Es war eine Überraschung, die für einen Tag das Scheinwerferlicht der gesamten Welt auf die bedrückende Lage der unabhängigen Medien in Russland lenkte: Die Bekanntgabe des Friedensnobelpreises 2021 für den Chefredakteur der Novaya Gazeta, Dmitri Muratow. Noch einmal dürfte dieses Schlaglicht so ausfallen, wenn im Dezember die eigentliche Preisverleihung ist. Mit ihm wird die philippinische Journalistin Maria Ressa ausgezeichnet. Heute gibt es erst einmal Lesestoff rund um diese Entscheidung, die so wohl niemand auf dem Zettel hatte.
Er ist der Preisträger, doch Dmitri Muratow machte sogleich deutlich: Dieser Preis gehöre allen Kolleginnen und Kollegen auf dem Redaktionsflur der Novaya – das erklärte er in einem Interview mit Meduza. Und: Er widme den Friedensnobelpreis vor allem jenen, die wegen ihrer journalistischen Arbeit ihr Leben lassen mussten:
„Der Friedensnobelpreis wird nicht an Tote verliehen, sondern an Lebende. Offensichtlich haben sie entschieden, ihn mir zu verleihen, der ich am Leben bin, meinten jedoch eigentlich Jura Schtschekotschichin, Igor Dominikow, Anna Politkowskaja, Nastja Baburowa und Stas Markelow, Natascha Estemirowa.“
Die Novaya Gazeta ist Flaggschiff des unabhängigen Journalismus in Russland. An die 100 Artikel aus der Novaya hat dekoder bis heute übersetzt. Was die Zeitung ausmacht, welche Rolle Muratow hat, welch berühmte und mutige Journalistinnen und Journalisten für sie arbeiteten und arbeiten: Das erfahrt ihr in unserem Medienporträt. Unter dem Portrait findet ihr auch Links zu allen Novaya-Texten, die dekoder übersetzt hat.
Die Novaya Gazeta ist jedoch nicht „die letzte unabhängige Stimme Russlands“. Versteht man den Nobelpreis wie Muratow als Preis für die Kämpfer für Meinungsfreiheit in Russland, muss man sie alle auch erwähnen: unabhängige Medien, deren mutige Journalistinnen und Journalisten trotz aller Einschränkungen, gerade der vergangenen Monate, weitermachen.
Wie stark die Meinungsfreiheit in Russland gerade in diesem Jahr immer stärker eingeschränkt wurde – vor allem nach den Solidaritätsprotesten für Alexej Nawalny und angesichts der Dumawahl – zeichnen wir in den Beiträgen unseres Mediendossiers nach.
Und wir empfehlen diesen Artikel von Tatjana Stanowaja über den Druck auf jede Art von Opposition, zu der eben auch unabhängige Medien gezählt werden, einfach, weil sie kritisch sind: Wer nicht Freund ist, ist Feind.
Noch am gleichen Tag, nur wenige Stunden nach der Bekanntgabe der Träger für den Friedensnobelpreis, hat das russische Justizministerium drei weitere Organisationen als „ausländische Agenten“ eingestuft, darunter das Investigativportal Bellingcat, außerdem neun Einzelpersonen, darunter die Medienrechtsanwältin Galina Arapowa. „Die Phase der Nicht-Anwendung des Gesetzes unmittelbar nach seinem Inkrafttreten hat bald darauf einer aktiven ‚Agentenjagd‘ Platz gemacht“, schreibt Anton Himmelspach in unserer Gnose zum Agenten-Gesetz.
Für heute: Wir gratulieren Dmitri Muratow, Maria Ressa und allen mutigen Journalistinnen und Journalisten!
Eure dekoderщiki 09.10.2021
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Eine Ausstellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Kooperation mit dekoder
Inhalt
01 Die Ausstellung – weiterführende Lektüre → 02 Das Ende der Sowjetunion → 03 Verlust und Chance → 04 Armut und Inflation → 05 Lebenswirklichkeiten → 06 Landflucht und Arbeitsmigration → 07 Auswanderung → 08 Markt und Mafia → 09 Konflikte und Kriege → 10 Nationenbildung → 11 Führerkult und autoritäre Herrschaft → 12 Geschichte und Politik → 13 Glaube und Macht → 14 Ökologische Altlasten → 15 Zwischen Emanzipation und Patriarchat → 16 Medien und Öffentlichkeit → 17 Konsumkultur → 18 Popkultur → 19 Digitalisierung → 20 Der Geist der Freiheit →
01 Die Ausstellung – weiterführende Lektüre
Die Ausstellung Postsowjetische Lebenswelten erinnert an das Ende der Sowjetunion im Dezember 1991. Anbei finden Sie weiterführende Texte aus dem dekoder-Archiv zu den einzelnen Ausstellungstafeln. Nähere Informationen sowie didaktische Materialien zur Ausstellung erhalten Sie auf der Website der Bundesstiftung Aufarbeitung.
02 Das Ende der Sowjetunion
Russischer Bürgerkrieg. Dieser Krieg veränderte den eurasischen Großraum zwischen Berlin und Wladiwostok, Budapest und Peking, Murmansk und Teheran tiefgreifender als der Erste Weltkrieg. Nikolaus Katzer über den russischen Bürgerkrieg, der seinen Platz in der Erinnerungslandschaft Russlands und Europas bis heute noch nicht gefunden hat. Mehr …
Großer Vaterländischer Krieg. Als Großen Vaterländischen Krieg bezeichnet man in Russland den Kampf der Sowjetunion gegen Hitlerdeutschland 1941–1945. Der Begriff ist an den Vaterländischen Krieg gegen Napoleon im Jahr 1812 angelehnt. Galt der Sieg über den Faschismus offiziell zunächst als ein sozialistischer Triumph unter vielen, wurde er seit Mitte der 1960er Jahre zu einem zentralen Bezugspunkt der russischen Geschichte. Mehr …
Perestroika. Im engeren Sinne bezeichnet Perestroika die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Umgestaltung, die auf Initiative von Michail Gorbatschow ab 1987 in der Sowjetunion durchgeführt wurde. Politische Öffnung und größere Medienfreiheit führten bald dazu, dass sich die Forderungen nach Veränderung verselbständigten – obwohl die Reformen neben viel Hoffnung auch viel Enttäuschung brachten. Die Perestroika läutete einen unaufhaltsamen Prozess des Wandels ein und mündete im Ende der Sowjetunion. Mehr …
Der baltische Weg: Die Menschenkette vom 23. August 1989. Nationale Trikoloren, brennende Kerzen, hunderttausende von Menschen, die sich an den Händen halten, Lieder singen und über das Radio Ansprachen hören. Am 23. August 1989 bilden circa eine Million Menschen eine Kette, die von Tallinn über Riga nach Vilnius reicht. Sie fordern die Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Karsten Brüggemann über Bedeutung und Strahlkraft des Baltischen Wegs. Mehr …
Gorbimanie – Gorbiphobie: Rezeption Gorbatschows in Russland. Michail Gorbatschow gilt in Russland heute oft als „Totengräber der Sowjetunion“: Noch sind die russische Gesellschaft und ebenso die Historikerzunft weit davon entfernt, die historische Rolle Gorbatschows in all ihren Facetten zu beurteilen. Die Gründe, warum er im eigenen Land derartig ungeliebt ist, lassen sich jedoch nennen und drei Bereichen zuordnen: Erstens hängt dies unmittelbar mit Gorbatschows politischem Handeln in seiner Regierungszeit zusammen, zweitens lässt sich die Kritik an ihm auf ein sehr lückenhaftes historisches Gedächtnis der russischen Bevölkerung zurückführen und drittens haben die auf ihn folgenden Regierungen seine Reformen gezielt dämonisiert, um mit dieser Abgrenzung den eigenen politischen Kurs zu legitimieren. Mehr …
Der letzte Winter der Sowjetunion. Wandel und Zerfall: In seiner Serie The Final Winter zeigt Fotograf Michael Kerstgens Moskau im Winter 1990. Mehr …
Auflösung der Sowjetunion. Der Zerfallsprozess der Sowjetunion begann Mitte der 1980er Jahre und dauerte mehrere Jahre an. Die Ursachen sind umstritten. Während einige hauptsächlich Gorbatschows Reformen für den Zerfall verantwortlich machen, sehen andere die Gründe vor allem in globalen Dynamiken. Eine zentrale Rolle spielte in jedem Fall die Politik der russischen Teilrepublik. Mehr …
03 Verlust und Chance
Wörterbuch der Wilden 1990er. Von A wie Alkohol über L wie Lederjacke bis W wie Währung: Alles, was man über die lichije 90e, die wilden 1990er, wissen muss, in Text und vielen Bildern. Mehr …
Die Wilden 1990er. Das Jahrzehnt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war von tiefgreifenden Umbrüchen gezeichnet, aufgrund derer es in das kollektive Gedächtnis als die wilden 1990er eingegangen ist. Mit dem Begriff werden weniger die neu erlangten Freiheiten, sondern eher negative Erscheinungen wie Armut und Kriminalität assoziiert. Mehr …
Die 1990er. Die 1990er Jahre waren in Russland ein Jahrzehnt des radikalen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruchs. Demokratischer Aufbruch einerseits und wirtschaftlicher Niedergang andererseits prägten die Zeit nach dem Zerfall der Sowjetunion. Mehr …
Wandel und Handel. Auf dem Balkon leben Hühner, Geld fällt vom Himmel, genauso rätselhaft verschwindet es wieder, und eine Familie von Wissenschaftlern wird zu Händlern: Olga Beschlej über ihre russische Kindheit und das Bisnes in den 1990ern. Mehr …
Einfache Momente – Alltag der Perestroika. Die Ausstellung Prostoi Motif in Moskau zeigt die 1980er und 1990er Jahre, wie Fotograf Gennady Bodrov sie sah. Mehr …
04 Armut und Inflation
Perestroika: Wirtschaft im Umbruch. In den 1980ern verschlechterte sich die Lage der sowjetischen Planwirtschaft Jahr für Jahr. Als Gorbatschow die Krise ab 1985 durch punktuelle marktwirtschaftliche Reformen überwinden wollte, kam die sozialistische Ökonomie erst recht ins Straucheln. Mehr …
Voucher-Privatisierung. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es in den 1990er Jahren zur Umwandlung von Staats- in Privateigentum durch sogenannte Voucher-Privatisierungen. Der Bevölkerung wurden dabei von 1992 bis 1994 Coupons ausgegeben, die in Aktien und Anleihen staatlicher Unternehmen reinvestiert werden konnten. Der Privatisierungsprozess in Russland führte im Ergebnis zu einer allgemeinen sozialen Kluft innerhalb der Gesellschaft. Insbesondere durch die Voucher-Privatisierungen sahen sich viele Bürger hintergangen. Deshalb ist der Begriff Voucher im Russischen größtenteils negativ konnotiert. Mehr …
Datscha. Mit dem anbrechenden Sommer leeren sich die russischen Metropolen – das Stadtvolk verlässt seine Wohnungen und zieht für die nächsten Monate auf die Datscha. Henrike Schmidt über den Ort der geselligen Muße, der viele Epocheneinschnitte überlebt hat. Mehr …
05 Lebenswirklichkeiten
Chruschtschowki – die Geburt der „Platte“. Auf dem Kongress der Baufachleute 1954 verordnete Chruschtschow eine radikale Umkehr, weg von neoklassizistischen Prachtbauten hin zu sparsamen Dimensionen, neuen Materialien und Großtafeln, die auf der Baustelle nur noch montiert werden mussten. Das war die Geburtsstunde der Platte. Mit seiner Wohnungsbaukampagne wollte Chruschtschow die Bevölkerung für die „Erneuerung des Sozialismus nach Stalin“ mobilisieren – und setzte eine Massenbewegung in Gang: Zwischen 1955 und 1970 zogen 132 Millionen Sowjetbürger in eine neue Wohnung. Mehr …
Kommunalka. Eine Kommunalka ist eine Wohnung, die gleichzeitig von mehreren Familien bewohnt wird. Die Wohnform nahm ihren Anfang nach der Revolution von 1917, als große Wohneinheiten wohlhabender Familien auf mehrere Familien aufgeteilt wurden. Anfänglich als Not- und Übergangslösung gedacht, etablierte sich die Kommunalka bald als permanenter lebensweltlicher Ausnahmezustand und soziale Instanz. Seit der Perestroika ist es das große Ziel eines Jeden, diese Wohnform gegen eine Einzelwohnung einzutauschen. Mehr …
06 Landflucht und Arbeitsmigration
Kollektivierung der Landwirtschaft. Als die Lebensmittelversorgung in der noch jungen und bürgerkriegsgebeutelten Sowjetunion immer kritischer wird, beschließt Stalin 1929 die Kollektivierung der Landwirtschaft: Die Bauern werden enteignet und ihr Besitz in staatlichen Kolchosen zusammengeschlossen. In der Folge kam es insbesondere ab 1932/33 zu einer der größten europäischen Hungersnöte mit bis zu sechs Millionen Opfern. Mehr …
Die Kirschhölle. Was geschieht, wenn aus dem Kirschgarten die Gärtner verschwinden? Andrej Urodow hat es sich angeschaut. Mehr …
07 Auswanderung
Arbeitsmigration in Russland. Spätestens seit dem wirtschaftlichen Aufschwung der 2000er ist Russland ein attraktives Ziel für Wanderarbeiter aus den ehemaligen Sowjetrepubliken, insbesondere aus Zentralasien. Die Wirtschaftskraft dieser Länder hängt zum Teil erheblich von Rücküberweisungen aus Russland ab. Jüngste Verschärfungen des russischen Migrationsrechts haben Einreise und Arbeitsaufenthalt der Gastarbaitery jedoch erschwert. Mehr …
Ayka – Moskau kann dein Freund und Feind sein. „Verkauf uns dein Kind“ – eine Arbeitsmigrantin in Russland wurde mit einer solchen Forderungen konfrontiert. Der Regisseur Sergej Dworzewoi kennt sie und erzählt ein ähnliches Schicksal in seinem Film Ayka, der am Donnerstag auch in deutschen Kinos startet. Ein Interview. Mehr …
Entlaufene Zukunft. Viele junge und gut ausgebildete russische Bürger wollen ihr Potential im Ausland verwirklichen. Ein Versuch, den aktuellen Brain Drain zu verstehen. Mehr …
Wir sind dann mal weg … Wie viele Russen das Land verlassen, wohin und weshalb sie gehen. Das Onlinemedium Projekt hat verschiedene Zahlen aufbereitet und verglichen. Mehr …
Wege in die Bundesrepublik. 3 aus rund 2,5 Millionen: Russlanddeutsche Lebenswege im 20. Jahrhundert. Mehr …
08 Markt und Mafia
Oligarchen. Als Oligarchen werden Großunternehmer bezeichnet, die starken Einfluss auf die Politik nehmen. In Russland, aber auch in anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion, in denen Wirtschaft und Politik sehr eng verwoben sind, stellen sie ein zentrales Charakteristikum des politischen Systems dar. Mehr …
Kino #3: Brat. „Worin liegt die Kraft, Bruder?“ – so lautete im Russland der 1990er Jahre die Schlüsselfrage. Christine Gölz über den Kultfilm Brat (Der Bruder), einen neuen Volkshelden und eine gefährliche Antwort, mit der sich die Hauptfigur Danila Bagrow in der neuen Gesellschaft behaupten will. Mehr …
Korruption in Russland: Soziologische Aspekte. Korruption ist in Russland weit verbreitet – sowohl in Politik und Wirtschaft als auch im Alltagsleben. Korruption, die nicht zuletzt durch niedrige Gehälter befördert wird, kommt in zahlreichen Variationen vor: gegenseitige Gefälligkeiten, Tausch unter der Hand, Abzweigung staatlicher Mittel, Bestechungsgelder und vieles mehr. Da die Korruption systemischen Charakter angenommen hat, ist vorerst nicht damit zu rechnen, dass sie wirksam bekämpft werden kann. Mehr …
Der heimliche König von Sankt Petersburg. Alexander Konowalow ist Kurator des illegalen Business in Sankt Petersburg. Was das ist und wie man das wird? Meduza sprach mit dem ehemaligen Polizisten, der heute „Probleme löst“. Mehr …
09 Konflikte und Kriege
Krieg um Bergkarabach. Die Republik Bergkarabach ist ein nicht-anerkannter Staat (sogenanntes de-facto-Regime) auf dem Territorium, das völkerrechtlich zu Aserbaidshan gehört. Das inzwischen fast ausschließlich von Armeniern bewohnte Gebiet erklärte sich 1991 als unabhängig, der folgende Bergkarabachkrieg zwischen Armenien und Aserbaidshan in den Jahren 1992 bis 1994 kostete ca. 30.000 Menschen das Leben. Der Krieg endete mit einem Waffenstillstand. Seitdem ist der Konflikt eingefroren, flammt jedoch immer wieder auf. Mehr …
Tschetschenien. Von der Kolonialisierung Tschetscheniens durch Russland bis hin zum Kadyrow-Regime: Marit Cremer über die islamisch geprägte Republik im Nordkaukasus. Mehr …
Georgienkrieg 2008. Der Georgienkrieg war ein bewaffneter militärischer Konflikt im August 2008. Georgien versuchte, die Kontrolle über das abtrünnige Südossetien zurückzugewinnen, doch das russische Militär griff ein und drang weit auf georgisches Territorium vor. Russland erkannte noch im August 2008 die Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien an. Die Beziehungen zwischen Georgien und Russland haben sich in den letzten Jahren wieder deutlich verbessert, was allerdings nicht zu einer Lösung der Konflikte beigetragen hat. Mehr …
Im Schwebezustand – Südossetien. Seit dem Krieg 2008 ist es still geworden um die von Georgien abtrünnige Kaukasusregion. Selbstständigkeit oder Angliederung an Russland? Irina Gordijenko hat sich den Alltag in einem vergessenen Gebiet angesehen. Mehr …
Krim-Annexion. Als Krim-Annexion wird die einseitige Eingliederung der sich über die gleichnamige Halbinsel erstreckenden ukrainischen Gebietskörperschaft der Autonomen Republik Krim in die Russische Föderation bezeichnet. Seit der im Frühjahr 2014 erfolgten Annexion der Krim ist die Halbinsel de facto Teil Russlands, de jure jedoch ukrainisches Staatsgebiet und somit Gegenstand eines ungelösten Konfliktes zwischen der Ukraine und Russland. Mehr …
Krieg im Osten der Ukraine. Der Krieg im Osten der Ukraine ist eine militärische Auseinandersetzung zwischen der Ukraine und den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Die Ukraine wirft dem Nachbarland Russland vor, die Rebellen mit Personal und Waffen zu unterstützen, was Russland bestreitet. Der Krieg kostete bereits rund 13.000 Menschen das Leben. Eine anhaltende Waffenruhe konnte trotz internationaler Vermittlungsbemühungen bisher nicht erreicht werden. Mehr …
Die Geiselnahme von Beslan. Die Geiselnahme im nordossetischen Beslan ist der wohl grausamste Terroranschlag, der im Zuge des Tschetschenienkonfliktes verübt wurde. Die Ereignisse in der Schule Nr. 1 hielten die russische Bevölkerung die ersten drei Septembertage 2004 in Atem. Sie stehen für die Entgrenzung terroristischer Taktiken sowie für die Brutalität dieses Krieges. Viele Fragen sind bis heute umgeben von Unwissenheit und Schweigen. Mehr …
Totenwasser. Das Geiseldrama von Beslan – im September 2004 starben dabei mehr als 300 Menschen, ein Großteil Kinder. Der renommierte Journalist Andrej Kolesnikow war damals als Augenzeuge vor Ort und schrieb eine bewegende Reportage. Mehr …
Was ist eigentlich im Nordkaukasus los? Oft wird er als Russlands Unruheregion, als „inneres Ausland“ bezeichnet: der Nordkaukasus. Soziologe Denis Sokolow macht im Interview aber viele Gemeinsamkeiten mit anderen russischen Regionen aus. Unterschiede gebe es vor allem innerhalb der Region selbst, die von Dagestan über Tschetschenien bis Karatschai-Tscherkessien reicht. Mehr …
Die Hymne der Russischen Föderation. Während die russischen Fans einstimmig „Russland, unser geheiligter Staat“ anstimmen, werden die Zuhörer unbewusst Zeugen einer musikalischen Zeitreise. Boris Belge über die Hymne der Russischen Föderation, Nationalstolz und das schwierige Verhältnis zur eigenen sowjetischen Vergangenheit. Mehr …
Der Mythos vom Zerfall. Vor 25 Jahren, im März 1991, erklärten sich die ersten Staaten für unabhängig von der Sowjetunion. Kirill Rogow analysiert auf RBC, inwiefern mit dem „Mythos vom Zerfall“ in Russland bis heute Politik gemacht wird. (Archiv-Text) Mehr …
Surkow: „Der langwährende Staat Putins“. „Kreml-Chefideologe“ Wladislaw Surkow sorgt derzeit mit einem Text für Aufsehen, in dem er den Putinismus als globalen politischen Lifehack bezeichnet. Was er damit meint, hat er bereits in seinem programmatischen Artikel vom Februar gesagt: dekoder stellt einzelne Textabschnitte daraus in einen größeren Kontext und bringt Ausschnitte aus der Debatte russischer Liberaler. Mehr …
„Russland hat gute Chancen, irgendwann glücklich zu werden“. Treffen sich zwei intellektuelle Schwergewichte und treten in den Ring, Boris Akunin und Dimitri Bykow: Wie das denn nun sei mit Russland und der Sowjetunion und ob man das vergleichen könne. Wie aus einem Interview fast ein Streitgespräch wird, in dem für Sowjetnostalgie nicht viel Platz bleibt … Mehr …
„Wir müssen das Triumphale aus der Geschichte tilgen“. Was steht Russland derzeit im Weg, über welche Potentiale verfügt es? Auf VTimes erklärt Sergej Medwedew, warum er davon überzeugt ist, dass der Aufbau eines normalen und modernen Nationalstaates zum Greifen nahe ist. Und das Rezept dafür, so der Politologe, ist denkbar einfach. Mehr …
Putins Kampf gegen das „Anti-Russland“. Russen, Ukrainer und Belarussen beschreibt Putin in einem aktuellen Aufsatz als Teile einer „großen russischen Nation, eines dreieinigen Volkes“. Konstantin Eggert fragt nach dem Weltbild des Präsidenten. Und dessen Folgen. Mehr …
Mensch ohne Heimat. Was es heißt, in Transnistrien geboren und aufgewachsen zu sein. Eine Fotoreportage von Michail Kalaraschan. Mehr …
11 Führerkult und autoritäre Herrschaft
Sowjetnostalgie und Stalinkult. Sowjetnostalgie auf Zehnjahreshoch: Die Zahl der Russen, die den Verlust der Sowjetunion bedauern, liegt derzeit bei 66 Prozent. Das zeigen aktuelle Umfragen des Lewada-Zentrums. Monica Rüthers über die Sehnsucht nach Heldentaten in Schnee und Eis, Gagarin, Ballett, Kameradschaft, und, mitunter, auch nach Stalin. Mehr …
Alexander Lukaschenko. Im Vorfeld und während der Präsidentschaftswahl im August 2020 hat das Ansehen von Alexander Lukaschenko in breiten Teilen der Gesellschaft deutlich abgenommen. Felix Ackermann macht sechs Faktoren aus, die im Wesentlichen dazu beigetragen haben. Mehr …
Debattenschau № 72: Rücktritt Nasarbajews – Blaupause für Putin? Überraschend ist der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew zurückgetreten. In russischen Medien wird nun diskutiert, inwiefern sich dieses Modell des Machttransfers auch für Putin eignen könnte. dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte. Mehr …
12 Geschichte und Politik
„Der sowjetische Geruch ist noch nicht verschwunden“. Im Interview mit Meduza erzählt Dau-Regisseur Ilja Chrshanowski über sein Ausstellungsprojekt zu Babyn Jar, wo am 29. und 30. September 1941 knapp 33.000 Jüdinnen und Juden von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Er reflektiert über das Museum als Ort emotionaler Erfahrung – und Kunst als Mittel, um die Traumata einer totalitären Vergangenheit zu überwinden. Mehr …
Der Große Vaterländische Krieg in der Erinnerungskultur. Die verlustreiche Erfahrung des Krieges hatte tiefe Spuren im Gedächtnis der sowjetischen Kriegsgeneration hinterlassen. Ekaterina Makhotina über den Großen Vaterländischen Krieg in der russischen Erinnerungskultur – und über heutige vielschichtige Tendenzen zwischen Siegesstolz und Trauer. Mehr …
„Krieg bedeutet vor allem Opfer“. Am 22. Juni 1941 überfiel NS-Deutschland die Sowjetunion. Der Historiker Alexander Etkind spricht im Interview über die Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg, den sowjetischen Sieg und über die Doppelrolle Stalins. Mehr …
Der Hitler-Stalin-Pakt. Am 18. Dezember 1940 diktierte Hitler in der Weisung Nr. 21 den Überfall auf die Sowjetunion. Damit war das Ende des Hitler-Stalin-Paktes besiegelt, den die Außenminister von Ribbentrop und Molotow im Sommer 1939 unterzeichnet hatten. Mehr …
Pakt mit dem Teufel. In einer geschichtspolitischen Offensive verteidigt der Kreml den vor 80 Jahren unterzeichneten Hitler-Stalin-Pakt. Außenexperte Wladimir Frolow fragt nach den Gründen und Adressaten. Mehr …
Tag des Sieges. Der Tag des Sieges wird in den meisten Nachfolgestaaten der UdSSR sowie in Israel am 9. Mai gefeiert. Er erinnert an den Sieg der Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutschland und ist in Russland inzwischen der wichtigste Nationalfeiertag. Der 9. Mai ist nicht nur staatlicher Gedenktag, sondern wird traditionell auch als Volks- und Familienfest begangen. Mehr …
Hungersnot in der Sowjetunion 1932/33. „Ist es ein Wunder, dass meine Haare begannen zu ergrauen, als ich vierzehn Jahre alt war?“, erinnert sich ein Ukrainer an die Hungersnot 1932–33. Robert Kindler über die dramatische Hungerkatastrophe, der über sieben Millionen Menschen in der Sowjetunion zum Opfer fielen. Mehr …
Der Große Terror. Am 30. Juli 1937 unterzeichnete NKWD-Chef Nikolaj Jeschow den Befehl № 00447. Damit verschärfte sich der politische Terror in der Sowjetunion. Praktisch jeder Sowjetbürger konnte nun zum sogenannten „Volksfeind“ erklärt werden. Die Welle von Massenverhaftungen ließ das Jahr 1937 zur Chiffre des Terrors werden. Mehr …
Die Fragen der Enkel. Stepan Karagodin war eins von Hunderttausenden Todesopfern des Stalin-Terrors. Sein Urenkel Denis fordert nun strafrechtliche Konsequenzen. Ein Tabubruch, kommentiert Iwan Kurilla auf slon.ru, und ein Hoffnungszeichen. Mehr …
Die Täter-Debatte. Ein Enkel will genau wissen: Wer hat im Großen Terror unter Stalin 1938 meinen Urgroßvater erschossen? Nun ist eine erregte, öffentliche Debatte entbrannt, als Denis Karagodin nach langer Suche dem Töten konkrete Namen gab – und der Gewalt ein Gesicht. Sergej Medwedew fragt sich auf Republic: Was ist daran so brisant? Mehr …
Die Geister der Vergangenheit. Juri Dmitrijew hatte über Jahrzehnte die Zeit des Großen Terrors rekonstruiert, den Toten anonymer Massengräber Namen und ein würdiges Begräbnis gegeben. Nun wurde das im Juli gefällte Urteil gegen ihn auf 13 Jahre Lagerhaft verschärft. Schura Burtin ist Dmitrijew in die dunkle Vergangenheit Russlands gefolgt und hat sich ein Bild ob der heftigen Anschuldigungen gemacht. Ein dekoder-Longread. Mehr …
Erinnerungs-Entzündung. Wieso erfährt Stalin so viel Zuspruch wie lange nicht in Russland? Was prägt den Umgang mit der Sowjetzeit? Nikolay Epplée taucht für das Magazin InLiberty in aufbrechende Fugen der Erinnerung – und skizziert eine russische Gesellschaft in heller Aufruhr. Mehr …
„Der Geschichte sind die Augen verbunden“. Mehr als 7000 Erschossene des Großen Terrors 1937/38 liegen in Sandarmoch verborgen. In dem einst namenlosen Waldgebiet in Karelien treffen sich alljährlich am 5. August Menschen, um den Opfern des Stalin-Regimes zu gedenken. Auf Takie Dela kommen sie zu Wort. Mehr …
Stalin: eine aufgezwungene Liebe. „Wieso ist Stalin so beliebt?“, wurde Politologin Ekaterina Schulmann in Berlin gefragt. „Ist er das überhaupt?”, stellt sie auf Inliberty die Gegenfrage – und beleuchtet den Zusammenhang zwischen Stalinkult und Propaganda. Mehr …
Wieso ist Stalin heute so populär? „Die Ent-Stalinisierung“, so schreibt Meduza, „kümmert in Russland heute kaum einen: die Gesellschaft verhält sich zu Stalin entweder gleichgültig oder gar wohlwollend.“ Ist das so? Und wenn ja warum? Verschiedene Wissenschaftler geben Antworten. Mehr …
13 Glaube und Macht
Russisch-Orthodoxe Kirche. Die Russisch-Orthodoxe Kirche ist die christliche Kirche mit der größten Glaubensgemeinschaft in Russland. Prägend für ihr Verhältnis zum russischen Staat ist das von der byzantinischen Mutterkirche übernommene Ideal der Symphonie, das heißt einer harmonischen Beziehung zwischen Staat und Kirche. Vor 1917 galt die Orthodoxie neben der Autokratie und dem „Volk“, genauer: einem volksverbundenen Patriotismus, als eine der wichtigsten Stützen des russischen Staates und des Zarenreichs – eine Traditionslinie, die heute wieder wirksam scheint. Mehr …
Verfolgung der Russisch-Orthodoxen Kirche in den 1920er und 1930er Jahren. Die Russisch-Orthodoxe Kirche war von der Revolution 1917 bis zur Perestroika in den 1980er Jahren Repressionen ausgesetzt. Ihren Höhepunkt erreichte die Kirchenverfolgung jedoch in den 1920er und 1930er Jahren: Kirchengüter wurden beschlagnahmt, Geistliche wurden verhaftet und zu Tausenden getötet. Erst mit dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die sowjetische Kirchenpolitik. Mehr …
Putin, Patriarch, Premier – bitte nicht berühren. Eine offizielle Zensur gibt es in Russland nicht. Über Faustregeln, die den Alltag russischer Journalisten prägen, und dunkle Perspektiven für die schreibende Zunft: Oleg Kaschin auf Republic. Mehr …
Bystro #5: Schisma in der orthodoxen Kirche? Ein schneller Überblick über den Wunsch der ukrainisch-orthodoxen Kirche, von Moskau unabhängig zu werden, und über die potentiellen Folgen – in fünf Fragen und Antworten. Einfach durchklicken. Mehr …
14 Ökologische Altlasten
Vom Ökostrom-Vorreiter zum Erdöl-Junkie. Elektroautos, Windkraft und Solaranlagen made in USSR: Warum die Sowjetunion lange Zeit Vorreiter in der Entwicklung erneuerbarer Energie war – und wie schließlich das Öl alles kaputt machte. Zum globalen Friday for Future ein Rückblick von Konstantin Ranks. Mehr …
Tschernobyl in Belarus. Die nationale Katastrophe im Hintergrund: Als am 26. April 1986 der Reaktor in Tschernobyl explodiert, gehen etwa 70 Prozent des radioaktiven Fallouts auf dem Territorium der heutigen Republik Belarus nieder. Inwiefern die „Havarie“ die Entwicklung des Landes wesentlich beeinflusste und welche Auswirkungen sie bis heute auf das Leben seiner Bewohner hat, das beschreiben Aliaksandr Dalhouski und Astrid Sahm. Mehr …
Presseschau № 28: Tschernobyl. Wurde Tschernobyl vom Westen instrumentalisiert? Versagt die Ukraine bei der Bewältigung der Folgen? Und welche Rolle spielt Russland? Eine Debattenschau mit übersetzten Originalzitaten. Mehr …
Umweltpolitik. Der Machtantritt Putins leitete das Ende von Umweltbewegungen in Russland ein. Dabei galten diese nicht nur in den 1990er Jahren, sondern auch während der Perestroika als die effektivsten sozialen Protestbewegungen im Land. Heute wächst das Umweltbewusstsein spürbar, auch in der Politik gilt der Klimawandel neuerdings als Bedrohung. Mehr …
Russlands Arktispolitik. Russland erhebt den geopolitischen Anspruch auf rund 40 Prozent der gesamten Arktis. Dabei geht es dem Kreml vor allem um Rohstoffe, die dort vermutet werden. Umweltschutz spielt in der russischen Arktispolitik allerdings kaum eine Rolle. Mehr …
Moos und Öl. Fotograf Igor Tereschkow war auf den Erdölfeldern im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen unterwegs. Ganz plastisch erzählen seine Fotos auch von Zerstörung: „Das Öl wirkt auf die Filmschicht wie auf die Umwelt – es dringt ein, brennt sich ein und zerlegt sie.“ Mehr …
Graues Land Kusbass. Russische Steinkohle für Deutschland: Rund zwei Prozent der gesamten deutschen Stromproduktion werden mit Steinkohle aus dem Kusbass erzeugt. Auch die deutsche Stahlindustrie verfeuert jährlich Millionen Tonnen russischer Kohle. Für die deutschen Verbraucher ist das billig, für die Menschen in Kusbass aber ein gravierendes Problem. Mehr …
15 Zwischen Emanzipation und Patriarchat
Der Wandel ist weiblich. Der belarussische Ökonom Sergej Tschaly gehört dem Koordinationsrat von Swetlana Tichanowskaja an. Im Interview erklärt er, wie er diese besonderen Tage in seiner Heimat erlebt und einordnet. Mehr …
Star Wars und die Frauenfrage. Ausgerechnet in der Frauenfrage sind sich in Russland Konservative und Liberale oft einig. Wie kommt das? Das fragt sich Anna Narinskaja in der Novaya Gazeta. Mehr …
Die Silikonfrau. Frausein heute im Pionierland der Gleichstellung: Der Sexismus boomt und selbst Frauen haben Furcht vorm Feminismus. Mehr …
Frauen und die Revolution. Es waren Frauen, die mit ihrer Demonstration am 8. März die Ereignisse in Gang setzten, die vor 100 Jahren den Zaren stürzen und den radikalen Politikwechsel ermöglichen sollten. Zu der Zeit kämpften Frauen in Russland immer mehr um ihre Rechte – und gestalteten die revolutionären Umbrüche aktiv mit. Carmen Scheide über die historische Frauenbewegung, ihre Vorstellungen von einer sozialistischen Zukunft und den Verlust revolutionärer Utopien. Mehr …
Frauen im Großen Vaterländischen Krieg. Emanzipationsbegehren, Heldentum und die Lust, mit den Männern gleichzuziehen, standen am Anfang. Übrig blieben unendliche Müdigkeit und vielleicht noch Erleichterung darüber, wenigstens am Leben geblieben zu sein. Beate Fieseler über Frauen im Großen Vaterländischen Krieg. Mehr …
16 Medien und Öffentlichkeit
Bystro #1: Medien in Russland. Ein schneller Überblick über die russische Medienlandschaft – in sechs Fragen und Antworten. Einfach durchklicken. Mehr …
Verkehrsregeln für russische Medien. Die neue Chefredaktion des einstigen Investigativmediums RBC weist ihr Team auf „Verkehrsregeln“ und „durchgezogene Linien“ in der Berichterstattung hin. Die Debatte darüber kommentiert Oleg Kaschin auf slon.ru. Mehr …
Russische Parallelwelten. Das Russland, das im Fernsehen gezeigt wird, existiert nicht, meint der Wirtschaftsprofessor und Journalist Dimitri Trawin. Viele Russen, sagt er, wollen das jedoch bislang nicht wahrhaben. Mehr …
Bystro #10: Wie frei ist das Internet in Russland? Am 18. März 2019 hat Präsident Putin zwei neue Mediengesetze unterzeichnet. Tausende protestierten Anfang März außerdem gegen ein Gesetz zum „souveränen Internet”. Anna Litvinienko über Medienzensur- und kontrolle im Runet. Sieben Fragen und Antworten – einfach durchklicken. Mehr …
17 Konsumkultur
Der Rubel bleibt unter der Matratze. Konsum im Sparmodus: Laut einer aktuellen Umfrage stellen sich die Bürger auf ein Andauern der Wirtschaftskrise ein. Erspartes wird kaum mehr in Sachwerte verwandelt. Mehr …
18 Popkultur
Alla Pugatschowa. „Wer war Breshnew? Ein unwichtiger Politiker der Epoche von Alla Pugatschowa.“ So lautet ein immer noch in Russland kursierender Witz. Ingo Grabowsky über „the Goddess of Russian Pop“, die mit ABBA und Udo Lindenberg gesungen hat. Mehr …
Russische Rockmusik. Das „Yeah, yeah, yeah“ ertönte als Ruf einer Generation, der auch auf der östlichen Seite des Eisernen Vorhangs zu hören war. Als Gegenentwurf zur offiziellen sowjetischen Musikkultur eröffnete die russische Rockmusik eine emotionale Gegenwelt, die systemverändernd wirkte und den Soundtrack einer neuen Zeit bildete. Mehr …
Musik der Perestroika. Rock war in der Sowjetunion verfemt. Olga Caspers erzählt, wie die „ideologisch untragbare“ Musik den Lebensstil der Gegenkultur in die Massenkultur transportierte – und damit zu einem Motor der Perestroika wurde. Mehr …
Russland und der ESC. Russland nimmt seit 1994 teil am ESC (wie der Grand Prix Eurovision de la Chanson seit 2002 heißt). Trotz großer Popularität des Wettbewerbs beim russischen Publikum, gibt es von offizieller Seite immer wieder Vorschläge, Russlands Teilnahme beim ESC einzustellen und stattdessen ein Gegenmodell aufzubauen nach Vorbild des sowjetischen Interwidenije (1977–1980 in Polen durchgeführt). 2017 trat Russland wegen des Einreiseverbots in Kiew für die Sängerin Julia Samoilowa nicht beim ESC auf. 2018 trat Samoilowa in Lissabon an, ist jedoch im Halbfinale ausgeschieden. In der ESC-Geschichte hat Russland ein Mal gewonnen (2008), vier Mal den zweiten und drei Mal den dritten Platz gemacht. Mehr …
Gopniki. Russenhocke, Trainingshose und ein aggressiv-tumber Gesichtsausdruck: Als Bürgerschreck verpönt, gilt der Gopnik grundsätzlich als kleinkriminell. dekoder-Politikredakteur Anton Himmelspach überholt dieses Klischee. Mehr …
19 Digitalisierung
Vkontakte.Facebook-Klon, Facebook-Alternative oder sogar digitaler „Auswanderungsort“: VKontakte (VK) ist das meistgenutzte soziale Netzwerk im postsowjetischen Raum. In der Praxis wirft VK immer wieder Fragen zum Daten- und Minderheitenschutz sowie zur staatlichen Kontrolle der Netzkommunikation auf. Sein Gründer Pawel Durow kam in Russland unter Druck und hat das Land inzwischen verlassen. Mehr …
„Das mit den Trollen war Prigoshins Idee“. Ein Gespräch mit einem ehemaligen „Mitarbeiter“ des einflussreichen Putin-Vertrauten Prigoshin, über von ihm inszenierte Fake-News, eine Trollfabrik – und Prigoshins „Bewilligt“-Stempel. Mehr …
Hacker im Dienst des Vaterlandes. Im Fall des Hacker-Angriffs auf den Bundestag 2015 hat die Bundesanwaltschaft einen Haftbefehl gegen einen mutmaßlichen Täter erwirkt, der womöglich im Auftrag des russischen Militärgeheimdienstes GRU handelte. Wie russische Hacker in den Staatsdienst gelangen – dazu hat sich Daniil Turowski 2018 für Meduza bei Informanten aus der Szene umgehört. Mehr …
Petersburger Tolle im US-Wahlkampf. Trollfabrik in St. Petersburg – welche Rolle spielte sie für den Sieg von Donald Trump? Die investigative Recherche von RBC zeigt auf, wie in der Petersburger Uliza Sawuschkina versucht wurde, den US-Wahlkampf zu beeinflussen. Mehr …
20 Der Geist der Freiheit
Farbrevolutionen. Als Farbrevolutionen bezeichnet man eine Reihe friedlicher Regimewechsel in post-sozialistischen Ländern. Diese wurden unter anderem durch gesellschaftliche Großdemonstrationen gegen Wahlfälschungen ausgelöst. Aufgrund der Farben beziehungsweise Blumen, mit denen die Bewegungen assoziiert werden, ist der Sammelbegriff Farbrevolutionen entstanden. Stellt der Begriff für die politische Elite in Russland eine Bedrohung ihrer Macht dar, verbinden oppositionelle Kräfte damit die Chance auf einen Regierungswechsel. Mehr …
Vom Maidan bis zur Angliederung – eine Chronik. Zwischen der ersten Demo auf dem Maidan und dem sogenannten Krim-Referendum lagen nur 115 Tage. Da sich die Ereignisse überschlugen, kann man aus diesen recht unterschiedliche, ja polare Narrative konstruieren. Steffen Halling und Eduard Klein gehen den Geschehnissen noch einmal. Mehr …
Protestbewegung 2011–2013. Nachdem Putin im September 2011 angekündigt hatte, wieder Präsident werden zu wollen, und im Dezember zahllose Wahlbeobachter über massive Wahlfälschungen berichteten, bildete sich in Russland die größte Protestbewegung seit dem Ende der Sowjetunion. Sie bewies erstaunliches Durchhaltevermögen, versiegte jedoch im Jahr 2013 aufgrund von inneren Streitigkeiten und der repressiven Reaktion des Staates. Mehr …
Am Ende eines Sommers. Belarus: ein Jahr des Aufruhrs, des Aufbruchs, der Eskalation. Mehr …
Am Morgen des 18. Mai 2021 drangen Mitarbeiter der staatlichen Abteilung für Finanzermittlung (DFR) in die Redaktionsräume des unabhängigen Medienportals Tut.by in Minsk ein. Sie durchsuchten die Räumlichkeiten sowie einige regionale Büros des Unternehmens und auch die Wohnung von Chefredakteurin Marina Solotowa. Im Laufe des Tages wurden die Webseite sowie zahlreiche Spiegelserver blockiert. Am Ende des Tages wurde schließlich bekannt, dass zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Tut.by inhaftiert wurden.
In einer offiziellen Verlautbarung des Informationsministeriums zum Vorgehen gegen das größte unabhängige Medienunternehmen des Landes heißt es: „Die Generalstaatsanwaltschaft stellte zahlreiche Sachverhalte von Verstößen gegen das Gesetz über Massenmedien fest, die die Platzierung von verbotenen Informationen in einer Reihe von Veröffentlichungen auf der Internetressource Tut.by betreffen.“ Zudem wird Tut.by Steuerhinterziehung vorgeworfen. Gegen die Inhaber des Unternehmens wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
Tut.by wurde in den vergangenen Jahren immer wieder Ziel von staatlichen Attacken. Journalistinnen und Journalisten, die für unabhängige Medien in Belarus arbeiten, leben seit den Protesten infolge des 9. August 2020 ohnehin gefährlich.
Schon in den ersten Stunden nach Bekanntwerden des Vorgehens gegen Tut.by schwappte eine Welle der Empörung in den belarussischen sozialen Medien auf sowie zahlreiche Bekundungen der Solidarität. Zudem entfachte sich eine Debatte über die Frage, wie der Schlag gegen Tut.by einzuordnen sei und wie weit die Machthaber um Alexander Lukaschenko hinsichtlich der ohnehin weitreichenden Repressionen noch gehen werden. dekoder bringt eine Auswahl von Stimmen aus dieser Debatte.
Nasha Niva: Abhängiger von Russland?
Das älteste belarussischsprachige Medium Nasha Niva hält das Vorgehen gegen Tut.by für einen schweren Schlag, der die belarussische Medienlandschaft insgesamt betrifft.
[bilingbox]Durch die Sperrung von Tut.by ist ein Strich unter die bisherige Existenzweise von Medien in Belarus gezogen worden. Die Zerschlagung des Medien-Flaggschiffs wirft die nationalen Medien um Jahrzehnte zurück und macht den Staat hinsichtlich der Information noch abhängiger von Russland. Es ist nun notwendig, die Gesellschaft für die Unterstützung der Medien zu mobilisieren, die es noch gibt – innerhalb des Landes und im Ausland.~~~Блакаванне Тут.бая таксама падводзіць рысу пад ранейшым этапам існавання СМІ ў Беларусі. Разгром флагмана медый адкідвае нацыянальныя СМІ на дзесяцігоддзі і зробіць дзяржаву яшчэ больш інфармацыйна залежнай ад Расіі. Спатрэбіцца мабілізацыя грамадства на падтрымку тых беларускіх СМІ, якія застаюцца — унутры краіны і за яе межамі. [/bilingbox]
Narodnaja Wolja/Pjotr Kusnjazou: „Die Machthaber machen einen riesigen Fehler“
Pjotr Kusnjazou, Direktor der regionalen Informationsplattform Gomel – Silnyje Nowosti, urteilt in einem längeren Kommentar für die Zeitung Narodnaja Wolja, dass die ständigen Repressionen gegen unabhängige Medien vor allem die Hoffnungen auf ein demokratisches Belarus zerstören.
[bilingbox]Kann man in diesem Kampf siegen? Für vernünftige Menschen ist offensichtlich, dass man das nicht kann, wenn solche Methoden zum Einsatz kommen. Darüber hinaus ist noch etwas anderes offensichtlich: Jegliche folgerichtige Bewegung in die vorgegebene Richtung „alle zu erwürgen“ kann lediglich dazu führen, dass im Informationsraum von Belarus eine gähnende Leere entsteht. Eine Leere – kein Vakuum. Ein Vakuum kann es in diesem Bereich nicht geben, denn wenn ihnen das gelingt, was sie wollen, dann wird diese Leere unmittelbar gefüllt werden mit einem Produkt von völlig anderem Niveau und völlig anderer Qualität. In diesem Sinne bedeutet der Tod des unabhängigen Mediensektors einen Schlag nicht nur und gar nicht so sehr gegen den demokratisch denkenden Teil der Gesellschaft als vielmehr gegen Belarus als zivilisiertes Land.~~~Возможно ли победить в этой борьбе? Здравомыслящим людям очевидно, что такими методами – нет. Больше того, очевидно и другое: последовательное движение в заданном направлении «всех придушить» может привести лишь к тому, что в информационном поле Беларуси появятся зияющие пустоты. Пустота – не вакуум, вакуума в этой среде быть не может, поэтому, если у них получится сделать то, что они хотят, пустоту эту, неминуемо, заполнит продукт совершенно другого уровня и качества. В этом смысле гибель существующего независимого медиасектора будет означать удар не только и не столько по демократически мыслящей части общества, сколько по Беларуси как цивилизованной стране как таковой.[/bilingbox]
SB. Belarus segodnja/Alexander Schpakowski: „Apotheose der Unverschämtheit und Unmoral“
In seiner Einschätzung für die staatliche Zeitung SB. Belarus segodnja hält der Politologe Alexander Schpakowski das Vorgehen des Staates gegen Tut.by aufgrund mutmaßlicher Steuervergehen für völlig legitim. Zudem wirft er ein, dass Unternehmen, die Teil des Minsker Hi-Tech-Parks sind und damit von Steuervergünstigungen profitieren, sich dem Staat gegenüber loyaler zeigen sollten.
[bilingbox]Für all diese IT-Unternehmen sind sehr hohe Zuwendungen vorgesehen. Ganz ehrlich – meiner Ansicht nach ist das eine Apotheose der Unverschämtheit und Amoral. Einerseits als Flaggschiff im Informationskrieg gegen den Staat und gegen den Präsidenten persönlich aufzutreten. Gegen Lukaschenko. Denn sie bekämpfen ihn ja nicht nur als politischen Führer, sondern auch als Menschen, beleidigen und diskreditieren ihn mannigfach. Und andererseits sind sie sich gleichzeitig nicht zu fein, Zuwendungen anzunehmen, die ihnen vom belarussischen Staat gewährt werden, und Erlasse dieses Staatsmannes, des Präsidenten der Republik Belarus zu nutzen. Das ist meiner Ansicht nach die Apotheose der Doppelmoral, der Unverschämtheit, der Amoral, die ich rein menschlich nicht verurteilen würde, doch meine Bewertung fällt negativ aus.~~~Вот для этих всех IT-компаний предусмотрены очень серьезные льготы. И, на мой взгляд, если честно, это апофеоз наглости и аморальности. С одной стороны, выступать флагманом информационной войны против государства и против Президента лично. Против Лукашенко. Ведь они в том числе борются именно с ним не только как с политическим лидером, но как с человеком, всячески его оскорбляя и дискредитируя. Но при этом не стесняются пользоваться льготами, предоставленными белорусским государством и указами этого государственного деятеля — Президента Республики Беларусь. Вот это, на мой взгляд, апофеоз двойных стандартов, наглости, аморальности, который чисто по-человечески я не берусь осуждать, но моя оценка этого негативная.[/bilingbox]
Lavon Volski gilt als Ikone der alternativen Musikszene in Belarus. Er ist der Meinung, dass die ständigen Repressionen das Fass zum Überlaufen bringen könnten.
[bilingbox]Ich verstehe, dass das Niveau gehalten werden muss. Das Level darf nicht gesenkt werden. Immer wieder muss deutlich gemacht werden, wer hier der Herr im Hause ist. Alle müssen in Angst gehalten werden. Das ist eine einfache Bauernregel: Angst haben – das bedeutet: jemanden zu achten. Nur wächst mit jedem neuen Druck nicht die Angst, sondern der Hass. Und der erfasst mit jedem Tag, mit jedem neuen „kriminellen“ Fall mehr und mehr Leute. Er sammelt sich immer weiter an, er staut sich auf in diesem geschlossenen Raum. Der Zeiger schlägt schon längst aus dem roten Bereich, und sie kippen immer mehr Zündstoff hinein, immer mehr … Je suis Tut.by~~~Я разумею, што ўзровень трэба трымаць. Не зьніжаць градус. Раз за разам дэманстраваць, хто тут гаспадар. Трымаць усіх у страху. Такі просты мужыцкі разьлік: баяцца — значыць паважаюць. Толькі ад кожнага новага ціску расьце ня боязь, а нянавісьць. І яна з кожным днём, з кожнымі новымі “крымінальнымі” справамі ахапляе ўсё болей і болей людзей. І яна ўсё назапашваецца, усё расьце ў гэтай замкнёнай прасторы. Стрэлка даўно на чырвонай зоне, а яны ўсё падкідаюць паліва, болей і болей… Je suis TUT.by[/bilingbox]
YouTube/Swetlana Tichanowskaja: „Sie töten die Presse“
Für Swetlana Tichanowskaja, die führende Figur der belarussischen Oppositionsbewegung, ist es völlig klar, welches Ziel die belarussischen Machthaber mit der Abschaltung von Tut.by verfolgen.
[bilingbox]Wir alle sind heute Zeugen des vorsätzlichen Mordes an dem Medium und unabhängigen Portal Tut.by. 20 Jahre hat es den Belarussen einwandfrei seriöse Nachrichten vermittelt und war ein Paradebeispiel für die unabhängige Presse. Viele haben befürchtet, dass es so kommen wird. Doch es ist ein völlig anderes Gefühl, wenn man die konsequente Zerstörung der Freiheit mit eigenen Augen sieht. Die Zusammenrottung von Leuten, die in Belarus die Regierungsmacht fest in ihren Händen halten – das ist ein wahres Besatzerregime: Sie töten die Presse, töten Parteien und Gruppierungen, sie töten uns – auf der Straße und in den Gefängnissen.~~~Сегодня мы все – свидетели умышленного убийства медиа и независимого портала TUT.by. Он 20 лет исправно сообщал беларусам честные новости и был образцом независимой прессы. Многие опасались, что так и произойдет, но это совсем другое чувство, когда смотришь на последовательное уничтожение свободы собственными глазами. Сборище людей, которые удерживают власть в Беларуси, – это и есть настоящий оккупационный режим: они убивают СМИ, убивают партии и сообщества, убивают нас – на улицах и в тюрьмах.[/bilingbox]
Tribuna/Maxim Beresinski: „Sie können nicht alle zum Schweigen bringen“
Maxim Beresinski, der für das populäre Online-Sportmedium Tribuna die belarussische und ukrainische Sparte verantwortet, fragt sich, wen die Staatsmacht als nächstes ins Visier nehmen könnte.
[bilingbox]Wir sind schon daran gewöhnt: Jeden Tag gibt es einen neuen Tiefpunkt. Und trotzdem ist es jedes Mal ein Schock … Alles läuft genau so, wie es Pastor Niemöller auf dem Höhepunkt im Kampf mit den Nazis in Deutschland gesagt hat: Politiker, Geschäftsleute, Anwälte, Studenten, Pfarrer, kinderreiche Mütter haben sie schon geschasst. Jetzt sind die Journalisten dran. Wenn sie jetzt kommen und dich holen, wird niemand mehr da sein, dem du es erzählen kannst. Wir wissen nicht, was der nächste Trigger sein wird, aber der einzige Weg ist nun die maximale Öffentlichkeit. Alle Stimmen werden sie nicht schaffen abzuwürgen.~~~Мы уже привыкли к тому, что каждый день – новое дно. Но все равно каждый раз шок. Все идет ровно так, как говорил пастор Нимёллер в разгар борьбы с нацизмом в Германии. Они уже пришли за политиками, бизнесменами, адвокатами, студентами, священниками, многодетными мамами. Теперь они пришли за журналистами. Теперь, когда придут за тобой, некому будет об этом рассказать. Мы не знаем, что станет новым триггером, но максимальная гласность сейчас – единственный путь. Все голоса им не заткнуть.[/bilingbox]
RuBaltic/Wsewolod Schimow: Faustpfand in Verhandlungen mit dem Westen?
In einem Beitrag für das Kaliningrader Online-Portal RuBaltic hält der belarussische Politologe Wsewolod Schimow beim Vorgehen gegen Tut.by eines für sicher: die weitere Verschlechterung der Beziehungen mit dem Westen.
[bilingbox]Die Idylle endete am 9. August 2020, als das „herzliche Einverständnis“ zwischen der Regierung und den Kräften, die Tut.by verkörpern, innerhalb von einer Sekunde zerstört war. Die ganze Frage ist, wie weit die belarussischen Machthaber in diesem Spiel zu gehen bereit sind. Die Zerschlagung von Tut.by bleibt ja im Westen nicht unbemerkt und senkt die Chancen auf eine Normalisierung der Beziehungen weiter. Andererseits ist nicht ganz auszuschließen, dass das Schicksal von Tut.by vielleicht ein Faustpfand wird in den Verhandlungen zwischen den belarussischen Machthabern und dem Westen.~~~Идиллия закончилась после 9 августа 2020 года, когда «сердечное согласие» между властью и теми силами, которые олицетворяет tut.by, было в момент разрушено. Весь вопрос в том, насколько далеко готова белорусская власть идти в этой игре. Ведь разгром tut.by не останется незамеченным на Западе и еще больше снизит шансы на нормализацию отношений. С другой стороны, нельзя исключать, что судьба tut.by как раз-таки станет элементом торга в переговорах между белорусской властью и Западом.[/bilingbox]
Facebook/Yahor Lebiadok: Die Förderung der russischen Agenda
Der Militärhistoriker Yahor Lebiadok bringt die Zerschlagung der unabhängigen belarussischen Medien in einen außenpolitischen Zusammenhang. Er glaubt, dass hinter dem Vorgehen gegen Tut.by eine Konzession Lukaschenkos an Wladimir Putin und dessen Politik erkennbar sei.
[bilingbox]Was Tut.by angeht, kann man unterschiedlicher Meinung sein. Aber was das Portal ausmacht: Es stellt eine gewisse Barriere zu russischen Inhalten in den Köpfen der Belarussen dar. Ich habe es bereits mehrfach gesagt und wiederhole es hier noch einmal: Während alle auf die Verhandlungen zu Krediten, Öl und Integrations-Roadmaps schauen, gibt Lukaschenko zur Unterstützung Putins (oder unter seinem Druck) viel Belarussisches auf – von der Kultur bis zu dringlichen Themen. Das merken die Menschen angesichts der vielen Nachrichten gar nicht, und es sind Dinge, um die es Lukaschenko aus seiner Perspektive nicht schade ist. Für Lukaschenko bedeutet die Säuberung solcher Medien, die Bewahrung der Regierung vor Kritik – auch im Zusammenhang mit möglichen politischen Kampagnen zu einer neuen Verfassung. Für Putin bedeutet sie die Säuberung des belarussischen Informationsraumes von allem Belarussischen und gleichzeitig die Förderung der russischen Agenda. ~~~К TUT.BY может быть различное отношение, но что свойственно этому порталу — это определенный барьер на пути российского контента в головы беларусов. Говорил ни раз и здесь повторю — пока все смотрят на торг по кредитам, нефти, интеграционным картам Лукашенко за поддержку Путиным (или под давлением) сдает беларуское — от культуры до повестки дня. Это людям мало заметно в объеме новостей, и это то, что Лукашенко не жалко сдать, на его взгляд. Для Лукашенко зачистка такого рода СМИ — это удержание власти от критики, в том числе и в контексте возможных политических кампаний по Конституции (что и для РФ, вероятно, нужно). Для Путина — это зачистка беларуского информационного пространства от всего беларуского с продвижением российской повестки[/bilingbox]
Ein Blick in die Kommentarspalten zeigt, was Mascha Iwaschinzowa (1942 – 2000) zu Lebzeiten nicht für möglich gehalten hätte: Bewunderung und Anerkennung für ihre Momentaufnahmen, die hauptsächlich Sankt Petersburg zeigen. Zehntausende Menschen folgen ihren Schwarz-Weiß-Bildern bereits in den sozialen Netzwerken.
Schon fast symptomatisch für weibliches Schaffen unterschätzte sie ihre Fotografie chronisch, war davon überzeugt, dass sie von männlicher Konkurrenz überschattet würde. So blieb ihr Talent bis über ihren Tod im Jahr 2000 hinaus versteckt. Erst ihre Nachfahren entdeckten Iwaschinzowas Werke 2017 fein säuberlich geordnet, beschriftet und in Schachteln verpackt auf dem Dachboden ihres Hauses. Der Fund umfasst 30.000 Negative und Abzüge: Sie dokumentieren detailverliebt und charakterstark das Leben im Sankt Petersburg der 1960 bis 1990er Jahre.
Einige Stimmen vergleichen Iwaschinzowa mit der US-amerikanischen Amateurfotografin Vivian Maier, die ihre Aufnahmen ebenso – in der festen Überzeugung von der Banalität ihrer Kunst – bis zu ihrem Tod geheim hielt.
Iwaschinzowa führte ein – in der Sowjetunion unytpisch – beruflich unbeständiges Leben: Sie verdiente ihr Geld unter anderem als Lichttechnikerin, Theaterkritikerin, Bibliothekarin, Sicherheitsbeamtin und Konstrukteurin. Die Konstante in ihrem Leben war die Fotografie, der sie bis kurz vor ihrem Tod treu blieb.
Iwaschinzowa hatte einen besonderen Blick für das Alltägliche. Sie nahm Momente auf: mürrische Schuljungen, neugierige Katzen, gedankenverlorene Passanten, Sankt Petersburger Hinterhöfe und gesellige Szenen aus sowjetischen Wohnküchen. Viele ihrer Fotos – gerade auch die Stilleben – bestechen durch eine ungewöhnlich moderne Bildsprache.
Der heroische Arbeiter, die glückliche Familie, im Hintergrund moderne Architektur – die sowjetische Zensur versuchte ein Idealbild in der Fotografie zu etablieren. Iwaschinzowa entgegnete dieser Utopie mit ihren Aufnahmen. Sie fokussierte ebenso die fehlerhaften und schwermütigen Seiten des Lebens in der UdSSR. Iwaschinzowa selbst musste lange Zeit in einer psychiatrischen Klinik verbringen, weil sie ihr zugewiesene Berufe ablehnte.
Ein immer wiederkehrendes Motiv auf Iwaschinzowas Bildern sind Hunde, aber auch Katzen, Vögel, Pferde und Affen. Während die Fotografin eher auf Distanz zu ihren Mitmenschen blieb, habe sie Gesellschaft von Tieren sehr geschätzt, berichten Tochter Assja und Schwiegersohn Jegor.
„Wenn es ein Blockbuster wäre und nicht das echte Leben, würde man nach dem Film sagen: ‚Nein, das Sujet ist total überzeichnet, im echten Leben ist es nie so‘“, so beschreibt Fernsehmoderatorin Xenia Sobtschak auf Instagram Nawalnys Rückkehr nach Russland. Das umgeleitete Flugzeug, Festnahme am Flughafen, Polizeistation, spontanes Gerichtsverfahren, Nawalnys Gegenangriff auf Putin, der viral geht und millionenfach angeschaut wird, gefolgt von Diffamierungen in der Staatsduma und Aufrufen zu landesweiten Protesten – die Ereignisse überschlagen sich, Hunderttausende verfolgen den Politthriller quasi in Echtzeit, in Livestreams der unabhängigen Fernsehsender und Online-Medien. dekoder bringt eine Chronologie der Ereignisse, bietet Hintergründe und Ausblicke.
13. Januar: Nawalny kündigt seine Rückkehr nach Russland an
Seit Monaten war es ein heiß diskutiertes Thema in den russischen Medien: Kehrt Nawalny nach Russland zurück, oder wird er seine politische Tätigkeit und Korruptions-Recherchen aus der Emigration weiterführen?
Am 13. Januar veröffentlicht er ein Video auf Instagram:
[bilingbox]Die Frage: Zurückkehren oder nicht? hat sich mir nie gestellt. Einfach deswegen, weil ich ja nie weggegangen bin. Ich bin nur aus einem einzigen Grund nach Deutschland geraten, per Intensivtransport: Weil man mich ermorden wollte.~~~Вопрос „возвращаться или нет“ передо мной не стоял никогда. Просто потому, что я не уезжал. Я оказался в Германии, приехав в неё в реанимационной коробке, по одной причине: меня пытались убить.[/bilingbox]
Das Video endet mit den Worten:
[bilingbox]Russland ist mein Land, Moskau ist meine Stadt, ich habe Heimweh. Deswegen bin ich heute Früh auf die Website von Pobeda gegangen und habe Tickets gekauft. Am 17. Januar, am Sonntag, werde ich mit einem Pobeda-Flug nach Hause kommen. Kommt doch vorbei.~~~Россия – моя страна, Москва – мой город, я по ним скучаю. Поэтому сегодня утром я зашел на сайт компании „Победа“ и купил билеты. 17 января, в воскресенье, я вернусь домой рейсом „Победы“. Встречайте[/bilingbox]
Nawalnys Entscheidung kam für viele überraschend. Denn zwei Wochen zuvor war er von der Föderalen Strafvollzugsbehörde zur Fahndung ausgeschrieben worden.
Kirill Martynow: Freier Mensch und Bürger eines großen Landes
Vielen ist von Anfang an klar, dass Nawalny festgenommen wird. Der Politikredakteur der Novaya Gazeta, Kirill Martynow, vermutet, dass Nawalny nicht nur von seinen Anhängern und Journalisten, sondern auch von Silowiki mit einem Haftbefehl empfangen wird. Er sieht in Nawalnys Entscheidung zur Rückkehr aber einen „fundamentalen politischen Sinn“:
[bilingbox]Viele Jahre lang hat der Kreml uns den Gedanken nahegebracht, dass er das einzige politische Subjekt im Land ist: Die Mächtigen handeln, der Rest erträgt. […] Die Rückkehr Nawalnys unter drohender Haft bedeutet, dass er sich dem fremden Willen nicht beugen will. Als freier Mensch und Bürger eines großen Landes demonstriert er, dass er sein Schicksal selbst in die Hand nehmen kann. […]
Genau so wird in modernen Theorien des Republikanismus politische Freiheit beschrieben: Frei ist der, der nicht der Willkür eines anderen ausgesetzt ist. Wenn ein Diktator schon über dein Schicksal entschieden hat, besteht die einzige Möglichkeit deine Freiheit zu verteidigen darin, alles aufs Spiel zu setzen und deinen eigenen Willen dieser Willkür entgegenzustellen.~~~Долгие годы Кремль приучал нас к мысли, что единственным политическим субъектом в стране является он сам: власти действуют, остальные претерпевают. <…> Возвращение Навального в Россию под угрозой тюрьмы означает, что он не хочет быть в этой чужой воле. Как свободный человек и гражданин великой страны он демонстрирует, что сам способен определять свою судьбу […]. Теоретики современного республиканизма именно так понимают политическую свободу: свободен тот, кто не находится в произвольной воле другого. Когда некий диктатор уже решил твою судьбу, единственный способ защитить свою свободу, заключается в том, чтобы поставить на кон все и противопоставить свою собственную волю этому произволу.[/bilingbox]
17. Januar, 15:18 Uhr: Nawalny fliegt aus Berlin in Richtung Moskau ab
Trotz Warnungen von Flughafen und Polizei kommen nach Angaben der Organisation Bely Stschjottschik (dt. etwa Weißer Zähler) rund 2000 Menschen zum Flughafen Wnukowo, um Nawalny zu begrüßen. Mehrere hunderttausend Menschen verfolgen das Ereignis live auf Doshd oder in einem der vielen anderen Livestreams. Silowiki drängen Nawalnys Anhänger aus dem Gebäude, 59 Menschen werden festgenommen. Nawalny landet endlich um 18:12 Uhr. Der Flug wurde jedoch umgeleitet – zum Flughafen Scheremetjewo.
Die Aufregung ist nicht zuletzt damit zu erklären, dass Nawalny nach seiner Vergiftung und Rückkehr nach Russland einen neuen Status hat. Im Livestream des Radiosenders Echo Moskwyspricht dessen Chefredakteur Alexej Wenediktow über die neue Rolle Nawalnys, mit der er nach Moskau zurückkommt:
[bilingbox]Zwischen August und Januar hat sich Nawalnys Rolle verändert. War er vor August noch innenpolitischer Korruptionsermittler, FBK, ein ausländischer Agent oder wer auch immer – so ist er jetzt der persönliche Gegner Putins. […] Ständig attackiert er Putin persönlich. Wer ist mittlerweile Medwedew für ihn? Oder Rogosin? Niemand. Kleinvieh. Er und Putin. […] Mit aller Wucht versucht er, ihn zu beleidigen und zu kränken, was selbstredend eine Reaktion hervorrufen wird. Putin ist ein dünnhäutiger Mensch, der schnell beleidigt ist. […] Nach diesen fünf Monaten von August bis Januar betrachtet Putin, denke ich, Nawalny als Gefahr. ~~~С августа по январь изменилась роль Навального. Если до августа он был […] внутриполитический расследователь, ФБК, иностранный агент, неважно, кто — то сейчас он личный противник Путина. […] Он постоянно атакует лично Путина. Кто такой Медведев для него теперь? Кто такой Рогозин? Никто. Мелко. Он и Путин. […] И он всячески его пытается обижать и оскорблять, что, безусловно, будет вызывать реакцию. Путин человек тонкокожий и обидчивый. […] После августа — января, после этих 5 месяцев, я думаю, что он рассматривает Навального как угрозу.[/bilingbox]
17. Januar, 21:00 Uhr (Moskauer Zeit): Nawalny wird am Flughafen Scheremetjewo festgenommen
Nach der Landung übertragen zahlreiche mitgereiste Journalisten live praktisch jeden Schritt Nawalnys bis zur Grenzkontrolle. Nawalny und seine Frau Julia geben keine Interviews – nur ein kurzes Statement vor den Kameras:
[bilingbox]Das ist für mich der schönste Tag, auch wenn Deutschland ein wunderbares Land ist […] Ich habe keine Angst, ich werde rausgehen und nach Hause fahren, denn ich weiß, dass ich im Recht bin, denn ich weiß, dass alle Strafverfahren fingiert sind. ~~~Это мой лучший день, несмотря на то, что Германия прекрасная страна. […] Я не боюсь, я выйду и поеду домой, потому что я знаю, что прав, потому что я знаю, что все уголовные дела сфабрикованные.[/bilingbox]
Auch wenn die Festnahme zu erwarten war, reagieren viele Analytiker empört, dass Nawalny etwa die Begleitung durch seinen Anwalt verweigert wird. Der Politikwissenschaftler Sergej Medwedew zieht in einem Facebook-Post historische Vergleiche:
[bilingbox]Gandhi, Mandela, Sacharow, Havel, Aung San Suu Kyi … Infolge der eigenen Panik, Feigheit und Stümperhaftigkeit hat der Kreml nun einen politischen Häftling von Weltrang. Früher konnten sie sich im Problemfall Nawalny noch unbemerkt mit regionalen FBK-Aktivisten rumschlagen, heute sind es Weltpolitiker, internationale Institutionen und Sanktionen. Ist das nicht ein wahnsinns strategischer Geniestreich?~~~Ганди, Мандела, Сахаров, Гавел, Аун Сан Су Чжи… В результате собственной паники, трусости и бездарности Кремль получил политзаключенного мирового калибра. Раньше можно было по проблеме Навального втихую разбираться с активистами ФБК по регионам, а теперь придется разбираться с мировыми лидерами, международными институтами и с санкциями. Молодцы, чо. Стратеги![/bilingbox]
Der Kreml weiß nichts von der Festnahme, Putin-Sprecher Dimitri Peskowantwortet auf die Frage des Mediums Podjom:
[bilingbox]Entschuldigung – wurde er in Deutschland festgenommen? Ich bin nicht auf dem Laufenden.~~~Прошу прощения. Его в Германии задержали? Я не в курсе.[/bilingbox]
18. Januar, 14:30 Uhr: Im Fall Nawalny wird eine 30-tägige Untersuchungshaft angeordnet
Bereits am nächsten Tag um 12:30 Uhr beginnt direkt in der Polizeistation von Chimki ein Gerichtsverfahren. Sowohl Nawalnys Anwälte als auch er selbst erfahren erst wenige Minuten vor Beginn von der kurzfristig angesetzten Verhandlung. Nawalny reagiert empört: „Hier ist überhaupt kein Gericht! Das ist irgendein Mist, verstehen Sie, irgendein Quatsch ohne Rechtskraft!“ Nach zweistündiger Verhandlung ordnet die Richterin eine 30-tägige Untersuchungshaft an.
Der Journalist und YouTube-Star Juri Dudvergleicht auf Instagram das Gerichtverfahren mit den „wilden 1990er Jahren“ und warnt davor, Willkür als Normalität zu akzeptieren:
[bilingbox]Eine Sache, die die heutige Regierung nicht müde wird zu wiederholen, ist der Sieg über die 1990er Jahre. Nach dem Motto, man sei die Banditen losgeworden, die Armut und anderes Unrecht und Willkür. ‚Nirgendwohin sind die 1990er Jahre verschwunden‘, sagt man gerne über die entfernte Provinz; doch die Ereignisse der vergangenen Tage rufen uns ins Bewusstsein, dass die 1990er Jahre auch im einige-Dutzend-Kilometer-Umkreis des Kreml immer wieder anzutreffen sind. Für alle, die das nicht wussten oder daran gezweifelt haben: Früher waren Unrecht und Willkür die Sache von Gangstern, heute macht das locker auch der Staat. Das Gericht über Alexej Nawalny hinter einem Tischchen in der Polizeiwache von Chimki – genau das ist Unrecht und Willkür. Das größte Risiko ist hier: Wenn die Willkür zur Norm wird, dann werden sehr oft alle zu Opfern, auch die, die diese Norm irgendwann geschaffen oder ausgeführt haben (googelt mal Genrich Jagoda, dessen trauriges Bild [während der Verhandlung – dek] direkt hinter Nawalny [an der Wand – dek] hing).~~~Одна из вещей, про которую сегодняшняя власть не устает повторять, – это победа над 90-ми. Типа избавились от бандюганов, нищеты и прочего беспредела. <…> «90-е никуда не уходили», – принято говорить про далекую провинцию, но события последних суток напоминают нам о том, что они регулярно случаются и в паре десятков километров от Кремля. Для всех, кто этого не знал или просто сомневался: раньше беспредел творили гангстеры, сейчас – это легко делает и государство. Суд, проведенный над Алексеем Навальным за партой в химкинском отделении полиции, это именно беспредел. Самый большой риск тут в том, что когда беспредел становится нормой, его жертвами очень часто становятся вообще все, в том числе те, кто эту норму когда-то устанавливал и исполнял (погуглите о Генрихе Ягоде, грустная фотография которого была прямо за спиной Навального).[/bilingbox]
19. Januar: Die Staatsduma tagt
Nach den Neujahrsferien beginnt am 19. Januar die neue Sitzungsperiode der Staatsduma. Vorsitzende aller Fraktionen greifen das Thema Nawalny auf: Er sei Verräter, Agent der USA und Anstifter eines möglichen Maidans in Russland.
[bilingbox]Es müssen in allen Strafrechtsfällen Urteile gesprochen werden: keine Scherze machen, sie weit weit weg von Moskau schicken, in den Norden, in die Tundra, wo die Vögel im Flug erfrieren und vom Himmel fallen. Das sind Menschen, die mit ihrem Handeln die Grundfesten unseres Staates unterminieren.~~~Надо по всем уголовным делам вынести приговоры, не шутить и отправить далеко-далеко от Москвы, на Север, туда, где тундра, где птицы на лету замерзают и падают на землю. Это люди, которые своими действиями подрывают устои нашего государства.[/bilingbox]
19. Januar, 14:00 Uhr: Auf Nawalnys YouTube-Kanal erscheint das Video Ein Palast für Putin
Während Nawalny in einem Untersuchungsgefängnis mit dem inoffiziellen Namen Matrosskaja tischina (dt. Matrosenruhe) einsitzt, wird es draußen unruhig. Auf seinem YouTube-Kanal erscheint ein fast zweistündiges Video, in dem Nawalny dem russischen Präsidenten Korruption in Milliardenhöhe vorwirft: Die Aufnahmen zeigen „Putins Palast“ in Gelenshik am Schwarzen Meer. Das Video bricht alle Rekorde. Es wird innerhalb eines Tages 25 Millionen Mal aufgerufen (am 21. Januar sind es bereits über 43 Millionen Aufrufe).
(englische Untertitel)
Alexander Kynew: Nawalny spielt Schach und va banque
[bilingbox]Da Nawalny ein mutiger Mann ist, ein Mann des Risikos, blieb ihm nichts anderes übrig. Und wenn man genau hinschaut, hat er ja eine gewisse symbolische Grenze überschritten. Seit Jahren recherchiert Nawalny gegen verschiedene Personen: Tschaika, Medwedew, Mischustin, Russia Today und so weiter. Nie aber betrafen diese Ermittlungen Putin persönlich. Putin war sozusagen jenseits dieser Riege von Personen, über deren Geschäfte und Reichtum Nawalny berichtete. Nun ist Nawalny zu den Recherchen bezüglich seiner eigenen Vergiftung übergegangen. Nun hat er die Hauptperson einbezogen. […] Das ist mittlerweile ein persönlicher Kampf. In gewissem Sinne hat der Kreml ihm aber auch keine andere Möglichkeit gelassen, denn es ist der Befehl zum offensichtlichen politischen Mord … Nun, jeder Hund, der in die Enge getrieben wird, zeigt Zähne. In diesem Fall spielt Nawalny also va banque.~~~Поскольку мы знаем, что Навальный — человек смелый, человек рисковый, у него ничего другого не осталось. И если внимательно посмотреть, он ведь перешел некую символическую грань. Много лет Навальный проводил расследования в отношении разных фигур — Чайка, Медведев, Мишустин, Russia Today и так далее, но никогда персонально Путина эти расследования не касались. Путин как бы находился вне этого перечня фигур, о бизнесе, богатстве которых Навальный рассказывал. Теперь он перешел на расследование про отравление. Теперь он перешел на главную фигуру. […] Это уже персональная, личная борьба. Но в каком-то смысле власть сама не оставила вариантов, поскольку команда на очевидное политическое уничтожение… в общем, любая собака, загнанная в угол, огрызается. Поэтому в данном случае Навальный пошел ва-банк.[/bilingbox]
Auf VTimes fügt der Politologe hinzu, dass der Oppositionspolitiker sich mit dem Enthüllungsvideo auch Sicherheit verschafft:
[bilingbox]Dass Nawalny – nun verhaftet – zum Gegenangriff übergeht, deutet darauf hin, dass er diese Entwicklung vorausgesehen hat. Es ist sehr wahrscheinlich, dass nun die Züge zwei, drei oder vier folgen werden. Ihn physisch aus dem Weg zu schaffen, ist nun unmöglich, denn das wäre faktisch eine Selbstanzeige. Mit diesen Enthüllungen hat er für seine Sicherheit gesorgt, und dass obwohl der Hass gegen ihn alle Grenzen der Vernunft überschreitet.~~~То, что Навальный контратакует, будучи арестованным, говорит о том, что он заранее предполагал такое развитие событий. С высокой долей вероятности можно говорить о том, что будут ходы два, три, четыре. Теперь его физическое устранение невозможно, это будет фактически явка с повинной. Этими разоблачениями он обеспечил себе безопасность, хотя степень ненависти к нему переходит все разумные пределы.[/bilingbox]
19. Januar: Nawalny ruft zu landesweiten Protesten auf
Nawalnys Video beginnt mit einem Aufruf zu Protesten am 23. Januar. Seitdem trommelt das Team des Politikers für landesweite Aktionen: Um 14 Uhr sollen Demonstranten Hauptstraßen und Plätze in mindestens 65 Städten besetzen, um „gegen Putins Willkür zu protestieren“.
Andrej Mowtschan: Mann der Mitte?
Wie viele Menschen kann Nawalny zu den Protesten am Samstag mobilisieren? Dieser brennenden Frage geht auf Facebook auch der Journalist Andrej Mowtschan nach:
[bilingbox]In den Augen der meisten Russen ist Nawalny ein Mensch mit einer seltsamen Vergangenheit (da war doch was mit Russischen Märschen, irgendein Greenmailing, irgendein Job in Kirow, irgendwelche nebulösen Geschichten von der Art ‚entweder er hat geklaut oder er wurde beklaut‘). Und der macht vor allem zwei Dinge: Er will an die Macht und deckt Korruption auf. Die Vergangenheit interessiert in Russland natürlich kaum jemanden (man blicke nur mal auf die Vergangenheit russischer Stars und Führer), die Gegenwart aber wird beim ‚tiefen Volk‘ wohl kaum Mitleid auslösen oder den Wunsch, sich hinter eine Fahne zu versammeln. […]
Russland lebt damals wie heute von zwei Ideen: von der gemeinschaftlichen Verteilungsidee des ‚ehrlichen Diebes‘, die hier fälschlich ‚kommunistisch‘ genannt wird, und natürlich von der Idee der sakralen Autorität. Genau diese konkurrieren miteinander, ihre Symbiose garantiert die Unabsetzbarkeit der Staatsmacht. Und Dissidenten – ach, die können von Deutschland aus auf Sendung gehen oder im Gefängnis sitzen (oder auch nichts senden und nicht einsitzen) – das wird Unsereins beunruhigen, aber Russland sicher nicht.~~~В глазах большинства населения России Навальный – человек со странным прошлым (что-то там такое от русских маршей, какой-то гринмейл, какая-то работа в Кирове и какие-то туманные истории по типу «то ли он украл, то ли у него украли»), занимающийся в основном двумя делами: он пытается попасть во власть и разоблачает коррупцию. Прошлое в России конечно мало кого волнует (посмотрите на прошлое российских кумиров и вождей), а вот настоящее у «глубинного народа» вряд ли вызовет сочувствие или желание встать под знамена. <…> Россия жила и живет двумя идеями – общинно-распределительной идеей „честного вора“, ошибочно называемой здесь „коммунистической“, и конечно сакрально-автократической. Именно они конкурируют между собой, их симбиоз обеспечивает несменяемость власти. А диссиденты – диссиденты могут вещать из Германии или сидеть в тюрьме (впрочем – могут и не сидеть, и не вещать) – это будет волновать нас с вами, но не Россию.[/bilingbox]
Alexander Baunow: Der Kreml muss sich entscheiden
Journalist Alexander Baunow argumentiert auf Carnegie, dass Nawalnys Rückkehr den Kreml in ein schwieriges Dilemma bringt:
[bilingbox]Nawalny ist nicht mehr länger nur eine Figur der Innenpolitik […]. Nach der Vergiftung und der wundersamen Heilung im Land der Frau Merkel wurde er in den Augen der restlichen Welt zum berühmtesten, bekanntesten und gefährlichsten Kritiker Putins: Er wurde zum Anti-Putin, zum Politiker Nummer zwei, oder besser gesagt, sogar zum Politiker Nummer eins mit umgekehrten Vorzeichen. […] Der Kreml wird entscheiden müssen, was bedrohlicher ist: Nawalny als ein echter politischer Störfaktor bei den nächsten Wahlen oder eine mythologisierte Legende vom verfolgten Nawalny, der wahrscheinlich die ganze Unzufriedenheit bündeln wird und den ganzen Wunsch nach Veränderung zum Besseren.~~~Навальный перестал быть персонажем внутренней политики […]. После отравления и чудесного исцеления в стране госпожи Меркель он в глазах внешнего мира превратился в самого известного, именитого и опасного критика Путина, стал анти-Путиным, политиком номер два, вернее, даже политиком номер один с противоположным знаком. […]
Власти придется определиться, что ей страшнее – реальный политический овод Навальный на ближайших и последующих выборах или мифологизированный, гонимый Навальный-легенда, который с большой вероятностью будет собирать все недовольство, все обиды и все желание перемен к лучшему.[/bilingbox]
Nawalnys Verhaftung führt zu einer beispiellosen Solidaritätswelle. Für den Stab des Oppositionspolitikers nehmen auch bekannte Menschen Unterstützungsvideos auf. Unter ihnen: Musiker Noize MC, Andrej Makarewitsch, Krowostok und Gretschka, Schriftsteller Dimitri Gluchowski, Fotograf Dmitry Markov. Die Liste der Unterstützer wächst stündlich.
Am 15. Januar 2021 veröffentlichte die belarussische Initiative Bypol einen brisanten Audiomitschnitt: Eine männliche Stimme spricht dort vom Schusswaffengebrauch gegen Demonstranten, über die Einrichtung eines Lagers mit Stacheldrahtzaun „für besonders Aufsässige“, und darüber, dass man Angreifern eine Lektion erteilen müsse: „Entweder verkrüppeln, verstümmeln oder umbringen.“
Die Stimme wird dem stellvertretenden Innenminister Nikolaj Karpenkow zugeschrieben. Karpenkow gilt als ausgesprochener Hardliner; als damaliger Leiter der Spezialeinheit GUBOPiK trat er bei Protesten im Herbst des öfteren selbst mit Gummiknüppel in Erscheinung. Im September machten Bilder die Runde, auf denen Karpenkow die Tür eines Minsker Cafés zertrümmert – dort hatten Protestierende zuvor Zuflucht vor den Sicherheitskräften gesucht.
In der nun aufgetauchten Aufnahme spricht die besagte Stimme auch über Alexander Taraikowski, der am 10. August 2020 in Minsk bei den Protesten von der Miliz erschossen worden war. „Ja, Taraikowski, dieser Trunkenbold und Schwachkopf. Er starb natürlich durch ein Gummigeschoss, das seine Brust erwischt hatte.“ Über die Demonstranten sagt der Mann: „Denn eigentlich sind alle, die heute auf die Straße gehen, um bei diesem Schienenkrieg mitzumachen, diejenigen, die Straßen blockieren, die Polizei angreifen, Molotow-Cocktails werfen, auch Terroristen. Das sind überflüssige Menschen in unserem Land.“ Auch Aussagen von Lukaschenko werden in der Aufnahme wiedergegeben. Unter anderem soll der Autokrat von den Sicherheitskräften gefordert haben, dass sie mit den Unruhen fertig werden sollen, „und zwar mit aller Härte“. In Bezug auf den Schusswaffengebrauch, so wird Lukaschenko zitiert, seien OMON und Miliz abgesichert.
Laut Bypol soll der Mitschnitt, den es auch in einer vollständigen deutschen Übersetzung gibt, im Oktober 2020 bei einem Abschiedstreffen von Karpenkow und Mitgliedern seiner GUBOPiK-Einheit entstanden sein. Das belarussische Innenministerium bezeichnete die Aufnahme nach der Veröffentlichung als Fake. In den Staatsmedien wurde der Mitschnitt indes überhaupt nicht thematisiert. Unter belarussischen Politikern, Journalisten und in der belarussischen Gesellschaft sorgte er für Wut und Entrüstung und entfachte eine Diskussion über die moralische Verkommenheit des Machtapparats Lukaschenko. dekoder bringt eine Auswahl von Stimmen aus dieser Debatte.
Facebook/Dimitri Nawoscha: Alles soll vernichtet werden
Der Belarusse Dimitri Nawoscha ist Mitgründer des einflussreichen russischen Sportportals Sports.ru, das unter anderem auch das Portal Tribuna in Belarus betreibt. Seiner Meinung nach zeigt die Aufnahme schonungslos die Geisteshaltung von Lukaschenkos Helfern.
[bilingbox]Lukaschenko ist es gelungen, eine Bande erstaunlichen Abschaums um sich zu versammeln, die bereit ist, Unbewaffnete zu verstümmeln und zu töten, die bereit ist, nicht nur moralische Grenzen zu überschreiten (hier gab es eh keine Illusionen), sondern auch jedwede Gesetze – sogar die eigenen diktatorischen. Bereit, in dem von den Lukaschisten ausgedachten ‚hybriden Krieg‘ alles Lebendige zu vernichten.~~~Лукашенко удалось собрать под себя банду удивительных выродков, готовых калечить и убивать безоружных, преступать не только через мораль (тут иллюзий особо не было), но и через любые законы – даже свои, диктаторские. Уничтожать всё живое в придуманной лукашистами «гибридной войне.[/bilingbox]
tut.by/Swetlana Tichanowskaja: Leben oder Konzentrationslager?
Für Swetlana Tichanowskaja, die führende Figur der belarussischen Oppositionsbewegung, sind die Aussagen in der Aufnahme ein Zeichen dafür, dass Lukaschenkos Abgang bevorsteht.
[bilingbox]Lukaschenko bereitet sich auf seinen Abgang vor. Er weiß, dass sich Belarus mit ihm in einen geächteten Staat verwandeln wird. Er weiß, dass er verloren hat. Die Frage ist nur, was er zurücklassen wird. Und jetzt möchte ich allen am Bildschirm eine Frage stellen, allen, die dieses Video sehen. Es spielt keine Rolle, für wen Sie gestimmt haben oder welche Ansichten Sie vertreten. Es spielt keine Rolle, welche Flagge oder welches Wappen Ihnen gefällt. Ich möchte jedem Belarussen eine Frage stellen: Was haben wir verdient – ein Land zum Leben oder ein Konzentrationslager?~~~Лукашенко готовится к уходу. Он знает, что с ним Беларусь превратится в страну-изгоя. Он знает, что проиграл. Вопрос лишь в том, что он оставит после себя. И сейчас я хочу задать вопрос каждому человеку у экрана, всем, кто смотрит это видео. Неважно за кого вы голосовали и каких взглядов придерживаетесь. Неважно, какой флаг и герб вам нравится. Я хочу задать вопрос каждому беларусу. Что мы заслужили: страну для жизни или концлагерь?[/bilingbox]
Facebook/Pjotr Kusnjazou: Blick in die dunkle Vergangenheit
Pjotr Kusnjazou, Direktor der regionalen Informationsplattform Gomel – Silnyje Nowosti, fühlt sich durch die Aufnahme an die schlimmsten Zeiten seines Landes erinnert.
[bilingbox]Hier sind nun also die Pläne, im Land ein politisches Konzentrationslager zu errichten – das hat selbst vor dem Hintergrund der bestehenden Realität für enorme Verwunderung gesorgt. So deutlich weht damit der Wind von den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts herüber, dass einen eine Gänsehaut überzieht. Wir ziehen hier Parallelen zum Stalinismus, erfassen Gemeinsamkeiten, während die da diese Gemeinsamkeiten gezielt planen und organisieren. Was heißt hier Stalinismus. Unter Stalin waren die Menschen nicht „überflüssig“ – alle waren gut dafür, den Weißmeer-Ostsee-Kanal zu bauen. „Überflüssige Menschen“ – das stammt aus dem Repertoire einer völlig anderen Figur, der all der Lebensraum nicht reichte; „die Überflüssigen“ konnten buchstäblich verwertet werden, was auch gemacht wurde: Goldkronen – auf den einen Haufen, Haare zum Polstern von Möbeln auf einen anderen, Organe und Blut für Medizin wieder irgendwo anders hin und so weiter. ~~~Но вот планы создать в стране политический концлагерь – это удивило сильно даже на фоне имеющейся реальности. Так чётко повеяло 30-ми годами прошлого столетия, что аж мурашки по коже. Мы тут проводим параллели со сталинизмом, улавливая общие черты, а они в это время эти общие черты целенаправленно планируют и организовывают. Да ладно, сталинизм. При Сталине „лишними“ люди не были – все годились Беломорканал строить. „Лишние люди“ – это из репертуара совершенно другого персонажа, которому все жизненного пространства не хватало, а „лишних“ можно было утилизировать в буквальном смысле, что и делалось: золотые коронки – отдельно, волосы для набивки мебели – отдельно, органы и кровь для медицины – отдельно и т.д.[/bilingbox]
In seinem Statement betont Pawel Latuschko, ein zur Opposition übergelaufener Funktionär und Politiker, die umfassende Macht Lukaschenkos.
[bilingbox]Nach Karpenkows Aussagen wird niemand mehr die geringsten Zweifel haben: Alle Gräueltaten in Belarus geschehen auf Befehl Lukaschenkos und mit seinem Wissen. Er benennt direkt die wesentliche Aufgabe der Miliz – nein, das ist nicht der Schutz des Volkes, sondern der Schutz des Nichtlegitimierten und seiner Familie.~~~После заявлений Карпенкова ни у кого не останется ни малейших сомнений: все злодеяния в Беларуси творятся по приказу Лукашенко и с его ведома. Он прямо называет основную задачу милиции – нет, это не защита народа, а защита нелегитимного и его семьи.[/bilingbox]
Radio Svaboda: Lenin als absurde Argumentationshilfe
In der Aufnahme bezieht sich die Stimme, die Karpenkow zugeordnet wird, auch auf Lenin. Jury Drakachrust, politischer Kommentator beim Sender Radio Svaboda, weist auf die bittere Ironie dieser Argumentation hin.
[bilingbox]Laut Karpenkow hat „Großväterchen Lenin“ gesagt, dass nur der Staat das Recht hat, Waffen zu benutzen, und dass alle anderen, die sie benutzen, Banditen und Terroristen sind. Die Ironie der Situation besteht darin, dass Karpenkow sich auf eine Person bezieht, die selbst ein prominenter, patentierter Bandit und Terrorist war. Es ist schwierig, in der Geschichte eine andere Figur zu finden, die ähnlich radikal wie Lenin die Tradition, die Sitten, die alte Hierarchie ablehnt – alles, was Herrn Karpenkow angeblich so am Herzen liegt. Herr Karpenkow hat in dieser Hinsicht einfach nichts zu bieten. Absolute, ideale Leere als Ideologie, mit Lenin als Prophet des Bestehenden und der Unveränderlichkeit – eine absurdere und widersprüchlichere Rechtfertigung kann man sich nicht vorstellen.~~~
По словам Карпенкова „дедушка Ленин“ говорил, что право на применение оружия имеет только государство, а все другие, кто его применяет – бандиты и террористы.
Ирония ситуации заключается в том, что Карпенков сослался на личность, которая как раз и была выдающимся, патентованным бандитом и террористом. Поискать в истории другого персонажа, который бы столь радикально, как Ленин, отвергал традицию, обычаи, прежнюю иерархию – все то, что якобы такое дорогое сердцу господина Карпенкова.
У господина Карпенкова нет в этом смысле просто ничего. Абсолютная, идеальная пустота как идеология, Ленин как пророк охранительства и неизменности – нарочно не придумаешь более абсурдного и противоречивого обоснования.[/bilingbox]
Lew Margolin, Ökonom und stellvertretender Vorsitzender der Vereinigten Bürgerpartei, spekuliert in einem Interview, wer die Aufnahme Bypol zur Veröffentlichung übermittelt haben könnte.
[bilingbox]Das machen natürlich deren Kollegen. Dafür könnte es zwei Gründe geben. Der erste Grund ist möglicherweise der Wunsch, Geld zu verdienen. Es ist die Information durchgedrungen, dass bestimmte Leute Geld für solche Aufnahmen verlangen. Der zweite Grund ist der Wunsch, in der Zukunft eine Art Ablass zu erhalten. Später wird man sagen: Obwohl dieser Mann dort gedient hat, war er in nichts verwickelt, mehr noch: Er hat uns als Kämpfer im Untergrund geholfen.~~~Делают, конечно, их коллеги. А причины могут быть две. Первая причина – возможно, желание заработать. Проходила информация, что кое-кто хочет денег за какие-то записи. Вторая причина – желание получить индульгенцию в будущем. Потом будет сказано: хоть этот человек и служил там, но он ни в чем не замешан и более того, он как подпольщик помогал нам.[/bilingbox]