für die ganze Nation zustande kommt. Damit es nächstes Mal nicht nötig sein wird, so wie jetzt Millionen eigener Bürger von den Wahlen auszuschließen.~~~При понимании всего мирового закулисья, всё равно скажу: Украина может осуществить перезагрузку. Не в смысле перераспределения денежных потоков из одних карманов в другие. А настоящую, основанную на осознании необходимости консолидации народа не на основе силы, а на основе выработки общенациональной повестки. Чтобы в следующий раз не пришлось как сейчас отключать от голосования миллионы собственных граждан.[/bilingbox]

    erschienen am 21.04.2019, Original

    Facebook/Ossetinskaja: Heikle Frage

    Auf Facebook stellt die renommierte Investigativ-Journalistin Jelisaweta Ossetinskaja eine delikate rhetorische Frage: 

    [bilingbox]Verzeihen Sie bitte – etwas Heikles: Wie können die Propagandisten die Ukraine jetzt noch als faschistischen Staat bezeichnen, wenn der Präsident nun ein Jude ist?~~~Извините, я о деликатном. А как пропагандисты теперь будут называть Украину фашистским государством, если там президент – еврей?[/bilingbox]

    erschienen am 22.04.2019, Original

     

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    Krym-Annexion

    Debattenschau № 74: Präsidentschaftswahl in der Ukraine

    Wir wollen es so wie in der Ukraine!

    „Der Kreml wird auf Chaotisierung abzielen“

  • Debattenschau № 74: Präsidentschaftswahl in der Ukraine

    Debattenschau № 74: Präsidentschaftswahl in der Ukraine

    Der Schauspieler und Comedian Wolodymyr Selensky hat die erste Runde der Präsidentschaftswahl in der Ukraine gewonnen. Über 63 Prozent der Wahlberechtigten nahmen an der Wahl teil, Selensky bekam rund 30 Prozent der Stimmen, Petro Poroschenko etwa 16 Prozent. Damit wird sich der Polit-Neuling dem Amtsinhaber in der Stichwahl stellen. Diese soll voraussichtlich am 21. April stattfinden.

    Die Ergebnisse der Präsidentschaftwahlen in unserer interaktiven Infografik
    Die Ergebnisse der Präsidentschaftwahlen in unserer interaktiven Infografik

    Schon im Vorfeld der Wahl schaute man in Russland gebannt auf den ukrainischen Wahlkampf: Die kremlnahen Medien prangerten unter anderem die angebliche Einmischung des US-Außenministeriums an, viele unabhängige Stimmen betonten demgegenüber, dass insgesamt 39 Kandidaten zur Wahl standen. Die Ukraine hatte also, so der Tenor, eine richtige Wahl – anders als Russland.

    Auch nach der Veröffentlichung der Wahlergebnisse ebbt die Diskussion nicht ab. Wer hat für wen gestimmt? Worin unterscheiden sich die Ukraine und Russland? Und was bedeutet die Wahl für die Beziehungen zwischen den beiden Ländern? dekoder bringt Ausschnitte aus russischen und ukrainischen Medien. 

    Ukrajinska Prawda: Ukraine ist nicht Russland

    Waleri Pekar, ukrainischer Unternehmer und Mitbegründer der Bürgerplattform Neues Land, kommentiert auf der Online-Plattform Ukrajinska Prawda den Wahlausgang und fragt nach den Hintergründen: 

    [bilingbox]Also, was haben wir?

    Echte Demokratie ist, wenn die Wahlergebnisse überraschend sind. Wir können uns gratulieren: Die Ukraine ist nicht Russland, die Ukraine ist Europa. 

    In den reifen Demokratien gibt es normalerweise einen dominierenden Diskurs, zum Beispiel Migration, oder Wirtschaft, oder Umweltschutz. Bei uns sind drei Diskurse zusammengekommen. 
    Diejenigen, für die das wichtigste Phänomen im Leben des Landes der Krieg ist, haben den Oberbefehlshaber gewählt, obwohl sie sich seiner Defizite in anderen Bereichen bewusst sind. Diejenigen, die den Wechsel der politischen Elite für das zentrale Erfordernis halten, haben ein neues Gesicht gewählt, obwohl sie sich seiner Defizite bewusst sind oder auch nicht. Und diejenigen, für die das wichtigste Problem Armut ist, haben die wichtigste Kämpferin gegen die Armut gewählt. 
    Die Ergebnisse der Wahl stehen noch nicht fest. Bis jetzt kann man nur eins sagen: Timoschenko hat verloren.~~~Отже, що ми маємо?

    Реальна демократія – це коли підсумки голосування є сюрпризом. Привітаймо себе: Україна таки не Росія, Україна – це Європа.
    У зрілих демократіях зазвичай на виборах є панівний дискурс: наприклад, міграція, або економіка, або екологія. У нас зіткнулися три різні дискурси. Ті, для кого головним явищем у житті країни є війна, обирали верховного головнокомандувача, усвідомлюючи його недоліки в інших сферах.

    Ті, для кого головною потребою є заміна політичних еліт, обирали нове обличчя, усвідомлюючи його недоліки чи не усвідомлюючи. Ті, для кого головне явище – зубожіння, обирали головного борця із зубожінням. Результати виборів ще не визначені. Поки що можна сказати лише одне – Тимошенко програла.[/bilingbox]

    erschienen am 31.03.2019, Original

    Rossijskaja Gazeta: „Fifty Shades of Grey“

    Konstantin Kossatschew, Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, kehrt in der Rossijskaja Gazeta gängige Vorwürfe gegen Russland um: 

    [bilingbox]Die Ergebnisse des ersten Wahlgangs waren durchaus naheliegend. Und das nicht, weil sie einem vorhersagbaren Schema folgen: Im Grunde genommen gibt es in der Ukraine keine politischen Kräfte mehr, der Raum ist von Alternativen gesäubert, die Bürger haben die Möglichkeit zwischen „Fifty Shades of Grey“ zu wählen.

    Der Weg in die EU und die NATO wird jetzt als nationaler Konsens ausgegeben. Tatsächlich aber ist die Situation künstlich geschaffen worden über die Staatspropaganda und als Abrechnung mit den Nichteinverstandenen.  
    Die Ukraine hat also nicht zwischen Russland und Europa gewählt. Denn ein Kandidat, der gewagt hätte, ein freundliches Wort über unser Land zu sagen, wäre nicht einfach nur einer Hetzjagd ausgesetzt gewesen, sondern hätte zumindest seine Gesundheit aufs Spiel gesetzt.
    Die Ukraine hat nicht zwischen Korruption und dem Kampf gegen sie gewählt – es ist mittlerweile klar, dass es auch beim Maidan nicht darum ging. Und jetzt wird der gewählt, der die Korruption anführt mit einer Rhetorik ihrer Bekämpfung – für die Ohren westlicher Sponsoren.~~~Итоги первого тура были вполне очевидными. И дело не в какой-то предсказуемой схеме: по сути, на Украине не осталось никаких политических сил, пространство зачищено от альтернатив, гражданам предлагается выбирать из „пятидесяти оттенков серого“. Это выдается за общенациональный консенсус по поводу пути страны в ЕС и НАТО, но на деле ситуация создана искусственно усилиями госпропаганды и расправ над несогласными. Поэтому Украина не выбирала между Россией и Европой – ибо кандидат, рискнувший сказать доброе слово про нашу страну, был бы не просто затравлен, но рисковал бы как минимум здоровьем.

    Украина не выбирала и между коррупцией и борьбой с нею – уже ясно, что сам майдан был не про это. И сейчас выбирают, кто возглавит коррупцию под риторику о борьбе с нею для спонсорских западных ушей.[/bilingbox]

    erschienen am 01.04.2019, Original

    The New Times: Dann wählen wir eben nochmal neu

    Journalist Iwan Dawydow schreibt auf The New Times, dass die unabhängigen Stimmen in Russland deshalb so neidisch auf die Ukraine seien, weil der Wahlausgang dort – anders als in Russland – unberechenbar sei. Dies sei aber kein Wert an sich, meint Dawydow – es gebe wichtigere Sachen:

    [bilingbox]Da hier tatsächlich überall viel über die Ukraine gesprochen wird, erzähle ich jetzt von einem Gespräch, dessen Zeuge ich zufällig wurde. Russen, wie das bei Russen so üblich ist, wollten einen Ukrainer belehren und erklärten ihm, wer denn nun zu wählen sei. Der Ukrainer hatte vor, Selensky zu wählen. Umgehend wurden ihm die Augen geöffnet: „Selensky ist ein Clown“, „Selensky ist eine Marionette von Kolomojskyj“, „Selensky ist ein Agent des Kreml“, „Selensky hat weder politische noch Leitungserfahrung“. […]
    Wichtig ist nur die Antwort des Ukrainers: „Nun, wenn er uns nicht gefällt, wählen wir neu“, sagte er ganz ruhig.
    Und genau das war bitter. Bitter für Russland. Dieser banale Gedanke ist in unserem Land ganz unmöglich geworden. Die Staatsmacht ist kein Monument. Der Präsident ist ein angestellter Manager und kein ewiges Problem. Die Bürger können einfach loslegen und einen anderen wählen. Und all das ist kein spezielles Wunder. Sondern eine ganz normale, natürliche Sache.~~~Поскольку разговоров про Украину и правда много вокруг, я перескажу один, которому стал случайным свидетелем. Россияне, как это у россиян принято, учили украинца жизни и объясняли, за кого правильно голосовать. Украинец собирался голосовать за Зеленского… Ему тут же открыли глаза: «Зеленский — клоун», «Зеленский — ставленник Коломойского», «Зеленский — агент Кремля», «у Зеленского нет ни политического, ни управленческого опыта». <…>

    Важен только ответ украинца. «Ну, не понравится, — переизберем», — спокойно сказал он.

    И вот это было обидно. Для России обидно. Эта банальная мысль сделалась на родине какой-то совсем невозможной. Власть — не монумент. Президент — нанятый менеджер, а не вечная проблема. Граждане могут просто взять и выбрать другого. И в этом нет никакого особенного чуда. Обычное дело, естественная вещь.[/bilingbox]

    erschienen am 01.04.2019, Original

    Izvestia: Zweifel an Legitimität 

    Nach jeder Wahl, die in den letzten Jahren in Russland stattfand, wurde der Kreml wegen Wahlfälschungen kritisiert. Nun dreht der staatsnahe Politologe Denis Denissow in der Zeitung Izvestia den Spieß um:

    [bilingbox]Unterdessen bewahrheiten sich die negativsten Prognosen bezüglich Wahlfälschung und Verstößen, die diese Wahlen begleiten. Umso interessanter wird es sein, die Aufbereitung und Veröffentlichung des Wahlberichts seitens des wichtigsten Beobachters zu verfolgen: des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE.

    Die Legitimität der Wahlergebnisse wird stark angezweifelt. Das heißt, wie beim Chagrinleder, schrumpft auch die Möglichkeit ihrer Anerkennung immer weiter.~~~Между тем оправдываются самые негативные прогнозы относительно фальсификаций и нарушений, которые сопутствуют этим выборам. Тем интереснее будет наблюдать за подготовкой и опубликованием отчета о выборах со стороны основного мониторщика избирательного процесса — БДИПЧ ОБСЕ.
    <…>
    Легитимность результатов голосования вызывает очень большие сомнения. А значит, как шагреневая кожа, сокращается и возможность их признания.[/bilingbox]

    erschienen am 01.04.2019, Original

    Echo Moskwy: Putin hat gewonnen

    Der Blogger Alexander Gorny argumentiert auf Echo Moskwy dialektisch und macht Putin zum einenden Feindbild:

    [bilingbox]Faktisch hat Wladimir Putin die ukrainischen Wahlen gewonnen, obwohl das vielen noch nicht bewusst ist. Putin war der, der all die Jahre die politische Agenda der Ukraine geformt und die Ukraine vor dem Auseinanderbrechen bewahrt hat.
    Die ukrainischen Wahlen haben viele aufgeweckt. Alle scharwenzeln um die drei Kiefern und fragen sich, welche die höchste und schönste ist. Kann uns doch völlig egal sein, oder? Wer auch immer gewinnt, die russisch-ukrainischen Beziehungen sind auf Jahrzehnte verdorben, die Krim kommt nicht zurück und der Donbass wird noch noch lange eine Zone der Instabilität bleiben. ~~~По факту на украинских выборах победил Владимир Путин, хотя многие этого еще не осознали. Именно Путин был тем, кто формировал украинскую повестку все эти годы и сшил разваливающуюся Украину.
    Украинские выборы возбудили многих. Все бродят вокруг трех сосен и пытаются понять, какая из них выше и краше. Да какая для нас разница? Кто бы не победил, российско-украинские отношения испорчены на десятилетия, Крым не вернется, а Донбасс еще долго будет зоной нестабильности.[/bilingbox]

    erschienen am 01.04.2019, Original

    Nowoje Wremja: 15 Jahre Diskussionskultur

    Witali Ssytsch, Chefredakteur des ukrainischen Mediums Nowoje Wremja, stellt Fortschritte in der Ukraine fest und schaut auf die ehemaligen Nachbarn im Ostblock:

    [bilingbox]Heute habe ich verstanden, was für einen langen und beschwerlichen Weg wir in den letzten 15 Jahren gegangen sind. […] Es sind eine Menge an institutionellen Mechanismen entstanden zum Mandatsentzug, zur Kontrolle über die Politiker und zum Machtwechsel. Und eine ganze Kultur der politischen Diskussion und Konkurrenz.
    In dieser Hinsicht sind wir in diesen 15 Jahren weit gekommen. Die ehemaligen Nachbarn im Ostblock – so wie Russland, Belarus und Kasachstan – müssen noch einen langen und nicht einfachen Weg gehen. Für den Anfang wäre es nicht schlecht, wenn Lukaschenko, Putin und Nasarbajew zu dritt wenigstens einen einzigen lebhaften und nennenswerten Konkurrenten bekämen.~~~Сегодня понял, какой большой и трудный путь мы прошли за последние 15 лет. <…> появилось множество институциональных механизмов по отзыву полномочий, контролю над политиками и переходу власти. Ну и целая культура политической дискуссии и конкуренции.
    В этом вопросе мы далеко зашли за 15 лет. Бывшим соседям по соцлагерю – вроде России, Беларуси и Казахстана – придется пройти очень длинный и непростой путь. Для начала было бы неплохо, чтобы у Лукашенко, Путина и Назарбаева на троих появился хотя бы один живой и значимый конкурент.[/bilingbox]

    erschienen am 01.04.2019, Original

    dekoder-Redaktion

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    „Ich habe sie im Genick getroffen“

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  • Debattenschau № 73: No Conspiracy – und jetzt?!

    Debattenschau № 73: No Conspiracy – und jetzt?!

    No Conspiracy zwischen Trump und Russland: Der Abschlussbericht des US-Sonderermittlers Robert Mueller sieht keine Beweise dafür, dass es eine strafbare Zusammenarbeit zwischen Trumps Wahlkampfteam und russischen Stellen gab. Obwohl Trump sich schon kurz nach der Verkündigung des Berichts in einem Tweet als entlastet sah („Total EXONERATION. KEEP AMERICA GREAT!“) – der Vorwurf, er habe die Justiz an den Ermittlungen behindert, ist nicht ausgeräumt. 
    Außerdem sieht der Bericht eine russische Einmischung in die US-amerikanischen Wahlen als erwiesen an – durch Troll-Kampagnen in Sozialen Medien und Hackerangriffe auf das Team um Trump-Rivalin Hillary Clinton. So wurden im Laufe der Ermittlungen auch 25 russische Staatsbürger angeklagt.

    Was bedeutet der Mueller-Bericht für die russisch-amerikanischen Beziehungen? Und wie politisch motiviert waren die Ermittlungen? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in russischen Medien.

    Fontanka: Lächerlich

    Die Petersburger Online-Zeitung Fontanka zitiert die offizielle Stellungnahme des russischen Außenministeriums. Dieses kehrt die gängigen Vorwürfe gegen Russland um: 

    [bilingbox]Um die überflüssige Tätigkeit der riesigen Ermittlungs-Brigade zu rechtfertigen, muss man, was die im letzten Jahr vorbereiteten Anklagen von 25 russischen Bürgern angeht, festhalten, dass sie einfach lächerlich wirken.
    Die politische Motivation des Ganzen ist derart offensichtlich, dass man sie nicht anders bezeichnen kann denn als Schande der US-amerikanischen Justiz.~~~Что касается подготовленных в прошлом году, чтобы хоть как-то оправдать бесполезную деятельность огромной следственной бригады, обвинительных заключений в отношении 25 российских граждан, то они выглядят просто смехотворно. Политическая мотивированность этих дел настолько очевидна, что их невозможно охарактеризовать иначе, как позор американской юстиции.[/bilingbox]

    erschienen am 25.03.2019, Original

    Snob: Weiße Weste

    Der Journalist Konstantin Eggert fragt auf Snob nach den möglichen Folgen des Berichts für die Staatspropaganda:

    [bilingbox]Der Kreml wird nicht viel zu diesem Thema sagen, weil es in Muellers Ermittlungen um die Verbindungen von Trumps Wahlkampagne mit Moskau ging. Man muss festhalten, dass es höchstwahrscheinlich keine Zusammenarbeit von Trump mit dem Kreml gab. Wenngleich man Russlands Einmischung in die US-Wahlen als bewiesen ansehen kann. Ich glaube, dass die Geschichte mit der Einmischung und möglicherweise auch mit den Sanktionen noch nicht zu Ende ist. Womöglich werden die russischen staatsnahen Medien die Nachricht über Trumps Unschuld durch die Nachricht ersetzen, dass Russland überhaupt nichts damit zu tun habe. Die offizielle Propaganda wird diesen Gedanken pushen.~~~Кремль […]не будет много говорить на эту тему, потому что расследование Мюллера касалось именно связи предвыборной кампании Трампа с Москвой. Нужно понимать, что сотрудничества Трампа с Кремлем, скорее всего, не было. Однако факт вмешательства России в американские выборы можно считать доказанным. Думаю, история со вмешательством и, возможно, также и с санкциями не закончена.
    Вполне возможно, что российские прогосударственные СМИ будут пытаться заменить новость о том, что Трамп ни в чем не виноват, словами о том, что Россия вообще ни при чем. Официальная пропаганда будет проталкивать эту мысль.[/bilingbox]

    erschienen am 26.03.2019, Original

    RIA Nowosti: Absurde Geschichte

    Die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti zitiert die Außenamt-Sprecherin Maria Sacharowa. Dass der Sonderermittler Robert Mueller in seinem Bericht russische Hacker erwähne, das sei eine „absurde Geschichte“, meint sie und fragt rhetorisch:

    [bilingbox]Können Sie sich vorstellen, dass die USA mit ihrem mächtigen milliardenschweren Militärbudget, mit ihrer fortschrittlichen Informationssicherheit – dass diese USA von 25 Hackern angegriffen wurden, die versucht haben, die US-Wahlen zu beeinflussen?~~~Можете себе представить, что США с самым мощным миллиардным военным бюджетом, с самой передовой информационной защитой подверглись нападению 25 хакеров, которые совершили попытку повлиять на американские выборы?[/bilingbox]

    erschienen am 25.03.2019, Original

    Facebook/Karina Orlova: Viele kleine Putins

    Echo Moskwy-Journalistin Karina Orlova versteht auf Facebook die Häme russischer Kollegen nicht:

    [bilingbox]Dass die Ermittlungen von Mueller weder mit Beschuldigungen gegen den Hauptverdächtigen begannen noch damit schlossen, zeugt nur davon, dass die USA nicht Russland sind, wo die Gerichte 0,3 Prozent Freisprüche fällen und das Ermittlungskomitee denkt, dass das sehr viel ist. Das gibt es nur in Russland: Wenn eine strafrechtliche Verfolgung begonnen hat, liegt die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs bei 0,3 Prozent.

    Und den russischen Kommentatoren und Journalisten, die Muellers Ermittlungen hämisch als „heiße Luft“ abtun, sollten lieber mal darüber nachdenken, warum die Gesellschaft in Russland, wohin sie sich auch dreht und wendet, immer bei einer Freispruchquote von 0,3 Prozent landet. Vielleicht ist ja das Problem gar nicht so sehr Putin als vielmehr, dass ein kleiner Putin mit verdrehten und totalitären Gedanken in fast jedem von uns lebt.~~~А то, что расследование Мюллера было начато и не закончилось обвинениями против подозреваемого по главному пункту, говорит только о том, что США не Россия, где суды выносят 0.3% оправдательных приговоров, а Следственный Комитет считает, что это очень много. Это только в России, если уголовное расследование начато, то на оправдание можно рассчитывать с вероятностью в 0.3%. 

    А тем из российских комментаторов и журналистов, кто со злорадством объявляет расследование Мюллера «пшиком» или «горой, родившей мышь», лучше бы задуматься, почему в России общество, куда бы оно не шло, всегда приходит к состоянию в 0.3% оправдательных приговоров. Может быть, проблема не столько в Путине, но в том, что свой маленький путин, с его искривленным и тоталитарным мышлением, живет почти в каждом из них.[/bilingbox]

    erschienen am 25.03.2019, Original

    Facebook/Wolkow: Der gesunde Menschenverstand hat gewonnen

    Oppositionspolitiker Leonid Wolkow teilt auf Facebook sowohl gegen Putin als auch gegen Trump aus: 

    [bilingbox]Ich mag Putin nicht.
    Ich mag Trump nicht.
    Ich verehre, achte, vergöttere den gesunden Menschenverstand und freue mich jedes Mal, wenn er gewinnt. 
    Ockhams Rasiermesser genügt, um sich darüber klar zu werden, dass es keiner Verschwörung zwischen Trump und Putin bedarf, um alle zu beobachtenden Fakten zu erklären. Also gab es auch keine Verschwörung. Bei schlechten Menschen treffen sich die Gedanken und Ziele auch ohne eine solche, auf ganz natürliche Art und Weise.
    Sonderermittler Mueller brauchte knapp zwei Jahre, um sich ebenfalls genau darüber klar zu werden. Gut, dass es nicht noch mehr, schade, dass es nicht weniger waren. 
    Aber insgesamt freue ich mich geradezu.~~~Не люблю Путина. 
    Не люблю Трампа.
    Обожаю, уважаю, боготворю здравый смысл, и каждый раз радуюсь его победе.
    Принцип бритвы Оккама абсолютно достаточен для того, чтобы понять, что никакой conspiracy между Трампом и Путиным не требуется для того, чтобы объяснить все наблюдаемые факты. А значит ее и не было. Просто у плохих людей мысли и цели сходятся и без того, совершенно естественным образом.
    Спецпрокурору Мюллеру понадобилось два с лишним года для того же самого. Хорошо, что не больше; жаль, что не меньше.
    Но в целом вот прямо радуюсь.[/bilingbox]

    erschienen am 24.03.2019, Original

    Republic: Trumps Wahlversprechen

    Eine Konspiration des Wahlkampfstabs von Trump mit russischen Behörden wurde nicht nachgewiesen. Wird Trump nun die Beziehungen zum Kreml verbessern? Auf diese Frage geht der Außenpolitik-Experte Wladimir Frolow auf Republic ein: 

    [bilingbox]Hat sich der Einsatz bei diesem Spiel überhaupt gelohnt? Kurzfristig nicht – den russisch-amerikanischen Beziehungen hat er geschadet: Trump waren die Hände gebunden, der Sanktionsdruck auf Russland hat sich erhöht und wird vorerst nicht nachlassen. Die Sanktionen stehen in Verbindung zu der unterdessen nachgewiesenen Einmischung in die Wahlen, und nicht zur Existenz oder Nichtexistenz eines Deals mit Trump.
      
    Doch langfristig haut alles hin: Trump wurde – nicht ohne unsere Hilfe – Präsident, und Clinton nicht. Und heute, nach dem entlastenden Untersuchungsergebnis, kann Trump – woran Putin ihn unermüdlich erinnert – endlich sein äußerst wichtiges Wahlversprechen einlösen und die Beziehungen zu Russland verbessern. Doch warum schickt Russland ausgerechnet jetzt Flugzeuge mit Militärs nach Venezuela?~~~Стоила ли вообще эта игра свеч? В краткосрочном плане нет – российско-американские отношения это только ухудшило, Трамп был скован по рукам и ногам, санкционный прессинг на Россию усилился и пока не ослабнет. К санкциям имеет отношение именно вмешательство в выборы, ныне доказанное, а не наличие или отсутствие сговора с Трампом.

    Но в долгосрочном плане все получилось: Трамп, не без нашей помощи, стал президентом, а Клинтон – нет. И сегодня, после оправдательного результата расследования, Дональд Трамп, как не устает ему напоминать Владимир Путин, может, наконец, выполнить свое важнейшее предвыборное обещание – улучшить отношения с Россией. Только зачем России посылать прямо сейчас самолеты с военными в Венесуэлу?[/bilingbox]

    erschienen am 26.03.2019, Original

    Facebook/Alexander Etkind: Trumps Mauer gegenüber Russland

    Auch Historiker Alexander Etkind fragt auf Facebook nach den russisch-amerikanischen Beziehungen. Er meint, Trump werde sich nun gegenüber Russland stark abgrenzen:

    [bilingbox]Merkwürdig ist schon, wie sich die russischsprachigen Freunde über das Ergebnis der Ermittlungen freuen. Mueller hat das Vorhandensein, die Größenordnung und Intention der russischen Einmischung nachgewiesen. Einen Komplott jedoch nicht: Es hatten sich keine Beweise finden lassen, dass Trump persönlich um Einmischung gebeten hat oder dass er deswegen gewonnen hat. Natürlich erinnern wir uns alle, wie er sich gefreut und um Zugabe gebeten hat; aber das war so etwas wie Sarkasmus. 
    Nun wird der frohe Trump beweisen, dass er über jeden Verdacht erhaben ist: Seine Mauer beginnt er nicht dahin bauen, wo es nötig wäre, sondern dahin, von wo in letzter Zeit die größte Gefahr in seinem Leben ausging. Und er wird sie mit der ihm eigenen Intelligenz und Konsequenz bauen. Aber das ist so etwas wie Sarkasmus.
    ~~~Странно как радуются русскоязычные друзья итогам расследования. Мюллер доказал наличие, масштаб и замысел российского вмешательства. Он не доказал наличие сговора: не нашлось доказательств того что о вмешательстве просил лично Трамп или что он от него выиграл. Правда мы все помним как он радовался и просил еще; но то был типа сарказм. Теперь радостный Трамп будет сам доказывать, что он вне подозрений. Свою стену он начнет строить не где придется, а там, откуда исходила самая большая в его жизни опасность. И будет ее строить со свойственными ему интеллектом и последовательностью. Но это типа сарказм[/bilingbox]

    erschienen am 25.03.2019, Original

    dekoder-Redaktion

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  • Debattenschau № 72: Rücktritt Nasarbajews – Blaupause für Putin?

    Debattenschau № 72: Rücktritt Nasarbajews – Blaupause für Putin?

    Am Mittwoch hat der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew seinen Rücktritt angekündigt. Er war schon 1989 Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Kasachischen Sozialistischen Sowjetrepublik, 1990 übernahm er nahtlos die Präsidentschaft des flächengrößten Landes Zentralasiens. 

    Mit Kasachstan verbindet Russland nicht nur die längste Landgrenze (rund 7600 Kilometer), sondern auch eine Nachbarschaft in den Ranglisten der Pressefreiheit oder Bürger- und Freiheitsrechte. Beide Länder gelten in der Politikwissenschaft als autoritäre, personalisierte Regime.

    Doch der Präsident Kasachstans tritt nur der Form halber ab, sind Beobachter sicher: als sogenannter Nationaler Leader (kas. Elbassy), Chef des Sicherheitsrats und Vorsitzender der Regierungspartei bleibe er tatsächlich an der Macht. Sein Interimsnachfolger Kassym-Jomart Tokajew soll ihm treu ergeben sein, in einer seiner ersten Amtshandlungen hat er vorgeschlagen, die Hauptstadt Kasachstans Astana in Nursultan umzubenennen. Beide Parlamentskammern votierten einen Tag später einstimmig für den Vorschlag. 

    In russischen Medien wird vor allem eine Frage debattiert: Kann das kasachische Modell des Machttransfers Blaupause für Russland sein? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte.

    Facebook/Maxim Trudoljubow: Das schwere Los eines Diktators

    Der Wissenschaftler und Journalist Maxim Trudoljubow zieht auf Facebook eine Parallele zwischen dem kasachischen und dem russischen Herrschaftssystem:

    [bilingbox]Lebendig, aus eigenen Stücken und mit Würde abzutreten, wenn auch nicht allzu weit weg – ist wahrscheinlich die größte Kunst des Leaders eines Landes wie Kasachstan. Und eines Landes wie Russland. Richtig umfassend abzutreten ist wahrscheinlich gar nicht möglich. Es ist schwierig, ein Diktator zu sein – entweder kehrst du siegreich oder tot zurück: Zwei Drittel der Leader personalisierter Regime sind Opfer von Umstürzen.~~~Уйти живым, самостоятельно и с достоинством, пусть и недалеко – наверное самое большое искусство лидера страны похожей на Казахстан. И на Россию. Уйди далеко вообще наверное нельзя. Трудно быть диктатором – ты или со щитом или на щите: две третьих лидеров персоналистских режимов жертвы переворотов.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2019, Original

    Facebook/Konstantin Sonin: Als Sieger gegangen

    Auch Konstantin Sonin, Wirtschaftsprofessor an der Moskauer HSE und an der University of Chicago, sieht Parallelen. Auf Facebook macht er aber auch auf wesentliche Unterschiede aufmerksam.

    [bilingbox]Klar, die „Erfolgsgeschichte“ Kasachstans ist die Geschichte eines Landes mit kleiner Bevölkerung und großen Ölvorkommen. Doch das Bruttoinlandsprodukt Kasachstans pro Kopf zeigt eine weit geringere Abhängigkeit von Weltmarktpreisen als das der diversifizierteren russischen Wirtschaft. Also wurden in Kasachstan bessere politische Entscheidungen getroffen.
    Ungeachtet wirtschaftlicher Erfolge, treten autoritäre Leader – und Nasarbajew war ein typischer autoritärer Leader – fast nie freiwillig zurück. Sie lassen ihr Volk hungern, nur um sich an der Macht zu halten (wie Ceaușescu und Maduro), sie zetteln Bürgerkriege an (wie Pol Pot oder Milošević) oder warten zumindest, bis die Massen zum Palast kommen und in ihrem Arbeitszimmer das Licht ausschalten. Im besten Fall sterben sie im Amt nach einigen Jahren der Stagnation. Nasarbajew ist erstaunlicherweise als Sieger gegangen. Und zwar, weil er aus freien Stücken gegangen ist.~~~Конечно, „история успеха“ Казахстана – это история страны с маленьким населением и большими запасами нефти. Но ВВП Казахстана на душу населения показывает куда меньшую зависимость от мировых цен, чем у более, казалось бы, диверсифицированной российской экономики. Значит, решения принимались более качественно.

    Независимо от экономических успехов, авторитарные лидеры – а Назарбаев был типичным авторитарным лидером – практически никогда не уходят с поста добровольно. Они морят население голодом, лишь бы удержаться у власти (как Чаушеску или Мадуро), они устраивают гражданские войны (как Пол Пот или Милошевич) или, как минимум, ждут пока толпа не подойдёт к дворцу и у них в кабинете не отключат свет. В лучшем случае умирают на посту после нескольких лет стагнации. Назарбаев, удивительно, ушёл победителем. Как раз потому что ушёл сам.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2019, Original

    Facebook/Arkadi Babtschenko: Reinster Kindergarten

    Auf Facebook nimmt der Journalist Arkadi Babtschenko der aufkeimenden Hoffnung auf demokratische Veränderungen in Kasachstan den Wind aus den Segeln.

    [bilingbox]Bitte schreiben Sie bloß nicht vom „demokratischen Kasachstan“. Das überfordert mein hochkochendes Herzblut. Nasarbajew ist nirgendwohin abgetreten. Und wird nicht abtreten. Kann nicht abtreten. Dass er seinen Teddybär auf seinen Posten setzt und selber zum Vorsitzenden des Sicherheitsrates wird oder zum Chef des Kurultai oder zu was auch immer – bedeutet nur das, was es bedeutet: Dass Nasarbajew genauso wie er das Land regiert hat, auch weiter regieren wird. Auf Lebenszeit. Bis zum Tod. Und seine Amtsbezeichnung wird keine Rolle spielen. Und auf dem Thron wird Dimon um Dimon sitzen. Um all diesen Jubel über den „freiwilligen Rücktritt“ zu lesen, fehlt mir einfach die Kraft. Der reinste Kindergarten, bei Gott!~~~Вот только про „демократический Казахстан“ не пишите, пожалуйста. Этого моя кровь из глаз уже не выдержит. Никуда Назарбаев не ушел. И не уйдет. И не может уйти. То, что он вместо себя посадит на трон своего Медвежонка, а сам будет главой Совбеза, или начальником Курултая, или чем угодно еще – означает только то, что означает. Что Назарбаев как правил страной, так и будет. Пожизненно. До смерти. И никакого значения название его должности иметь не будет. А на троне будет очередной айфончик. А то все эти восторги про „добровольную отставку“ читать совершенно нет сил. Детский сад, ей богу.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2019, Original

    Kommersant: Machterhalt in Machtvertikalen

    Kommersant zitiert eine regierungsnahe Quelle, die behauptet, dass der Kreml den kasachischen Machttransfer genau im Auge habe.

    [bilingbox]Ein der russischen Führung nahestehender Gesprächspartner von Kommersant sagte, dass Moskau die Errichtung der kasachischen Machtvertikale unter Nursultan Nasarbajew immer mit Interesse verfolgt habe, denn „es ist wichtig zu sehen, wie dort der Machttransfer vonstatten geht“. Nun kann der Kreml den Testlauf des kasachischen Modells beobachten, deren Wesenskern darin besteht, nicht das Amt, sondern die Macht zu erhalten. Um so mehr, als dass in der russischen Verfassung der Posten des Vorsitzenden des Sicherheitsrats festgeschrieben ist (der traditionell vom Präsidenten ausgefüllt wird).~~~Собеседник “Ъ”, близкий к российскому руководству, отметил, что Москва всегда с интересом следила за выстраиванием властной вертикали в Казахстане под Нурсултана Назарбаева, поскольку «важно увидеть, как там произойдет транзит власти». Теперь Кремль сможет наблюдать за тестированием казахской модели, суть которой состоит в сохранении не должности, а власти. Тем более что в российской Конституции прописан пост председателя Совета безопасности (его по традиции замещает президент).
    [/bilingbox]

    erschienen am 20.03.2019, Original

    Meduza: Kasachstan ahmt Russland nach, nicht umgekehrt

    Wladimir Sharichin, stellvertretender Leiter des Instituts der GUS-Staaten, dagegen dreht im Exilmedium Meduza den Spieß um:

    [bilingbox]Eine derartige Machtübergabe ist kein Beispiel für Russland. Russland war für Kasachstan ein Beispiel. Haben sie den 31. Dezember 1999 [Machttransfer von Jelzin auf Putin – dek] vergessen? Noch ähneln die Geschehnisse dem Jelzinschen Szenario, abgesehen von der Verfassungsänderung. […] Ein Spurwechsel ist dennoch möglich: Der Interimspräsident Kassym-Jomart Tokajew ist zwar ein herausragender, aber nur ein Diplomat, obgleich er rund drei Jahre auch Regierungschef war. Und ich schließe nicht aus, dass Nasarbajew für den Präsidentenposten einen Wirtschaftsfunktionär auswählen wird.~~~Такая передача власти — не пример для России, это для Казахстана Россия была примером. Вы забыли 31 декабря 1999 года? Пока происходящее похоже на ельцинский сценарий с поправкой на Конституцию. […]  хотя и возможна развилка: все-таки их исполняющий обязанности [Касым-Жомарт Токаев] — пусть и выдающийся, но дипломат, хотя он и был около трех лет председателем правительства. И я не исключаю, что он [Назарбаев] подберет на пост президента хозяйственника.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2019, Original

    Vedomosti: Allrussischer Ältester

    Das Wirtschaftsblatt Vedomosti entwirft sogleich ein Zukunftsszenario für Putin: 

    [bilingbox]Präsident Putin kann durchaus sowohl die Leitung des Sicherheitsrats als auch einer wie auch immer gearteten Allrussischen Volksfront übernehmen. Er könnte den Staatsrat unter sich behalten; er könnte ein weiteres Amt gesetzlich verankern und besetzen – womöglich mit der Bezeichnung des Allrussischen Ältesten, mit umfassenden Kompetenzen und ohne ernste Pflichten.
    Das heißt einfach symbolisch die Zügel aus der Hand geben und damit das Ende der putinschen Macht andeuten, eigentlich aber der einflussreichste Mensch im Land bleiben […] 
    Und dann amüsiert beobachten, wie sich einerseits die Weggefährten – gleich Spinnen im Glas – um die nicht-existierenden Kompetenzen zanken, andererseits zusehen, wie sich das Volk in letzter Hoffnung auf Gerechtigkeit nach ihm sehnt. Und diese Gerechtigkeit zu verteilen, über dem Gezänk stehend und die gegenseitigen Bestrafungen der Weggefährten forcierend.~~~Президент Путин вполне может возглавить и Совет безопасности, и какой-нибудь Общероссийский народный фронт, оставить себе Госсовет; а еще ввести в законный оборот непоколебимую должность под названием, допустим, всероссийский староста с обширными возможностями и без серьезных обязанностей – и занять ее.

    То есть символически передать бразды правления, обозначить будто бы конец путинского режима – а на самом деле остаться самым влиятельным человеком в стране, 

    […]
    И потом с удовольствием наблюдать, как, с одной стороны, будто пауки в банке, соратники схватятся за несуществующие полномочия, которые, как им покажется, дают высокие должности, а с другой – как народ тянется к нему в последней надежде на справедливость. И раздавать эту справедливость, находясь над схваткой и заставляя соратников карать друг друга.[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2019, Original

    Facebook/Sergej Medwedew: Geiseln ihrer Systeme

    Sergej Medwedew, Politikwissenschaftler und Professor an der Moskauer Higher School of Economics, dagegen glaubt nicht, dass das kasachische Modell als Blaupause für anderen Staaten taugt:

    Ich gebe diesen Challenge weiter an meine Freunde / W. W. Putin und A. G. Lukaschenko
    Ich gebe diesen Challenge weiter an meine Freunde / W. W. Putin und A. G. Lukaschenko

    [bilingbox]Elbassy geht wie Deng Xiaoping oder eher noch wie Lee Kuan Yew – als Vater der Nation und Garant der Verfassung – und behält dabei gleichzeitig die Hebel in der Hand. Dieser traumhafte Rücktritt wird bei den jüngeren Kollegen Neid hervorrufen. Die können sich so etwas nicht leisten und bleiben Geiseln der von ihnen geschaffenen Systeme.~~~Елбасы уходит, как Дэн Сяопин или еще скорее как Ли Куан Ю — как отец нации и гарант конституции, оставив у себя при этом рычаги управления. Отставка мечты — на зависть младшим коллегам. Они себе такого позволить не могут, оставаясь заложниками созданных ими систем[/bilingbox]

    erschienen am 19.03.2019, Original

    dekoder-Redaktion

     

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    Am gestrigen Mittwoch hat sich der venezolanische Parlamentspräsident Juan Guaidó zum Staatschef ernannt. Wenige Minuten später folgte die Anerkennung durch den US-Präsidenten Donald Trump. Kanada und andere Länder folgten, die EU hat dem von der Opposition geführten Parlament Unterstützung zugesagt. Damit kann Russland nun seinen treuen Partner verlieren, und die Geopolitik des Kremls bekommt einen Schlag verpasst.  
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    Nachrichten-Vorhersage auf Facebook von MGIMO-Professor Waleri Solowei:

    [bilingbox]Was ich glaube, morgen im russischen Fernsehen zu hören?
    Dass die progressive und legale Regierung von Maduro von der durch die USA finanzierte und gelenkte Junta gestürzt wurde. ~~~Что я рассчитываю услышать завтра по российскому ТВ?

    Что прогрессивное и законное правительство Мадуро свергнуто хунтой, финансируемой и направляемой США.[/bilingbox]

    erschienen am 23.01.2019

    Rossijskaja Gaseta: Schöpfung Washingtons

    Sergej Nowikow sieht in der Regierungszeitung Rossijskaja Gaseta die USA als Drahtzieher:

    [bilingbox]Die Unterstützung von Juan Guaidó durch die USA ist durchaus verständlich. Voluntad Popular (dt. „Volkswille“) ist den Amerikanern traditionell sehr nah. Über die Jahre gab es immer mal Informationen, dass die Partei sogar eine Schöpfung Washingtons sei, auch für die Finanzierung sorgt Washington. Bemerkenswert ist, dass es im „Volkswillen“ ein durchaus offizielles Amt gibt, das sich aus dem Spanischen als „Leader im Exil“ übersetzen lässt. Dieses Amt ist schon lange Zeit mit Carlos Vecchio besetzt, der seinen ständigen Wohnsitz in … Washington hat.
    ~~~Объяснима и поддержка Хуана Гуаидо со стороны США. „Народная воля“ традиционно является крайне близкой американцам. В разные годы появлялась информация о том, что партия даже является креатурой Вашингтона, который осуществляет ее финансирование. Примечательный факт – в „Народной воле“ существует вполне официальная должность, которая с испанского переводится как „лидер в изгнании“. Ее давно занимает Карлос Векио, который постоянно проживает в… Вашингтоне. Он-то и является связующим звеном и главным лоббистом венесуэльских интересов в США.[/bilingbox]

    erschienen am 24.01.2019

    Echo Moskwy: Russland setzt auf die Loser

    Im Blog auf Echo Moskwy wundert sich der ehemalige Duma-Oppositionelle Gennadi Gudkow vor allem über zwei Dinge:

    [bilingbox]Ehrlich gesagt, mich wundern in diesem Drama nur zwei Dinge:
    1) Wie konnten sich solch unbegabte Machthaber trotz Millionen von Protestkundgebungen und anderen Volksprotesten so lange halten? Ehrlich gesagt, ich ziehe meinen Hut vor dem friedliebenden und geduldigen Volk dieses Landes.
    2) Wie kurzsichtig ist unsere politische Führung, die erneut auf den x-ten politischen Loser setzt (bisher auf Saddam Hussein, Muammar Gaddafi, Viktor Janukowitsch, Mugabe, wen hab ich vergessen? Derzeit auf Baschar Assad) und dem Regime Maduro ohne Sinn und Verstand 17 MILLIARDEN DOLLAR schenkt. Die wirtschaftlichen Verluste Russlands durch die Zusammenarbeit mit solchen „Partnern“ sind einfach katastrophal: hunderte Milliarden Dollar. Für warme Schultoiletten, Renten, Straßen und Medikamente haben wir kein Geld, aber Dutzende Milliarden für geopolitischen KOKOLORES – bitteschön. Das ist nicht einfach ein Fehler – das ist ein Verbrechen!​~~~Честно говоря, меня в этой драме удивляют только две вещи: 
    1) как могла так долго держаться власть бездаря при миллионных протестных митингах и других выступлениях народа? Честно говоря, снимаю шляпу перед миролюбием и долготерпением народа этой страны. 
    2) насколько недальновидно наше политическое руководство, которое вновь поставило на очередного политического лузера (до этого были Саддам Хусейн, Муаммар Каддафи, Виктор Янукович, Мугабе, кого я забыл? Ныне — Башар Асад), бездарно «подарив» режиму Мадуро 17 МИЛЛИАРДОВ ДОЛЛАРОВ! Экономические потери России от сотрудничества с такими «партнерами» просто катастрофические: сотни миллиардов долларов. На теплые туалеты школьникам, пенсии, дороги и лекарства денег нет, а десятки миллиардов на геополитические ПОНТЫ — пожалуйста. Это не ошибки — это преступление![/bilingbox]

    erschienen am 24.01.2019

    Twitter/Alexej Puschkow: Neues Opfer der USA

    Der MGIMO-Professor Alexej Puschkow zieht auf seinem Twitter-Account Vergleiche zum Arabischen Frühling:

    [bilingbox]Die USA haben den Regimewechsel in Venezuela eingeleitet. Aber allein die Tatsache, dass Washington den alternativen Präsidenten anerkennt, bedeutet nicht, dass er vom Volk in Venezuela und überall auf der Welt anerkannt wird. Überall, wo die USA einen Regimewechsel einleiteten – von Irak bis Libyen – herrschte danach Zusammenbruch und Chaos. Venezuela ist das neue Opfer.~~~США затеяли «смену режима» в Венесуэле. Но сам факт признания Вашингтоном альтернативного президента ещё не означает, что он признан народом Внесуеэлы и повсюду в мире. Везде, где США устраивали смены режима – от Ирака до Ливии, воцарялись развал и хаос. Венесуэла – новая жертва.[/bilingbox]

    erschienen am 23.01.2019

    Facebook/Maxim Trudoljubow: Eher Shanghai als Rostow am Don

    Maxim Trudoljubow deutet auf Facebook an, dass Russland nicht unbedingt der engste Verbündete Maduros sein könnte:

    [bilingbox]Wo wird Maduro landen, sollte er doch ausgeflogen werden müssen? Wohl kaum in Rostow am Don. Wahrscheinlich eher irgendwo bei Shanghai.
    Die russische Regierung und Rosneft haben seit 2006 rund 17 Milliarden Dollar Kredite an Caracas gegeben (Reuters).
    China hingegen hat Venezuela seit 2008 Kredite über 70 Milliarden Dollar gewährt, mit Rückzahlungen in Form von Geld beziehungsweise Erdöl.~~~Где приземлится Мадуро, если придется ему все-таки вылететь? Кажется не в Ростове-на-Дону. Скорее где-то под Шанхаем.
    Правительство России и «Роснефть», начиная с 2006 года выдали Каракасу не менее $17 млрд кредитов (расчеты Reuters).
    Зато Китай с 2008 года предоставил кредитов Венесуэле на $70 млрд, с выплатами как деньгами, так и нефтью.[/bilingbox]

    erschienen am 23.01.2019

    Facebook/Maria Sacharowa: Doppelte Standards

    Außenamt-Sprecherin Maria Sacharowa kehrt auf Facebook gängige Vorwürfe gegen Russland um:

    [bilingbox]An den Ereignissen in Venezuela kann man gut sehen, wie die fortschrittlichen westlichen Gesellschaften tatsächlich zum Völkerrecht, zur Souveränität und Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten stehen, wenn sie dort […] die Machtverhältnisse ändern.~~~На примере событий в Венесуэле хорошо видно, как прогрессивное западное сообщество в реальности относится к международному праву, суверенитету и невмешательству во внутренние дела государств, […] меняя там власть.[/bilingbox]

    erschienen am 23.01.2019

    Facebook/Anton Barbashin: Öl-Milliarden

    Anton Barbashin, Chefredakteur des Russlandmediums Riddle, verweist auf Facebook auf die russischen Ölgeschäfte mit Venezuela – und die potentiellen Schulden für Rosneft:

    [bilingbox]Heute würde ich nicht gerne in Setschins Haut stecken.~~~Плохой день быть Сечиным[/bilingbox]

    erschienen am 23.01.2019

    dekoder-Redaktion

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