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Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung

  • Lektionen aus dem Zerfall eines Landes

    Lektionen aus dem Zerfall eines Landes

    Viele der gewalttätigen Episoden, die sich seit dem Zerfall der Sowjetunion am Rande des ehemaligen Imperiums abgespielt haben, sind heute weitestgehend aus der Erinnerung verschwunden. Oleg Kaschin widmet dem als Blutsonntag in die Geschichte eingegangenen Tag des sowjetischen Einmarsches in Litauen eine nachdenkliche Rückschau. Er fragt, welche Lektionen Russland aus diesen Ereignissen für die Gegenwart lernen könnte.

    25 Jahre sind vergangen seit dem Tag, als die Sowjetunion mit Panzern in Litauen einrückte, um sich dort zu verabschieden. Der 13. Januar ist der traurigste Tag in der postsowjetischen Geschichte Litauens: der Blutsonntag, als Abschluss eines zehnmonatigen Widerstands der Litauischen SSR, die im März 1990 ihre Unabhängigkeit erklärt hatte, gegen das sowjetische Zentrum, das sich nicht mit dem Zerfall des Landes abfinden wollte. Der Nervenkrieg zwischen Moskau und Vilnius, zu dem ab Herbst 1990 die Wirtschaftsblockade gegen Litauen gehörte, endete mit sozial und wirtschaftlich motivierten Massendemonstrationen, dem Rücktritt der litauischen Regierung und schließlich mit einem prosowjetischen Staatsstreich: Ein anonymes Komitee zur nationalen Rettung, auf dessen Bitte sowjetische Truppen in Vilnius einrückten, erklärte, die Macht in der Republik übernommen zu haben. Die Truppen besetzten die zentrale Druckerei und den Fernsehturm (bei dessen Erstürmung Zivilisten, die litauischen „himmlischen Hundertschaften“ sowie ein Soldat der Alfa-Spezialkräfte ums Leben kamen); an das verbarrikadierte Parlament, zu dessen Verteidigung sich mehrere tausend Bewohner der Stadt aufgebaut hatten, wagten sie sich nicht heran. Die merkwürdige Doppelherrschaft dauerte in Litauen noch bis August, und nach dem Scheitern des Staatskomitees für den Ausnahmezustand GKTschP [und damit dem Scheitern des Augustputsches gegen Michail Gorbatschowdek] erkannte das neue Machtorgan, der Staatsrat der UdSSR, die Unabhängigkeit Litauens, Lettlands und Estlands an.

    Die Dialektik des Totalitarismus zeigt sich darin, dass die Volksaufstände in der Sowjetunion nicht von den Diktatoren Stalin und Breshnew gewaltsam niedergeschlagen wurden, sondern von den Demokraten Chruschtschow und Gorbatschow. Für letzteren wurde Vilnius 91 zum Schlussakt eines Dramas, das ihn seine gesamte Amtszeit über begleitete, seit er im Dezember 1986 erstmals Gewalt anwenden musste – das war in Alma-Ata gegen kasachische [Demonstranten – dek], die mit der Ernennung eines Russen zum Ersten Sekretär der kasachischen Kommunistischen Partei nicht einverstanden waren. Wenngleich Gorbatschow den Massen als Schwächling in Erinnerung geblieben ist, der – sei es aus Dummheit oder aus böser Absicht – die Sowjetunion zugrunde gerichtet hat, war er es, der den Rekord für Truppeneinsätze im Innern gebrochen hat, mit dem Ziel, die Einheit des Landes zu erhalten. Litauen fordert von Russland bis heute die Auslieferung des Friedensnobelpreisträgers, um ihn zu den Ereignissen des „Blutsonntags“ zu vernehmen – das wird natürlich kaum jemals geschehen, aber Vilnius bleibt in der Sache äußerst hartnäckig. In einem anderen Fall, dem von Belarus, ist die Auslieferung der Führer der litauischen Kommunistischen Partei Mykolas Burokevitschjus und Juozas Jermalavitschjus an Litauen im Jahr 1994 aufgrund derselben Anschuldigung Teil der Landesgeschichte – sie führte zum Rücktritt der gesamten belarussischen Führung unter Stanislau Schuschkewitsch und zu einer tiefgreifenden politischen Krise, die damit endete, dass Alexander Lukaschenko an die Macht kam.

    Für Litauen ist der Januar 1991 einer der großen Momente seiner Nationalgeschichte, die tatsächliche Erlangung der Unabhängigkeit, ein blutiges Drama mit, so seltsam das klingen mag, vollkommenem Happyend. Für Russland ein nahezu vergessener Perestroika-Vorfall an der Peripherie, eine von vielen Geschichten der Art, an die man sich besser nicht erinnert – stolz kann man nicht darauf sein, und Nutzen haben sie auch keinen.

    Erinnert man sich aber doch, so sollte uns Russen nicht allein der litauische Fall interessieren, der zeigte, dass unbewaffnete, von der Freiheit träumende Menschen stärker sein können als Panzer. Interessanter und wichtiger ist es, dass wir uns an die erste Reaktion des offiziellen Moskaus auf das Blut in Vilnius erinnern.

    Drei Tage nach der Erstürmung des Fernsehturms erklärten Präsident Gorbatschow und Verteidigungsminister Jasow auf einer Sitzung des sowjetischen Parlaments, ihnen sei nicht bekannt, wer den Truppeneinsatzbefehl gegeben habe, und die einzige praktische Konsequenz aus den litauischen Ereignissen war eine Verschärfung des Pressegesetzes, denn natürlich war die Presse daran schuld, dass Menschen ums Leben gekommen waren. Die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, war von jeher ein Schwachpunkt des Kreml. In den Jahren unter Putin ist das absolut blamable „Wir waren’s nicht!” praktisch zum zentralen staatlichen Motto geworden.

    Es lohnt auch, sich das Schicksal der Gruppe von prosowjetischen Funktionären zu vergegenwärtigen, die die Basis des Komitees zur nationalen Rettung gebildet hatte – nicht einer dieser prosowjetischen Litauer, die sich im Konflikt zwischen Moskau und Vilnius auf die Seite Moskaus gestellt hatten, konnte später auf dessen Unterstützung zählen. Moskau rettete niemanden vor dem Gefängnis, half niemandem, sich der Verfolgung entziehen. Der Einzige, dem das halbwegs gelang, war der Zweite Sekretär der litauischen Kommunistischen Partei Wladislaw Schwed, der in den neunziger Jahren in Moskau im Parteiapparat der LDPR Karriere machte, doch auch Schwed musste, um bis zu Shirinowski zu gelangen, einige Zeit im Vilniuser Lukischkes-Gefängnis absitzen. Moskau lässt seine eigenen Leute immer wieder fallen, Moskau schert sich nicht um seine situativen Verbündeten, und die Erfahrung der prosowjetischen Litauer wäre vermutlich nicht uninteressant für die moskautreuen Feldkommandeure und Politiker im heutigen Donbass, denn auch die können natürlich weder heute noch in Zukunft auf irgendetwas zählen. Auf der Krim waren es Sergej Axjonow und Natalja Poklonskaja, die das Komitee zur nationalen Rettung bildeten, und wie heiter ihr Leben in Zukunft noch aussehen wird, kann wohl niemand wissen.

    Die Erfahrung des prosowjetischen Umsturzes in Litauen zeigt auch, dass sich Moskau vor 25 Jahren wie auch später nicht derart verhalten konnte bzw. zu verhalten lernte, dass es vom Zerfall des [Sowjet-] Imperiums profitierte oder zumindest keinen Schaden nahm. Tschetschenien 1994 (unter Berücksichtigung der dortigen Gemütsart und Kriegsfertigkeit) war fast eine wörtliche Wiederholung des litauischen Szenarios von 1991. Als Oberst Maschadow bereits Militärführer der Tschetschenischen Republik Itschkerien war, erinnerte er sich immer noch gerne an seine letzte Parade am 9. Mai 1991 in Vilnius, als seine Soldaten durch die Stadt liefen und von der dortigen Bevölkerung verflucht und bespuckt wurden – offensichtlich ähnelten sich Tschetschenien und Litauen stärker, als man gedacht hätte. Wer garantiert denn, dass die Konflikte im Kaukasus in den nächsten Jahren nicht wieder aufflammen. Hat Moskau diesbezüglich irgendwelche produktiven Ideen, außer dem Allheilmittel „Kadyrow noch mehr Geld geben“?

    Über die ganzen 25 Jahre hat niemand die Frage beantwortet, wie sich Moskau verhalten soll, damit die Krisen an der Peripherie nicht in einer Bluthölle enden, und was Gorbatschow hätte tun sollen, damit er für Litauen genau so ein Held und Retter vor dem Totalitarismus geblieben wäre wie für den übrigen Westen. Wobei Litauen noch ein einfaches Beispiel ist, es gab auch noch, nun ja, Baku 1990, wo Gorbatschow ebenfalls Panzer hinschickte (für das heutige Aserbaidschan ist er genau so ein Übeltäter wie für Litauen), aber in Baku gab es auch noch das Progrom an den Armeniern – was also hätte man tun sollen: ohne Panzer auskommen und sich mit dem Gemetzel abfinden? Eine Antwort gibt es bis heute nicht.

    Eine Antwort gibt es bis heute nicht, aber sie wäre nötig: Es gibt keine Garantie, dass die Erfahrungen aus dem Zerfall des Imperiums für Russland nicht doch noch einmal wichtig werden, zumal Russland vor regionalen politischen Krisen unterschiedlicher Heftigkeit nicht gefeit ist. Vor einigen Jahren haben Moskauer OMON-Truppen die Automobilisten-Demos in Wladiwostok auseinandergetrieben (und die Lokalpresse schrieb, wie 1991 die litauische, von einem Blutsonntag) – das ist wohl auch eine Lektion des Jahres 1991, wenn auch aus weit fleischärmerem Material als bei den Litauern.

    Der 13. Januar 1991 ist für Russland ein Tag der nicht gelernten Lektionen und der unangenehmen Fragen. Wahrscheinlich bleibt unserem Land noch einige Zeit, um diesen Fragen und Lektionen auszuweichen, doch höchstwahrscheinlich nicht viel Zeit, und über einiges sollte man sich besser jetzt schon genau klarwerden.

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  • Angstfreiheit als Kunst

    Angstfreiheit als Kunst

    Die brennende Tür der Lubjanka – nichts als Provokation … Der Journalist Oleg Kaschin widerspricht dem vehement. Nicht der Tabubruch macht Aktionisten wie Pjotr Pawlenski zu Künstlern, sondern ihr bewusstes Interagieren mit der Angst – derselben, die den Nicht-Künstler vor jeglichem Handeln zurückschrecken lässt. Die Furchtlosigkeit, sagt Kaschin, ist Pawlenskis Koautor.

    Das Russland der 10er Jahre – das sind Woina, Pussy Riot und Pawlenski. Einen vierten Namen gibt es nicht, aber auch drei sind schon viel. Drei Mal so viel wie einer und unendliche Male so viel wie null.

    Die Erklärungsversuche der Kunsthistoriker, hey Leute, das ist Aktionskunst, eine Tradition, die zum Dadaismus und zu Jackson Pollock hinaufreicht – das alles lenkt nur vom Wesentlichen ab. Wie man in der Wikipedia oft lesen kann: „Dieser Artikel beschreibt ein aktuelles Ereignis.“ Wenn das Ereignis nicht mehr aktuell ist, wird jemand einen Fachbegriff erfinden, so etwas wie Russischer Aktionismus der 2010er Jahre, nur kürzer (vielleicht Woinismus?), jemand wird eine Doktorarbeit schreiben, der nächste ein Buch, der dritte wird die heute einmaligen Aktionen bis ins Abgeschmackte kopieren, und erst dann wird man sagen können, was das eigentlich genau war und worin der Wert liegt – vorerst gibt es hier einfach ein paar Anmerkungen eines Zeitgenossen.

    Im spätputinistischen Russland mag vielleicht keine Hochkultur entstehen, aber zumindest bietet es als Raum und Zeit ideale Bedingungen für einen kulturellen Durchbruch. Wir erleben eine Übergangsphase zwischen Autoritarismus und Totalitarismus (der freilich nicht unbedingt kommen muss), in der sich offenbart, dass die normalen sozialen Verhältnisse bereits dabei sind, den vom Staat aufgezwungenen Platz zu machen, aber noch gibt es weder Massenverhaftungen noch totale Zensur. Minütlich verändert sich die Lage zum offensichtlich Schlechteren, das kollektive Bewusstsein und mit ihm die einstige Kunst kommen nicht mehr hinterher und werden somit minütlich altmodischer und archaischer, so wie jener Bürger, der dort drüben erbost in dem Kragen Nase und Kinn versteckt.* Die gesellschaftliche Unfreiheit hat noch nicht den Grad erreicht, dass sie jede nicht sanktionierte Aussage verunmöglichen würde. Im Russland des Jahres 1991 (das freiste unserer Generation bekannte Land) wäre ein Pawlenski gleichermaßen undenkbar wie im heutigen Turkmenistan oder Nordkorea (offenkundig die unfreisten Länder überhaupt).

    Die spannende Periode der russischen Geschichte, die wir gerade miterleben, könnte vermutlich großes Kino, große Literatur oder Musik hervorbringen, doch die größten Chancen auf einen Durchbruch hatte von Anfang an das, was wir zeitgenössische Kunst nennen, denn eine niedrigere Erwartungshaltung bedeutet immer auch ein Mehr an Möglichkeiten: Einer, von dem man nichts erwartet, ist immer im Vorteil gegenüber den Favoriten. Das postsowjetische Russland fand von Anfang an einen Konsens in Bezug auf moderne Kunst – Schwindelei bis hin zum Betrug sah man darin, nach dem Motto: „Mal hängt eine Installation rum, mal gibts eine Performance.“ Jemand stellt was Seltsames in der Gelman-Galerie aus, ein geldschwerer Depp kommt vorbei, bekommt erklärt, das sei genial, und kauft es – das ist die ganze Kunst. Schock, Provokation und was man sonst für Begriffe im Zusammenhang mit zeitgenössischen Künstlern verwenden mag – jedenfalls ist schon im Voraus klar, was man von so jemandem zu erwarten hat. Was kann da schon Interessantes kommen? Lieber schnell vorbeilaufen.

    Foto © Ilya Varlamov

    Doch an Woina, Pussy Riot und jetzt auch Pawlenski kommt man nicht einfach so vorbei und das sicher nicht, weil hinter der brennenden Tür ein imaginierter FSB-Wachmann hätte versteckt sein können (auf den Klageruf dieses Wachmanns, er hätte verbrennen können, baute die Hauptargumentationslinie der Pawlenski-Kritiker in den sozialen Netzwerken – fast wörtlich wie in dem Märchen von der dummen Else, die bittere Tränen vergoss, als sie sich vorstellte, wie sie einmal heiraten würde, einen Sohn gebären, wie dieser dann heranwachsen, in den Keller steigen und sich dabei das Genick brechen würde). Der Erfolg dieser Künstler besteht in der richtigen Synthese aus einem gesellschaftlich emotionsgeladenen Thema und der Art seiner Darbietung, aber als entscheidenden Faktor (und falls das ein alter Hut ist, sollen die Kunsthistoriker hier intervenieren) betrachte ich eine dritte Komponente ihrer Aktionen. Herkömmliche Vertreter der zeitgenössischen Kunst brechen Tabus, sie brechen mit Moralvorstellungen und einigem mehr, aber unsere Aktionskünstler dringen in einen Bereich ein, der weder durch Moral noch durch kollektiv empfundene Grenzen des Akzeptablen geschützt ist, sondern durch Angst. Die Angst – sie ist die dritte Komponente, ohne die die neue russische Kunst schlicht nicht existieren würde.

    Der herkömmliche Künstler weiß, dass er mit dem Raum, seiner Umgebung, den Passanten, mit was auch immer interagieren muss. Pawlenski aber (genau wie Woina und genau wie Pussy Riot) interagiert darüber hinaus mit der Angst der russischen Bevölkerung vor den Sicherheitsorganen, vor der Kirche, vor der Regierung, vor dem Bullen. Schon längst hat der Spießbürger gelernt, über das Schwarze Quadrat zu sagen, das sei ja keine Kunst, das würde er auch noch hinbekommen; aber das, was Pawlenski gemacht hat – kriegst du das hin? Nein, kriegst du nicht, weil du Angst hast. Angst vor dem Gaischnik auf der Lubjanka, Angst vor dem Gefängnis, Angst vor einem Prozess. Pawlenski hat keine Angst, die Furchtlosigkeit ist sein Koautor. Woher sonst kommen die ewigen, seit den Zeiten von Woina unablässigen Gerüchte und gegenseitigen Beschuldigungen innerhalb der Szene, man würde für die Sicherheitsorgane, die Polizei oder den Kreml arbeiten? Warum sonst sollte er keine Angst haben? Es fällt uns leichter, Furchtlosigkeit auf Verschwörungstheorien zu schieben. Der Gedanke an echte Furchtlosigkeit ist schier unerträglich.

    Unter Kritikern ist es mittlerweile ein Allgemeinplatz zu sagen, Pawlenski würde keinen solchen Erfolg haben, wenn der Staat sich anders verhielte. Sicher, aber man sollte auch bedenken, dass die Gerichts-Rituale, in denen seine Aktion ihre Fortsetzung finden, nur ein kleiner Teil jenes Verhaltens staatlicherseits sind, das Pawlenski zu Pawlenski macht. Die staatliche Sphäre, mit der er in seinen Aktionen interagiert, ist riesig und hat mit ihm selbst kaum Berührungspunkte, aber die von ihm in Brand gesteckte Tür brennt überall: In Kaliningrad, wo das Gerichtsverfahren gegen Aktivisten, die über einer Geheimdienst-Garage die deutsche Flagge gehisst hatten, mehr als anderthalb Jahre andauerte; in Wladiwostok, wo der Prozess gegen die Partisanen von Primorsk noch immer läuft; und im gesamten Gebiet zwischen Kaliningrad und Wladiwostok, wo es genau die gleichen Gerichte, genau die gleiche Polizei und überhaupt genau das gleiche von allem gibt. Die zweiflügelige massive Eingangstür zu 63.050 Rubel und 19 Kopeken [905,27 EUR], die lichtreflektierende Polizeiweste, der doppelköpfige Blechadler auf dem staubig-roten Samtstoff und davor eine Frau mit Robe, die etwas herunterleiert, das dein Schicksal für die nächsten Jahre bestimmt – so sieht Russland wohl heute aus. Und was den Künstler von uns, von den Bürgern unterscheidet ist Folgendes: Er macht aus diesem Russland mit seinen eigenen Händen etwas, das selbst die konsequentesten Regimekritiker in angstbeladene Hysterie versetzt, etwas, das zum Streiten zwingt, zum Nachdenken, zum Verrücktwerden. Es gibt die Meinung, dieses Russland tauge ohnehin zu nichts anderem – dann wäre Pawlenski überhaupt der Einzige, der es schafft, diesem Land etwas abzuringen.



    *aus dem Gedicht Zwölf von Alexander Blok, Übers. Alfred Edgar Thoss: Der Bürger dort drüben versteckt erbost / in dem Kragen Nase und Kinn; bei Paul Celan: Drüben der Burschui, Nas’ im Mäntlein

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