Frithjof Benjamin Schenk ist Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Basel. Er forscht dort unter anderem zu Erinnerung und Konzepten kollektiver Identität in Osteuropa.
Ein Heiliger des Mittelalters als Rechtfertigung der Krim-Angliederung. Wie Moskau die Zusammengehörigkeit von Russen, Ukrainern und Belarussen konstruiert.
Die Transsibirische Eisenbahn war ein gewaltiges Bauprojekt der Zarenregierung, das zwischen 1891 und 1903 realisiert wurde. Die längste Eisenbahnlinie der Welt, die sich über mehr als 9000 Kilometer erstreckt, verbindet Moskau mit dem Fernen Osten. Von Anbeginn betrachtete die Reichsregierung die Bahn als nationales Prestigeprojekt mit hohem symbolischem Wert. Die Transsib sollte aber auch dazu beitragen, dem agrarisch geprägten Russland industriellen Schwung zu geben. Beliebt vor allem bei Touristen, erlebt der „Mythos Transsib” derzeit auch in Russland eine Renaissance, vor allem in Entwicklungsszenarien der Wirtschaft.
Im April 1917 reiste der Führer der russischen Bolschewiki, Wladimir Lenin, gemeinsam mit weiteren Revolutionären in einem verschlossenen Waggon aus dem Schweizer Exil nach Russland. Aufgrund der Kriegssituation war er gezwungen, durch Deutschland zu fahren. Die deutsche Regierung ermöglichte die Rückkehr Lenins, weil sie darin eine Möglichkeit sah, die innenpolitische Situation in Russland weiter zu destabilisieren. Aufgrund der ungewöhnlichen Umstände der Reise wurde den Bolschewiki vorgeworfen, deutsche Agenten zu sein.
Die Februarrevolution – ausgelöst durch eine Hungerdemonstration in Petrograd, der sich Streiks von Arbeitern und Soldaten anschlossen – beendete das zaristische Regime, das die Unterstützung der Bevölkerung bereits weitgehend verloren hatte. Mit der Revolution endete die über 300 Jahre währende Herrschaft des Hauses Romanow im Russischen Reich. Gleichzeitig läutete sie die Phase der „Doppelherrschaft“ von Provisorischer Regierung und dem Petrograder Rat (sowjet) der Arbeiter- und Soldatendelegierten ein.
Als Fürst von Nowgorod errang Alexander Jaroslawitsch „Newski“ im 13. Jahrhundert wichtige militärische Siege gegen Schweden und den Deutschen Orden. Diese Erfolge begründeten die Verehrung, die ihm bis heute in Russland zuteil wird. Von der Orthodoxen Kirche heiliggesprochen, tilgten die Bolschewiki zunächst die Erinnerung an ihn aus der Geschichte, bis er als nationale Identifikationsfigur unter Stalin in den 1930er Jahren wieder rehabilitiert wurde.