Gestern hat das US-Repräsentantenhaus neue Sanktionen gegen Russland sowie gegen den Iran und Nordkorea beschlossen. Die Zustimmung des Senats gilt als sicher, auch Trump wird voraussichtlich seine Unterschrift darunter setzen. Obwohl die Tragweite der Sanktionen noch kaum beziffert werden kann, stellen Politikwissenschaftler, Rohstoffanalysten und Lobbyisten schon Szenarien auf. Und trotz aller Divergenzen sind sich die meisten von ihnen in einem Punkt einig: Die Sanktionen gegen Russland könnten den gesamten globalen Energiemarkt durcheinanderwirbeln.
Offiziell sollen die neuen Sanktionen in erster Linie aber Russland bestrafen: unter anderem für die Angliederung der Krim, die mutmaßliche Einmischung in die US-Präsidentschaftswahlen und die Unterstützung Baschar al-Assads im syrischen Bürgerkrieg.
Vor allem Russlands Rohstoffgeschäft, das einen großen Teil des Staatshaushalts ausmacht, könnte durch die Sanktionen betroffen werden. Russlands Regierung bewertet das neue Sanktionenpaket offiziell als „äußerst negativ“, einzelne Politiker fordern Gegensanktionen.
Auch russische Medien diskutieren: Gehört Russland jetzt zur neuen Achse des Bösen? Wie wird der Kreml die Sanktionen beantworten? Und welche Folgen könnten Sanktionen und Gegensanktionen für Russland haben?
dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in staatlichen wie unabhängigen Medien.
Rosbalt: Ein neuer Eiserner Vorhang
Mit den neuen Sanktionen werde nicht nur das Regime, sondern das ganze Land bestraft, kommentiert Iwan Preobrashenski auf dem unabhängigen Nachrichtenportal Rosbalt – und warnt vor den Folgen:
[bilingbox]Von dem Moment an, als Russland die Krim angliedert und sich in innerukrainische Politik eingemischt hatte, begann im Westen die Diskussion darüber, wie man sich nun weiterhin gegenüber den Russen verhalten sollte.
Die erste Variante war, gemäßigte Sanktionen einzuführen und abzuwarten, solange Moskau nicht von den Plänen ablässt, die Weltpolitik umzubauen. […]
Es gab […] eine weitere, die man unter Vorbehalt als die „Wir-wollen-Russland-Vergessen“-Variante bezeichnen könnte. Sie sieht einen neuen Eisernen Vorhang vor und nimmt Kurs auf ein politisches und wirtschaftliches Erdrosseln nicht nur der derzeitigen regierenden Klasse Russlands, sondern des ganzen Landes – sodass es zumindest nicht mehr die Weltpolitik beeinflussen kann.
Jetzt kann man sagen, dass die Amerikaner anfangen, zur letzten Variante zu neigen. Wie die jüngste Erfahrung in den bilateralen Beziehungen zeigt, führen dabei selbst politische Änderungen in Russland – wenn sie denn plötzlich stattfinden sollten – nicht unbedingt dazu, dass sich die amerikanische Gesetzgebung ändert.~~~С того момента как Россия присоединила Крым и вмешалась во внутриукраинскую политику, на Западе началась дискуссия о том, как вести себя с «русскими» дальше. Первый вариант был — вести умеренные санкции и ждать, пока Москва не откажется от планов по переустройству мировой политики. […] Был […] и вариант, который можно условно назвать «хотим забыть о России». Он подразумевал возведение нового «железного занавеса» и курс на экономическое и политическое удушение не только нынешнего российского правящего класса, но и страны в целом, чтобы как минимум лишить ее возможности влиять на мировую политику.
[…] Теперь […] можно будет сказать, что американцы начинают склоняться к последнему варианту. Причем, как показывает прошлый опыт двусторонних взаимоотношений, даже политические перемены в России, если они вдруг случатся, совершенно не обязательно приведут к изменению американского законодательства.[/bilingbox]
erschienen am 26.07.2017
Valdai Club: Im Club der Schurkenstaaten
Auf der Website des Valdai-Clubs schlägt Programmdirektor Iwan Timofejew einen alarmistischen Ton an:
[bilingbox]Das Gesetzesvorhaben stellt Russland in eine Reihe mit „Schurkenstaaten“, auf eine Stufe mit Problemen wie dem Terrorismus. Das raubt denjenigen den Boden, die daran interessiert waren, den Schaden durch die Sanktionen möglichst gering zu halten und die russisch-amerikanische Zusammenarbeit im Rahmen der 5+1-Gruppe hinsichtlich des Irans beziehungsweise der Sechs-Parteien-Gespräche hinsichtlich Nordkoreas zu erhalten.
In Moskau fragt man nun zu recht, welchen Sinn es habe, mit Washington bei diesen Problemen zu kooperieren, wenn man uns auf einer Stufe mit ebenjenen sieht.~~~Законопроект помещает Россию в линейку «государств-изгоев», а также в разряд проблем, сопоставимых с терроризмом. Это выбивает почву из-под ног у тех, кто рассчитывал минимизировать ущерб от санкций и сохранить российско-американское взаимодействие в рамках «пятёрки» по Ирану и «шестёрки» по Корее. В Москве теперь вполне закономерно зададут вопрос: какой смысл нам сотрудничать с Вашингтоном по этим проблемам, если нас уравнивают с самими этими проблемами?[/bilingbox]
erschienen am 25.07.2017
Facebook/Alexander Morosow: Handlungsoptionen prüfen!
Den alarmistischen Duktus des Artikels bewertet Politikexperte und Journalist Alexander Morosow in einem Facebook-Post:
[bilingbox]Auf der Seite des Valdai-Clubs, des berühmten Kreml-Think-Tanks, gibt’s einen Kommentar zur Kongress-Abstimmung über die neuen Sanktionen. Sein Tenor ist ganz knapp und düster: Wir haben uns verzockt. Nicht eine einzige Bemerkung über irgendwelche Handlungsszenarien oder Möglichkeiten.~~~на сайте известного кремлевского мозгового треста „Валдайский клуб“ комментарий к голосованию в Конгрессе по новым санкциям. Он совершенно четкий и мрачный: „Мы – доигрались“. Там нет даже намека на какую-то „сценарность“ или „варианты“.[/bilingbox]
erschienen am 25.07.2017
Facebook/Konstantin Kossatschjow: Schmerzhafte Antwort geben
Der Vorsitzende des Ausschusses für internationale Angelegenheiten beim Föderationsrat, Konstantin Kossatschjow, dagegen stellt auf Facebook die Frage nach Handlungsoptionen:
[bilingbox]Was tun?
Erstmal nichts überstürzen. Unsere offizielle Antwort sollte erst erfolgen, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist (was, o weh, zweifellos geschieht, aber dennoch).
Zweitens sollte eine ebensolche Antwort vorbereitet werden, weil es sie unbedingt geben muss. Keine symmetrische, aber eine schmerzhafte für die Amerikaner. Eine Antwort sowohl auf das Gesetz, als auch auf die vorherigen Aktionen mit den Immobilien, den Diplomaten und so weiter.
Drittens sollten wir davon ausgehen, dass es bei dem gegenwärtigen antirussischen Konsens im Kongress (gestern gab es 419 Pro- und nur drei Gegenstimmen!) keinen Dialog geben kann, und das auf lange Zeit.~~~Что делать?
Первое – не суетиться. Наша официальная реакция должна последовать уже на вступивший в силу закон (в чем, увы, нет сомнений, но все же). Второе – готовить такую реакцию, потому что она обязательно должна быть. Не симметричная, но болезненная для американцев. И на закон, и на все предшествовавшие этому действия по недвижимости, дипломатам и проч. Третье – исходить из того, что с нынешним антироссийским консенсусом в Конгрессе (вчерашнее голосование 419 против 3!) диалог не получится, это надолго.[/bilingbox]
erschienen am 26.07.2017
Kommersant: Probleme liegen bei uns
Von weiteren Gegensanktionen rät Igor Jurgens, Präsident des Think Tanks INSOR, auf Kommersant dringend ab. Er sieht die Probleme woanders:
[bilingbox]Die Gegensanktionen […] haben uns einen großen Verlust gebracht: Die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind gerade gestiegen, auch wenn unsere Agrarversicherer behaupten, dass wir uns mit einer Subvention mehr schaden würden als mit dieser Gegensanktion.
All unsere wirtschaftlichen Probleme liegen im Inneren, nicht außen, und die müssen wir lösen.~~~Контрсанкции […] нанесли нам больший урон: цены на сельхозпродукцию только повысились, а наши агростраховщики говорят, что мы наносим себе единой субсидией больше урона, чем этой контрсанкцией. Все экономические проблемы у нас внутри, а не снаружи, и вот их надо решать.[/bilingbox]
erschienen am 26.07.2017
dekoder-Redaktion
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