„Es geht darum, den Gegner möglichst schmerzhaft zu treffen“

Treffen sich neun Staats- und Regierungschefs, und nur einer spricht – rund eine Schulstunde lang. Über diese Episode, die sich Ende Dezember in Moskau ereignet hat, sind in Russland viele Anekdoten entstanden: Über die verdutzten Vertreter von GUS-Staaten, die der russische Präsident als Schuljungen dastehen lasse. Und über Putin selbst, der in seiner sogenannten „Geschichtsstunde“ neueste Erkenntnisse über die vermeintlich eigentlichen Verursacher des Zweiten Weltkriegs präsentiere. 

Die Episode wiederholte sich kurze Zeit später im russischen Verteidigungsministerium, außerdem kündigte Putin an, einen Artikel zu der Schuldfrage zu veröffentlichen. Die Angelegenheit scheint dem Präsidenten offenbar so wichtig, dass einige Beobachter seine Ausführungen nun auch als „neue Münchner Rede“ bezeichnen. Diese Rede von 2007 gilt vielerorts als die antiwestliche Wende in der russischen Außenpolitik.

Vor allem aus Polen hagelt es nun Kritik an Putins Worten: Politiker, Historiker und jüdische Gemeinden stemmen sich vehement gegen die Deutung des russischen Präsidenten, der sagte, die Schuld am Holocaust trügen mehr oder weniger alle. Polens Präsident Andrzej Duda hat nun sogar angekündigt, nicht nach Israel zum World Holocaust Forum zu fliegen – weil Putin daran teilnehmen werde. Zum Auftakt der Gedenkfeiern zur Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz vor 75 Jahren werden dort am 23. Januar 47 Staats- und Regierungschefs erwartet, Putin soll eine Rede halten.

Worin besteht die neue geschichtspolitische Offensive des russischen Präsidenten? Und warum sind die Menschen in Polen so verärgert darüber? Diese Fragen hat die Novaya Gazeta Alexej Miller gestellt, Geschichtsprofessor an der Europäischen Universität Sankt Petersburg.

Bereits im Jahr 2005 besuchte Putin die Gedenkstätte in Yad Vashem / Foto © kremlin.ru

Andrej Lipski: Putin hat wiederholt auf das Münchner Abkommen von 1938 verwiesen. Damit wird der Auffassung, die „beiden Totalitarismen“ seien für den Kriegsausbruch verantwortlich, eine andere gegenübergestellt: Demnach sind alle politischen Akteure der Vorkriegszeit auf ihre Weise mitschuldig – alle haben Dreck am Stecken.

Im gegenwärtigen Stadium trifft das vor allem die ratlosen und verärgerten Polen – die ersten Opfer des Zweiten Weltkriegs und des Molotow-Ribbentrop-Pakts, die ihrerseits das Narrativ von den „zwei Verantwortlichen“, das der Kreml kategorisch ablehnt, besonders aktiv vorantreiben.

Alexej Miller: Putins Vorschlag war: Sprechen wir doch über den Molotow-Ribbentrop-Pakt, das Münchner Abkommen und andere Umstände der Vorkriegsgeschichte mit Blick darauf, dass alle mehr oder weniger schuldig sind. In gewissem Sinn entspricht das der alten, vormaligen Nachkriegstradition der europäischen Erinnerungskultur. Auch hier ging man davon aus, dass alle auf die eine oder andere Weise Mitschuld am Holocaust tragen.

Die osteuropäischen Länder, vor allem Polen und die baltischen Staaten, lehnen jedoch jede Mitverantwortung ab. Das alles hat schon vor recht langer Zeit begonnen. 2009 hat das EU-Parlament beschlossen, den 23. August zum Europäischen Gedenktag für die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus zu erklären. Im ursprünglichen Entwurf war die Rede vom Gedenken an die Opfer „totalitärer und autoritärer Regime“. Im Abschlussdokument wurde das Wort „autoritär“ jedoch gestrichen – auf Druck der Vertreter osteuropäischer Länder, in denen es in der Vorkriegszeit autoritäre Regime gab, mit allem was dazugehört, einschließlich antisemitischer Ausschreitungen.

Statt sich auch mit den eigenen Verfehlungen auseinanderzusetzen, schlug man lieber das bequeme Konzept der ‚beiden totalitären Systeme‘ vor

Statt sich auch mit den eigenen Verfehlungen auseinanderzusetzen, schlug man lieber das bequeme Konzept der „beiden totalitären Systeme“ vor: Sie sind für alles verantwortlich und sonst niemand.
Den Vorschlag, alle sollten miteinander über ihre gemeinsame Schuld sprechen, hat Putin in seiner Rede bei den Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs am 1. September 2009 auf der Westerplatte in Polen gemacht.

Aber dort hat er sich zum Molotow-Ribbentrop-Pakt ganz anders geäußert, als es die Vertreter der russischen Regierung heute tun. 

Es ist ein schwerer Fehler, dass wir nicht daran festgehalten haben und jetzt stattdessen von einem großen Sieg der Sowjetdiplomatie geredet wird. Man muss schon sehr weltfremd sein, um den Molotow-Ribbentrop-Pakt so zu beschreiben.

Man muss schon sehr weltfremd sein, um den Molotow-Ribbentrop-Pakt als großen Sieg der Sowjetdiplomatie zu beschreiben

Putin und [der damalige polnische Ministerpräsident] Tusk traten 2009 übrigens quasi als Duett auf: Es gehe darum, das schwere Erbe der Vergangenheit zu überwinden und sich um Versöhnung und gegenseitiges Verständnis zu bemühen. So stellte Tusk damals fest, die Sowjetarmee habe zwar keine Freiheit bringen können, da sie selbst nicht frei gewesen sei; sie habe jedoch die Befreiung vom Nationalsozialismus gebracht. Putin stand daneben und nickte. Und dann kam [der damalige polnische Staatspräsident Lech – dek] Kaczynski, der gleich am nächsten Tag demonstrativ eine Resolution in den Sejm einbrachte, die forderte, das Massaker von Katyn als Völkermord anzuerkennen.

Wir sprechen oft von einer „politischen Instrumentalisierung der Vergangenheit“. Aber die kann auf sehr unterschiedliche Art stattfinden. Putin und Tusk haben die Vergangenheit „instrumentalisiert“, um zur Entspannung und zum Streben nach Versöhnung beizutragen. Kaczynski hat sie benutzt, um diese Bemühungen offen zu torpedieren. 

Leider hat Letzteres, die Logik der Konfrontation, heute gesiegt. Wozu sich verständigen, „einen Schlussstrich ziehen“, „weiße Flecken“ ausfüllen und die „schwarzen Flecken“ auswaschen, wozu sich versöhnen, die Vergangenheit überwinden und Freundschaft schließen? … Heute hat der Rückgriff auf die Vergangenheit einen anderen Sinn: Es ist ein Vernichtungskrieg; keine Seite hat vor, Frieden zu schließen.

Was hat Putin denn jetzt zu seiner „Geschichtsstunde“ bewogen?

Ich kann da nur Vermutungen anstellen. Zunächst wohl die Resolution des EU-Parlaments, die am 19. September 2019 angenommen wurde. Sie hat nicht nur Wut ausgelöst, sondern wegen ihrer schwerwiegenden politischen Implikationen auch für ernsthafte Besorgnis gesorgt. 

Als sich Putin die Resolution genau ansah, wurde ihm bewusst, dass das eine Initiative von polnischen Abgeordneten im Europäischen Parlament war. So kann man erklären, wie es in Putins Geschichtsstunde zu der Kritik an Polens Politik vor dem Zweiten Weltkrieg kam, und weshalb er den damaligen polnischen Botschafter in Deutschland als Antisemit beschimpfte.

Ein weiterer naheliegender Grund ist Putins bevorstehende Israel-Reise zum Welt-Holocaust-Forum im Januar [am 23.1.2020 – dek]. Angenommen, das war reine Taktik, so ist sein Plan aufgegangen: Der polnische Präsident Andrzej Duda wird nicht dorthin fahren. Das hat auch eine Vorgeschichte: Als sich letztes Jahr der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal jährte, haben die Polen Putin nicht zur Gedenkveranstaltung eingeladen.

Schon früher gab es Resolutionen oder Ähnliches, in denen „die beiden totalitären Regime“ für die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs verantwortlich gemacht wurden. Warum jetzt auf einmal eine solche Reaktion auf die Resolution des EU-Parlaments vom September? 

Diese Resolution ist nicht einfach eine von mehreren; sie ist speziell. Wenn das Thema früher vor allem für Osteuropa (vor allem für Polen und die baltischen Länder) wichtig war, haben diesmal bis auf die paar Dutzend linke Abgeordnete alle Parlamentarier dafür gestimmt. Das ist das eine.

Pelewin: „Demnächst wird man uns auch noch die Verantwortung für den Holocaust zuschieben“

Außerdem sieht der Kreml die Sache womöglich so: Im September wurde die Resolution vom Europäischen Parlament angenommen. Bis Dezember hat sich kein einziger europäischer Staats- oder Regierungschef dazu geäußert – also finden das offenbar alle in Ordnung. Wenn wir nun nicht darauf reagieren, wird diese Position zur neuen Norm.

Viktor Pelewin hat schon 2015 geschrieben: „Man hat uns schon zusammen mit Hitler für den Zweiten Weltkrieg verantwortlich gemacht, demnächst wird man uns auch noch die Verantwortung für den Holocaust zuschieben.“
Wenn das damals vielleicht ein bisschen komisch erschien, so gibt es heute darüber nichts mehr zu lachen – die Tendenz ist ja wirklich spürbar. Und in dieser Situation kann man Putins Entscheidung, die Diskussion auf die höchste Ebene zu bringen, als Kampfansage an andere Staatslenker und führende Politiker verstehen: „Wenn ihr glaubt, dass ihr damit einfach so durchkommt, ohne harte Diskussion, dann habt ihr euch getäuscht.“

Du beschäftigst dich schon seit Langem mit dem Phänomen der Geschichtspolitik und auch mit den „Erinnerungskriegen“, die daraus hervorgehen. Wozu ist das gut?

Als ich mich diesem Thema in den frühen 2000er Jahren zuwandte, geschah das aus dem Interesse des Historikers heraus, der feststellte, dass die Berufung auf die Geschichte zunehmend der Konfrontation dient statt der Verständigung und Versöhnung. Als Wendepunkt sehe ich das Jahr 2004. Damals haben die Polen begonnen, die Geschichtspolitik offen als wesentlichen Teil des politischen Instrumentariums zu bezeichnen.

Jahrelang war mein wichtigstes Motiv, meine wichtigste Botschaft: „Leute, was soll das? Begeben wir uns doch nicht in diesen Sumpf!“ Aber irgendwann war klar, dass wir schon mittendrin stecken.

‚Begeben wir uns doch nicht in diesen Sumpf!‘ Aber irgendwann war klar, dass wir schon mittendrin stecken

Dann fängst du an, die Mechanismen dieser Erinnerungskriege zu erforschen – wer sie betreibt und wie sie geführt werden. Und du begreifst, dass dein Land so oder so in all das verstrickt ist. Du kannst nicht sagen: „Streitet ihr euch nur, wir halten uns da raus“, weil der Streit zu dir nach Hause kommt. Du äußerst dich dazu, wie sich dein Land unter diesen Umständen hätte verhalten sollen. Du wirst nicht zum offiziellen Geschichtskrieger, aber du sagst öffentlich, was deiner Meinung nach zu tun wäre. Und schon bist du in gewissem Sinn selbst in die ganze Sache verwickelt. Das ist ein sehr schwerwiegendes berufliches und moralisches Problem.

Mit welchen Mechanismen und Instrumenten wird Geschichtspolitik umgesetzt? Wer befasst sich damit und wer ist dafür verantwortlich?

Erstens gibt es in einigen Ländern staatliche Einrichtungen, die als Institute für Nationales Gedenken bezeichnet werden (zum Beispiel in Polen und in der Ukraine), oder beispielsweise Kommissionen zur Untersuchung der Schäden durch die sowjetische Besatzung. Es gibt Museumseinrichtungen, etwa die Museen zur Besatzungsgeschichte in Riga, Vilnius, Tallinn, Tbilissi und Kiew. Manche waren ursprünglich privat und sind dann zu staatlichen Institutionen geworden. 
Dann gibt es auch Aktivitäten von außenpolitischen Behörden, sowohl öffentliche als auch nichtöffentliche.

Die offiziellen Erklärungen der Außenministerien kennen wir. Aber wie agieren sie nichtöffentlich?

Wenn etwa in Deutschland jemand etwas sagt, das dem litauischen Außenministerium missfällt, bombardiert die litauische Botschaft in Deutschland verschiedene Institutionen mit Briefen, unter anderem auch Universitäten. Ich spreche hier von realen Geschehnissen. Das ist kein konstruiertes Beispiel.

Haben sich neben Putin auch andere führende Politiker an Erinnerungskriegen beteiligt?

Bis vor kurzem kam das öffentlich praktisch nicht vor. Allerdings hat der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin im September 2016 eine Rede in der Werchowna Rada der Ukraine gehalten, in der er an die aktive Beteiligung ukrainischer Nationalisten an der Ausrottung der Juden während des Krieges erinnerte.

Und was sehen wir in Russland?

Russland war sehr spät dran. In den 1990er Jahren war der Hauptakteur des historischen Gedächtnisses die NGO Memorial. Und ein wenig auch die Russisch-Orthodoxe Kirche. Dann hat die Regierung so idiotische Institutionen geschaffen wie die Kommission beim Präsidenten zur Bekämpfung von Versuchen der Geschichtsfälschung, die von 2009 bis 2014 bestand und dann sang- und klanglos wieder verschwand. 
2012 erschienen Organisationen auf der Bildfläche, die offiziell als NGOs auftreten, aber eng mit der Regierung verbunden sind und von ihr kontrolliert werden: Die Historische Gesellschaft Russlands und die Russische Militärhistorische Gesellschaft. Die 2008 gegründete Stiftung Historisches Gedächtnis erweiterte ihr Tätigkeitsfeld und wurde gezielt auf die Erinnerungskriege ausgerichtet.

Ebenfalls 2012 wurde das Gesetz über „ausländische Agenten“ verabschiedet, das vor „schädlichen“ Einflüssen und Fördergeldern aus dem Ausland schützen sollte, auch auf dem Gebiet des historischen Gedenkens. Zugleich fing der Staat an, erhebliche Mittel in diesen Bereich zu pumpen, und zwar nicht nur in die größten Non-Profit-Organisationen.

Seither erhalten viele Leute staatliche Fördermittel für historische Forschung, und das wirkt sich irgendwann darauf aus, wie sie ihre Fragen formulieren.

Zur gleichen Zeit setzte übrigens auch die Arbeit an einem historischen und kulturellen Bildungsstandard ein. Und 2013 markiert auch den Beginn der Großausstellungsreihe Russland – Meine Geschichte. Diese Ausstellungen werden dann unter derselben Bezeichnung in ständige Geschichtsparks umgewandelt.

Das offizielle Russland hat spät mit der Institutionalisierung der Erinnerungspolitik begonnen. Sie ist hierzulande in vielerlei Hinsicht reaktiv.

Erinnerungspolitik ist hierzulande in vielerlei Hinsicht reaktiv 

Ist der einzige Verbündete Russlands bei der Interpretation des Gedenkens an den Krieg heute der Staat Israel, für den der Holocaust nach wie vor das zentrale Thema darstellt?

Für Russland ist das Thema Holocaust im Zusammenhang der Erinnerungskriege eher von Vorteil, weil die sowjetische Armee den Holocaust im Endstadium gestoppt und die Nazis besiegt hat. Und obwohl es durchaus auch Russen gab, die am Holocaust beteiligt waren, ist das nicht zu vergleichen mit dem, was in der Ukraine und in den baltischen Staaten geschah. Vor allem werden solche Leute in unserem Land nicht heroisiert, und das unterscheidet unsere Geschichtspolitik grundlegend von derjenigen dieser Länder. Natürlich hat nicht jedes Mitglied der ukrainischen OUN Juden ermordet.
Aber wir wissen, dass in der Ukraine heute Hunderte von Denkmälern und Gedenktafeln für Menschen stehen, die sich am Holocaust beteiligt haben. Das ist der entscheidende Punkt. Von daher können wir gerade bei diesem Thema Seite an Seite mit Israel stehen.
Und wenn Sie sich den Ablauf der Feierlichkeiten anschauen, die am 23. Januar in Israel stattfinden, dann sehen Sie, dass dort das frühere Kriegsnarrativ festgeschrieben wird. Es werden die Führer der Großmächte der Anti-Hitler-Koalition sprechen, natürlich die Israelis selbst und offenbar auch die Deutschen. Warum fährt der polnische Präsident Duda nicht dorthin? Nicht nur, weil Putin Polen „beleidigt“ hat. Sondern weil die Israelis ihm klargemacht haben, dass er nicht reden wird – schon gar nicht nach Putin als Erwiderung auf dessen Rede.

Ich möchte noch einmal auf Putins Geschichtsstunde zurückkommen. War es nötig, dass der russische Staatschef selbst in die Erinnerungskriege eingegriffen hat?

Ich halte das für einen Fehler. Wenn man sich im Kriegszustand befindet, überlegt man natürlich, wie man den Gegner möglichst schmerzhaft treffen kann – auch bei Erinnerungskriegen. Aber das sind taktische Erwägungen. 

Wenn man sich im Kriegszustand befindet, überlegt man natürlich, wie man den Gegner möglichst schmerzhaft treffen kann – auch bei Erinnerungskriegen

Die andere Frage ist, wie man aus dem Krieg wieder herauskommt. Man kann ja nicht davon ausgehen, dass er endlos weitergeht – kein Krieg dauert ewig. Außerdem hat ein solcher Krieg es an sich, dass man zu seiner Geisel werden kann. Bis vor kurzem – als Russland zusah, wie die osteuropäischen Länder die Erinnerungskriege vom Zaun brachen – appellierte es noch an die Führer der größeren westlichen Mächte …

… an die Mächte des sogenannten Alten Europa …

… sie sollten ihren „Juniorpartnern“ klarmachen, dass das falsch ist. Und jetzt müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Juniorpartner praktisch allen ihre Agenda aufgezwängt haben, weil die Seniorpartner sich da heraushalten wollten und glaubten, sie könnten hier nachgeben, um die westliche Solidarität nicht zu verletzen. Wenn man in einer solchen Situation auf höchster Ebene interveniert, trägt das nur dazu bei, die allgemeine Konfrontation zwischen Russland und dem Westen noch zu verschärfen. Es wird sehr schwer, da wieder herauszukommen. 

Wozu sind denn all diese NGOs gegründet worden? Es gibt doch mit Wladimir Medinski, dem Kulturminister und Vorsitzenden der Russischen Militärhistorischen Gesellschaft eine sehr effektive Waffe. Lasst ihn alles sagen, was er innerhalb der Logik der Erinnerungskriege für nötig hält, und haltet das Staatsoberhaupt aus diesem Streit heraus, der verheerend ist, vor allem für die Reputation. 
Aus strategischer Sicht ist es wichtig, dass der Staatschef Manövrierraum hat, dass er über den Querelen steht und die Möglichkeit wahrt, einen Ausweg aus dem Krieg zu finden. Das zählt mehr als taktische Erfolge – wobei noch gar nicht erwiesen ist, dass die überhaupt erzielt wurden.

Es ist noch zu früh, um die Folgen abzuschätzen, aber es ist immer eine schwache Entscheidung, wenn in der Politik die Taktik über die Strategie siegt.

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