Zitat #10: „Lukaschenko kapiert nicht, wie massiv er die Belarussen verprellt hat“

Alexander Lukaschenko sucht den Dialog – so will der belarussische Machthaber zumindest sein Treffen mit oppositionellen Gefangenen am vergangenen Wochenende verstanden wissen. Im Untersuchungsgefängnis des KGB hat er sich laut staatsnahem Telegram-Kanal Pul Perwogo viereinhalb Stunden lang mit inhaftierten Oppositionellen – darunter Viktor Babariko, der ebenfalls zur Wahl antreten wollte und verhaftet worden war – und inhaftierten Vertretern des Koordinationsrats unterhalten. Unter anderem diskutierte er eine Verfassungsänderung und betonte: „Unser Land lebt unter der Losung der Dialogbereitschaft.“ Zahlreiche Oppositionelle, wie etwa Pawel Latuschko, jedoch kritisierten einen Dialog und Runden Tisch im KGB-Untersuchungsgefängnis als „absurd“.

Dialog oder Repression – welchen Weg wählt Lukaschenko? Diese Frage wirft der renommierte russische politische Kommentator Alexander Morosow im unabhängigen Meinungsmedium Republic auf: 

[bilingbox]Es wäre falsch, darauf zu spekulieren, dass sich der Protest auf natürlichem Wege durch Müdigkeit und Routine irgendwann wieder verläuft. Lukaschenko kapiert nicht, wie massiv er die Belarussen verprellt und gekränkt hat.

[…]

Das beste Szenario für Lukaschenko wäre ein echter (kein fiktiver) Runder Tisch, freie Neuwahlen, bei denen er kandidieren kann, mit einer neu besetzten Zentralen Wahlkommission und internationalen Beobachtern. Natürlich würde er verlieren. Aber er könnte im Wahlkampf seine Wähler mobilisieren, eine eigene Partei gründen und mit dieser anschließend ins Parlament einziehen. Das wäre der beste aller möglichen Fortgänge seines Lebenswegs.

Die beiden anderen Varianten sind deutlich schlechter. Die erste ist: Das Land über Monate mit Gewalt zu überziehen und so den Konflikt von Volk gegen Polizei, Armee und Geheimdienste anzuheizen und das Land langfristig in die wirtschaftliche Stagnation zu stürzen. Die zweite: Alles de-facto mit Hilfe des Kreml zu unterdrücken, das heißt die Souveränität von Belarus zu opfern.~~~Расчет на естественный спад протеста за счет усталости, рутинизации – ошибочный. Лукашенко не понимает, насколько глубоко он задел и оскорбил белорусов.

[…] Лучший сценарий для Лукашенко – это не фиктивный, а реальный круглый стол, повторные свободные выборы, в которых он сможет участвовать, с новым составом ЦИКа, с международными наблюдателями. Очевидно, что он проиграет. Но он получит возможность в ходе кампании мобилизовать своих избирателей, создать себе партию и с ней затем войти в парламент. Это – лучшее из возможных продолжений его жизненного пути.

Оба других варианта гораздо хуже. Первый: залить страну многомесячным насилием, стимулируя конфликт между населением, с одной стороны, и полицией, войсками, спецслужбами, с другой, и погрузить ее надолго в экономическую стагнацию. Второй: подавить все это де-факто руками Кремля, т. е. пожертвовав суверенитетом Беларуси.[/bilingbox]

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