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Staatliche Banken

Russische staatliche Banken kontrollieren über 50 Prozent des Vermögens des russischen Bankensektors und erfüllen wichtige politische und wirtschaftliche Funktionen. Während der Krisen von 2008/2009 und 2014/2015 wuchs ihre Bedeutung für die russische Wirtschaft noch an.

Staatliche Banken sind Banken, die mehrheitlich dem Staat gehören oder die vom Staat kontrolliert werden, zum Beispiel über andere staatliche Unternehmen. In Russland sind die wichtigsten staatlichen Banken Sberbank (SB), Vneshtorgbank (VTB), Vneshekonombank (VEB), Rosselchozbank (RSKB) und Gazprombank. Es sind zugleich die größten russischen Banken. Die Russische Zentralbank (RZB) besitzt 50 Prozent und eine Aktie der Sberbank, der russischen Regierung gehören 60,9 Prozent der Vneshtorgbank. Die Vneshekonombank und die Rosselchozbank sind Entwicklungsbanken und gehören zu 100 Prozent der russischen Regierung. Die Gazprombank gehört zu 35,54 Prozent dem staatlichen Unternehmen Gazprom, zu 10,19 Prozent der VEB und zu 49,64 Prozent dem nicht staatlichen Pensionsfonds Gazfond. Insgesamt gehört den staatlichen Banken über 50 Prozent des Vermögens des gesamten russischen Bankensektors.

Mit fünf staatlichen Banken an der Spitze der Bankenhierarchie ist die Struktur des russischen Bankensektors ähnlich wie in der späten Sowjetunion, als 1988 die sowjetische Zentralbank Gosbank  in vier spezialisierte Banken („spez-banki“) aufgeteilt wurde: Promstrojbank, Shilsozbank, Agroprombank und Vneshekonombank. Jede Bank bediente einen anderen Sektor der russischen Wirtschaft: Industrie, Wohnungsbau, Landwirtschaft und Außenwirtschaft. Auf der Basis dieser Banken entstanden in der Phase der Privatisierung über 600 neue private Banken, die meisten von ihnen existieren heute nicht mehr. Nur die VEB behielt die gleiche Form und Funktion – die ausländischen Kredite des russischen Staates zu bedienen und die staatlichen Renten zu verwalten. 2007 wurde sie jedoch umstrukturiert und spielt seitdem als Russische Entwicklungsbank eine wichtige Rolle in der heimischen Wirtschaft. Die Sberbank stellt im System der russischen staatlichen Banken ebenfalls eine Ausnahme dar, da sie auf der Grundlage einer sowjetischen Arbeitersparkasse entstanden ist, die 1987 ebenfalls in eine Bank umgewandelt wurde, Sberegatelni Bank SSSR (Sparbank der UdSSR). Heutzutage fungieren die SB, und in geringerem Maße auch die 1990 entstandene VTB, auf dem russischen Markt zum Teil als eine Art Entwicklungsbank, indem sie politisch wichtige Unternehmen sowie soziale Projekte finanzieren.

Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 ist die Bedeutung der staatlichen Banken in der russischen Wirtschaft gestiegen. Sie bekamen während der Krise über 80 Prozent aller staatlichen Hilfen, das Äquivalent von 725 Milliarden Rubel (damals etwa 20,3 Milliarden Euro), die sie zum Teil an private Banken weiterverleihen sollten. Darüber hinaus setzte die RZB in der Krise 2008/2009 das davor vernachlässigte Instrument der Refinanzierung von Banken ein (das nun auch auf Staatsbanken erweitert wurde) und verhinderte dadurch potentielle Liquiditätsengpässe. Vom Staat finanziell unterstützt, bekamen staatliche Banken infolge der Krise mehr Firmenkunden. Vor der Krise waren sie vor allem unter Privatkunden beliebt: sie hielten deutlich über 60 Prozent der privaten Guthaben. Nach der Krise verloren sie zwar einen Teil der Privatguthaben, gewannen dafür aber von Unternehmen Einlagen hinzu. Über 60 Prozent der Kredite an russische Unternehmen werden heutzutage von staatlichen Banken bereitgestellt. Dieser Trend hängt damit zusammen, dass die Bankguthaben der Unternehmen nicht vom Staat versichert werden, von staatlichen Banken erhoffen sich also die Geschäftskunden mehr Stabilität. Dieser Effekt vergrößerte sich sogar noch nach 2014, obwohl alle staatlichen Banken mit Sanktionen belegt sind.

Die Sanktionen der EU und der USA im Zuge des Ukraine-Konflikts wirkten sich auf die Liquiditätssituation der russischen staatlichen Banken aus, da diese Banken sich auch mit Krediten westlicher Banken finanzierten. Der Zugang zu Finanzinstrumenten mit einer Laufzeit von über drei Monaten war ihnen nun versperrt, auch die internationalen Kreditrankings verschlechterten sich. Der Staat versuchte, diesen negativen Effekt der Sanktionen durch finanzielle Unterstützung auszugleichen. Die RZB refinanzierte die Banken und kaufte sogar Aktien der VTB und der RSKB. Diese Maßnahmen genügten jedoch nicht, um die Verminderung der Investitionsressourcen für die russische Wirtschaft wettzumachen. So sah sich die Regierung letztlich gezwungen, den Nationalen Wohlstandsfonds – eigentlich die Finanzreserve des Landes – für Investitionsprojekte bereitzustellen.

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