Spasibo, Herr Biden!

Massive Truppenverlegungen an die ukrainische Grenze haben in den vergangenen Tagen wiederholt Kriegsängste geschürt. Doch nun heißt es aufatmen, zumindest vorerst: Am Dienstag hat der US-Präsident Joe Biden Wladimir Putin angerufen und ihm ein Treffen in einem neutralen Land vorgeschlagen. 

Bidens Angebot ist laut Andrej Sinizyn genau das, was der Kreml mit der Eskalation an der Grenze zur Ukraine angestrebt hat – ein Dialog „auf Augenhöhe“. Nachdem Biden den russischen Präsidenten als „Killer“ bezeichnet hat und zahlreiche westliche Politiker einen Tiefpunkt der Beziehungen zu Russland bescheinigt haben, bringt sich der Kreml offenbar zurück an den Verhandlungstisch. Gleichzeitig haben die USA am gestrigen Donnerstag, 15. April, neue Sanktionen gegen Russland verhängt – unter anderem wegen des SolarWinds-Cyberangriffs.
Was kann bei so einem Gipfel also überhaupt rauskommen? Diese Frage stellt Sinizyn auf Republic.  

Biden schlägt Putin ein Treffen vor – aber welche Ergebnisse sind von diesem Gipfel zu erwarten? / Foto © Matt Johnson/Flickr CC BY SA-2.0Biden ist in diesem Spiel vorgeprescht – mit einem sehr guten Zug. Zumindest bis zu einem Gipfel wird es keinen Krieg geben, und der amerikanische Präsident ist in den Augen progressiver Kräfte ein Friedensstifter. 

Völlig unklar ist, welche Ergebnisse von diesem Gipfel zu erwarten sind. Gemeinsame Themen außer Rüstungskontrolle gibt es zwischen den USA und Russland schon lange nicht mehr. Im Laufe der Vorbereitung wird der Kreml wahrscheinlich demonstrative Schritte Richtung „Entspannung“ (vielleicht die Entlassung von Alexej Nawalny?) einleiten. Aber natürlich wird er im Gegenzug verlangen, dass die Sanktionen gelockert werden, die technische Zusammenarbeit wieder aufgenommen wird et cetera. Washington wird darauf nicht eingehen, „nach allem, was war“.  

Putin wird natürlich darauf bestehen, dass die Ukraine die Minsker Vereinbarungen umsetzt ohne jegliche Anpassungen (wie sie zuvor Wolodymyr Selensky vorgeschlagen hatte). Hier wird Putin wohl kaum mit der Unterstützung Bidens rechnen können, doch der Kreml wird bemüht sein, schon vor dem Gipfel Druck auf Selensky auszuüben – damit der „von sich aus um Verzeihung bittet“.

Insgesamt wird es keinen Durchbruch geben, wie es ihn auch bei den Treffen von Putin mit Trump nicht gegeben hat. Die große Frage ist: Wie lange hält der Friedenseffekt von Bidens Anruf und dem geplanten Gipfel? Das traurige Fazit aus dem aktuellen Geschehen ist, dass Russland keine Hebel mehr hat, um sich in die Weltpolitik einzubringen und Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – außer durch Androhung eines Krieges.  

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