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Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung

  • Panel #1: Gelten in Russland andere Werte als im Westen?

    Panel #1: Gelten in Russland andere Werte als im Westen?

    Haben Russland und Westeuropa wirklich unterschiedliche Werte? Haben Begriffe wie „Toleranz“ oder „Demokratie“ hier wie dort eine andere Bedeutung? Gibt es „spezifisch russische Werte“? Und lohnt es sich überhaupt, über Werte zu streiten?

    dekoder hat drei Experten dazu befragt – acht Fragen und je drei unterschiedliche Meinungen:

    Andrej Kortunow, Politikwissenschaftler, Generaldirektor des Russischen Rates für Internationale Angelegenheiten, Präsident der Stiftung Nowaja Jewrasija (dt. „Neues Eurasien“)

     

     

     

    Evgeniya Sayko, Kulturwissenschaftlerin, Kollegiatin am Hertie-Innovationskolleg, Berlin, arbeitet an dem Projekt „Wertediskurs mit Russland: klären, formulieren, vermitteln“. (Foto © Wolfgang Frank/Hertie-Stiftung)

     

     

     

    Gasan Gusejnov, Kulturhistoriker und Philologe, Professor an der Higher School of Economics, Moskau.

     

     

     


    Das Dossier „Werte-Debatten“ erscheint in Kooperation mit der Körber-Stiftung im Rahmen ihres Arbeitsschwerpunkts Russland in Europa

    1. 1. Alle sprechen über unterschiedliche Werte in Russland und im Westen: Gibt es überhaupt so einen großen Unterschied?

      Andrej Kortunow: Werte – das ist ein sehr breiter Begriff. Wenn über das Auseinanderklaffen der Werte in Russland und dem Westen gesprochen wird, ist damit meistens der russische Sozialkonservatismus gemeint. Zum Beispiel zieht sich durch, dass der Familie und der Religion in Russland eine größere Bedeutung zukommt als im Westen. Bei der Zahl der Scheidungen allerdings unterscheidet sich Russland nicht signifikant von anderen europäischen Ländern.
      Die Religiosität ist in Russland stärker ausgeprägt als in Großbritannien oder Spanien, aber schwächer als in Polen oder sogar in Deutschland. Zwischen Russland und dem Westen klafft etwas anderes auseinander, und zwar die Narrative und, allgemeiner, die Mentalität der politischen Eliten – sofern der Begriff einer politischen Elite auf Russland überhaupt anwendbar ist.


      Evegniya Sayko: Die größten Unterschiede gibt es vor allem auf der rhetorischen Ebene. Während sich die europäische Gemeinschaft über einen gemeinsamen „Wertekanon“ definiert, werden in Russland Stimmen lauter, dass das Land eigene Werte besitze. Eine Auseinandersetzung mit den genauen Unterschieden und ihre Benennung findet aber dabei kaum statt. 
      Betrachtet man aber unterschiedliche Werte-Studien, so sieht man, dass die Russen „westlicher“ eingestellt sind, als es dem Selbstbild nach beabsichtigt ist und als es dem Fremdbild nach scheint. 
      Wertestudien wie die von World Values Survey zeigen, dass zumindest die gesellschaftlich-politischen Werte der Russen gar nicht so weit entfernt sind von denen der anderen Europäer: Sie lehnen Korruption ab und meinen, dass Demokratie die beste Regierungsform ist. Wertedifferenzen gibt es dennoch in Bezug auf Sexualität und Moral: So lehnen viele Russen Homosexualität ab, und es gibt eine unterschiedliche Wahrnehmung der Geschlechterrollen.

      Gasan Gusejnov: Der grundlegende Unterschied liegt im Wertesystem, nicht in den Unterschieden einzelner, jeweils für sich genommener Werte. Im Wertesystem Russlands wird der Staat als Subjekt begriffen, das Priorität hat vor jedem einzelnen Bürger und vor der Zivilgesellschaft als ganzer. Das ist der kardinale Unterschied zwischen europäischen und russischen Werten. Ein Beispiel: In Russland wundert man sich ob des Aufhebens, das in Großbritannien um den Anschlag auf das Leben des Agenten Skripal und seine Tochter gemacht wird. „Was soll’s, da wird ein Verräter aus dem Weg geräumt! Worüber soll man sich da wundern?“

    2. 2. Ist die Wertehierarchie in Russland und im Westen eine andere?

      Andrej Kortunow: Eine Besonderheit war in Russland schon immer die deutliche Ausrichtung auf den sozialen Paternalismus. In Russland gibt es größere Erwartungen an den Staat oder an den Arbeitgeber als in vielen anderen westlichen Ländern. Aber gleichzeitig ist man bereit, vom Staat oder dem Arbeitgeber mehr hinzunehmen als das im Westen durchschnittlich der Fall ist. 
      Der soziale Paternalismus ist jedoch kein Alleinstellungsmerkmal der russischen Gesellschaft: Er existiert in unterschiedlichen Formen unter anderem auch in den Ländern Süd- und Mitteleuropas sowie in Ostasien
      Die russischen Werte stehen in diesem Sinne den allgemein-westlichen Werten gar nicht so sehr entgegen, als vielmehr der angelsächsischen Variante; Russland ist dem katholischen Westen näher als dem protestantischen. Aber die Distanz zwischen dem orthodoxen Russland und dem protestantischen Westen ist immer noch weitaus kleiner, als jene zwischen Russland und beispielsweise dem buddhistischen Osten.

      Evgeniya Sayko: Es wird oft angenommen, dass die Russen eine andere Wertehierarchie hätten als zum Beispiel die Deutschen; dass sie etwa „traditioneller“ seien. Damit ist gemeint, dass für die Russen Kollektivismus, Patriotismus oder Religiosität eine deutlich größere Bedeutung haben. 
      Bei genauer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass es sich dabei oft um Mythen handelt. Zum Beispiel wird die besondere Religiosität der Russen immer wieder hinterfragt, auch von den Gläubigen selbst. Denn nur ein paar Prozent der Bevölkerung führen ein wirklich religiöses Leben, halten also zum Beispiel die Fastenzeiten der Russisch-Orthodoxen Kirche ein oder nehmen regelmäßig an der Eucharistie teil.

      Gasan Gusejnov: Ja, die Wertehierarchie unterscheidet sich durchaus. Der Staat ist in Russland keine Maschine, die das würdige Leben der Bürger gewährleisten möge, sondern ein spezielles Mega-Subjekt, das sich über die Gesellschaft erhebt. Mit dieser Vorgabe kann jeder Bürger oder jede Gruppe, die Persönlichkeitsrechte verteidigt, beinahe automatisch zum Staatsfeind erklärt werden. Genau deswegen empfinden viele beispielsweise die Rache des Staates an einer Privatperson als etwas ganz Normales.


    3. 3. Bedeuten Wörter wie Menschenrechte, Freiheit, Toleranz, Diversität oder Gerechtigkeit im Russischen etwas anderes? Gibt es eine Kluft zwischen der russischen und der deutschen Bedeutung dieser Wörter?

      Andrej Kortunow: Natürlich gibt es einen Unterschied, der verbunden ist mit historischen, kulturellen, ja, sogar linguistischen Besonderheiten Russlands und anderer Länder. Beispielsweise der Begriff „Gerechtigkeit“ – er ist ein ganz zentraler für den russischen kulturellen Code und äußerst wichtig für das Verständnis der gesamten Geschichte des Landes. 
      Traditionell hat die russische Gesellschaft von den Machthabern eben jene „Gerechtigkeit“ gefordert und nicht „Freiheit“. Der Begriff „Toleranz“ wurde erst vor recht kurzer Zeit aus dem Westen übernommen, und ist schon sehr schnell mit einer negativen Konnotation belegt gewesen: Toleranz als Synonym für Indifferenz und Gleichgültigkeit.

      Evgeniya Sayko: Die Konfrontation mit dem sogenannten Westen und seinen Werten spiegelt sich auch in der Sprache wieder. Die inhaltliche Diskussion über „europäische Werte“ und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Bedeutung der damit verbundenen Begriffe findet im öffentlichen Diskurs Russlands kaum statt. Stattdessen ist eine sehr emotionale Positionierung Russlands als Gegensatz zum Westen zu beobachten, teilweise mit abwehrender bis beleidigender Lexik. Da entstehen Wortspiele und neue Wörter wie „Gayropa“.  
      Da es keine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Werte-Begriffen gibt, werden solche Wörter zum großen Teil zu leeren Worthülsen. Einige Begriffe, wie Toleranz oder Menschenrechte, bekommen in Russland auch eine ironische oder sogar ablehnende Konnotation. Mit einer solch negativen Konnotation wurden etwa die Begriffe „Toleranz“ und „Diversität“ in der Flüchtlingsdebatte belegt.

      Gasan Gusejnov: Ich würde nicht von der russischen Sprache als solcher sprechen wollen, sondern nur über die Sprache moderner Politiker und über die öffentliche Alltagssprache. Wenn man in Russland über europäische Werte spricht, dann spricht man über eine Reihe heuchlerischer Einstellungen, an die sich in Wirklichkeit niemand halte: „Menschenrechte? Aber die gelten doch gar nicht für alle.“ „Demokratie? Die gibt es doch nicht mal im Westen überall.“ „Rechtsstaat? Aber selbst der hält doch dem Druck des großen Geldes nicht stand!“
      In der modernen russischen Sprache werden alle genannten Wörter entweder in Anführungsstrichen verwendet oder ironisch, in Kombination mit Wörtern wie „sogenannte“ oder „hochgelobte“, oder im Wortsinn, dann aber als Druckmittel auf Russland, als Instrument, um Russland seiner vorgeblichen Eigenart zu berauben.

    4. 4. Gibt es Werte, die man als „spezifisch russisch“ bezeichnen kann? 

      Andrej Kortunow: Man muss sehr vorsichtig sein, wenn es um Begründungen von Einzigartigkeit der russischen Gesellschaft geht. Wir haben es mit einer komplexen Gesellschaft mit unterschiedlichen Schichten zu tun, in der man ganz unterschiedliche Wertvorstellungen findet. 
      Doch wenn ich mir eine ganz freimütige Äußerung erlauben darf, würde ich sagen, dass  individueller Erfolg in Russland weniger als Wert wahrgenommen wird als im Westen. Und größerer Wert wird der persönlichen Opferbereitschaft beigemessen. Wobei hier natürlich die historischen und religiösen Besonderheiten berücksichtigt werden müssen.

      Evgeniya Sayko: Es gibt zumindest Versuche, einige Werte als „spezifisch russisch“ zu bezeichnen. Im Gegensatz zu westlichen oder europäischen Werten wird oft das Konzept von traditionellen Werten oder vom „Sonderweg“ Russlands dargestellt. Die Hauptbotschaft lautet: Wir sind nicht so wie ihr. 
      Der Soziologe Lew Gudkow erklärt, dass dieser Mechanismus als Kompensation der negativen Identität dient. Das neutralisiert die tiefe Frustration und das Gefühl einer unbefriedigenden Situation im Land. Außerdem basiert die Konsolidierung der eigenen Gesellschaft auf der Konfrontation mit „dem Westen“.

      Gasan Gusejnov: Hier findet sich ein grausames Paradox. Nach mehreren Jahrzehnten aufgezwungenen Kollektivismus (im sowjetischen Sozialismus) halten sich in Russland viele von Natur aus für Kollektivwesen, obwohl die russische Gesellschaft in Wirklichkeit atomisiert ist. Die Bevölkerung Russlands hält sich für friedliebend, als wichtigste Einimpfung der Friedensliebe gilt der Große Vaterländische Krieg. Und neuere oder noch laufende eigene blutreiche Kriege (von Afghanistan bis Tschetschenien und Syrien) gelten nicht als aggressiv und martialisch.
      In Russland wird „Gerechtigkeit“ höher gewertet als formales „Recht“, gleichzeitig toleriert es massenweise Korruption auf allen Ebenen des gesellschaftlich-staatlichen Lebens. Die Menschen halten sich für „lieb und gut“ und „barmherzig mit den Sündern“ (A. S. Puschkin), sind in Wirklichkeit aber unduldsam und der Nächstenliebe abgeneigt.

    5. 5. In Russland wird Demokratie oft als Dermokratie (vom Wort dermo – Scheiße) bezeichnet. Heißt das, dass Demokratie in Russland kein Wert ist?

      Andrej Kortunow: Demokratie wird in Russland oft stark vereinfacht betrachtet: als freie Wahlen oder eine im politischen Exkurs anwesende Opposition. Im Grunde läuft also alles auf eine direkte, plebiszitäre Demokratie hinaus. 
      Weit weniger Aufmerksamkeit liegt auf den demokratischen Institutionen und Mechanismen, die nicht nur die Rechte der Mehrheit, sondern auch die der Minderheit garantieren. Ein derart reduziertes Verständnis lässt den Wert der Demokratie in den Augen der Gesellschaft sinken. 
      Nichtsdestotrotz wäre es übertrieben zu sagen, die Demokratie würde überhaupt keinen Wert darstellen – ihre Bedeutung zeigt zumindest die traditionell hohe Wahlbeteiligung.

      Evgeniya Sayko: Der Begriff „Demokratie“ wurde tatsächlich durch die sozialen Transformationen der 1990er Jahre in der Wahrnehmung der Bevölkerung ziemlich diskreditiert. Zumindest die „russische Version“ dieses politischen Modells. Denn für viele sind die Vorteile des demokratischen Systems und ihre Effizienz nicht deutlich geworden. Viele Russen assoziieren damit Armut und Kriminalität der 1990er Jahre und nehmen das Wort „Demokratie” als Fiktion, Mythos oder Parodie wahr.
      Allerdings erklärt sich Russland offiziell auch in seiner Verfassung als demokratisches Land. Übrigens hat das auch die Sowjetunion schon in den 1970er Jahren gemacht und sich als „echte Demokratie“ im Gegensatz zur „vermeintlich“ westlichen (hauptsächlich US-amerikanischen) Demokratie dargestellt. 
      Das alles zeigt, dass die ursprüngliche Bedeutung des Begriffes „Demokratie“ immer noch nicht ausreichend geklärt ist, der Begriff aber durchaus einen Wert darstellt und eine Anziehungskraft hat.

      Gasan Gusejnov: Es gibt einige abwertende Deformationen des Wortes Demokratie (dermokratija, dt. in etwa „Scheißokratie“, demokradija, dt. in etwa „Demo-Kleptokratie“). 
      Unter Demokratie wird in der Regel die Mehrheitsherrschaft verstanden, oder auch das ultimative Recht der Mehrheit, die Minderheit zu unterdrücken. Diese Sichtweise ist in vielfacher Hinsicht geleitet von der Vorstellung, dass Stabilität und die Unerwünschtheit jedweden Risikos einen Wert darstellt. Genau daher rührt die Vorstellung, dass Stabilität möglich ist, indem eine politische Kraft (die Mehrheit) endgültig über andere (die Minderheit) siegt.

    6. 6. Wie bewertet man in Russland das, was in Europa als „europäische Werte“ bezeichnet wird?

      Andrej Kortunow: Wir müssen festlegen, welche europäischen Werte hier gemeint sind. Präsident Putin beispielsweise betont sehr oft, dass gerade Russland die rechtmäßige Erbin wahrer europäischer Werte ist, die Europa heute immer öfter ablehnt. Das sind zum Beispiel christliche Werte, Werte der traditionellen Familie, des Patriotismus und so weiter. 
      Aber wenn wir von Europa sprechen, beziehen sich russische Politiker praktisch nie auf Werte, die in der Epoche der europäischen Aufklärung vorangebracht wurden. Die Haltung gegenüber europäischen Werten ist, was die Politik betrifft, höchst selektiv.
      Was die Bevölkerung als Ganzes betrifft, so sehe ich – abgesehen von einigen Ausnahmen (zum Beispiel sind in Russland Homophobie und Gender-Chauvinismus weiter verbreitet als in vielen europäischen Ländern) – keine prinzipiellen Unterschiede zwischen Russland und Europa.

      Evgeniya Sayko: Es gibt zwei gegensätzliche Interpretationsschemata: Einerseits versteht man unter europäischen Werten demokratische Grundprinzipien wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sowie ihre Umsetzung nach europäischen Muster als Vorbild auch für Russland. Laut dem Lewada-Zentrum, halten 35 Prozent der Befragten diese politischen europäischen Werte für bedeutsam für Russland. Auch der russische Präsident Wladimir Putin nannte sie im Jahr 2005 „maßgebliche Wertorientierungen“ für die russische Gesellschaft. 
      Andererseits änderte sich in den letzten Jahren aber der Blickwinkel: Jetzt ist im öffentlichen Diskurs Russlands immer mehr die Rede vom Verfall Europas und seiner Werte, gerade im Zusammenhang mit Toleranz und Homosexualität. Es ist von einer Krise der Moral sowie von der Abkehr von christlichen abendländischen Werten die Rede. In diesem Zusammenhang wird Russland auch als Bewahrer der ursprünglichen europäischen Werte dargestellt.

      Gasan Gusejnov: Die Hauptaspekte der „europäischen Werte“ (Demokratie, Menschenrechte, friedliche politische Beilegung von Konflikten, Vermeidung von Gewalt, Gender-Gleichberechtigung und so weiter) halten in Russland sehr viele für Schwäche, Heuchelei, Korruption, Hörigkeit gegenüber den USA („Yankee-Huren“), Dominanz der LGBT-Community in der Politik („Gayropa“), Verleugnung eigener Werte (der „nationalen Identität”) um eines „kosmopolitischen Liberalismus“ willen. Unter „Menschenrechten“ versteht man in Russland oft die Verteidigung der Rechte von Minderheiten und die Vernachlässigung der Rechte der Bevölkerungsmehrheit.

    7. 7. Kann man russischen Politikern vertrauen, wenn sie ihre Handlungen mit dem Hinweis auf Werte bekräftigen?

      Andrej Kortunow: Politikern zu vertrauen, ob nun in Russland oder in Europa, ist sowieso ein Risiko, unabhängig davon, worüber sie sprechen und worauf sie sich beziehen. Aber ich glaube nicht, dass alle Bezugnahmen auf Werte per se heuchlerisch sind. Ohne Werte kann man nicht leben, das Bedürfnis nach Werten gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen, genau wie die Politik. 
      Aber die Grenze zwischen aufrichtigen Überzeugungen und politischem Zynismus, wenn nämlich Werte als ein politisches Instrument benutzt werden, ist sehr schmal und nicht immer auszumachen.

      Evgeniya Sayko: Im russischen politischen Diskurs wird auf zweierlei Art von Werten gesprochen: Zum einen geht es um „unsere Werte“. Diese Überzeugung, dass es „besondere russische Werte“ gibt, hält der Politphilosoph Grigori Judin für einen der gefährlichsten Mythen der heutigen Staatspropaganda. 
      Zum anderen werfen russische Politiker ihren „westlichen Partnern“ immer wieder vor, dass die sich in Wertedebatten moralisierend und überlegen zeigten, den Russen würden bestimmte Werte „aufgedrängt“, während dem Westen gegenüber oft andere Maßstäbe gelten („doppelte Standards“). Tatsächlich ist „eine globale Mission des westlichen Werte-Denkens“ in vielerlei Hinsicht gescheitert. 
      In diesem Zusammenhang ist die Frage nach dem Vertrauen weniger relevant als die, welche Ziele und Botschaften hinter einer solchen Rhetorik stecken.

      Gasan Gusejnov: Ich glaube, dass man in der derzeitigen Situation offiziellen russischen Politikern nicht vertrauen kann, weil ihnen der Weg in die Politik nur wegen ihrer Loyalität zu Putin freigemacht wurde. Das kann man an denen sehen, die „Gayropa“ zum Trotz „russische Werte“ verfechten, während ihre Kinder im Westen leben und keineswegs anstreben nach Russland zurückzukehren. Aber es gibt auch andere Beispiele.

    8. 8. Warum ist es so schwierig, Wertedebatten zu führen? Muss man das überhaupt tun?

      Andrej Kortunow: Werte sind keine Atomsprengköpfe und keine Kubikmeter Gas. Man kann sie schwer messen, und über Werte lässt sich schwer streiten. Im Streit um Werte kann ein und dasselbe Wort für verschiedene Teilnehmer völlig unterschiedliches, ja sogar genau das Gegenteil bedeuten. 
      Manchmal heißt es, kommt, lasst uns nicht über Werte streiten, konzentrieren wir uns lieber auf Interessen. Aber der Witz ist, dass unsere Interessen im Großteil der Fälle durch unsere Werte bestimmt werden, und keineswegs andersrum. Deswegen müssten wir über Werte sprechen, obwohl es nicht das einfachste Gespräch ist.

      Evgeniya Sayko: Wertedebatten bergen das Risiko in ein bekanntes Schema abzugleiten: Entweder „wir haben gemeinsame, also richtige, Werte“ (dann gibt es auch kein Problem) oder „wir haben unterschiedliche Werte“, womit oft gemeint ist, dass einer die „richtigen“ und der andere eben die „falschen“ Werte hat. Aus diesem Konflikt entstehen dann Vorwürfe wie „Ihr haltet euch nicht an unsere Werte“, beziehungsweise „Ihr drängt uns Werte auf, die uns nicht entsprechen“. 
      Trotzdem kann man diese Debatte führen, aber unter zwei Bedingungen: 
      Erstens muss man zuerst die Begriffe klären, beginnend mit dem eigenen Verständnis von europäischen, westlichen, universellen und traditionellen Werten. 
      Zweitens, muss man die so ermittelten Unterschiede genau betrachten und sie gemeinsam aufschlüsseln. Dieser Diskurs fordert von beiden Seiten eine ehrliche Auseinandersetzung – auch mit der eigenen Sichtweise. Und das darf auch anstrengend sein.

      Gasan Gusejnov: Man muss über Werte sprechen. Aber man muss sich darauf vorbereiten. Schließlich haben sich die „europäischen Werte“ in der heutigen Form erst nach dem Zweiten Weltkrieg herausgebildet. Diese Werte als eine Art ewiges geistiges Eigentum Europas anzusehen, ist gefährlich. Wichtig ist, wie sich diese Werte herausgebildet haben und wie sie neu interpretiert wurden. Außerdem muss man Werte im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Normen diskutieren, die es den Menschen erlauben, nach ihren Werten zu leben.
      In Russland wird es so lange Widerstand gegen die Werte-Diskussion geben, bis die Gesellschaft als ganze anfängt, „Lenin aus dem Mausoleum zu tragen“ und sich von der sowjetischen Vergangenheit verabschiedet, von der kriminellen Erfahrung und den letzten Jahrzehnten.

    erschienen am 20.04.2018

    Das Dossier „Werte-Debatten“ erscheint in Kooperation mit der Körber-Stiftung im Rahmen ihres Arbeitsschwerpunkts Russland in Europa

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  • Der Geist der Korruption

    Der Geist der Korruption

    Für die Bezeichnung von Korruption gibt es im Russischen verschiedene Begriffe. Viele kommen aus Jargon und Umgangssprache, wie etwa wsjatka, sanos, otkat, Administrative Ressource und viele andere. Dass es so vielfältige Bezeichnungen für korrupte Verhaltensweisen gibt, ist eng mit den sozialen Praktiken und ideellen Einstellungen in der Sowjetepoche und den ersten drei Jahrzehnten nach dem Zerfall der UdSSR verbunden.

    Das Phänomen der Korruption in Russland ist komplex und bisher nur unzureichend erforscht. Illegale Bereicherung wird in der Gesellschaft auf beinahe allen Ebenen als akzeptable, legitime Form betrachtet, um den Lebensunterhalt zu sichern. Die Verwurzelung im Alltagsleben sowie die Mannigfaltigkeit der Korruptionsformen drücken sich auch in der Sprache aus. Im offiziellen Diskurs wird oft das Fremdwort Korrupzija gebraucht.

    Ein Phänomen mit vielen Namen

    In der Umgangssprache finden sich zahlreiche, teils duldsame Jargon-Ausdrücke: die Substantive wsjatka oder wsjatotschnitschestwo (von wsjat, dt. nehmen), sanos, otkat und Ausdrücke wie sanesti (dt. etwas vorbeibringen), otkatit (dt. etwa zurückschaffen, im Sinne von Korrputionsgegenleistung), dat na lapu (dt. auf die Pfote geben), podmasat (dt. einschmieren) und viele andere. Literarische und traditionelle Wörter wie kasnokradstwo (dt. etwa Veruntreuung, wörtlich Haushaltsklau) oder msdoimstwo (dt. Bestechung), die in Wörterbüchern und klassischen Werken noch vorkommen, sind fast völlig aus dem Sprachgebrauch verschwunden.

    Außerdem kommen sowohl in der offiziellen wie in der alltäglichen Sprachpraxis Euphemismen zum Einsatz, durch die von Seiten der Sprecher zum Ausdruck kommt, dass mafiöse Praktiken oder die Verflechtung von Staat und Unterwelt legitimiert sind. Der wichtigste dieser Ausdrücke ist der halboffizielle Terminus Administrative Ressource. Dieser meint die Ausnutzung einer Stellung in der staatlichen Hierarchie, um sich Teile der öffentlichen Mittel anzueignen oder Familienangehörigen lukrative Erwerbsmöglichkeiten zu verschaffen.

    Hier werden zwar Gegenleistungen nicht unmittelbar erkauft, aber es wird doch in einem korrumpierenden Sinne der Vorgang der Ressourcenverteilung manipuliert – was Korruptionsnetzwerke weiter wachsen lässt.

    Ehrlich verdientes Geld galt als verwerflich

    Die Ursache wird verständlich, wenn man die sozialen Praktiken und Einstellungen aus der sowjetischen Epoche und den ersten drei Jahrzehnten nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems miteinander vergleicht.

    Mit Marx kann kann man die sowjetische Ära als Epoche der asiatischen Produktionsweise begreifen. Dies meint Ausbeutung ohne die Bildung von Eigentum. In der UdSSR war nicht nur das Privateigentum an „Werkzeugen und Produktionsmitteln” verboten, auch der gewöhnliche Besitz, die persönlichen Habseligkeiten, wurden beschränkt.

    Eine aggressive Form der Uneigennützigkeit wurde dagegen verherrlicht. Ein Arbeiter, der weniger erhielt als den Gegenwert seiner Arbeit und keine Gehaltserhöhung forderte, wurde als „selbstlos“ gepriesen, und sogar ehrlich verdientes Geld galt im sowjetischen Diskurs als verwerflich.

    Die Korruption, die in der UdSSR blühte, betraf nicht so sehr finanzielle Eigentumsverhältnisse (also die Möglichkeiten des Privateigentums) als vielmehr die Anhäufung von Einfluss und die Fähigkeit, mit Staatsbesitz so umzugehen, als sei es der eigene.

    Immobilien und Geld häuften sich zu Sowjetzeiten nur in einem sehr engen Kreis an. Traditionell hatte (in Russland) dabei nur der oberste Herrscher das Recht, Bürgern Eigentum zuzuteilen: Vor der Revolution war der Zar der einzige rechtmäßige Eigentümer überhaupt. Im sowjetischen Russland war es hingegen das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei und seine Führung.

    Postsowjetische Massen-Korruption

    Die Propagierung der Uneigennützigkeit hatte in der UdSSR fast schon religiösen Charakter. Und die Angst wegen Unternehmertums zu sterben1 war ein Teil der ideologischen Indoktrination. Nach dem Zerfall des sozialistischen Systems verbanden sich daher drei gedankliche Linien, die ein festes Programm bildeten:

    • einerseits Selbstlosigkeit und Uneigennützigkeit 
    • andererseits ein praktisches Verlangen, endlich ein eigenes Haus, eine eigene Wohnung oder ein eigenes Stück Land zu besitzen
    • und schließlich ein fester Glaube daran, dass alles vom Chef abhängt.

    Dadurch kam es im Folgenden zu dem verblüffenden historischen Phänomen der postsowjetischen Massen-Korruption.

    Die nach dem Zerfall der UdSSR gesetzlich erlaubte allgemeine Bereicherung wurde von den meisten Leuten geradezu als Erlaubnis von oben aufgefasst. Stillschweigend akzeptierte die Gesellschaft die Bedingungen, unter denen das sogenannte Volkseigentum in Privateigentum umgewandelt wurde. Allerdings erfolgte die Privatisierung größtenteils nach dem Motto „jeder nimmt, was er kann“.

    Ein traditionelles Mittel der Staatsführung

    Dass die ehemaligen Chefs und Geheimdienstmitarbeiter am meisten abbekamen, hat niemanden verwundert. Als die Ära des späten Jelzin in die Ära Putin überging, herrschte ein Konsens bezüglich der nun folgenden Umverteilungen. Der oberste Chef und Eigentümer hatte nach Auffassung der meisten Russen nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, persönlich die Verteilung aller Ressourcen sicherzustellen und dabei alle drei Aspekte des Eigentums zu legitimieren: Besitz, Handhabung und Verteilung.

    Die massiven Proteste gegen Korruption im März 2017 deuteten zwar einen zaghaften Wertewandel an, doch insgesamt bleibt das Protestpotential eher gering: Veruntreuung von Staatseigentum und Bestechlichkeit werden nicht als Exzess oder Verletzung des geschriebenen Gesetzes gesehen, sondern als traditionelles Mittel der Staatsführung.

    Auf Korruptionsenthüllungen von ausländischen oder russischen Organisationen (wie dem Fonds für Korruptionsbekämpfung von Alexej Nawalny, Transparency International, ICIJ etc.) reagiert nur ein kleiner Teil der russischen Gesellschaft mit Protestaktionen: Die Anschuldigungen Nawalnys an die Adresse Medwedews brachten am 26. März 2017 zwar landesweit einige zehntausende Menschen auf die Straße, die große Mehrheit der Gesellschaft quittierte diese Enthüllung aber mit Schweigen. Die krassesten Veruntreuungen von staatlichem Eigentum, die zum Teil mit der russischen Staatsspitze verbunden sind, werden als legitim aufgefasst. Und jeglicher Versuch, etwas dagegen zu unternehmen, wird schon innerfamiliär unterbunden: Die Familienmitglieder wissen, dass sie ihr gesamtes Eigentum verlieren können, wenn einem Kettenglied in der gegenwärtigen Machtvertikale danach ist.


    1. Es ist bemerkenswert, dass Versuche einer selbständigen unternehmerischen Tätigkeit ohne die Genehmigung der politischen Führung stets verhindert wurden – auch mit der Todesstrafe. Im Jahr 1984 wurde Juri Sokolow, der Direktor des Feinkostladens Jelissejew, in Moskau wegen „Diebstahls sozialistischen Eigentums in besonders hohem Ausmaß” erschossen. Im Jahr 1987 traf es den Chef eines Gemüselagers: Mchitar Ambarzumjan. Da die Sowjetunion ein Land des ständigen Mangels war, wurden besondere Handelsketten eingerichtet, über die nur besonders nah an der politischen Führung stehende Personen mit Waren versorgt werden sollten. Versuche der Mitarbeiter, dabei über die gesteckten Grenzen hinauszugehen, wurden zur „ungesetzlichen unternehmerischen Tätigkeit” erklärt – ungesetzlich dabei war der Charakter der „[gnose-1943]Blat[/gnose]-Aufteilung”. Von hier aus verbreitete sich der Korruptionssumpf, der nach Ansicht einiger Ökonomen die gesamte Wirtschaft der Sowjetunion in den Ruin trieb. ↩︎
    2. Weiterführende Literatur: ↩︎
    3. Passarge, Malte/Behringer, Stefan/Babeck, Wolfgang (Hrsg.) (2014): Handbuch Compliance international: Recht und Praxis der Korruptionsprävention, Berlin; [Russland: S.445-480] ↩︎
    4. Dawisha, Karen (2014): Putin’s kleptocracy: who owns Russia? New York ↩︎
    5. Golunov, Sergey (2014): The elephant in the room: corruption and cheating in Russian universities, Stuttgart

      ↩︎

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  • Liberale in Russland

    Liberale in Russland

    Selbst Menschen, die sich als liberal verstehen, zögern in Russland oft, sich so zu bezeichnen und gehen dem Wort aus dem Weg – in der Absicht, keine unerwünschten Assoziationen hervorzurufen. Seit Lenins Zeiten belegte man mit dem Begriff einen besonderen Typus von Gegnern im Ausland: solche, die weder bourgeois genug waren, um sie als Feinde zu betrachten, und zugleich zu weit vom „Volk“ entfernt standen, um mit ihnen auch nur vorübergehende Bündnisse zu schließen. In der frühsowjetischen Zeit erlangte der Begriff „Liberaler“ seine besondere Bedeutung, die bis heute erhalten ist: ein „politischer Schwächling“.

    Bis zur Revolution im Jahr 1917 existierte noch keine negative Konnotation des Wortes (nicht zuletzt, weil es noch keine ausdrücklich liberalen politischen Kräfte gab). Wenngleich das Wort „Liberaler“ ein wenig fremd, unrussisch, importiert klang1 und durchaus in abwertenden Kontexten auftauchte2, war es doch mit seiner ursprünglichen gesellschaftlichen und wirtschaftspolitischen Bedeutung noch eng verbunden.

    Die zunehmende Entfernung des Worts von seinen vorigen Bedeutungen, wie sie sich in der Sowjetzeit herausbildete, brachte eine paradoxe Situation mit sich: Im Laufe der 2000er Jahre verbreitete sich die Auffassung, Liberale seien „verantwortungslose Staatsgegner“, und vom Wort blieb eigentlich nur noch seine Verwendung als Beschimpfung übrig, für Menschen, die „unfähig sind, Dinge zu regeln“ und die „sich gegen den Staat wenden, weil sie zu nichts anderem in der Lage sind“.

    Liberalismus als westliche Krankheit

    Der einzige Fall, in dem eine politische Partei das Wort „liberal“ erfolgreich einsetzen konnte, ist die Liberal-Demokratische Partei der Sowjetunion (später – Russlands), die Wladimir Shirinowski im Jahr 1990 als „erste Oppositionspartei der Sowjetunion“ gründete – mit mutmaßlicher Unterstützung des KGB. Heute ist die LDPR eine radikal rechte Vereinigung, die mit eiserner Disziplin ihrem Gründer und ewigen Vorsitzenden ergeben ist. Beide Labels – „demokratisch“ und „liberal“ – verwendet die Partei in einem Sinne, der der geläufigen Bedeutung in Europa diametral entgegensteht.3

    Aus der sowjetischen politischen Sprache überlebte die Deutung des Begriffs des Liberalismus als westliche Krankheit politischer Schwäche, Schlampigkeit und Unfähigkeit, für seine Interessen einzustehen. Zugleich etablierte sich durch die LDPR die Vorstellung der „liberalen Demokratie“, die sich mit Shirinowskis demagogischer Rhetorik verband. Zusammengenommen wirkten diese beiden Einflüsse zerstörerisch auf den Begriff des Liberalismus: Das Wort kann heute beinahe alles bedeuten.

    Der Liberale wurde zum politischen Hipster

    Vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen der Jahre 1999 bis 2016 wurde der Liberale in Russland zum politischen Hipster, der in der traditionell homophoben russischen Gesellschaft auch als „Liberast“ (Liberal + Päderast)  bezeichnet wird. Diese Bezeichnung reduziert das Konzept des Liberalismus auf eine plumpe Beschimpfung, die man gegen jedweden politischen Gegner einsetzen kann. Dadurch, dass der Begriff in die Nähe einer sexuellen Normabweichung rückte, wurde er als politisches Identifikationsmerkmal vollständig entwertet. Es ist daher kein Zufall, dass in den heutigen Diskussionen der beliebte Terminus „Pseudoliberalismus“ als Synonym für Liberalismus gebraucht wird.

    Drei Typen des Liberalen

    Die Verwendung des Begriffs in den unabhängigen Medien reflektiert zwar oft diese Schimpfwort-Eigenschaft, meistens wird „liberal“ hier aber im lexikalischen Sinne benutzt. Auch gibt es Stimmen, die den Begriff normativ fassen und ihn zum Beispiel analog zum Solidaritätsprinzip der westeuropäischen Gesellschaften begreifen. Daneben sind einzelne zaghafte Versuche anzutreffen, das Stigma positiv umzudeuten: Als ein sogenanntes Geusen–  beziehungsweise Trotzwort soll sich sowohl „liberal“ als auch „liberast“ von der diffamierenden Bedeutung lösen, wie es beispielsweise die US-Schwulenbewegung der 1970er und 1980er Jahre bei dem Begriff „homo“ vorgemacht hat.  

    Insgesamt wird das Wort in der modernen russischen Sprache aber vor allem für Personen und weniger für eine politische Orientierung gebraucht. Es gibt im Wesentlichen drei Typen, die verschiedene Facetten des Liberalismus im russischen Verständnis verkörpern. Da ist zunächst Boris Nemzow: Als „Liberast“ (oder politischer Liberaler) wurde er dargestellt als unbeholfener Kritiker der Staatsmacht, als schwacher Oppositioneller, der Freiheit predigt, aber unfähig ist, für sie zu kämpfen.

    Zweitens gibt es die so genannten Systemliberalen wie etwa Anatoli Tschubais, Andrej Illarionow oder Alexej Kudrin: Personen, die mit den Mächtigen in engem Kontakt stehen und maximale wirtschaftliche Freiheit fordern, doch dabei von der starken Hand des Staates abhängig sind.

    Drittens bezeichnet „Liberaler“ den angeblich käuflichen und zynischen westlichen Politikertypus, der vordergründig von Russland die Einhaltung der Menschenrechte verlangt, in Wahrheit aber bereits davon träumt, bei erster Gelegenheit einen persönlichen Vorteil aus einer politischen und wirtschaftlichen Öffnung (Liberalisierung) Russlands zu ziehen.

    Die Begriffsverwirrung um das Liberalismus-Konzept im russischen Sprachgebrauch zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass in russischen Universitäten der politische Liberalismus ausschließlich als zeitgenössisches europäisches Phänomen untersucht wird. Eine Behandlung des Begriffs im russischen Kontext findet – bezeichnenderweise – nicht statt.


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  • Sprache und das Trauma der Befreiung

    Sprache und das Trauma der Befreiung

    Zum Jahresende ein nachdenklicher Longread. Was haben Deutschland und Russland aus dem 20. Jahrhundert mitgenommen, mit all den Gräueln, die es beiden Ländern bereitet hat und die von ihnen ausgingen? Und wie prägt der Umgang mit diesem Erbe die russische Gegenwart und die Verhältnisse in Europa? Der Kulturhistoriker und Philologe Gasan Gusejnov, einer der originellsten Intellektuellen des heutigen Russland, betrachtet diese Fragen in ihrem sprachlichen Spiegel. In dem zieht wieder und wieder der Schriftzug von der „größten geopolitischen Katastrophe“ vorüber … Ein grundlegender Text, der den Geist einer Epoche einfängt und eine Fülle jener Themen berührt, die dekoder 2015 an den Start gehen ließen.

    Wir veröffentlichen Gusejnovs Aufsatz in einer Version des Literaturjournals NLO, die in Abstimmung mit dem Autor neu überarbeitet wurde.

    1.

    Nicht umsonst hat Platon zum Nachdenken über Sokrates’ Ausspruch aufgefordert, die erste und wichtigste Eigenschaft des Philosophen sei die Furchtlosigkeit. Wenn du nicht in Kauf nimmst, dass das Ergebnis deines Denkens dir ein Trauma zufügt (sei es ein seelisches oder ein äußerlich sichtbares), dann lohnt es sich gar nicht erst, damit zu beginnen. Doch auch die Umkehrung gilt: Jahrzehntelang totgeschwiegene Traumata und der einer Gesellschaft dadurch zugefügte psychische Schaden lassen die Menschen panisch werden, und in der Panik ballen sie sich zu Horden zusammen und kehren sich selbst von dem Wissen ab, das noch gestern, ungeachtet von Leid und Kränkung, mehr oder weniger von allen geteilt wurde.

    Wollte man lediglich die Kriegstraumata auflisten, die die seit Mitte des 20. Jahrhunderts geborenen oder aufgewachsenen postsowjetischen Generationen sich selbst zugefügt haben, so würde diese Liste in erster Linie die Langzeiterfahrung des Totschweigens und der Verdrängung erlebter nationaler Katastrophen verzeichnen.

    Das erste Totschweigen betrifft die Ausmaße der Verluste im Zweiten Weltkrieg. Für jeden Krieg bezeichnende und unvermeidliche Phänomene wie Gefangenschaft und Plünderei, Korruption und sexuelle Gewalt, Verrat und Betrug wurden unter ideologischen und künstlerischen Mythen begraben. Die äußerst seltenen erfolgreichen Versuche, unter dem Joch der Zensur hervorzukriechen, wurden durch Repression und psychische Traumata zweiter Ordnung unterbunden.

    Die durch die ebenso unangebrachte wie unqualifizierte Lenkung des Massenbewusstseins beim sowjetischen Menschen verursachten psychischen Traumata haben die Menschen so weit gebracht, dass sie aufgehört haben, das im Zuge der sogenannten Nachkriegskonflikte Erlebte als stark traumatische Erfahrung wahrzunehmen – das betrifft sowohl Konflikte außerhalb der Grenzen der UdSSR (der Krieg in Afrika und im Fernen Osten, die militärische Intervention in der DDR 1953, in Ungarn 1956, in der Tschechoslowakei 1968 und schließlich in Afghanistan 1979) als auch die im postsowjetischen Raum (der von 1991 bis 2009 andauernde Krieg im Kaukasus, die Kriege in Zentralasien, in Moldau und Transnistrien und seit 2014 in der Ukraine).

    Das traditionelle russische Verständnis von Geschichte als etwas, das mit der Vergangenheit und mit Volksmassen zu tun hat, und nicht als etwas, das in der Gegenwart von einzelnen Individuen erlebt wird, hat zu einer traumatischen Spaltung im Bewusstsein des sowjetischen Menschen geführt – einer Spaltung zwischen dem unmittelbar alltäglichen Selbstverständnis des Menschen und einem mit diesem Selbstverständnis nicht in Zusammenhang gebrachten Gesamtweltbild.

    Auf der persönlichen Ebene kann so jemand seinen Status, seine Ressourcen und Perspektiven zutreffend oder zumindest plausibel einschätzen und dabei selbst im Fall eines extrem geringen Selbstwertgefühls eine erstaunliche Gelassenheit bewahren. Geht es aber um den Platz seines Landes in der Welt, darum, wie die Führung des eigenen Staates beurteilt wird, geht es um die symbolische Bewertung seines Landes, dann kommt diesem Menschen das Maß abhanden, er wird zum Träger eines schimärischen geopolitischen Bewusstseins, dazu bereit, sich an die phantastischsten Verschwörungstheorien zu klammern.

    Die kulturelle Dimension dieser Spaltung oder, genauer gesagt, dieses sich vielfach wiederholenden Traumas, lässt sich auf eine äußerst einfache Formel bringen: Die Menschen haben ihre Toten nicht beweinen dürfen, und letzten Endes, in unserem konkreten Fall mit dem beginnenden Zerfall des sowjetisch-russischen Imperiums, kam ihnen die für ein erträgliches Zusammenleben unabdingbare Empathie abhanden, also die Fähigkeit, mit anderen Menschen mitzufühlen.

    Ein Beleg für diese Behauptung ist die hohe Wirksamkeit plumper Propaganda, der selbst die vergleichsweise gebildeten Schichten der Bevölkerung nicht imstande sind, zu widerstehen. Als wären es die eingefrorenen und wieder aufgetauten Melodien aus einem Rabelais-Roman oder die Geschichten von Baron Münchhausen, brechen auf den heutigen Russen ideologische Klischees von anderthalb Jahrhunderten herein, die man schon seinen Vorfahren aufgetischt hat, angefangen vom Krimkrieg Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zu Stalins zehn Schlägen gegen das verendende Dritte Reich.

    Dieses ganze kakophone Getöse vermag allerdings nicht die zentrale, aufgestaute Kränkung zu dämpfen, die aus dem Begreifen der Tatsache resultiert, dass die Mehrheit der Nachbarn im Großen Europa sowie in einem beträchtlichen Teil Eurasiens die Ereignissen in der heutigen Russischen Föderation als den fortgesetzten Zerfall des Imperiums sieht und ganz und gar nicht als das Werden eines neuen freien und starken Staates.

    Man kann noch beliebig oft und beliebig laut erklären, das ist uns alles total egal. In Wirklichkeit liegt genau darin der Kern des Traumas – und es ist ganz und gar nichts total egal. Der Groll auf die anderen, seien sie real oder eingebildet, ist nichts weiter als eine Emotion, die das eigentliche psychische Geschwür verdeckt: die nicht vollzogene Beweinung der Toten.

    Es gab eine Zeit, in der man das noch hätte tun können. Doch der Reueton der Perestroika wurde als Schwächlichkeit verworfen. Viele waren der Ansicht, der wirtschaftliche Aufschwung würde sie ganz von allein der Notwendigkeit entledigen, sich mit den Traumata der Vergangenheit auseinanderzusetzen, die den Menschen von ihren eigenen Leuten zugefügt worden waren.  

    Doch diese Annahme erwies sich als Illusion, denn traumatische Erfahrung lagert sich in der Sprache ab. Werden die Schlüsselwörter nicht reflektierter Epochen in das Spiel einer neuen Zeit eingeworfen, befördern sie darum unvermeidlich, wie ein unglücklich geworfener Angelhaken einen alten Schuh, das ganze für immer auf dem Grund der Geschichte begraben geglaubte Material wieder an die Oberfläche.

    Wer von den Bandera-Faschisten der 1940er und der Kiewer Junta der 2010er Jahre anfängt, der muss damit rechnen, dass man ihn an den Holodomor der 1930er und den Emser Erlass der 1870er Jahre erinnert.

    Die Aktualisierung früherer Kränkungen verstärkt den Schmerz und verlagert das Trauma auf eine neue Ebene, nämlich in die Zukunft, denn der nächste Schritt besteht in der Rache an all denen, die vermeintlich verantwortlich sind für deine Kränkung. Und weil du das selbst ja nicht sein kannst, sind alle anderen schuld. Die Besonderheit der gegenwärtigen Rachepraxis liegt darin, dass ephemere Verwünschungen und Beleidigungen besonders lange haltbar sind.

    2.

    1967 erschien in Deutschland Die Unfähigkeit zu trauern von Alexander und Margarete Mitscherlich1, eines der wichtigsten Bücher zum kollektiven Trauma der Deutschen und dessen Heilung, das die westdeutsche Gesellschaft vermutlich nicht weniger beeinflusst hat, als die Studentenrevolution von 1968. Dieses und weitere von den Eheleuten Mitscherlich sowie von Alexander Mitscherlich allein verfasste Bücher besaßen die erforderliche Sprengkraft, um die Mauer des Schweigens einzureißen, die die kaum erst ins aktive Leben eingetretene erste Nachkriegsgeneration und ihre stumm gewordenen Eltern trennte. Paradoxerweise wurde die Verständigung der Generationen um den Preis eines lautstarken und für viele endgültigen Bruchs mit der Vergangenheit erreicht. Dieser Bruch verhalf den Deutschen zu einer gemeinsamen politischen Sprache, und diese Sprache wurde zur Sprache der westdeutschen Zivilgesellschaft, in der der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner Rede 1985 den 8. Mai 1945 zum ersten Mal als Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft bezeichnete und damit die Bedeutung dieses Tages für sein Land definierte. Bis zu dieser heute allgemein gültigen deutschen Formel mussten 40 Jahre vergehen.

    Die „Befreiung“, von der Weizsäcker sprach, und die „Trauer“, von deren Notwendigkeit die Mitscherlichs gesprochen hatten, wurden zu Schlüsselbegriffen eines langen historischen Weges. Man kann die Befreiung nicht verstehen, solange nicht die ganze Trauer ausgedrückt ist. Aber trauern muss man lernen.

    Die erste Aufbauphase des bundesrepublikanischen Staates (1945–1955) wurde mit dem Schlüsselwort Wunder belegt. Nach der totalen Zerschlagung Deutschlands waren nach Ansicht der Menschen zwei Wunder geschehen. Das erste war natürlich das unter der Führung des von 1949 bis 1963 amtierenden Bundeswirtschaftsministers Ludwig Erhard erreichte Wirtschaftswunder. Das zweite ist in die deutschen Geschichtsbücher und Lexika eingegangen als das Wunder von Bern: Gemeint ist der Sieg der [bundes]deutschen Nationalmannschaft über Ungarn bei der Fußballweltmeisterschaft am 4. Juli 1954; die bundesweite Begeisterung über diesen Sieg war die erste Äußerung von Enthusiasmus der Westdeutschen nach der jahrelangen Nachkriegsdepression.

    Warum hat die Gesellschaft, nachdem sie vom emotionalen und materiellen Aufschwung gekostet hat, dann doch vom Wunder als politischem Ideologem Abstand genommen? Weil hinter dem Rücken dieses Wunders weiterhin die auch durch dieses Wunder keineswegs zu erklärende Wirklichkeit der nicht weit zurückliegenden Vergangenheit stand – nicht einfach die Besonderheit im Verhältnis der europäischen Nachbarn zu Deutschland, sondern die Realität dessen, was tatsächlich geschehen war. Denn genau das war es, was die Menschen mit der Zeit immer mehr beschäftigte.

    Das Ideologem des Wunders erwies sich als psychologische Falle, geistreich verspottet in der bekannten Filmkomödie Das Spukschloss im Spessart. Die Sowjetunion befand sich zu dieser Zeit auf dem Höhepunkt der Entstalinisierung, die Entfernung von Stalins Mumie aus dem Mausoleum stand bevor, und der Film über die im Wirtschaftswunder-Deutschland ausgegrabenen Skelette trug, wie es schöner nicht hätte sein können, zu einer Art westlicher Ausleuchtung dieses (nach 1953 und 1956) dritten Versuchs bei, sich von Stalin und dem Stalinismus zu verabschieden. Offiziell galt das „Spukschloss“ in der UdSSR als gegen den „Revanchismus in der BRD“ gerichtete Komödie, doch den Silberpreis des Moskauer Filmfestivals von 1961 bekam der Film nicht allein hierfür.

    Unterdessen setzte die sowjetische Propaganda alles daran, das westdeutsche Entnazifizierungsprogramm vor der Gesellschaft zu verheimlichen. Aus der Vielzahl der politischen Debatten in Deutschland wählte man lediglich das aus, was für die sowjetische Propaganda relevante Gegenstände betraf (unter anderem den Revanchismus). Keine Beachtung fand in der sowjetischen Zeit auch das Schlüsselthema der Mitscherlichs – das Trauma, das sich der Täter selbst zufügt, aber auch die Mitglieder von verbrecherischen Organisationen, und nicht nur die allein. Die meisten Deutschen hätten sich nämlich, so Mitscherlich, so weitgehend mit dem Regime abgefunden, dass sie auch nach dem Krieg, in der Adenauer-Ära, „politisch erstarrt“ gewesen seien. Die Generation, die sich mit Hitler und den Nazis, also den Kriegsverlierern, identifiziert hatte, versperrte sich instinktiv dem Konzept der Befreiung, das erst dann annehmbar wurde, als die westdeutsche Gesellschaft sich grundlegende demokratische Werte zu eigen gemacht und entsprechende Normen etabliert hatte.

    An dieser Stelle wird nun die Rolle der Schlüsselbegriffe, anhand derer nicht nur der politische Diskurs rekonstruiert, sondern auch die Überwindung des Traumas durch Narration beschrieben wird, besonders wichtig. Zwischen den kritischen Debatten der Intellektuellen und einer breiten Einbeziehung der „erstarrten“ Bevölkerungsmehrheit in das politische Leben über die Artikulation eines unmittelbaren Zusammenhangs, etwa zwischen dem Wirtschaftswunder und der politischen Freiheit vom Nationalsozialismus, vergeht einige Zeit.

    3.

    Betrachtet man die historische Bahn, auf die die Russische Föderation derzeit geraten ist, wird jedoch klar, dass kein Vergleich die Situation in unserem Land auch nur annähernd vollständig beschreiben kann. Einige generelle Fixpunkte lassen sich dennoch herausstellen. Es geht ja um die Reaktion der Träger einer Sprache auf die gesellschaftlichen Traumata, die manchem vielleicht doch vergleichbar erscheinen mit denen, die die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Den gewohnten Disziplinkategorien folgend, sollen im Folgenden kurz und knapp einige Realien der russischen Politiksprache beschrieben werden, die jemand einmal treffend als „Schlüsselwörter des historischen Augenblicks“2 bezeichnet hat. Die im Grenzgebiet zwischen Literatur, Sozialpsychologie und Politik verhandelten Schlüsselbegriffe entfalten sich zu Phrasen der besonderen Art. Daran, wie das gesellschaftliche Umfeld sie entfaltet, lässt sich erkennen, wie sich das Verhältnis der Sprachträger zu ihrem kollektiven historischen Trauma entwickelt.

    Dabei klingt nur ein einziges Trauma, gewissermaßen die Spitze des Eisbergs, deutlich hervor, eben jenes, das aus der Statusveränderung des Landes und somit der Veränderung der Situation jedes einzelnen Bewohners resultiert. Auf der Ebene der politischen Rhetorik ist dieses Trauma durch drei selten öffentlich angefochtene Phrasen markiert, nämlich: den Zerfall der UdSSR als die „größte geopolitische Katastrophe“, das „Chaos der 1990er“ oder die „wilden Neunziger“ (die Jelzin-Zeit) und die „Erhebung von den Knien“ (die gegenwärtige Phase). Die allgemein angenommene Übersetzung dieser emotional gefärbten Ideologeme besagt in etwa Folgendes: Das goldene Zeitalter, das sich zusammensetzt aus einem Mosaik von Ereignissen der russischen Geschichte seit 1612 (oder bei Bedarf auch seit den Zeiten Alexander Newskis) bis zum Ende der 1980er Jahre, wurde quasi hinweggefegt durch die „geopolitische Katastrophe“ der Perestroika und die Auflösung (sprich: den Zerfall) der UdSSR, wonach eine Zeit der Wirren anbrach. Wenn, so will man uns glauben machen, diesen Wirren nicht just an der Schwelle vom 20. zum 21. Jahrhundert durch das neue Regime Einhalt geboten worden wäre, hätten jene Kräfte, die es angeblich geschafft haben, die Sowjetunion zu zerstören, längst auch die Russische Föderation zerstört – das letzte Bollwerk des zerfallenen sowjetisch-russischen Imperiums.

    Offenbar ist das der grundlegende Legitimierungsmythos des Regimes, der mit den Mitteln der Propaganda verbreitet wurde und für einen großen Teil der aktiven Bevölkerung der Russischen Föderation allgemeine Gültigkeit erlangt hat. Wenn man die Mitscherlich-Konzeption anwendet, fällt einem das zentrale Drama des Augenblicks auf: Die Kette aus Russland-Mythen verfälscht den Inhalt des Traumas, das die ehemaligen Bürger der UdSSR erlitten haben. Das tatsächliche Trauma (Jahrzehnte der Unfreiheit, die physische Vernichtung ganzer Bevölkerungsschichten, die komplette Deportation ganzer Völker, ohne Gerichtsverfahren verhängte, gesetzeswidrige Repressalien gegen die Menschen unter beliebigem Vorwand) wurde ersetzt durch das frische emotionale Trauma des Zerfalls einer Staatsmaschine. Man muss bloß hinzufügen: eben jener Staatsmaschine, die für das ursprüngliche Trauma verantwortlich ist.

    Das echte Trauma, das der Mehrheit in der UdSSR und im Russischen Reich über das 20. Jahrhundert zugefügt worden ist, wurde einfach so durch die Schlüsselphrase der „größten geopolitischen Katastrophe“ ausgetauscht. Der Beginn einer schmerzhaften Diskussion über das Trauma, eines öffentlichen Diskurses über die den Systemzusammenbruch begründenden Mechanismen, die das Trauma ausgelöst hatten – all das wurde erfolgreich gestoppt, vor allem mit ziemlich primitiven Propagandatricks, die an die Gefühle der Bürger appellierten.

    Durch die Mitscherlich-Brille betrachtet wird deutlich, wie Russlands heutige politische Elite – jene soziale Schicht, die bei der Überwindung ihres Narzissmus und beim Erlernen der Fähigkeit zu trauern am meisten Hilfe benötigt hätte – sich die Ratlosigkeit der gerade erst zum politischen Leben erwachten Bevölkerung zunutze machte und die Rolle des gesellschaftlichen Psychotherapeuten an sich riss. Die Mitscherlichs wussten nichts von Öl- und Gaspreisen im beginnenden 21. Jahrhundert, aber sie beschrieben die Steigerung des ökonomischen Wohlstands als den wichtigsten „Verdränger“ von Reflexion. Ihrer Meinung nach war es gerade das Wirtschaftswunder, das die unausweichliche Abrechnung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit um zehn Jahre verzögerte.

    Die Jahre der Entstehung eines Trauma-Narrativs und der sie begleitenden Diskussionen zu dem Thema fielen mit dem wirtschaftlichen Durcheinander und den schwierigen administrativ-territorialen, teilweise zu lokalen Kriegen führenden Konflikten der ausklingenden 1980er und 1990er Jahre zusammen. Dieser Umstand ermöglichte es Ende der 1990er Jahre dem aktiven Teil der postsowjetischen Gesellschaft, die Initiative zu ergreifen – den zahlreichen Mitarbeitern der früheren Straf- und Ideologie-Organe, die selbst zutiefst traumatisiert waren von der Unfähigkeit, die eigenen Opfer zu betrauern.

    Dieser Kreis hatte sich für eine gewisse Zeit sogar die Kontrolle über wichtige Machtzentren zurückgeholt, angefangen von den hauptsächlichen Rohstoffquellen bis hin zu den wichtigsten Medien. Doch die einzige Ideologie, zu der die neue Generation der Kreml-Chefs sich als fähig erwies, erschöpfte sich in der Konservierung des Traumas.

    Kontrolliert durch fremde Armeen, hatten die Deutschen es leichter, sich auf ihr Trauma zu konzentrieren, sich darüber auszutauschen und allmählich aus der Sackgasse herauszufinden, in die sie sich unter der Führung der Nationalsozialisten verirrt hatten. Die Notwendigkeit, den Staat von Grund auf neu zu errichten, war den Menschen sowohl im Westen wie im Osten Deutschlands bewusst. Dass die eigenen Tschekisten Kontrolle bekamen über die Situation, in die sie selbst und ihre ehemaligen Chefs Russland geführt hatten, konnte nur mithilfe der entsprechenden ideologischen Klischees aufrechterhalten werden. Die aus diesen Klischees erwachsende geopolitische Schimäre zieht diejenigen in ihren Bann, die in der Sprache leben.

    Am Tag der Einheit des Volkes, am 4. November 2008, hörte ich gemeinsam mit Millionen Passagieren in der Moskauer Metro die schmissigen Reden über die Befreiung der Hauptstadt von den „polnischen Besatzern“ im Jahre 1612, las an den Wänden und Türen der Waggons den höhnischen Spruch: „Die Behutsamen behütet die Bank“, wurde eingeladen, den neuen Agitationsstreifen Der Admiral im Kino zu bewundern (während man am Abend desselben Tages im TV dazu eingeladen wurde, sich zum wiederholten Male den Film 1612 anzuschauen) und verstand, dass man den Passagieren auf diese Weise nahelegte, sich so weit wie möglich weg von der politischen Moderne und dem sowjetischen 20. Jahrhundert in eine galvanisierte Vergangenheit der einen oder anderen Zeit der Wirren zu versetzen. Gleichzeitig geschieht eine bewusst-unbewusste Außerbetriebsetzung des einzigen Erkenntnisinstruments, über das die Menschen verfügen – ihrer Sprache. Doch auch wenn die Frage, wie bewusst oder unbewusst die Operationen an der Sprache in den letzten zehn Jahren durchgeführt wurden, eine interessante und wichtige ist, ist das ein eigenes Thema.

    Das Hauptproblem bleibt die Verstärkung des sozio-historischen Traumas bei den Patienten infolge der massenhaften Verbreitung von falschen Informationen bezüglich ihrer Leiden. Warum wurde die offizielle Rhetorik der ersten postsowjetischen Jahre zur doppelten Befreiung Russlands von der Ideologie des Kommunismus und von der Praxis des Kolonialimperialismus an der Jahrtausendwende so entschieden eingestampft?

    Wie die genannten deutschen Wissenschaftler in ihren sozialpsychologischen Arbeiten zeigen konnten, ist das Prozedere der kollektiven Traumatherapie vernunftbasiert. Der emotionale Faktor wird selbstverständlich berücksichtigt, ist aber nicht der wichtigste. Es geht um die Suche nach einem allgemeingültigen Ausweg aus einer unerfreulichen Situation. Die Rationalisierung der Gefühle muss gekoppelt sein an Beherrschtheit innerhalb des politischen Diskurses. Dort, wo die Zensur auf der inhaltlichen Ebene aufgehoben ist, ist sie auf der Ebene ihrer stilistischen Gestaltung unabdingbar. Der Stil ist in der Lage, jede Kommunikation, nicht einmal nur in traumatherapeutischen Kontexten, zu blockieren und außer Kraft zu setzen.

    Damit der Akt der politischen Kommunikation selbst nicht zu einer Quelle neuer kollektiver Traumata wird, befindet sich eine freie Gesellschaft in einem ständigen Diskurs über politische Korrektheit. Durch allgemeingültige und akzeptable, maximal leidenschaftslose Schlüsselbegriffe wird der Prozess der Konsenssuche rationalisiert und entemotionalisiert. Im Gegensatz dazu wird hier bei uns, alten sowjetisch-russischen Klischees folgend, einer politkorrekten Heuchelei die Wahrheit des freimütigen Sprechakts entgegengestellt. Sei es die apolitische Zügellosigkeit eines Wladimir Shirinowski oder die öffentlichen Entgleisungen populärer TV-Moderatoren. Das Fernsehen präsentiert Alexander Gordon, Wladimir Solowjow, Lolita und ihresgleichen als Meister der maximal freimütigen Verkündung von Binsenweisheiten.

    In den Sprechakten dieser öffentlichen Autoritäten mit ihrer äußersten rhetorischen Schärfe (sprich: Unbändigkeit) wird ein Bouquet abstrakter Drohgebärden bei gleichzeitigem Verschweigen eines konkreten Sinngehalts versprüht. Die inakzeptable Grobheit der Äußerung substituiert nämlich ihren Sinngehalt, mit anderen Worten: Sie ist bereits der ganze Sinngehalt der Äußerung, und nicht zufällig wurde die diffuse Drohung, jemanden „im Klo abzumurksen“ zur faktischen Devise der ersten Amtszeit von Wladimir Putin.3 Diese Drohung war an mutmaßliche Terroristen gerichtet, aber in den aktuellen Sprachgebrauch fand sie in einer erweiterten Bedeutung Eingang – als Universalformel für den Umgang mit Widersachern.

    Der Zuschauer oder Zuhörer, der die Drohreden von Politikern oder Medienleuten geduldig ertragen muss, überlässt ihnen Stück für Stück sein ganzes politisches Subjekt-Sein. Die minimale passive Reaktion auf solche TV-Sendungen könnte in einer gebildeten Gesellschaft ein Zuschauer-Boykott sein. Der minimale Ausdruck einer auf Vernunft gründenden Aktivität in einem Rechtsstaat wäre die Diskussion über die Verantwortung von Moderatoren und Redakteuren des TV-Senders für das emotionale Stimulieren von sozialem Zwist. Dort aber, wo weder das eine noch das andere geschieht, kommt es zum „politischen Stillstand“, wie er in anderer Spielart von den Mitscherlichs für die deutsche Gesellschaft zu Adenauers Zeiten diagnostiziert wurde. Um seine Mitbürger dazu zu bewegen, sich als selbständig politisch Handelnde zu begreifen, wird Kanzler Konrad Adenauer 1966 vor der Klagemauer in Jerusalem auf die Knie gehen, genau wie Kanzler Willy Brandt 1970 und Boris Jelzin 1993 in Warschau vor dem Denkmal-Kreuz für die Erschossenen von Katyn.

    4.

    Im Unterschied zu den Deutschen nach der unmissverständlichen Zerschlagung des Nationalsozialismus, ging die Bevölkerung der Russischen Föderation während der Auflösung der UdSSR über den Zerfall des Russischen Reichs und der dahinter stehenden politischen Strategie einfach hinweg. Die spontane, heilsame und vernunftbasierte Rhetorik vom Ende der UdSSR als Befreiung vom Totalitarismus empfanden nur diejenigen als Kapitulation im globalen Kalten Krieg, die diesen Krieg tatsächlich verloren hatten – Geheimdienstleute sowie Partei- und Staatsapparat. Für die allgemeine Bevölkerung aber war es ein Signal für den Zerfall des Russischen Reiches, der zu Beginn der 1920er Jahre in die Gründung der Sowjetunion umgelenkt worden war. Doch dann traf es sich so, dass sich die Bürger der Russischen Föderation durch die Verwendung der Bezeichnung Russland dem Verständnis verschlossen, ja, sich sogar selbst das Nachdenken über eine offensichtliche Tatsache verboten: dass einige andere ehemalige Republiken der UdSSR ebenfalls ein „anderes Russland“4 sind. Eben deswegen ist auch die formal korrekte Eigenbezeichnung der heutigen Russischen Föderation in gewisser Hinsicht ein Substitut für den geschichtlichen und politischen Sinn hinter dem Begriff, ein Substitut, das einer kollektiven Reflexion bedarf. Durch die historische Verbindung des Russischen Reichs beispielsweise zur heutigen Ukraine mit ihrer sich von Russland unterscheidenden, selbst gewählten Ausrichtung des gesellschaftlich-historischen Weges, wird das zweisprachige Land zu einer maximalen Quelle des Ärgers für alle Politiker, die nostalgische Gefühle für die UdSSR hegen. Die bloße Tatsache der Existenz eines anderen Russland, eines Kiewer Russland, in dem weder das Merkmal Sprache noch das Merkmal Kultur eine eindeutige Unterscheidung in sogenannte ethnische Russen und ethnische Ukrainer zulässt, ruft in der unmittelbaren Nähe zum Russland Moskaus bei der gesamten Führungsschicht der Russischen Föderation einen ausgeprägten politischen Minderwertigkeitskomplex hervor.

    Auf sprachlicher Ebene äußert sich dieser Komplex, der genereller Natur und nicht auf die unmittelbar mit der Ukraine zusammenhängende Situation beschränkt ist, schon in den Namen der Organisationen, die für sich die volle Macht in der Russischen Föderation beanspruchen: Einiges Russland, Gerechtes Russland – all diese Bezeichnungen sind ja nichts als unfreiwillige Enthüllungen, die den Mangel an globaler politischer Legitimität zeigen. „Russland“ und russisch“ ersetzen oder bedeuten hier „UdSSRund „sowjetisch“. Und genau deshalb erscheint alles, was früher sowjetisch war, heute jedoch juristisch gesehen nicht russisch ist, in der Phantasie der Elite des Moskauer Russland als Irrtum oder heimtückische Bedrohung, als Objekt rechtmäßigen Misstrauens oder offener Feindschaft.

    Einmal freiwillig in die Rolle der retrospektiven Beschützerin der UdSSR geschlüpft, verbreitet die politische und Medienelite der heutigen Russischen Föderation ihre Sprache des Hasses sowohl auf ehemalige Teile des Imperiums („das georgische Regime“, wie der russische Außenminister despektierlich zu sagen pflegte) als auch auf den großen Widersacher: den Sieger des Kalten Krieges. Die Vertreter der Straforgane, die bis heute nicht, nicht einmal nach ihren eigenen Gesetzen, für die Niederlage der UdSSR in jenem Krieg zur Verantwortung gezogen wurden, konservieren die Gesellschaft im Zustand des Traumas – als wollten sie sich nachträglich dafür rächen, dass der wiederholte Zerfall des Russischen Reiches 1991 vergleichsweise friedlich ausfiel.

    Wenn die Position der Russischen Föderation gegenüber den USA formuliert wird, beruft sich die herrschende Klasse der heutigen Russischen Föderation ständig in der Art auf die amerikanisch-sowjetischen Beziehungen, als wäre sie der Rechtsnachfolger der UdSSR, der dazu verdammt ist, die historische Mission der Verliererseite weiterzuführen. Betrachtet man einmal die USA und die UdSSR provisorisch als zwei Dritte Roms, ein republikanisches und ein imperiales, so zeigt sich, dass der Niedergang unseres, des imperialen, Teils die Bevölkerung des größten Fragments der ehemaligen UdSSR, also die Menschen der Russischen Föderation, an eine Weggabelung gebracht hat. Auf der einen Seite Freiheit und Bündnissuche mit den USA, auf der anderen Revanche-Versuche eines autoritären Zentralstaates.

    Diejenigen, die der Bevölkerung der Russischen Föderation Revanche, antiamerikanische und NATO-feindliche Rhetorik nahegelegt haben, handeln offenbar instinktiv. Die Ironie der politischen Geschichte Russlands offenbarte sich in einem zentralen Schimpfwort für die Amerikaner und Amerika: Pindossy und Pindossija. In vorrevolutionären Zeiten waren Pindossy eine abfällige Bezeichnung für die Griechen (angeblich nach dem Namen des Berges Pind), wobei die Etymologie dieses ethnischen Schmähausdrucks nicht ganz klar ist. Womöglich haben sich die Amerikaner diesen Spitznamen nach dem Krieg um die jugoslawische Erbfolge im Zuge der Überschneidungen der Friedenseinsätze der Russischen Föderation und der USA auf dem Balkan eingehandelt.5 Doch woher auch immer die Bezeichnung kommt, zwingt uns der Gebrauch eines verallgemeinernden Schimpfwortes zu einem genaueren Blick auf den psychologischen Kontext dieser xenophoben Rhetorik.

    Warum findet unsere Gesellschaft auch 20 Jahre nach der Auflösung der UdSSR keine klare, deutliche, politische Formulierung für die Quelle des eigenen Traumas? Die Bevölkerung der Russischen Föderation versteht, dass der reale Status eines neuen, jungen, demokratischen, russischen Staates nicht mit dem Phantom einer Supermacht Russland vereinbar ist, aber sie will nicht verstehen, warum das so ist. Alexander Mitscherlich sagt, dass ein Trauma nur mithilfe von gewissenhaft angeeignetem Wissen überwunden werden kann, darunter auch solchem, dessen sich das eigene Bewusstsein schämt. Dabei müssten die intellektuellen und moralischen Einstellungen selbst radikal überwunden werden, die zu Hitler geführt hätten, „da das, was geschah, nur geschehen konnte, weil dieses Bewusstsein korrumpiert war“6, schreibt Mitscherlich. Genau vor diesem Wissen fürchten sich die der UdSSR nachtrauernden russischen Politiker wie vor dem Feuer.

    Natürlich kann man das als eine äußerst strittige Frage bezeichnen. Schließlich wurde auch die Diskussion um die Buße, die während der Perestroika in Gang gekommen war, gewaltsam beendet, und zwar aus Angst, das Land könnte unter all denjenigen verteilt werden, die irgendwann einmal vom Russischen Reich gekränkt wurden. Oder dass es unter dem Deckmantel von Kontributionszahlungen an all die Letten, Tschurken, Chatschen und Schlitzaugen ausverkauft wird, und an die ganzen Pindossija- und NATO-Huren entlang der neuen russischen Grenzen. Und hier betreten wir ein höchst schwieriges linguistisch-politisches Feld: Je durchsichtiger seine Logik, umso nebulöser die politischen Folgen.


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    1.Mitscherlich M. / Mitscherlich A. (1967): Die Unfähigkeit zu trauern: Grundlagen kollektiven Verhaltens, Stuttgart
    2. Šmeleva, T. V. (1993): Ključevye slova tekuščego momenta, in: Collegium: Meždunarodnyj naučno-chudožestvennyj žurnal, Nr. 1, S. 33-41
    3.Camus, R. (2006): “We’ll whack them, even in the outhouse”: on a phrase by V.V. Putin, in: Gusejnov, Gasan (Hrsg.): Language and Social Change: New Tendencies in the Russian Language, kultura, Nr. 10, S. 3-8
    4.siehe auch: Gusejnov, G. (1992): Istoričeskij smysl političeskogo kosnojasyčija: Ukraina i russkoje obščestvo, in: Znamja, Nr. 9, S. 191; Guseinov, G. (1993): The Russian-Ukrainian Conflict: Tradition and Prospects, in: Anthropology and Archaeology of Eurasi:. Sociolinguistics, Semiotics, and Society, Vol. 32 (1), Washington, S. 53-65
    5.Offenbar ist der Begriff pindos in dieser modernen Bedeutung erstmals am 7. November 1999 im Fernsehen in einer Reportage aus dem Kosowo aufgetaucht. Ein Soldat sagte in einem Interview, dass man dort mit diesem Wort die amerikanischen Friedenstruppen bezeichnete – NLO
    6.Mitscherlich M. / Mitscherlich A. (1967): Die Unfähigkeit zu trauern: Grundlagen kollektiven Verhaltens, Stuttgart. S. 82

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