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Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung

  • Liquidierung des Gedenkens

    Liquidierung des Gedenkens

    „Ein Schock“ – so reagiert die deutsche Sektion der Menschenrechtsorganisation Memorial auf die Nachricht vom Donnerstag, 11. November: Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat an diesem Tag die Auflösung der NGO gefordert, die Verhandlung ist für den 25. November angesetzt, wie die Menschenrechtsorganisation auf ihrer Seite berichtet. 

    Memorial macht sich seit der Perestroika vor allem auch für eine Aufarbeitung der stalinistischen Vergangenheit stark. Die NGO ist regelmäßig Ziel von Einschüchterungs- und Behinderungsversuchen seitens der russischen Behörden. Seit 2014 steht das Menschenrechtszentrum von Memorial auf der Liste der sogenannten „ausländischen Agenten“. 2016 bekam auch die gesamte Organisation das Stigma angeheftet.  

    Für Oleg Kaschin sind das alles keine Einzelfälle mehr, sondern Episoden einer regelrechten Vernichtungskampagne. Wie auch für zahlreiche andere Beobachter ist die Logik dahinter für Kaschin „klar und nachvollziehbar“: Der Kreml strebe nach einem Monopol der Erinnerungskultur, Konkurrenten auszuschalten gehöre da einfach dazu. Warum Säuberungen auf dem Feld der Erinnerungskultur aber nicht funktionieren können – das zeigt der Journalist auf Republic.   

    Die drohende Liquidierung von Memorial fällt aus dem Rahmen der sonstigen staatlichen Attacken auf gesellschaftliche Institutionen und wirkt beispiellos und einzigartig; für den Staat verständlich ausgedrückt hieße das: Genauso gut hätte man eine altehrwürdige Kirche abreißen, ein ewiges Feuer löschen oder ein Grab schänden können. Alle bisherigen Pogromaktionen gegen politische und gemeinnützige Organisationen, Medienredaktionen, Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen gingen – so schmerzvoll sie auch gewesen sein mögen – nicht über das unmittelbare Verhältnis zwischen dem Staat und denjenigen hinaus, die nicht gefallen. Aber hier kommt nun außer dem Staat und denjenigen, die er zerstört, noch ein drittes Subjekt hinzu – ein körperloses, ätherisches, und trotzdem äußerst auffälliges, markantes. 

    Es geht um die Strafe für historisches Erinnern

    In diesem neuen Kapitel geht es um die die Bestrafung des historischen Erinnerns. Natürlich ist da noch der Aspekt unserer ewigen verfluchten Unsicherheit: Theoretisch wäre es denkbar, dass irgendein glubschäugiger Beamter, der den Kontext nicht kapiert, auf seinem Zettelchen gelesen hat, dass da irgendwelche Menschenrechtler gegen die Auflagen für „ausländische Agenten“ verstoßen, eine Resolution verhängt, und der seelenlose Mechanismus setzt sich seelenlos knarzend in Bewegung. Doch die Wahrscheinlichkeit einer solchen Erklärung ist zugegebenermaßen verschwindend gering, und die Rede ist eben nicht von einem seelenlosen Mechanismus, sondern von Menschen aus Fleisch und Blut, die alles verstehen, die einen Kopf und ein Herz und Hände haben (und zwar einen kühlen, ein warmes und saubere, wie es im Märchenbuch dieses Berufsstandes gleich zu Anfang heißt). Und eine Seele haben sie auch – nur dass sie schwarz ist, wie man in solchen Fällen zu sagen pflegt.

    Jede einzelne Episode des Drucks auf Memorial ließe sich als ein Einzelfall beschreiben: Der Fall Ojub Titijew in Grosny – klar, Tschetschenien, Kadyrow rechnet mit seinen Feinden ab. Der Fall Juri Dmitrijew in Karelien – auch klar, hier geht es um Dmitrijew selbst, vielleicht sind hier persönliche Rechnungen offen, vielleicht gibt es ja wirklich keinen Rauch ohne Feuer, jedenfalls ein Einzelfall, kein System. Auch als Ljudmila Ulitzkaja Brillantgrün ins Gesicht gespritzt wurde, ließ sich das erklären: Der Kreml hat sich im Spiel mit den Gopniki vergessen, mit ihnen gemeinsame Sache gemacht, Putin war außer sich vor Zorn, als er davon hörte, jetzt kriegt man jemanden dran und damit hat sich die Sache. Kürzlich dann der Skandal, als der Film Gareth Jones gezeigt wurde (die Entscheidung über die Liquidierung von Memorial lag da vermutlich bereits auf irgendeinem Schreibtisch und wartete darauf, abgesegnet zu werden) – selbst dieser Vorfall, als Halbstarke den Saal stürmten, in Begleitung eines Fernsehteams von NTW und der Polizei, die die Tür mit Handschellen versperrte und die Personalien aufnahm – selbst dieser Unsinn ging nicht über die mittlerweile zur Gewohnheit gewordenen „lokalen Auswüchse“ hinaus. 

    Als das Oberste Gericht vor sieben Jahren bereits einmal einen Antrag auf die Liquidierung von Memorial prüfte, erklärte der damalige Leiter Arseni Roginski, ein Dissident mit noch sowjetischer Prägung, das sei kein großes Drama – es gebe viele Projekte, viele juristische Personen, das Ökosystem sei riesig und es sei wohl kaum jemand in der Lage, es vollends zu zerstören. Jetzt ist Roginski nicht mehr da, er ist gestorben, und gestorben sind auch die Zweifel, was die Kräfte und Möglichkeiten des Gegners angeht – längst ist klar, dass es keine Festungen gibt, die diese Leute nicht einnehmen könnten. Der Liquidierungsantrag der Staatsanwaltschaft an das Oberste Gericht verbindet alle bisherigen Auswüchse zu einer einzigen großen Vernichtungsoperation. Das war auch so klar, aber jetzt ist es offiziell bestätigt.

    Denn hinter ihren Rücken hervor blickt in eure Tschekisten-Augen die größte Tragödie des Volkes …

    Wir wollen das Verhältnis zwischen den Erben des NKWD und den Erben seiner Opfer nicht einfacher machen, als es ist. Natürlich schüttelt es unsere Staatssicherheit, wenn sie das Wort „Menschenrechtler“ nur hört. Das war schon Mitte der 1990er Jahre so, und der durchschnittliche russische Silowik wird dir, wenn du ihn fragst, voller Überzeugung erzählen, wie Sergej Adamowitsch Kowaljow (Vorsitzender von Memorial in den 1990er Jahren) unseren Jungs in Tschetschenien in den Rücken geschossen hat. Seit dem Krieg ist die Liste der Vorwürfe eines durchschnittlichen Silowik oder eines durchschnittlich Loyalisten oder Patrioten gegen Memorial um weit mehr als einen Punkt gewachsen: die LGBT-Frage, der Georgienkrieg, der Donbass und vieles andere mehr. Ja sogar der Film, dessen Vorführung im Memorial-Büro vor sechs Wochen gesprengt wurde, war ein polnischer Film über den Holodomor in der Ukraine, den das offizielle Russland bestreitet. Schaut man also durch ein Fenster in der Lubjanka oder im Kreml auf Memorial, sieht man da eine echt feindliche Organisation.

    Ein echter Feind in allen Belangen, und vermutlich hätten sie ihn schon 1999 oder sagen wir Mitte der 2000er ausgeschaltet, so wie Lew Ponomarjows NGO Sa prawa tscheloweka [dt. Für Menschenrechte] oder Limonows Partei oder die ganzen anderen. Aber irgendetwas hielt sie davon ab, und wir verstehen auch, was: die in der Erde verscharrten Knochen, der Solowezki-Stein, die verrottenden Lagertürme in der Tundra und in den Wäldern, die Maske der Trauer in Magadan, der Butowski Poligon und die Kommunarka. Ja sogar Solschenizyn und Ljudmila Alexejewa, die sie mit Sicherheit auch verachtet und gehasst haben, aber tief in eurem Inneren habt ihr gespürt, dass man ihnen nicht feindlich gegenüberstehen darf – denn hinter ihren Rücken hervor blickt in eure Tschekisten-Augen die größte Tragödie des Volkes, dessen Führung euch nun zugefallen ist und die ihr immer noch, gelinde gesagt, ein wenig fürchtet. Deshalb habt ihr Denkmäler und Museen eingeweiht, und Neumärtyrer-Kirchen, und deshalb habt ihr es ertragen, musstet es ertragen, habt Memorial ertragen, seine euch unangenehme Positionen bis hin zur LGBT-Frage. Habt es ertragen, doch nun ist Schluss. Gesunken, ja, gefallen ist die psychische Hemmschwelle. Gestern durfte man nicht, aber heute darf man. Habt ihr vielleicht kapiert, dass Ljudmila Alexejewa nicht mehr bei euch anrufen wird.

    Die russische Staatsmacht macht keinen Hehl daraus, dass sie die einzige Quelle historischen Erinnerns sein will

    Und, ja, Gareth Jones wird nun nicht mehr gezeigt werden, und womöglich ist das total egal, aber bald wird auch die Website gesperrt sein, der die Menschen alljährlich Ende Oktober die Namen der Toten entnehmen, um sie am Solowezki-Stein vorzulesen, und dann werden eines Tages Forscher der Russischen Militärhistorischen Gesellschaft den Beweis erbringen, dass die Deutschen im Herbst 1941 bis zur Kommunarka vorgedrungen sind, und dort in den Gräben in Wirklichkeit sowjetische Partisanen liegen (und das ist gar nicht mal unbedingt eine Metapher – wie wir wissen, ist es mit Sandarmoch im Fall Dmitrijew fast genauso passiert).

    Vernichtet wird ein historisches Institut, das noch von Andrej Sacharow gegründet wurde

    Die russische Staatsmacht macht keinen Hehl daraus, dass sie die einzige Quelle historischen Erinnerns sein will. Memorial & Co sind für sie seit einiger Zeit nicht bloß Gegenspieler, sondern Rivalen. Rivalen, mit denen man bei Gelegenheit bis zur Vernichtung kämpft. Die Logik ist klar und nachvollziehbar. Aber dennoch – Erinnern ist kein Marktplatz, es ist Metaphysik, und auf diesem Spielfeld mit den Methoden klassischer staatlicher Säuberungen vorzugehen ist gefährlich und unberechenbar. Indem sie sich Memorial entledigen, entwerten sie auch die eigene Version der Geschichte – keinen Groschen ist sie wert, wenn man für ihre Untermauerung ein ganzes historisches Institut vernichten muss, das übrigens noch von Andrej Sacharow begründet wurde.

    Aber selbst Sacharow ist bei denen jetzt nur noch der Erfinder der Wasserstoffbombe und dreifacher Held der sozialistischen Arbeit.

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  • Tausche Freiheit gegen Gesundheit

    Tausche Freiheit gegen Gesundheit

    Wie stark darf der Staat im Fall einer Epidemie die Freiheitsrechte seiner Bürger einschränken? Diese Debatte wird derzeit auch in Deutschland geführt, allerdings unter anderen Vorzeichen als in Russland.
    Den Moskauern etwa ist es seit 30. März untersagt, das Haus zu verlassen – es sei denn, um zum Arzt, zur Apotheke, zur Müllentsorgung, zum nächstgelegenen Supermarkt oder mit ihren Hunden Gassi zu gehen (nicht weiter als 100 Meter). Um zu überprüfen, ob sich alle daran halten, wird auch Gesichtserkennung eingesetzt, die Bürger müssen vor jedem Gang nach draußen einen Antrag stellen: Sie erhalten daraufhin einen QR-Code, der bei Kontrollen vorzuzeigen ist. 

    Bislang scheint die rigide und sehr kurzfristig umgesetzte Ausgangssperre jedoch nicht die volle Wirkung zu entfalten: Moskau gilt als Epizentrum der Epidemie in Russland. Laut offiziellen Daten gibt es in Russland mehr als 47.000 bestätigte Corona-Fälle (Stand: 20.04.2020), mehr als die Hälfte (über 26.000 – Stand 20.04.2020) davon in Moskau. Gleichzeitig ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, gerade auch in anderen Regionen des Landes.

    Wie stark also darf der Staat im Fall einer Epidemie die Freiheitsrechte seiner Bürger einschränken? Er muss sie einschränken, sagt Oleg Kaschin, und zerlegt die Frage dennoch gleichsam in viele Einzelteile: Was für ein Staat schränkt da gerade welche Rechte wie ein?
    In seinem Kommentar auf Republic warnt Kaschin davor, den russischen, den italienischen, den chinesischen und den amerikanischen Polizisten gleichzusetzen – auch, wenn sie vermeintlich alle das gleiche tun im Kampf gegen das Virus. 

    Corona hat Russland mit einem Schlag wieder zu einem Teil der Welt gemacht – und alle noch vor diesem Frühling existierenden Widersprüche sind, wenn auch nicht aufgelöst, so doch weit ins Abseits gerückt. Die abgedroschenen Parallelen zum Zweiten Weltkrieg sind passender denn je: So etwas gab es zuletzt 1941, als am 22. Juni unsere weltweit einzigartige Stalin-Diktatur sich binnen Stunden in einen von vielen europäischen Staaten verwandelte, die Hitlers Aggression zu spüren bekamen. 

    Der spezifische Irrsinn wird vom weltweiten Irrsinn verschlungen

    In Frankreich oder Polen hat es weder Kollektivierung noch den Gulag gegeben, doch der Krieg hat diesen Unterschied – wenn auch nur zeitweise – nivelliert. Der sowjetische Irrsinn wurde vom weltweiten Irrsinn verschlungen, und sogar die Männer mit den blauen Streifen an den Schirmmützen wurden, ohne sich dabei im Geringsten zu verändern, plötzlich Teil einer weltweiten Front im Kampf zwischen Gut und Böse. Die Hölle des Jahres 1937 wurde im Kontext der damaligen Welt beinahe erklärbar: Alle haben ja Frankreich oder Norwegen gesehen, wo man die potentiellen Verräter nicht rechtzeitig liquidiert hat, und was daraus wurde, als die Deutschen kamen. Das vaterländische Böse in Russland wurde auf einmal zum Teil des globalen Guten – und wen interessierte es da schon, dass es immer noch böse war?

    Plötzlich Teil einer weltweiten Front im Kampf zwischen Gut und Böse

    Man kann nicht einmal sagen, dass sich die Geschichte jetzt als Farce wiederholt: Sie wiederholt sich einfach. Russland ist wieder zurück in der Welt, die russische Quarantäne ist nichts weiter als ein Teil der globalen Quarantäne und der russische Polizeistaat nichts weiter als ein Teil der großen Polizei-Internationale. Jene Männer in Uniform, die Jesus Worobjow am Patriarchenteich jagen, haben sich im Vergleich zu ihrem Selbst von vorgestern überhaupt nicht verändert, und plötzlich hat die ganze Welt eine Vorstellung von ihnen, ohne dass es eine Übersetzung braucht. Der russische Polizist jagt einen Quarantäne-Sünder in Russland, in Amerika macht der amerikanische Cop genau dasselbe, in Italien der italienische, in Xinjiang der chinesische. Die Welt ist eins, obwohl man intuitiv ahnen könnte, dass zwischen dem chinesischen Aufseher und dem europäischen Polizeibeamten doch ein Unterschied besteht. Der Bürgermeister von London und sein Moskauer Kollege beschwören die Stadtbewohner mit den gleichen Worten, nicht mehr U-Bahn zu fahren – wie soll man denn da einen Unterschied zwischen den beiden Bürgermeistern bemerken?

    Weltweiter Tag des Opritschniks

    Alle exklusiven Merkmale des russischen Staates sind in den Schatten des globalen Quarantäne-Einerlei gerückt. Überall scheint der Tag des Opritschniks zu dräuen. Wie viel Angst hatten wir, dass Putin die Grenzen zumachen könnte – jetzt, wo sie zu sind, wirkt Russland im allgemeinen Vergleich ganz normal, und niemand vermag zu sagen, ob es die einstige Angst ist, die wahr geworden ist, oder nur Zufall. Auch auf den digitalen Gulag haben wir gewartet – die seltenen Berichte über die totalitäre Utopie in Xinjiang lasen sich wie eine Warnung vor einer möglichen russischen Zukunft und wie ein sich allmählich in die längst gewohnten Bilder von aufgelösten Demonstrationen und der Jagd auf Aktivisten hineindrängender Cyberpunk mit Überwachungskameras und Gesichtserkennungssystemen. Jetzt, wo die Cyberpolizei einen triumphalen Durchbruch erzielt, halten sie viel zu viele für ein witziges, interessantes Experiment. Haha, irgendein Witzbold hat’s geschafft einen QR-Code mit „shopa“ [dt. Arsch] als Adresse zu beantragen. 

    Digitaler Gulag

    Vielleicht begegnet uns auch bald wieder das „menschliche Ei“, das „einfach spazieren ging“, als die scharfsinnigen Aktivisten den schmalen Grat zwischen verbotenen Demonstrationen und erlaubten Spaziergängen ausloteten. Die etwas Älteren werden sich noch an die „Spaziergänge zum Bäcker“ und die „Dichter-Spaziergänge“ erinnern – und so dumm und trivial dieser karnevaleske Anfang der 2010er auch gewesen sein mag, sollte man sich eine entscheidende Tatsache bewusst machen: Im Gegensatz zu allen anderen geht die russische Tradition des Kampfs gegen Spaziergänge weit über die Coronavirus-Geschichte hinaus, und die Leute, die den Moskauern heute aus epidemiologischen Gründen verbieten, spazieren zu gehen, sind genau dieselben, die es ihnen gestern aus politischen Gründen verboten haben.

    Es wäre doch seltsam, würde man sich nicht klarmachen, dass dich gerade dieselben Leute einsperren, die auch ohne jedes Coronavirus liebend gerne alle einsperren würden

    Das soll natürlich nicht heißen, dass es jetzt der höchste Ausdruck von persönlicher Freiheit wäre, die Quarantäne-Vorschriften zu missachten und massenhaft auf die Straße zu gehen. Doch es wäre seltsam, würde man sich nicht klarmachen, dass dich gerade dieselben Leute einsperren, die auch ohne jedes Coronavirus liebend gerne alle einsperren würden. 
    Ein Teil der russischen Gesellschaft wartet seit gefühlt 20 Jahren auf einen Angriff des Regimes auf die bürgerlichen Freiheiten. Doch dass die größte Freiheitsberaubung seit den frühen Sowjetjahren so routiniert, so alltäglich ablaufen würde, nicht nur ohne auf Protest zu stoßen, sondern auch noch begleitet von Beifall, sogar vonseiten der Regimekritiker, das hätte kaum jemand gedacht. Auch nicht, dass das öffentliche Brandmarken der Sünder, seien es Grillbegeisterte oder Gläubige, zum ersten Mal seit Jahrzehnten buchstäblich zur Volkssache wird. Auch die Staatsentertainer sind am Werk, doch erstmals werden ihre Dienste gar nicht gebraucht – die Menschen werden liebend gerne selbst auf jeden mit dem Finger zeigen, der ohne Erlaubnis das Haus verlässt, das ist Konsens.

    Manchmal müssen auch Bösewichte gegen das Böse kämpfen, doch trotzdem bleiben sie Bösewichte

    Das Verhalten der Staatsmacht ist traditionell taktlos. Noch nie hat sie so offen und unverfroren über das Volk als lästigen Störfaktor geredet, doch das ist keine große Offenbarung – na, was denn, so kennen wir sie doch, die russische Stastsmacht. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten (fast ist man wieder versucht zu sagen: zum ersten Mal seit 1945) verfolgt die Staatsmacht ein unbestritten gutes Ziel. Doch für viel zu viele, wenn nicht sogar für alle, scheint die Fraglosigkeit des Ziels jegliche Zweifel an den Mitteln aufzuheben, dabei muss man die Dinge offen aussprechen: Manchmal müssen auch Bösewichte gegen das Böse kämpfen, doch trotzdem bleiben sie Bösewichte. 

    Ein Übel bleibt ein Übel, auch wenn es im Namen des Guten geschieht

    Die Einschränkung von Freiheiten ehrlicher Bürger ist ein Übel, das ein Übel bleibt, auch wenn es im Namen des Guten geschieht. Das Ausspionieren von Menschen ist ein Übel. Die Lüge ist ein Übel. Zensur ist ein Übel. Der sowjetische Hass auf den Bürger ist ein Übel. 
    Ein russischer Beamter, ein russischer Silowik, der heute Böses im Namen des Guten tut, hat nicht das Recht zu vergessen, dass er immer noch Böses tut. Und ein Bürger, dessen bürgerliche Pflicht und Verantwortung es in diesen schwierigen Tagen ist gehorsam zu sein, hat nicht das Recht zu vergessen, dass Gehorsam nicht der natürliche Zustand des Bürgers sein darf und dass das Leben, das gerade begonnen hat, abnormal und entwürdigend ist. Ja, niemand hat eine Alternative zum Deal „Freiheit gegen Gesundheit“ vorgeschlagen. Wahrscheinlich gibt es keine. Aber wenigstens darf man nicht die Augen davor verschließen, dass es sich um genau diesen Deal handelt. 

    Nicht nur der Arzt, der vor Erschöpfung umfällt, bringt ein beispielloses Opfer, sondern jeder Mensch, der zu Hause eingesperrt ist

    Und wenn es für die Staatsmacht nur eine Art Stresstest ist, so ist es für den Bürger eine beispiellose Verunglimpfung der Grundfesten seines Seins. Es wäre naiv, die Staatsmacht jetzt darum zu bitten, verantwortungsvoller, barmherziger und ehrlicher zu sein – nein, das wird sie natürlich nie werden; doch sollte sie ruhig darüber nachdenken, wie sich diese tragische Zeit auf ihre künftige Beziehung zu den Bürgern auswirken wird. Ob es die Heldentaten der Ärzte und die Rettung vor dem Hunger (wobei, ist das überhaupt garantiert?) sein werden, die von diesem Frühling im kollektiven Gedächtnis zurückbleiben, oder nicht doch diese demütigenden QR-Codes und die öffentliche Verspottung der „besonders Begabten“. 

    Wir wissen, dass wir uns die Hände waschen, nicht ins Gesicht fassen und zu Hause bleiben sollen. Aber dieser Aufzählung sollte man vielleicht noch etwas nicht weniger Wichtiges hinzufügen: nicht zu vergessen, dass die Würde des Menschen in jeder Hölle ein unverzichtbarer Wert bleibt und dass die Freiheit nicht viel weniger wert ist als das Leben selbst. Und dass genau jetzt nicht nur der Arzt, der vor Erschöpfung umfällt, ein beispielloses Opfer bringt, sondern jeder Mensch, der zu Hause eingesperrt ist – und diesem Menschen Achtung zu zollen, ist die Pflicht des Staates, die er leider oft vergisst.

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  • Tiergarten-Mord: Nachgeschobene Rechtfertigung

    Tiergarten-Mord: Nachgeschobene Rechtfertigung

    Der Mord an dem 40-jährigen Georgier Zelimkhan Khangoshvili in Berlin hat eine diplomatische Krise zwischen Russland und Deutschland ausgelöst. Der mutmaßliche Täter war schnell gefasst, die Bundesanwaltschaft sieht „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ dafür, dass „staatliche Stellen“ in Russland den Mord in Auftrag gegeben haben. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, würde der Kreml des Staatsterrorismus beschuldigt – was weitere diplomatische Verwerfungen nach sich ziehen würde.

    Diese aber gibt es schon jetzt zuhauf: Da Moskau bei der Aufklärung des Mordes nicht kooperiere, hat sich Berlin entschieden, zwei Agenten des Militärgeheimdienstes GRU auszuweisen, die als Diplomaten akkreditiert waren. Der Kreml reagierte traditionsgemäß „symmetrisch“, indem er zwei deutsche Diplomaten des Landes verwies. 

    Auf der Pressekonferenz des Normandie-Gipfels in Paris am 9. Dezember 2019 sagte Putin noch, Russland habe mehrmals ohne Erfolg die Auslieferung von Khangoshvili beantragt. „Wir sind nicht angefragt worden, jemanden auszuliefern […] Das kommt jetzt alles im Nachhinein, das hört sich ein bisschen nach Rechtfertigung an“, dementierte der deutsche Außenminister Heiko Maas einige Tage später. (UPDATE: Auf der Jahrespressekonferenz am 19.12.2019 räumte Putin ein, dass über eine Auslieferung nicht auf offizieller, nur auf Geheimdienstebene gesprochen wurde.)

    Wer war eigentlich Zelimkhan Khangoshvili? Was wirft der Kreml ihm vor? Und warum nimmt Moskau trotz weitgehender internationaler Isolation erneut solch gravierende Verwerfungen in Kauf? Oleg Kaschin kommentiert auf Republic

    Mit dem am 23. August in Berlin ermordeten georgischen Tschetschenen Zelimkhan Khangoshvili geschehen die sonderbarsten Dinge, und zwar nach dessen Tod. So etwas passiert wohl zum ersten Mal überhaupt: Erst wird jemand ermordet und danach denkt man sich aus, warum. Ganz allgemein ist die Rede von einem „tschetschenischen Warlord“, aber das kann alles Mögliche bedeuten. 1979 geboren, war er 15 Jahre alt, als der erste Einmarsch begann, und 20 Jahre zu Beginn des zweiten. In beiden Fällen war das zwar ein durchaus wehrfähiges Alter (es geht schließlich um den Kaukasus), trotzdem wird der junge Mann wohl kaum ein außerordentlicher Schlächter gewesen sein. Wenn, dann hätte sicher irgendjemand schon von ihm gehört.

    Wer war Zelimkhan Khangoshvili?

    Er lebte im Pankissi-Tal – und ja, das war in dieser Zeit ein übler Ort. Damals war es sehr wahrscheinlich, dass ein junger, dort lebender Tschetschene (in dem Tal liegen tschetschenische Dörfer) einer gewissen Logik folgend auf der Seite der tschetschenischen Rebellen kämpft. Doch hat damals ganz Tschetschenien gekämpft. 

    Schon unter Saakaschwili wurde über Khangoshvili in der georgischen Presse geschrieben, dass er für die georgischen Geheimdienste arbeite, ihnen dabei helfe, einen Einmarsch Russlands ins Pankissi-Tal zu verhindern. Dann, nach dem Krieg, haben georgische Sicherheitskräfte vor sieben Jahren im Pankissi-Tal irgendeine tschetschenische Bande entwaffnet – und unter deren Unterhändlern soll wohl auch Khangoshvili gewesen sein. Das ist bestimmt nichts Gutes, aber nicht Horror Horror Horror, wie man es uns heute erzählen will.

    Wer erzählt, und was wird erzählt?

    Wer erzählt, und was wird erzählt? Hauptquelle ist die Polizei in Inguschetien, das berüchtigte inguschische Zentrum E, also eine Behörde, in die kein deutscher Journalist hineingelangt, der noch ein paar Nachfragen hat, und wo ein Moskauer Journalist nicht mal per Telefon durchkommt. (Erst kürzlich wurde der oberste Extremismusbekämpfer dort zu Grabe getragen, der wahrscheinlich einer Blutrache zum Opfer fiel – so viel zu Sitten, Recht und so weiter)

    Nun erinnern sich die inguschischen Extremismusbekämpfer nach dem Mord an Khangoshvili daran („erinnern“!), dass sie ihn seit 2008 suchen. Ganz schön lange, aber das nur, weil sie sorgsam Ermittlungsinformationen über seinen möglichen Aufenthaltsort durchgearbeitet haben. Warum er gesucht wurde? Weil er 2004 an dem Überfall von Bassajews Einheiten auf Nasran beteiligt gewesen sei.

    Jetzt in Paris hat Putin auf die Frage eines deutschen Journalisten eine Zahl genannt: 98 Tote. Was ist das für eine Ziffer? Eben die vom Überfall auf Nasran. Das war der größte und gewiss verwegenste Überfall Bassajews in der Nachkriegszeit (die aktive Phase der Kampfhandlungen war damals schon vorüber). Selbst wenn die (durch nichts bestätigten) Information über eine Beteiligung Khangoshvilis an diesem Überfall zuträfe, so wäre es doch vermessen, die Verantwortung für die 98 Toten ihm persönlich zuzuschreiben – vielleicht saß er am Steuer eines LKW oder kaufte auf dem Markt Essen für Bassajew.

    Dann sprach Putin von den Explosionen in der Moskauer U-Bahn, ohne genauer zu sagen, von welchen (entweder von 2004 zwischen den Stationen Awtosawodskaja und Pawelezkaja, oder denen von 2010 in den Stationen Lubjanka und Park Kultury). Und es wäre peinlich, daran zu erinnern, dass die russischen Behörden in beiden Fällen öffentlich verkündet haben, die Organisatoren der Terroranschläge seien ermittelt worden. Weder 2004 noch 2010 war von einem Khangoshvili die Rede. 

    Moskau hat die deutschen Behörden doch sicher um Auslieferung gebeten?

    Aber gut, einmal angenommen, alles war genauso, wie es Putin und die inguschischen Extremismusbekämpfer sagen, und wir glauben, dass Khangoshvili ein blutrünstiger Terrorist war, der lange gesucht wurde. Daran kann man tatsächlich nur glauben (Beweise liegen ja nicht vor), und die stärkste Probe für diesen Glauben, das sind Anfragen. Wenn ein Terrorist in Deutschland lebt und Russland an ihn herankommen möchte, dann hat Moskau die deutschen Behörden doch sicher um eine Auslieferung gebeten?

    Die deutsche Regierung aber sagt: Nein, es gab keine Anfragen. Der deutsche Peskow, Regierungssprecher Steffen Seibert, erklärt offiziell, dass es keinen Antrag gegeben habe. Russlands Peskow sagt, es habe einen gegeben, nimmt dann Worte in den Mund, die selbst für ihn untypisch sind, und spricht von „außerordentlich blutigen Terroranschlägen und Massenmorden“, wobei er nichts belegt. 

    Welchem Peskow glaubt man da eher, unserem oder dem deutschen? 

    Wer ist Wadim Sokolow?

    Der Killer – das ist eine Frage für sich. Die Deutschen haben ihn gefasst, er hat einen russischen Pass auf den Namen Wadim Sokolow, und der Insider bezeichnet ihn als Wadim Krassikow, einen 2014 untergetauchten mehrfachen Mörder, der früher in einer Spezialeinheit des FSB gedient hat. Wird er reden, und was wird er aussagen – das ist die bisher spannendste Frage. 
    Die russische Seite, unter anderem Putin persönlich, leugnet eine Verwicklung des russischen Staates in die Ermordung Khangoshvilis. Doch auf eine Stelle aus dem Buch des Genres „Das waren wir nicht!“ kommen zehn aus einem anderen Genre: „Das war ein derart übler Schurke, dass es schon lange an der Zeit war, ihn zu töten.“ 
    Das ist das gleiche Verhältnis wie im Fall Skripal, und es ist klar, wie das in den Ohren der Deutschen klingt – wohl kaum anders als letztes Jahr in den Ohren der Engländer. Sanktionen, zerrüttete Beziehungen, neue spannende Details, das alles wird es zweifellos geben. Und mit der gegenseitigen Ausweisung von Diplomaten wird die Sache nicht beendet sein. Für Russland, das sowieso mit allen im Streit liegt, stehen die Dinge offensichtlich nicht allzu gut. Doch war es das wohl wert.

    Warum? Wer hat das entschieden?

    Die wichtigste Frage ist aber: Warum? Der Insider nimmt an, der Grund für alles sei darin zu suchen, dass Khangoshvili 2008 die georgische Armee beraten hat, und dass auf Leute, die den Georgiern während des Fünftage-Krieges irgendwie geholfen haben, Jagd gemacht wird. So schrieb etwa die New York Times über einen russischen Killer im ukrainischen Riwne: Dieser hat einen Angehörigen der ukrainischen Sicherheitskräfte ermordet, der ebenfalls 2008 in Georgien tätig gewesen war. Bei dem Killer hat man eine Liste von sechs Ukrainern gefunden, die in Georgien gekämpft hatten. 

    Wer weiß – vielleicht führen die russischen Geheimdienste tatsächlich jenen Krieg zu Ende, irgendwie ist die Sache ja heilig. Aber dafür die Beziehungen zu Deutschland aufs Spiel setzen? Wer hat das entschieden, wer hat die Risiken gegeneinander abgewogen, wer hat die Szenarien vorausgesehen, wie sich die Dinge weiterentwickeln? Entweder niemand, oder es gibt einen zehn Jahre alten Befehl, der lautet „Alle umbringen“, und alle führen ihn aus, ohne darüber nachzudenken, in welchem Maße sie jetzt damit ihrem Staate schaden. Jetzt habt ihr euren Khangoshvili endlich, und was bringt’s?

    Jetzt habt ihr euren Khangoshvili endlich, und was bringt’s?

    Die schlimmste (und wahrscheinlichste) Antwort wäre: Nichts. Einfach, weil sie es wollten; sie liquidierten ihn, weil sie sich das leisten können. Das Problem ist nur, dass längst auch so schon niemand mehr daran zweifelt, dass sie das können. Und doch versuchen sie immer weiter, es zu beweisen, als ob es ihr Ziel wäre, in der ganzen Welt dieses unstrittige Bild vom Übeltäter Russland zu erzeugen. Damit ja niemand darauf kommt, mit Russland Beziehungen zu knüpfen. Damit von außen ein Eiserner Vorhang fällt und eine Isolation entsteht, die sie selbst hervorrufen.

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  • Eingeschränkte Freiheit für alle

    Eingeschränkte Freiheit für alle

    Die Vorwürfe wiegen schwer: Auf der Geburtstagsfeier des unabhängigen Exilmediums Meduza soll der Chefredakteur und Mitgründer des Mediums, Iwan Kolpakow, bereits stark angetrunken, die Frau eines Mitarbeiters sexuell belästigt haben. Er selbst kann sich nach eigenen Angaben an den Vorfall nicht erinnern, könne also nicht ausschließen, dass es so passiert ist. 

    Das Ganze geschah Ende Oktober. Meduza nahm sich des Vorfalls schließlich offensiv an und machte ihn Anfang November öffentlich. Das Medium verstand diesen Schritt auch als Teil der „Bestrafung“ Kolpakows, der weiter Chefredakteur bleiben sollte. Meduza betonte, dass es sonst niemals ähnliches Verhalten oder Vorwürfe gegen Kolpakow gegeben habe. Am 9. November erklärte Kolpakow seinen Rücktritt und schrieb dazu in einem Facebook-Post: „Ich gehe, weil ich keinen anderen Ausweg sehe. Weil es so besser ist für Meduza.“

    Der ganze Vorfall polarisierte die russische Netzgemeinde stark. Manche lobten die Transparenz, andere, wie etwa RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan warfen Meduza, das etwa auch über sexuelle Belästigung in der Duma kritisch berichtet hatte, „Heuchelei“ vor.
    Oleg Kaschin nimmt den Fall und die darum entstandene Debatte zum Anlass, um aus der Metaebene auf die russische Medienszene zu blicken. Und stellt fest: „die Guten“ oder „die Bösen“ gibt es nicht mehr.

    Am erstaunlichsten im Streit um die sexuelle Belästigung bei Meduza ist das, was aus dem kremltreuen Lager zu hören ist. Zwar wird ständig betont, dass es nur eine kleine lettische Onlinezeitung ist, doch die Freude über deren Fiasko ist so unbändig, als ginge es um die Aufhebung sämtlicher westlicher Sanktionen gegen Russland oder um die Anerkennung der russischen Krim durch alle Staaten unseres Planeten oder was es sonst noch an unumstrittenen Anlässen zur patriotischen Freude gibt (Atomkrieg? Die Verhaftung Nawalnys? Ein Oscar für den Film Die Krimbrücke?). 

    Über Meduza ereifern sich nun wild durcheinander unterschiedliche Autoren – es ist schon klar aus welchem Kreis: von Wladimir Solowjow, Margarita Simonjan und Andrej Babizki bis hin zu unbekannten Namen aus kleineren patriotischen Medien. 
    Und es wird sogar klar, warum sie sich so freuen – als Leitmotiv zieht sich durch alle Beiträge: „Da haben nun die Liberalen endlich ihr wahres Gesicht gezeigt.“ Gefeiert wird nicht der Sieg über Meduza, sondern über die Liberalen.

    Gefeiert wird der Sieg über die Liberalen

    Das ist sonderbar, denn der Hauptakteur dieses Skandals ist kein Moskauer Veteran und Urgestein der demokratischen Presse mit einem Gussinski und Beresowski im Portfolio, sondern der Permer Philologe Iwan Kolpakow. Das ist kein Viktor Schenderowitsch
    Über die politischen Ansichten des Chefredakteurs von Meduza ist wenig bekannt, und auch Meduza ähnelt weder Echo Moskwy noch der Novaya Gazeta besonders stark. Handelt es sich um eine parteiliche Zeitung? Ja, wahrscheinlich, aber vor allem insofern, als dass die Partei, deren Interessen Meduza vertritt, Meduza selbst ist. Und der Konflikt um die sexuelle Belästigung ist genau aufgrund dieser Parteilichkeit entstanden – die Redaktion wurde zur Geisel ihrer eigenen Prinzipien: Feminismus, #MeToo und das ganze New-York-Times-Programm. 

    Feminismus, #MeToo und das ganze New-York-Times-Programm

    Eine Gruppe junger Leute, die sich ausmalen, vor dem Fenster sei Manhattan – das sind keine Dissidenten, sondern stiljagi, die russische Entsprechung der Hipster. Doch für RT und andere loyalistische Sprachrohre stellen gerade diese stiljagi eine überaus ernste Bedrohung dar, die überaus ernste Aufmerksamkeit verdient. 
    Nicht einmal über Nawalny wird so wütend geschrieben wie über Kolpakow, und es fällt ihnen anscheinend gar nicht auf, wie merkwürdig ihre weder dem Vorfall und Ausmaß noch dem Subjekt angemessene Reaktion wirkt.
    Als unfreiwillige Verbündete von RT im Kampf gegen Meduza agierte die russische BBC – mit ihrem Artikel begann der Skandal, zudem sieht es ganz danach aus, als hätte Meduza sich nach dem Anruf der BBC gezwungen gesehen, den Konflikt an die Öffentlichkeit zu tragen. Als Meduza sich in einer nächsten Phase des Konflikts von dem Mitarbeiter trennte, mit dessen Beschwerde alles angefangen hatte, war es ausgerechnet ein Journalist der BBC, Ilja Barabanow, der das ganze Selbstverteidigungssystem von Meduza sanft, aber auf tatsächlich sehr schmerzhafte und überzeugende Weise zerlegte. 

    Aber auch das hat etwas sehr unangenehm Ambivalentes. „Ausländisches Medium, das auf Russisch über und für Russland schreibt“ – unter diese Definition fallen Meduza und die russische BBC gleichermaßen, sie sind direkte Konkurrenten, zudem hat die merklich vergrößerte russische BBC in den vergangenen ein, zwei Jahren mehr Journalisten aus russischen Qualitätsmedien übernommen als alle anderen. Der Angriff der BBC auf Meduza erweckt jetzt den Eindruck eines ziemlich harten Konkurrenzkampfes, der wahrscheinlich darauf ausgerichtet ist, sich die wertvollsten Mitarbeiter der mit Unannehmlichkeiten kämpfenden Zeitung zu schnappen (Ilja Barabanow lässt durchblicken, dass bei Meduza jetzt Leute kündigen).

    Eindruck eines harten Konkurrenzkampfes

    Versuchen Sie einmal, diesen Konflikt aus der gewohnten Perpektive des Gegensatzpaares kremlfreundliche/kremlkritische Presse zu beschreiben – es geht nicht. Die Konfliktlinien in der Medienlandschaft liegen heute ganz anders als noch in den 2000er und den früher 2010er Jahren. Und die erhöhte Aufmerksamkeit für Meduza hat in vielerlei Hinsicht damit zu tun, dass es mittlerweile überhaupt gar keine größeren unabhängigen Medien mehr gibt. Das Modell Echo Moskwy (die Aktienmehrheit hält Gazprom, Schenderowitsch ist auf Sendung) wirkte einst wie eine Anomalie. Inzwischen ist das ein durchaus universelles Modell. 

    Mit der Formel „loyaler Medieneigner und rebellische Journalisten“ kann mittlerweile auch die Standards setzende Novaya Gazeta beschrieben werden wie auch das Medienunternehmen RBC mit Vedomosti als Zeitung, wie auch Gussinskis NTW-Abkömmling RTVi. Und angesichts der Tatsache, dass der Name des Investors von Meduza seit vier Jahren geheimgehalten wird, kann man leicht überspitzt sagen, dass auch Meduza auf diese Liste gehört. 

    An dieser Stelle möchte ich auf ein früher undenkbares Phänomen hinweisen: Gerade die loyalen oder staatlich kontrollierten Medien bieten breitgefächerte Möglichkeiten für die unpolitische Selbstverwirklichung jener Journalisten, die sich sonst mit unerwünschten Dingen beschäftigen würden. Ein Teil des Teams der früheren Afisha kam bei Yandex unter, die Projekte des früheren Chefredakteurs von Doshd, Michail Sygar, werden ebenfalls von Yandex und der Sberbank unterstützt, und sogar der Produzent jener verhängnisvollen Recherchereise nach Zentralafrika, Rodion Tschepel, macht Sachen über Russland mit Unterstützung der Gazprombank. 
    Das russische Regime war noch nie ein großer Freund der freien Presse, aber in der Rolle ihre Beschützerin fühlt es sich ziemlich behaglich – jedenfalls, solange die Presse (sollen wir sie „bedingt frei“ nennen?)  nicht die berühmte doppelt durchgezogene Linie übertritt.

    Nur nicht die Linie überschreiten

    So gesehen ist der sensationelle Auftritt Kirill Kleimjonows (der nicht einfach Moderator ist ist, sondern der Stellvertreter von Perwy Kanal-Chef Konstantin Ernst) in der Sendung Wremja, in der er sich für Kirill Serebrennikow stark machte, genauso ein Faktum der neuen Medienrealität wie der Konflikt bei Meduza. Perwy Kanal tritt plötzlich mit den gleichen Positionen auf wie beispielsweise Doshd – und für Doshd ist das eine Sensation: Genau wie die Loyalisten von RT sind die unabhängigen Journalisten an eine Weltsicht gewöhnt, in der die „kremltreue“ Presse der „unabhängigen, illoyalen“ gegenübersteht. Doch die Grenzen zwischen „Unabhängigkeit“ und „Kremltreue“ sind inzwischen gänzlich verwischt, und wer würde die Hand dafür ins Feuer legen, dass der Kreml bei der Novaya Gazeta seltener mit Weisungen anruft als beim Perwy Kanal

    Früher war es einfacher: Die „Guten“ arbeiteten bei den einen Medien, die „Bösen“ bei den anderen. Jetzt aber gibt es nur eine einzige Richtlinie eines einzigen Auftraggebers – innerhalb eines Spektrums sind alle gleichmäßig verschmiert, es gibt keine „Guten“, beziehungsweise, je nach Sichtweise, keine „Bösen“ mehr.

    Eingeschränkte Freiheit ist für alle genug da. Außerhalb dieses Spektrums gibt es nur noch die inländischen Versionen der Auslandssender wie RT einerseits und kleine Nischenprojekte im Stil von Mediazona, Colta oder den Medien von Chodorkowski andererseits. Wenn auch sie wegfallen, wird in der russischen Medienwelt die endgültige Ordnung herrschen.

    Diese Übersetzung wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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  • Viel Rauschen um Nichts

    Viel Rauschen um Nichts

    Alle reden von Fake-Nachrichten, es gibt aber auch jede Menge Nicht-Nachrichten: Oleg Kaschin auf Republic über das immer lauter werdende Inforauschen.

    Bald schon wird sich, wie gemeinhin bekannt, die Staatsduma der Onanie hingeben. Dieser Scherz bietet sich nicht nur an, man kommt gar nicht nicht daran vorbei – und er ist aufgekommen als Reaktion auf die Initiative des Abgeordneten Onischtschenko. Der hat gefordert, an Schulen über das Übel der Masturbation zu sprechen.

    Wenn „in der Staatsduma etwas gefordert wurde“, dann hat aller Wahrscheinlichkeit nach irgendein Journalist einen enorm auf skandalöse Bekanntheit erpichten Abgeordneten angerufen und ihn gefragt, ob es nicht irgendwas Neues gibt. Und selbst wenn es nichts richtig Neues gibt, filtern die beiden gemeinsam nach und nach die potentiell auf große Resonanz stoßenden Themen heraus, und am Ende des Gesprächs sagt der Abgeordnete, er werde möglicherweise versuchen, irgend sowas in die nächste Sitzung einzubringen. 

    Die Nachricht ist fertig, sie erscheint in den Feeds. Und obwohl es kein Ereignis gibt und so gut wie garantiert auch keines geben wird: Irgendwer glaubt’s, irgendwer empört sich, irgendwer denkt sich lustige Scherze beim Weiterspinnen der Nachricht aus, und alle klicken drauf. 
    Die Redakteure des Fernsehsenders RTVi hatten die sehr gute Idee, solche Nachrichten einem besonderen Feed mit dem Namen „Inforauschen“ zuzuordnen und dabei jedes Mal dröge zu erklären, warum gerade diese Nachricht bedeutungslos ist, aber solche Erklärungen funktionieren grundsätzlich nicht – Menschen, für die ein skandalöser Abgeordneter und eine beiläufige Phrase von ihm sofort Gesetz sind, die vertiefen sich in der Regel nicht in Erklärungen, und die Nachricht entwickelt ihr Eigenleben. So ist es nun bei Onischtschenko und dem Onanieren.

    Rauschen, wo keine Info ist

    Inforauschen – das ist nicht das Gleiche wie Fake News und postfaktische Wahrheit. Sogar im Vergleich zu gewöhnlichen Nachrichten schlagen Nachrichten dieser Art alle Glaubwürdigkeitsrekorde und können wohl nur konkurrieren mit einem dieser unerträglichen offiziösen Berichte der Sorte „Wladimir Putin hat ein Arbeitstreffen abgehalten“ . 
    Wenn Sie im Feed lesen, dass Pjotr Wersilow vergiftet wurde, bedarf das einer Überprüfung, aber die Behauptung, dass Onischtschenko etwas gefordert hat, bedarf keiner Überprüfung – und wenn sich doch jemand daran macht, es zu überprüfen, reichen einige Sekunden aus, um das wörtliche Zitat herauszusuchen – nun ja, er hat es gefordert, alles klar. 
    Inforauschen besteht wirklich aus dem, was absolut nicht zu bestreiten ist. Wenn sich Senator Puschkow in seinem Twitteraccount über jemanden lustig gemacht hat, besteht kein Zweifel – er hat sich lustig gemacht. Wenn Maria Sacharowa gefordert hat, in England eine Hauptverwaltung für Rebranding (glawnoje rebrendingowoje Uprawlenije, GRU) aufzubauen – besteht ebenfalls keine Notwendigkeit, es zu überprüfen, über so etwas wird nicht gescherzt, sie hat es tatsächlich gefordert. 

    Es ist schwer zu ermitteln, wie viel Prozent des Nachrichtenstroms heute aus diesem Zeug bestehen – manchmal scheint es der größere Teil zu sein, aber selbst wenn es der geringere Teil ist, bestimmen doch ausgerechnet diese Nachrichten heute weitgehend Russlands Informationsantlitz. Was gibt es Neues im Land? Sacharowa hat gescherzt, Puschkow hat gelacht, in der Staatsduma wurde etwas gefordert.

    Durch die recht niedrige Spontanität in den heutigen russischen Medien kommen Zweifel auf, dass das Inforauschen von selbst entsteht – wenn sämtliche populäre Medien, einschließlich der staatlichen, keinen einzigen Tweet von Senator Puschkow auslassen (der einfach nur Senator, nicht einmal Ausschussvorsitzender ist), ist es keine Paranoia, von einer Methodik zu sprechen, in der als eigener Punkt das Monitoring von Puschkows Tweeds mit anschließender medialer Verbreitung aufgeführt ist.

    Unbestreitbarer Champion: Sergej Dorenko

    Wenn eine sehr abstrakte Nachricht à la „im Netz wurde sich lustig gemacht“ durch die Feeds strömt (in der Regel ist die Rede von ein oder zwei namenlosen Bloggern), kann man das ebenfalls schwer den Naturgewalten zuschreiben. 

    Es gibt einen unbestreitbaren Champion, der solche Nachrichten in seinen Sendungen am häufigsten erwähnt (sowohl nach Augenmaß als auch nach Angaben von Medialogia): der von Sergej Dorenko geleitete Radiosender Govorit Moskva.  Auf diesem Sender wurde ausgestrahlt, wie Onischtschenko die Bekämpfung der Onanie fordert, auf diesem Sender wurde ausgestrahlt, wie sich die Abgeordnete Vera Gansja über das niedrige Gehalt der Abgeordneten beklagt. Eine Flut von Nachrichten verweist auf Govorit Moskva.

    Hinter jeder Nachricht, das ist klar zu erkennen, steht strapaziöse und hochwertige Reporterarbeit, die Leute klingeln die Newsmaker an, bauen Beziehungen zu ihnen auf, ringen ihnen Exklusivgeschichten ab, und nur durch ein kleines Detail wird der ganze Prozess zu wahrem Antijournalismus: Diese ganze strapaziöse und hochwertige Arbeit wird mit dem Ziel verrichtet, dass etwas offenkundig Sinnloses dabei herauskommt; Viralität allein um der Viralität willen stellt den Erfolg dar, und das, was früher als von niemandem benötigte Pressemitteilungen verschickt wurde, wird nun als wertvolles Exklusivmaterial ausgegraben und verkauft. 
    Die künstlichen und bedeutungslosen Nachrichten, mühsam vom Radiosender Govorit Moskva hervorgebracht, verbreiten sich über die Feeds der anderen Massenmedien und über soziale Netzwerke, und sie nehmen ihren Platz ein zwischen den tatsächlichen Nachrichten und dem übrigen Inforauschen.

    Es ist anzunehmen, dass sich Sergej Dorenko eben diese Lizenz für Inforauschen auf irgendeine Art und Weise erarbeitet hat und Bevollmächtigter für die Erzeugung von Pseudonachrichten geworden ist. Vor einigen Jahren hatte Aram Gabreljanows Izvestia diesen Posten, und nun, wo der Platz freigeworden ist, hat ihn der Radiosender Govorit Moskva eingenommen, und die besondere Rolle des Senders innerhalb der Struktur der parastaatlichen Medien verdient jetzt auf jeden Fall sehr große Aufmerksamkeit. Es ist klar, dass es sehr viele verschiedene Methoden gibt, mit denen die Gesellschaft durch Medien manipuliert werden kann. Aber wenn sich die Staatsmacht nun genau diese Methode aneignet, wird sie aus ihr noch Nutzen ziehen, darauf müssen wir gefasst sein.

    Diese Übersetzung wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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    Die Propagandamacher (Teil 1)

    Wladimir Solowjow

    Putin, Patriarch, Premier – bitte nicht berühren

    Moskau. Kreml. Putin.

    Erster Kanal

  • Foltervideo: Einmaliger Störfall?

    Foltervideo: Einmaliger Störfall?

    Ein Gefangener, der von mehreren Wärtern grausam gequält wird: Sie schlagen ihn, als er das Bewusstsein verliert, kippen sie ihm Wasser ins Gesicht. Dann geht die Folter weiter.

    Das Video aus der Jaroslawler Haftkolonie IK-1, das die Novaya Gazeta vergangene Woche veröffentlicht hatte, löste bei vielen Entsetzen aus. Der Film ist von 2017, er zeigt den Häftling Jewgeni Makarow. Im selben Jaroslawler Gefängnis befanden sich auch zwei nach den Bolotnaja-Protesten Verurteilte. Sie hatten ebenfalls Foltervorwürfe erhoben.

    Am Montag nach der Veröffentlichung waren bereits sechs Wärter verhaftet und 17 Mitarbeiter der Haftkolonie vom Dienst suspendiert worden. Unterdessen berichtet die Rechtsanwältin Irina Birjukowa, die der Novaya Gazeta die Aufzeichnung übergeben hatte, im Exilmedium Meduza von Morddrohungen. Sie hat Russland inzwischen verlassen. 

    Auf Republic kommentiert Oleg Kaschin den Fall – und die Frage, ob nun alles besser wird im russischen Strafvollzug.

    Das Video aus der Haftkolonie IK-1 in Jaroslawl ist ein Markstein der landesweiten Bürgerrechtsbewegung, ein technischer Durchbruch, der ganz von allein zum historischen Wendepunkt wird. Mit mündlichen und schriftlichen Zeugnissen über Gefängnisterror haben alle gelernt umzugehen, und das schon vor ziemlich langer Zeit. Der Föderale Dienst für Strafvollzug FSIN, die Staatsanwaltschaft, staatliche Menschenrechtsbeauftragte – alle haben Gewohnheiten und Reflexe entwickelt, haben feste Rollen inne. Und wenn von jener Seite der Gefängnismauer der soundsovielte schockierende Brief eintrifft, haben alle eine ungefähre Vorstellung davon, wem gegenüber sie sagen „Ach, wie schrecklich, was für eine Alptraum“ und wem gegenüber „Wir werden eine Überprüfung veranlassen“.
    Die lautesten öffentlichen Beschwerden an den FSIN sind die Briefe von Nadeshda Tolokonnikowa und Ildar Dadin – und die haben, ehrlich gesagt, nur die Menschen beeindruckt, die es auch schon vorher waren. Doch die, die sich nicht beeindrucken lassen wollten, konnten einfach sagen, dass sich hier politische Aktivisten beschweren, die sich mutwillig fragwürdig benommen hätten und jetzt wahrscheinlich irgendwie übertreiben und herumeiern. 

    Eine prinzipiell neue Situation

    Diese Industrie des Laberns und medialen Verwässerns der schockierendsten Berichte, von denen in anderen Ländern jeder für sich genommen mindestens zu einer Regierungskrise führen würde – diese Industrie ist in Russland unwahrscheinlich hoch entwickelt.

    Die Folter von Jaroslawl jedoch lässt diese Gewohnheiten zerbrechen und schafft eine prinzipiell neue Situation.

    Statt schriftlicher oder mündlicher Zeugnisse von Gefangenen, Anwälten oder Bürgerrechtlern findet sich hier ein ausführliches Video, das nicht nur einfach Entsetzen und Grauen hervorruft, sondern auf dem man die Namen und Gesichter der Folterer erkennen kann. Man kann sie sogar in Sozialen Medien finden und feststellen, dass vor unseren Augen ganz normale russische Durchschnittsbürger mit Schulterstücken zu sehen sind, die genau das gleiche Leben führen wie Millionen andere – mit Familien, Ferien, Angelspaß, blöden Witzen, Glückwünschen; in einer mit allen Wassern gewaschenen Gesellschaft kann Schock-Realismus auch nur genau so funktionieren: Wenn das Verbrechen auf Video in guter Qualität aufgenommen und festgehalten wird.

    Tolokonnikowa und Dadin haben über das Gefängnisgrauen geschrieben – und wenn schon nicht nur für Gleichgesinnte, so doch für Menschen, die in demselben Informationsraum wie sie existieren, grob gesagt dort, wo Nawalnys Blog schwerer wiegt und überzeugender ist als die Fernsehsendung Wremja.
    Die Videoaufzeichnung funktioniert anders, sie teilt das Publikum nicht, sie ist an alle gerichtet und spricht eine Sprache, die alle verstehen.

    Die Videoaufzeichnung spricht eine Sprache, die alle verstehen

    Ein solches Video lässt sich nicht mehr mit einem „Wir werden eine Überprüfung veranlassen“ abtun, und die Kommunikationsabteilung schreibt nichts von wegen „Die Fakten sind bisher nicht bestätigt“ – denn alle haben diese Fakten gesehen, was gibt’s da also zu deuteln.

    Doch zu sagen, das Video von Jaroslawl teile das gesellschaftliche Leben in ein Vorher und Nachher, oder es versetze dem System zumindest auf dem Gebiet des Strafvollzugs einen vernichtenden Schlag, oder der Skandal von Jaroslawl bilde den Anfang eines großen Stoffes von historischem Ausmaß, und der werde zu etwas Wichtigem und Schicksalträchtigen führen – jede derartige Prognose klänge gutmenschenhaft und naiv.

    Jaroslawl – ein Einzelfall?

    Das Video aus Jaroslawl verschiebt den Erzählstrang eines „So eindeutig ist das alles nicht“ weg vom eigentlichen Fakt des Verbrechens, den man nicht bestreiten kann, hin zu der Frage: Wie exemplarisch ist dieses Video? Dies kann man aber mit einem Video allein weder beweisen noch widerlegen. Siebzehn Sadisten in einer beliebig herausgepickten Anstalt – diese Nachricht ist für das System zwar nicht besonders gut, aber insgesamt doch verdaulich.
    Ein lokaler Auswuchs, ein einmaliger Störfall, ein Exzess. Ein Strafverfahren ist eingeleitet, die Menschen aus dem Video wurden wohl schon von ihren Posten entfernt, und irgendjemand wurde wohl schon verhaftet. Der Skandal von Jaroslawl hat ein kleines Schlaglicht auf ein riesiges dunkles Feld geworfen. Und alles auf dem restlichen – nicht beleuchteten – Teil des Feldes, das wird nun der Diskussionsgegenstand sein zum Thema „So eindeutig ist das alles nicht“.

    Die selektive Rechtsanwendung ist für das russische System zwar nicht die Grundlage, aber zumindest das wichtigste und wesentlichste Prinzip. Sie erlaubt dem System, Gesetze nur zu eigenem Nutzen anzuwenden und dabei unangreifbar zu bleiben.

    Jewgeni Makarow, der auf dem Video gefoltert wird, widerfährt nun durch die Strafe für seine Peiniger Gerechtigkeit. Das ist für russische Verhältnisse eine sehr gute Nachricht. Doch Gerechtigkeit, die wie ein Sechser im Lotto daherkommt, wird niemals zu einer guten Nachricht für alle. Das Video aus der Jaroslawler Haftkolonie IK-1 wird nur die Leben der Gefilmten in ein Vorher und ein Nachher einteilen. Sonst keine. 

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  • Stört die Rente den WM-Frieden?

    Stört die Rente den WM-Frieden?

    Am Eröffnungstag der Fußball-WM in Russland wurde es verkündet: Die Regierung plant, das Rentenalter anzuheben. Für Frauen soll es bis 2034 schrittweise auf 63 Jahre steigen, für Männer bis 2028 auf 65 Jahre – bei einer derzeitigen Lebenserwartung von 67,5 Jahren für Männer. Seit 1932 gehen Frauen in Russland mit 55, Männer mit 60 Jahren in Rente. Sozialpolitische Maßnahmen hatte Putin bereits bei seiner Antrittsrede im Mai angekündigt. 

    Die geplante Reform findet im Volk nur wenig Anklang und stößt auch bei Gewerkschaften auf viel Unmut. Der Oppositionelle Alexej Nawalny hat für kommenden Sonntag, 1. Juli, Proteste in mehreren russischen Städten angekündigt – allerdings nicht in den WM-Austragungsorten, wo während der Fußball-Weltmeisterschaft ein Versammlungs- und Protestverbot gilt. Einzelne Oppositionsparteien, die liberale Jabloko-Partei und die linksradikale Lewy Front, kündeten trotz des Verbots für den 3. und 4. Juli Proteste auch in Moskau an.

    Oleg Kaschin kommentiert auf Republic, warum es allerdings sein kann, dass der wirkmächtigste Protest gegen die Rentenreform aus dem Machtzirkel selbst kommt.

    Was die Wortverbindung „menschlicher Faktor“ eigentlich bedeutet, das hat uns das Leben innerhalb weniger Tage auf verblüffende Weise neu vor Augen geführt. Klar, dieser Faktor muss stets beachtet werden: Hinter allen Maschinen, Lenkrädern, Computern, überall stehen und sitzen lebendige Menschen, die Menschen haben Nerven, die Nerven können versagen, der Mensch kann alles vermurksen. Darüber wurden Hunderte von Büchern geschrieben, das ist nichts Neues.

    Aber so anschaulich und klar wie diesmal, das ist doch sehr selten und sucht seinesgleichen. Da sitzen sie, in ihren Ministerien, in Instituten, im Kreml, und offenbar hat Kudrin kluge Köpfe um sich – Ökonomen, Finanzanalysten, Soziologen, PR-Leute. Sie sitzen, bereiten die Rentenreform vor, kalkulieren, was sich gehört, analysieren Risiken, zeichnen Tabellen und Grafiken. Alles durchdacht, alles fertig, kann losgehen.

    Der menschliche Faktor

    Und im entscheidenden Moment setzt er ein, der menschliche Faktor: Ein konkreter lebendiger Mensch, der 18 Jahre an seinem Image so sehr gefeilt hat, dass alle denken, von diesem Menschen würde im Land buchstäblich alles abhängen. Und der will plötzlich, dass diese offenkundig unpopuläre und sozial gefährliche Reform unter keinen Umständen mit ihm in Verbindung gebracht wird – mit Wladimir Putin.

    Beim Direkten Draht wurde eine sichtlich vorab vorbereitete Frage nach dem Rentenalter gestellt. Hier hätte Putin sagen können, ja, sie werden es erhöhen, doch stattdessen antwortete er: „Welche Maßnahmen die Regierung zur Lösung dieser Schlüsselaufgabe vorschlagen wird, das müssten wir in Kürze erfahren.“

    „Müssten wir erfahren“ – also auch er, Putin, weiß nicht, was sich die Regierung ausgedacht hat. Das ist seine offizielle Position: nichts zu wissen. Und eine Woche später, als Dimitri Medwedew das Reformprojekt verkündet, sagt Dimitri Peskow, Putin nehme nicht Teil an der Debatte über diese Reform, alle Fragen würden an die Regierung gehen. Das Prinzip „sie sind da nicht“ kann Putin offenbar auch auf sich selbst anwenden: Ich bin da nicht (obwohl alle wissen, dass er es ist). 

    Die Hauptnachricht ist nicht die Erhöhung des Rentenalters, sondern, dass Putin dafür keine Verantwortung übernimmt

    Insofern alle Macht auf Putin konzentriert ist, wird sein Unwille, mit der Rentenreform in Verbindung gebracht zu werden, zu deren wichtigster Eigenschaft. Das heißt wörtlich: Die Hauptnachricht ist nicht, dass das Rentenalter erhöht wird, sondern dass Putin keine Kraft gefunden hat, die Verantwortung dafür zu übernehmen.

    Eine anonyme, hinter dem Profilbild von Dimitri Medwedew versteckte Reform ist ein deutlich riskanteres Unterfangen, als wenn Putin beim Direkten Draht mit ruhiger Stimme gesagt hätte, ja, wir erhöhen das Alter, anders geht es nicht.

    Es gibt eine Palette von Argumenten für die Reform, die deren Befürworter verbreiten. (Ideal war in diesem Sinne ein Beitrag in der Sendung von Dimitri Kisseljow: „Ein munterer Schritt, ideale Körperhaltung. Und das mit 91 Jahren! Der dienstälteste Dozent des Stawropoler DOSAAF Dimitri Skorobogatsch eilt zum Unterricht.“) Diese hätten sogar überzeugend klingen können, wenn zu den Fragen nach Geld und Menschen nicht im letzten Moment noch die Frage nach Putin gekommen wäre, auf die es in keinem Methodik-Lehrbuch eine Antwort gibt.

    Die geleakte Info in Vedomosti, dass je nach möglichen Protesten die Reform abgemildert werden könnte, die gilt es durchaus ernstzunehmen. Dass in der seriösen Presse mit anonymen Quellen der Regierung gearbeitet wird, ist eine schon seit langem herrschende Praxis. Und wenn in Vedomosti von einem „der Präsidialadministration nahestehenden Gesprächspartner“ die Rede ist, dann ist der Name des Gesprächspartners sowohl dem Redakteur als auch dem Kreml bekannt, der nichts dagegen einzuwenden hat, dass dieser Gesprächspartner, ohne dass sein Name genannt wird, der Zeitung erzählt, was der Kreml denkt.

    Und das Leck darüber, dass „negative Reaktionen zu verringern“ seien, ist ein Zeichen von Unsicherheit des gesamten Machtapparates, denn so ist die Vertikale geschaffen: Wenn Putin diffus ist, dann verschwimmt und wackelt sowieso alles. Die Erwartung von massenweiser Unzufriedenheit kann man als Grund für dieses fehlende Selbstvertrauen erachten – oder auch als Folge. Denn schon jetzt hat insbesondere das Verhalten der Regierung die Reform als umstritten markiert (und nicht durch sie ausgelöste Massenproteste, die es ja noch gar nicht gab).

    Destabilisierung von oben

    Man kann es auch als Destabilisierung von oben bezeichnen, wenn die Regierung selbst den Anlass für die Proteste liefert. Aber die Frage ist – wer da wem was liefert. Öffentliche politische Kräfte, für die die Rentenreform ein Geschenk hätte darstellen können, gibt es im Land nicht. Eine soziale Protestkultur hat sich in Putins Russland schon vor längerer Zeit herausgebildet. Ihr zugrunde liegt folgender Konsens: Wenn man keine politischen Forderungen stellt, aber beharrlich bleibt, dann kann die Regierung in einen Dialog treten und Zugeständnisse machen.

    Dieses Prinzip ist mittlerweile mythologisiert und wird in der Praxis weiter gefestigt, im besten Fall in der Hälfte der laut gewordenen Themen. Doch wie auch immer, die Fernfahrer mit dem Platon-System, die Stadtsanierung, die Mülldeponien um Moskau in diesem Frühjahr, die ewigen Probleme betrogener Baukapitalgeber – nie kam es dazu, dass es den Moskauer Oppositionellen (solchen wie den ehemaligen Bolotnaja-Demonstranten)  gelungen wäre, sich in den sozialen Protest einzuklinken und sich an seine Spitze zu stellen. Wache geschoben wird bei den apolitischen sozialen Protesten vor allem von den Protestierenden selbst, die aufrichtig glauben, dass ein Bitten und Niederknien vor der Regierung effektiver ist als Politisierung und Zuspitzung.

    Bitten und Knien statt Politisieren

    Als eine Art Eichmaß dient bei der Geschichte fast schon seit anderthalb Jahrzehnten der damalige Versuch, staatliche Vergünstigungen durch Geldleistungen zu ersetzen. Als die Regierung, wie es heißt, nach einigen Monaten der Proteste, Zugeständnisse machte und die Reform soweit abmilderte, dass die Proteste aufhörten.

    An den Kundgebungen der Vergünstigungs-Befürworter nahm die Nicht-Systemopposition jener Zeit nicht teil. Dafür gab es in vielen Fällen Anlass für die Vermutung, dass lokale Machthaber den Protestierenden loyal oder zumindest neutral gegenüberstanden. Einen offenen Streit mit dem föderalen Zentrum konnten die Gouverneure damals schon nicht mehr führen. Kurz vor den geplanten Geldleistungen waren die Gouverneurswahlen abgeschafft worden. 
    Unter anderem die Unzufriedenheit im Volk war zu dieser Zeit eine neue Form des Feedbacks zwischen den Regionen und Moskau, und ein Druckmittel innerhalb der Machtvertikale. Und obwohl sich die Vertikale des Jahres 2018 selbstverständlich von der Vertikale 2005 unterscheidet, so hat auch jetzt jeder Gouverneur das Bedürfnis nach Verhandlungen mit dem Zentrum und nach Druck auf das Zentrum, selbst wenn er ein dem Kreml maximal treuer junger Technokrat der neuesten Generation ist.

    Für die Medwedew-Gegner auf föderaler Ebene eröffnen sich naheliegende Möglichkeiten – es wäre merkwürdig, wenn sie diese quasi laut verkündete Angreifbarkeit der Regierung nicht nutzen würden. Die Destabilisierung von oben, die durch die Unsicherheit Putins provoziert wurde, eröffnet vor allem Kampfmöglichkeiten innerhalb des Systems. Und alle realen Teilnehmer des zukünftigen öffentlichen Kampfes um die Rentenreform sitzen im Machtzirkel.

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  • Video #19: Best of Kleimjonow

    Video #19: Best of Kleimjonow

    Neue Sprache im staatlichen Ersten Kanal: Die Anmoderationen von Kirill Kleimjonow sollten nicht mehr sachlich und nüchtern sein. Das ist ihm gelungen. Ein Best of mit Kommentaren von Oleg Kaschin.

     

    „Der Beruf des Verräters“, sagt Kleimjonow, „ist einer der gefährlichsten auf der ganzen Welt.“ Dann beginnt ein Beitrag über den vergifteten russischen Ex-Spion Sergej Skripal.
    Kirill Kleimjonow war zwischen Februar und Mai wieder Moderator der Abend-Nachrichtensendung Wremja im staatlichen Ersten Kanal. Er hatte sie bereits zwischen 1998 und 2004 moderiert.
    Wremja ist nicht irgendeine Nachrichtensendung, sie hat die höchsten Einschaltquoten, erreicht täglich mehrere Millionen Zuschauer. Der Journalist Oleg Kaschin schreibt auf Republic:

    [bilingbox]Die Sendung Wremja [dt. „Zeit“] ist zweifellos ein Symbol für Russlands TV-Staatlichkeit. Gleichzeitig ist sie wahrscheinlich mit das wichtigste Element des sowjetischen Medienerbes, das bis in unsere Tage überlebt hat. Vergleichen kann man die Sendung Wremja nur mit der Prawda. Während letztere in unserer Zeit zu einem auflagenstarken Firmenblatt der KPRF geworden ist, die nichts mehr mit der wichtigsten und größten Zeitung der Sowjetunion gemein hat, ist Wremja eine derart konstante Größe im Sendungsspektrum – als hätte sich im Land nie etwas geändert, als wäre es ewig 9 Uhr abends Moskauer Zeit.~~~Программа «Время» – бесспорный символ российской телевизионной государственности и одновременно, вероятно, важнейший элемент советского медийного наследия, доживший до наших дней; сравнить программу «Время» можно только с газетой «Правда», и если последняя в наше время превратилась в корпоративную многотиражку КПРФ, не имеющую ничего общего с главной газетой Советского Союза, то программа «Время» – это такая эфирная константа, как будто в стране никогда ничего не менялось, вечные девять часов вечера по Москве.[/bilingbox]


    Das Gesicht von Wremja ist eigentlich Jekaterina Andrejewa, die die Nachrichtensendung seit 1997 moderierte, außerdem auch Witali Jelisejew. Ab Februar übernahm Kirill Kleimjonow wieder diese Rolle und machte alles anders als bisher: Aus einem neuen modernen Studio heraus ersetzte er die bislang eher nüchterne Nachrichten-Sprache in seinen Anmoderationen durch subjektive Kommentare. Nach der Amtseinführung Putins Anfang Mai diesen Jahres zog sich Kleimjonow, der seit 2016 auch im Direktorenrat des Senders ist, dann wieder hinter die Kamera zurück. Ist sein Experiment, einen neuen Ton zu finden, geglückt? Oleg Kaschin kommentiert: 

    [bilingbox]Wremja als Abend-Show lässt flache Witze über Grudinins Goldbarren los, bringt das unglaubliche „Fröhlicher-aber-kürzer“ über die Lebenserwartung der Russen und quittiert Skripals Vergiftung mit Schadenfreude, die der westlichen Presse als ein Beweis diente, dass die russische Regierung an dem Mordversuch des ehemaligen Spions beteiligt war.

    Sieht man in Kleimjonows Experiment einen Versuch, für die Sendung Wremja eine menschliche Sprache zu finden, dann ist das Ergebnis des Experiments grausig. Es zeigt: Lieber die unmenschliche Sprache, wie bisher in der Sendung üblich, leidenschaftslos, ohne Mimik und treu dem aus fremder Feder oder auch einer Maschine vorgeschriebenen trockenen Text. Denn wenn Wremja anfängt menschlich zu sprechen, kommt dabei eben ein solches „Fröhlicher-aber-kürzer“ heraus.~~~Программа «Время» как вечернее шоу – это казарменные шуточки про золотые слитки Грудинина, невероятное «веселее, но короче» о продолжительности жизни россиян и злорадство после отравления Скрипалей, ставшее для западной прессы одним из доказательств причастности российских властей к попытке убийства бывшего шпиона. Если считать клейменовский эксперимент попыткой поиска человеческого языка для программы «Время», то итог этого эксперимента жутковат – оказывается, лучше говорить на нечеловеческом, вот как было принято в этой программе до сих пор, бесстрастно, не меняя выражения лица и не отклоняясь от написанного другими людьми, а то и машиной, сухого текста, потому что если программа «Время» начинает говорить по-человечески, то получается вот это «веселее, но короче».[/bilingbox]


    Mehr zur Medienlandschaft in Russland:

    Alles Propaganda? Russlands Medienlandschaft

    Mehr zur schwarz-orangenen Schleife im zweiten Teil:

    St. Georgs-Band


    dekoder-Redaktion
    erschienen am 24.5.2018

    Dieses Video wird gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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    Debattenschau № 64: Putins Wahlsieg

    Sprache und das Trauma der Befreiung

  • Hetzjagd auf eine Rocklegende

    Hetzjagd auf eine Rocklegende

    Auf Andrej Makarewitsch und seine Band Maschina Wremeni – ein Urgestein der russischen Rockmusik – konnten sich jahrzehntelang breite Teile der Bevölkerung einigen. 

    Das änderte sich im Frühjahr 2014, als Makarewitsch – noch vor der Krim-Angliederung und dem Krieg im Donbass – vor einer „entfesselten Propaganda“ und einem möglichen Krieg mit der Ukraine warnte. Beim Friedensmarsch zeigte er sich mit einem Peace-Symbol und einer Schleife in den ukrainischen Nationalfarben. Wenig später hing im Zentrum Moskaus ein riesiges Banner mit der Aufschrift „Die Fünfte Kolonne“ – dazu die Gesichter von Makarewitsch, Juri Schewtschuk, Boris Nemzow, Alexej Nawalny und Ilja Ponomarjow.

    Die Lage spitzte sich weiter zu, als Makarewitsch im August 2014 ein Konzert in der Ukraine gab – in einem dortigen Lager für Geflüchtete aus den umkämpften Donbass-Gebieten. 

    Dem Musiker wurde öffentlich „antirussisches“ Handeln vorgeworfen, Politiker sprachen von „Kooperation mit Faschisten“, in staatsnahen Medien erschienen Beiträge und Sendungen wie 13 Freunde der Junta, die Makarewitsch als Volksverräter darstellten, und das Netz füllte sich mit Hasskommentaren über den Musiker.

    Die Shitstorms gegen Makarewitsch nehmen auch vier Jahre später kein Ende, wie ein aktueller Vorfall zeigt, in den sogar Außenamtssprecherin Maria Sacharowa involviert ist. Diesen kommentiert Oleg Kaschin auf Republic und fordert: Lasst den Klassiker in Ruhe!

    Bevor ihr jemanden vom Dampfer der Modernität werft, denkt an seine Bedeutung für die Kultur unseres Landes – möglicherweise wiegt sie schwerer als die Worte und Taten, für die ihr ihn bestrafen wollt. 

    Natürlich ist es in Zeiten von Harvey Weinstein und Kevin Spacey merkwürdig, das zu sagen. Am nächsten an Weinstein und Spacey dran scheint in unserem Kontext der Abgeordnete Sluzki, doch nein, eine lineare Logik greift hier nicht. Sluzki steht eine Untersuchung in der Staatsduma bevor, aber sonst wohl erstmal nichts; zumindest gibt es bisher keinen Anlass zu sagen, dass alle gegen Sluzki wären. Klar, da sind diese drei Journalistinnen, da sind ein paar ihrer Kollegen, die sogar vor der Duma protestierten oder wie Sergej Dorenko zum Boykott aller Nachrichten mit Sluzki aufriefen.

    Hingegen hat Wjatscheslaw Wolodin bereits Partei für den der Belästigung Beschuldigten ergriffen, und Duma-Kollegen, also Leute, die das Disziplinarverfahren gegen Sluzki durchführen werden, äußern sich nicht negativ über ihn. In diesem Sinne ist er von Weinstein offenbar noch meilenweit entfernt. 

    Weniger davon entfernt ist Andrej Makarewitsch. Der Vergleich mag weit hergeholt erscheinen, aber im Grunde ist es so: Den Platz, den in westlichen Gesellschaften sexuelle Belästigung einnimmt, besetzt bei uns echter oder (öfter) angeblicher Antipatriotismus.

    Die Rolle einer gesellschaftlichen Naturgewalt, die Makarewitsch auf die Unzulässigkeit seiner Worte hinweist, spielen die loyalistische Presse und einige offizielle Personen. Darunter auch Maria Sacharowa vom Außenministerium. Ihren Bemühungen ist es zu verdanken, dass ein beiläufiger Facebook-Kommentar ordentlich eingedampft wurde. Wörtlich hieß es da: „Mir scheint, die staatliche Propaganda hat ein 25. Einzelbild erfunden, das die Menschen wahrhaftig in boshafte Deppen verwandelt“ und daraus wurde dann: „Makarewitsch nannte die Russen boshafte Deppen.“ Ausgerechnet dank jenen, die sich derart ereifern, wurde dieser Satz dermaßen ungeheuerlich und unzumutbar, als hätte Makarewitsch Russland den Krieg erklärt, und nicht nur erklärt, sondern sofort auf Kreml, Christ-Erlöser-Kathedrale und noch auf irgendeinen Kindergarten das Feuer eröffnet.  

    Als Zielscheibe staatlicher und staatsnaher Kritik steht Makarewitsch nicht alleine da – die Propaganda fällt in Russland regelmäßig über Leute her, die etwas gesagt haben, was irgendwie daneben war. Das letzte prominente Beispiel war die „Kraft, Unverschämtheit und Grobheit“ des Schauspielers Alexej Serebrjakow [Hauptdarsteller in Leviathandek]. 

    Aber das Lieblings-Angriffsobjekt ist Makarewitsch, der die Macht der loyalistischen Missbilligung erstmals 2014 zu spüren bekam, als die Hetzjagd auf ihn begann für seinen Auftritt im Frontgebiet im Donbass, das von den ukrainischen Streitkräften kontrolliert wurde. Innerhalb von vier Jahren wurde Makarewitschs Image durch die Bemühungen von kremltreuen Medien und Aktivisten ernsthaft korrigiert – er ist nicht mehr unser Mick Jagger, kein ehrwürdiges Rock-Urgestein, sondern eher ein moderner Galitsch: für die einen Feind und ausgekochter Anti-Sowok, für die anderen, im Gegenteil, das Gewissen der Nation. In jedem Fall aber vor allem eine politische Figur, die vor einer einfachen Entscheidung steht – entweder durchhalten bis zum Zusammenbruch des Regimes, und dann am Tag der Bestattung der russischen „Himmlischen Hundertschaft“ am Roten Platz irgendwas Trauriges singen oder still und heimlich abziehen und seine Bürger-Lyrik einem immer größer werdenden Exilpublikum präsentieren. Klar ist die zweite Variante ungleich wahrscheinlicher und realistischer als die erste, doch eine dritte gibt es offenbar einfach nicht mehr (obwohl es sie ja gerade noch gab – vor nur zehn Jahren sang Makarewitsch bei der Inauguration Dimitri Medwedews und musste sich gegen Angriffe der liberalen Öffentlichkeit verteidigen).

    Es geschieht ein furchtbares Unrecht, wenn das Schicksal eines unbestrittenen Klassikers der heimischen Popmusik formal in die Hände der Jungs von Lenta.ru und der Mädels von NTW gerät. Die Band Maschina Wremeni wird kommenden Frühling fünfzig, mit ihren Songs sind tatsächlich mehrere Generationen aufgewachsen (Nasche obschtscheje detstwo proschlo na odnich bukwarjach/dt. „Wir haben als Kinder alle aus der gleichen Fibel gelernt“). Man kann sie durchaus als einzigartige kulturelle Institution bezeichnen – wenn schon nicht wie das Bolschoi-Theater, so doch mindestens wie das Alexandrow-Ensemble, und eine solche Institution hat in jedem Fall eine sorgsame Behandlung verdient. 

    Tun wir doch nicht so, als würden beiläufige Kommentare auf Facebook tatsächlich jemanden kränken. Das sieht mir eher nach dem Testlauf irgendwelcher Medientechnologien aus, nach der Konstruktion eines Skandals aus dem Nichts, einer Mobilisierung der öffentlichen Meinung. Gut, offenbar braucht ihr solche Experimente, wie man längst erkennen kann, seid ihr ganz versessen auf Informationskriege. Aber was veranlasst euch, gerade mit diesem Menschen zu experimentieren, einem altehrwürdigen Künstler? Wenn er dadurch einen Herzinfarkt erleidet, wie gut schlaft ihr dann noch, wie lebt ihr dann überhaupt weiter?

    Man kann darüber diskutieren, ob das Fernsehen seine Zuschauer zu boshaften Deppen macht, aber es steht völlig außer Frage, dass konkret Andrej Makarewitsch einen solchen Umgang nicht verdient, und sich ihm gegenüber so zu verhalten, wie seine Ankläger es tun, ist reinste, destillierte Niedertracht. 
    Rein formal ist nicht bekannt, ob diese Niedertracht einen konkreten Autor hat. Sie verteilt sich auf beliebte Online-Publikationen, Boulevardblätter, staatliche Fernsehsender und öffentliche Personen, die es anscheinend nötig haben, Makarewitsch einen Tritt zu versetzen. Aber all diese Medien und all diese Personen eint, dass jeder von ihnen durch einen einzigen Anruf aus dem Kreml zu stoppen wäre.

    Sergej Kirijenko, der 1999 beim Wahlbündnis Union der rechten Kräfte (SPS) die Liste anführte, sollte sich daran erinnern, wie während der Wahlkampfes gerade Maschina Wremeni Konzerte zur Unterstützung der SPS gab und in den TV-Wahlspots sang – wahrscheinlich für Geld, aber Kirijenko hat ja dieses Geld investiert, weil er dachte, gerade die Stimme Makarewitschs (und nicht etwa Kobsons) sei imstande, ihm die Stimmen der Wähler zu bringen.

    Die russische Gesellschaft und vor allem jener Teil, um den es beim Thema Hetze gegen Makarewitsch geht, befindet sich derzeit nicht in einem Zustand, wo man auf ihre Klugheit und Nachsicht zählen könnte. Daher hätte es keinen Sinn, Makarewitschs Äußerung und ihre Unzulässigkeit inhaltlich zu erörtern – die Wahrheit kommt derzeit oft nicht im Disput ans Licht, sondern in direkten Anweisungen.

    So wendet man sich besser direkt an Kirijenko und seine Kollegen: Zeigt Gewissen, gebietet der Jagd auf Makarewitsch Einhalt, und lügt nicht, dass ihr das nicht könnt. 

     

    Das Lied „Marionetten“ aus dem Jahr 1974 war in der Sowjetunion verboten. Erst während der Perestroika wurde es auf der Compilation „Zehn Jahre später“ veröffentlicht

     


     


    Ende Februar 2014 , direkt nach den Ereignissen auf dem Maidan und noch vor der Angliederung der Krim, äußerte sich Andrej Makarewitsch in einer Kolumne, die auf Snob erschien. Diese Äußerungen bilden den Anfang der Demontage, der der Frontmann der Gruppe Maschina Wremeni laut Oleg Kaschin bis heute ausgesetzt ist und die im obigen Text kommentiert wird.

    Deutsch

    Über die Widerwärtigkeit

    Ich mache mir Sorgen ob der Ereignisse in der Ukraine. Aber noch mehr Sorgen bereitet mir das, was in diesem Zusammenhang bei uns geschieht. Ich habe schon Eindruck, dass unsere Staatsmacht denkt: Das Land, das Volk – das sind die, die regieren. Wenn ein Herrscher jedoch nicht auf sein Volk hört und er ihm darüber hinaus Gewalt antut, so wird das Volk ihn wegfegen. Insofern hat in der Ukraine eine ganz typische Revolution stattgefunden. Und bei all meiner Abscheu gegenüber Revolutionen, kann ich sie nicht als ungerechtfertigt bezeichnen. Jetzt kann man, soviel man will, mit den Flügeln schlagen oder die aufständischen Bürger als „braune Pest“ bezeichnen – es sieht einfach widerwärtig aus.

    An eine solch entfesselte Propaganda und einе solche Menge von Lügen kann ich mich seit den besten Breshnew-Zeiten nicht erinnern. Und das lässt sich auch gar nicht vergleichen: Damals gab es viel weniger Möglichkeiten. Leute, was wollt ihr denn bloß? Ein öffentliches Klima schaffen für den Truppen-Einmarsch in das Gebiet eines souveränen Staates? Die Krim abhacken?

    Das Zentralkomitee der KPdSU hatte sich vor der Entsendung von Truppen in die Tschechoslowakei nicht mit dem Volk abgestimmt. Und was war, außer dass sie sich vor der ganzen Welt bloßgestellt haben?
    Heute sind dort zwei Länder statt einem. Und was ist mit dem einen und dem anderen? Haben wir ihre Liebe gewonnen? Oder sonst irgendwas?

    Es ist ja bereits gelungen, eine ziemlich große Masse von Idioten und Unbelehrbaren mit instabiler Psyche zu Zombies zu machen. Mit der Waffe in der Hand reißen sie sich schon darum, die russischsprachige Bevölkerung zu retten – als hätte sie darum gefleht. Und sie hat es tatsächlich geglaubt. Mensch, ihr Fernsehmacher, was wollt ihr denn bloß? Auf lange Zeit die Völker entzweien, die Seite an Seite leben? Das gelingt euch. Aber wisst ihr auch, wie das endet? Wollt ihr einen Krieg mit der Ukraine? Genau wie mit Abchasien wird das nicht klappen: Die Leute auf dem Maidan sind schon abgehärtet und wissen, wofür sie kämpfen: für ihr Land, für ihre Unabhängigkeit. Und für wen wir? Für Janukowitsch? 

    Mensch, Leute, warum habt ihr ihn in Russland versteckt? Ein ehrlicher Mensch wird keine Verbrecher und Diebe decken. Ein Dieb schon. Warum bringt ihr euch vor der Menschheit in Verruf? Ich weiß, es ist euch scheißegal, aber trotzdem?

    Natürlich wurden in der Ukraine zahlreiche Dummheiten begangen – mit der russischen Sprache, mit dem Abriss von Denkmälern. Aber es ist unvermeidbar, dass eine Revolution von solchen Dummheiten begleitet wird – eine gespannte Feder entlädt sich  in die Gegenrichtung. Aber danach findet alles seinen Platz – Dummheit kann nicht ewig dauern.

    Mensch, Leute, wir müssen mit denen leben. Wie bisher in Nachbarschaft. Und nach Möglichkeit in Freundschaft. Und wie sie leben, das entscheiden sie selber.

    Oder habt ihr Lust zu schießen? Es heißt, Patriotismus stärkt und festigt.

    Nicht für lange.


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    Während des Wahlkampfes ist ein anonymer Wahlwerbespot aufgetaucht, der sehr schnell viral ging. Der Spot betont, wie wichtig es ist, wählen zu gehen. Geht man nicht, so zeigt der Film Folgen, vor denen der russische Wähler anscheinend Angst haben soll: Etwa ein Gesetz, dass jede Familie einen Schwulen in Pflege nehmen muss. Die Hauptfigur mimt der beliebte Komiker Sergej Burunow, der sehr bekannt ist aus dem Fernsehen.

    Seit der Spot erschien, spekuliert das Netz: Wer war der Auftraggeber? Steckt gar Putins Wahlkampfstab dahinter?

    Oleg Kaschin kommentiert auf Republic, dass diese Frage im Grunde irrelevant sei, in jedem Fall könne man in dieser Art der Wahlwerbung die Handschrift des Staatsapparates erkennen. Der Spot sage viel darüber aus, wie sich der Staat den Durchschnittsrussen vorstelle, und in welcher Sprache er mit diesem kommuniziere:


    [bilingbox]Die Sprache von Fernseh-Comedians eignet sich sich bestens für eine Wahlkampagnen-Ausschlachtung im Interesse Putins, unter anderem deshalb, weil die jetzige Epoche keinerlei eigene originelle Sprache hervorgebracht hat. Ein Defizit an Worten und Redeweisen sowie die Verarmung politischer Rhetorik in kritischem Ausmaß ist ein Fakt, als dessen leibhaftige Verkörperung die staatlichen Pressesprecher gelten können, allen voran Dimitri Peskow.

    Über deren Stimme kommunizieren die Machthaber mit der Gesellschaft. Und diese Stimme ist nicht imstande auch nur irgendwas Überzeugendes hervorzubringen. Deswegen versammeln die Machthaber – wenn sie dem Volk etwas Ernstes mitteilen wollen (und die Wahlbeteiligung ist das Ernsteste, was es derzeit im Zusammenhang mit den Wahlen gibt) – Komiker und inszenieren mit deren Zugkraft parodistische Stücke.~~~Язык телевизионных юмористов лучше всего подходит для предвыборной эксплуатации в интересах Путина в том числе потому, что никакого другого собственного оригинального языка эта эпоха не произвела. Дефицит слов и интонаций, критическое обеднение политической риторики – факт, живым воплощением которого можно считать государственных пресс-секретарей во главе с Дмитрием Песковым. Их голосом с обществом разговаривает власть, и этот голос не в состоянии произнести ничего убедительного вообще, поэтому, когда власти нужно сообщить народу что-то серьезное (а явка же – это сейчас самое серьезное из всего, что связано с выборами), она собирает комических актеров и ставит их силами пародийный сценарий.[/bilingbox]


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    dekoder-Redaktion
    erschienen am 13.03.2018

    Diese Übersetzung wurde gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

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