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Ukrainische Krim
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„Dieses Haus ist eine Metapher“
Das Haus der Regierung entstand 1931 am Ufer der Moskwa. Yuri Slezkine, Geschichtsprofessor an der Universität Berkeley, erzählt in seinem gleichnamigen Buch die Geschichte des Sowjetkommunismus anhand des Gebäudes und seiner Bewohner. 2018 ist es auf dem deutschen, 2019 auch auf dem russischen Markt erschienen.
Jahrzehntelang hat Slezkine dafür in Archiven recherchiert, entsprechend unterteilt der US-amerikanische Historiker, der 1982 aus der Sowjetunion emigrierte, sein Buch in drei unterschiedliche Stränge: einen biografischen, einen historischen und einen analytischen.
Im Interview mit Maxim Trudoljubow für Colta.ru spricht Yuri Slezkine über das besondere Gebäude und seine Bewohner und darüber, weshalb er den Kommunismus als Sekte begreift.
Maxim Trudoljubow: Die Baustelle ist eine gute Metapher. Die Bolschewiki machten sich an den Bau dessen, was sie Sozialismus nannten, ohne einen Bauplan zu haben. Aber für das Haus der Regierung gab es einen Bauplan – übrigens eines der wenigen Wohnhäuser, die damals überhaupt gebaut wurden.
Yuri Slezkine: Dieses Gebäude ist in der Tat eine Metapher. Das Haus der Regierung wurde gleichzeitig mit der Sowjetunion erbaut und, wenn man so will, gleichzeitig mit dem Stalinismus – in den Jahren des ersten Fünfjahresplans. Die Bewohner errichteten eine neue Wirtschaft, einen neuen Staat und gleichzeitig ein Haus, in dem sie mit ihren Familien leben wollten.
Die Bewohner errichteten einen neuen Staat und gleichzeitig ein Haus, in dem sie mit ihren Familien leben wollten
Man redete zwar ständig von Städten und Wohnraum, und es wurde viel darüber geschrieben, wie die Wohnkommunen aussehen sollten. Gebaut wurde allerdings wenig, der Staat hatte andere Sorgen – die Industrialisierung, die Kollektivierung. Baustellen gab es viele, vor allem aber industrielle und metaphorische. Das Haus der Regierung war eines der wenigen Wohnprojekte.
Als ich [Ihr Buch Das Haus der Regierung – dek] zu lesen begann, dachte ich, es würde um das Haus und seine Bewohner gehen. Aber es stellte sich heraus, dass die Protagonisten noch etwas anderes als der Wohnort verbindet. Die zentrale Metapher des Buchs (oder ist es keine Metapher?) ist die Sekte. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Ich hatte nicht die Absicht, über eine Sekte zu schreiben. Als ich mit der Arbeit an dem Buch begann, hatte ich keine Ahnung von Sekten. Erst beim Lesen der Briefe, Manifeste, Tagebücher und anderer Dokumente kam mir dieser Gedanke. Ich war erstaunt, wie oft das Wort Glaube vorkam, wie diese Menschen dachten und worauf sie hofften. Mich verblüffte die Ähnlichkeit dessen, was sie sagten, mit dem, was ich aus ganz anderer Literatur kannte. Ich fing an, Bücher über Millenarismus, Apokalyptik und ähnliche Phänomene zu lesen.
Als ich mit der Arbeit an dem Buch begann, hatte ich keine Ahnung von Sekten. Erst beim Lesen der Briefe, Manifeste, Tagebücher und anderer Dokumente kam mir dieser Gedanke
Eigentlich wollte ich das Haus der Regierung „bauen“, seine Bewohner dort „einziehen“ lassen, zuschauen, wie sie darin leben, um dann Zeuge ihrer Verhaftung und Hinrichtung zu werden. Aber am Ende hatte ich ein Buch, das viel größer war, in seinem Umfang und auch in jeder anderen Hinsicht.
Das bolschewistische Sektentum ist für mich keine Metapher. Ich ziehe keinen Vergleich zwischen den Bolschewiki und religiösen Sektenanhängern. Ich verwende das Wort Religion nicht, weil es das Bild nur verstellen würde. Ich behaupte, dass die Bolschewiki Sektenanhänger waren, ohne Anführungszeichen.
Welche Art von Sektenanhängern?
Der apokalyptische Millenarismus ist der Glaube daran, dass die Welt, die voller Ungerechtigkeit und Unterdrückung ist, noch zu Lebzeiten der jetzigen (oder spätestens nachfolgenden) Generation in einem katastrophalen Gewaltausbruch ihr Ende finden wird.
Manche bezeichnen solche Bewegungen als religiös, andere nicht – das hängt ganz davon ab, welche Religionsdefinition man ansetzt. Für mich spielt das keine Rolle. Als mir beim Lesen der Dokumente bewusst wurde, dass die Bolschewiki – ganz egal, welche Definition man benutzt – apokalyptische Millenaristen waren, begann ich sie im Vergleich zu anderen, ähnlichen Bewegungen zu betrachten. Cargo-Kulte, das frühe Christentum, der frühe Islam, die Münsteraner Wiedertäufer, die Roten Khmer, der Taiping-Aufstand – all das sind millenaristische Bewegungen. Die Anhänger- oder Opferzahlen miteinander zu vergleichen ist uninteressant. Wichtiger ist der Kern der Sache.Lenin nannte sie eine ,Partei neuen Typs’, aber er hätte sie auch ,Sekte gewöhnlichen Typs’ nennen können
Für die Bolschewiki selbst war ihre Partei keine Partei, wie Politiker und Soziologen sie definieren. Es war keine Vereinigung, deren Tätigkeit auf die Machtergreifung im Rahmen eines bestehenden politischen Systems abzielte. Es war vielmehr eine Organisation, die auf den Sturz des bestehenden politischen Systems im Kontext der Zerstörung der gesamten Alten Welt hinarbeitete – einer Welt der Ungerechtigkeit und unauflösbaren Widersprüche. Lenin nannte sie eine „Partei neuen Typs“, aber er hätte sie auch „Sekte gewöhnlichen Typs“ nennen können.
Ihre Protagonisten machen keinen Halt vor Grausamkeit, aber sie leiden auch und weinen immerzu. Lenins Tod lässt Tränenströme losbrechen, die Ermordung Kirows löst eine Schockstarre aus. Warum? Waren sie so unglaublich emotional?
Ich denke, das hat mit ihren Vorstellungen zu tun, mit der Prophetie, an die sie glaubten, mit der Intensität der Erwartungen, der Opferbereitschaft, die ursprünglich zum Bolschewismus gehörte. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass es am Anfang des Buches um sehr junge Menschen geht. Um emotionale, ehrfürchtige junge Männer und Frauen, die von fieberhaften apokalyptischen Stimmungen beseelt sind.
Sie lebten in konspirativen Wohnungen, in Gefängnissen, in der Verbannung. In ihrem Weltgefühl waren Sehnsucht, Verzweiflung und die inbrünstige Hoffnung auf das Kommen des „rechten Tages“ vereint. Und dann geschah etwas, das in der Geschichte solcher Bewegungen unglaublich selten ist: Ihre Apokalypse trat ein. Der rechte Tag kam. Zumindest erlebten sie seinen Anbruch. Genau, wie es einmal ein anderer Millenarist prophezeit hatte: „Es wird aber ein Bruder den andern zum Tod überantworten und der Vater das Kind, und die Kinder werden sich empören gegen ihre Eltern und werden sie zu Tode bringen“ (Matthäus 10,21).Ihre Apokalypse trat ein. Der rechte Tag kam. Zumindest erlebten sie seinen Anbruch
Die Briefe aus den Tagen des Bürgerkrieges zeugen von einem beeindruckend intensiven Erleben. Extreme Erfahrungen bringen extreme Emotionen. Alle Millenaristen ereilt früher oder später das, was die amerikanische Geschichte als die „große Enttäuschung“ kennt: Die Zeit vergeht, aber die Prophezeiung tritt nicht ein.
Für die Bolschewiki war diese Erfahrung besonders schmerzhaft, weil sie die „Schlacht von Armageddon“ bereits gewonnen hatten. Aber kaum war sie gewonnen, da wurden die Positionen auf dem X. Parteitag auch schon aufgegeben, der charismatische Anführer starb, und in den Häusern der Sowjets wurde nur irgendwelches Zeug gemacht. Die Periode der Neuen Ökonomischen Politik (NEP) war ihre große Enttäuschung. Das wird deutlich, wenn man die Parteiliteratur der 1920er Jahre liest oder sich ansieht, wie diese Menschen lebten, wie sie weinten, wie sie sich in Sanatorien behandeln ließen.Kommt das Gefühl der „belagerten Festung“ erst in den 1920er, 1930er Jahren auf? Oder war das ein allgemeiner Wesenszug?
Es war ein Wesenszug. Es ist nicht so, dass ich – nur weil ich einmal beschlossen habe, dass die Bolschewiki eine Sekte sind – ihnen alles zuschreibe, was ich über Sekten weiß. Es zeigte sich einfach, dass vieles von dem, was ich über sie herausfand, mit dem übereinstimmt, was wir über Sekten wissen.
Die Absonderung von der Außenwelt ist eines der Merkmale des frühen Bolschewismus. Und eine Sekte ist, in welcher Definition auch immer, eine Gruppe von Gleichgesinnten, die sich von der feindlichen, sündigen, dem Untergang geweihten Welt lossagt. Die Bolschewiki haben viel darüber geschrieben, was es für sie bedeutete, ein Teil dieser heiligen Bruderschaft zu sein und welch ein Abgrund sie von dem kleinbürgerlichen „Sumpf“ trennt. Das Haus der Regierung war ihre belagerte Festung.
Das heißt, sie fühlten sich auch innerhalb des Landes umzingelt?
Das Haus an der Uferstraße war eine riesige Festung. Bei seiner Eröffnung war im Land gerade die Kollektivierung im Gange. Die Bewohner wussten und wussten gleichzeitig nicht, wie sie genau abläuft. Sie erließen Dekrete und stellten Pläne auf, aber sie diskutierten nicht, welchen Preis sie dafür zahlten. Sie sprachen nicht mit ihren Haushälterinnen darüber, was mit deren Familien passiert war.
Es war in dem Sinne eine belagerte Festung, als sie von sowjetischen Menschen umgeben waren, die gar keine waren. Die Sowjetunion war eine belagerte Festung innerhalb einer bourgeoisen Welt, das Haus der Regierung war eine belagerte Festung innerhalb der Sowjetunion, und jede einzelne Wohnung eine innerhalb des Hauses. Jeder Bolschewik war in seinen eigenen vier Wänden belagert.Jeder Bolschewik war in seinen eigenen vier Wänden belagert
Wir sehen, wie sehr sie darunter litten, dass das Leben von allen Seiten an sie herandrängte. Die Kinder wuchsen heran, auf den Tischen breiteten sich Tischdeckchen aus, an den Fenstern Vorhänge; Eltern, Verwandte kamen zu Besuch. Kleine Familien gab es da kaum, die allermeisten hatten eine Großfamilie. Der Schwiegervater – ein ehemaliger Rabbi – kam, die Schwiegermutter betete flüsternd, die Haushälterin vom Land taufte heimlich die Kinder.
Der rechtgläubige Bolschewik wurde überwuchert von Sachen und armen Verwandten. Denen, die Zeit zum Nachdenken hatten, war bewusst, dass sie Tag für Tag und Stunde für Stunde ihren Glauben verrieten. Und wenn man sie holen kam, wussten sie deshalb auch, dass sie in gewisser Weise schuldig waren.Stalin bleibt in Ihrem Buch fast außen vor. War er für [die Bolschewiki] der „Großinquisitor“, eine Dostojewski-Figur, die verstanden hat, dass man nicht auf die „Wiederkunft“ warten darf, sondern ein System errichten muss?
Über Stalin habe ich nichts Neues zu sagen. Und er lebte ja auch nicht im Haus an der Uferstraße. Das ist gut, weil man in historischen Romanen den König normalerweise nicht zur Hauptfigur macht. Im Unterschied zu jemandem, der einen historischen Roman schreibt, konnte ich nichts erfinden, es kam mir also sehr gelegen, dass Stalin auf der anderen Seite des Flusses wohnte. Und es ist auch nicht so wichtig, was er dachte. Ich glaube, dass er ein wahrer Bolschewik war, ein gläubiger Mann. Aber gleichzeitig ein pragmatisches Staatsoberhaupt. Sie waren alle zugleich Gläubige und Staatsbeamte.
Welches Erbe hinterließ die erste Generation von Bauherren der UdSSR? Ist es der nachfolgenden Generation gelungen, dem System Routine zu verleihen?
Der Bau war nicht besonders solide. Wir wissen, wie die Sowjetunion zu Ende ging. Sie ist nie wirklich zur Routine geworden. Das Christentum existiert als Zivilisation schon seit 2000 Jahren. Die Kommunisten sind ausgestorben. Die Entwicklungskader meiner Figuren sind gestorben, und mit ihnen auch der Staat, den sie aufgebaut haben. Das heißt, etwas ist ihnen schon gelungen, und das ist nicht wenig. Sie sind die einzige millenaristische Sekte, die es geschafft hat, die Herrschaft in Babylon an sich zu reißen.
Das Christentum wurde erst vier Jahrhunderte nach dem Tod seines Propheten die offizielle Religion des Römischen Reiches, als kaum noch jemand den baldigen Weltuntergang herbeigesehnt hat. Die Bolschewiki blieben auch nach ihrer Machtergreifung inbrünstig gläubige Millenaristen. So etwas hat es noch nie gegeben. Aber es währte eben nicht lange.
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Debattenschau № 73: No Conspiracy – und jetzt?!
No Conspiracy zwischen Trump und Russland: Der Abschlussbericht des US-Sonderermittlers Robert Mueller sieht keine Beweise dafür, dass es eine strafbare Zusammenarbeit zwischen Trumps Wahlkampfteam und russischen Stellen gab. Obwohl Trump sich schon kurz nach der Verkündigung des Berichts in einem Tweet als entlastet sah („Total EXONERATION. KEEP AMERICA GREAT!“) – der Vorwurf, er habe die Justiz an den Ermittlungen behindert, ist nicht ausgeräumt.
Außerdem sieht der Bericht eine russische Einmischung in die US-amerikanischen Wahlen als erwiesen an – durch Troll-Kampagnen in Sozialen Medien und Hackerangriffe auf das Team um Trump-Rivalin Hillary Clinton. So wurden im Laufe der Ermittlungen auch 25 russische Staatsbürger angeklagt.Was bedeutet der Mueller-Bericht für die russisch-amerikanischen Beziehungen? Und wie politisch motiviert waren die Ermittlungen? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte in russischen Medien.
Fontanka: Lächerlich
Die Petersburger Online-Zeitung Fontanka zitiert die offizielle Stellungnahme des russischen Außenministeriums. Dieses kehrt die gängigen Vorwürfe gegen Russland um:
[bilingbox]Um die überflüssige Tätigkeit der riesigen Ermittlungs-Brigade zu rechtfertigen, muss man, was die im letzten Jahr vorbereiteten Anklagen von 25 russischen Bürgern angeht, festhalten, dass sie einfach lächerlich wirken.
Die politische Motivation des Ganzen ist derart offensichtlich, dass man sie nicht anders bezeichnen kann denn als Schande der US-amerikanischen Justiz.~~~Что касается подготовленных в прошлом году, чтобы хоть как-то оправдать бесполезную деятельность огромной следственной бригады, обвинительных заключений в отношении 25 российских граждан, то они выглядят просто смехотворно. Политическая мотивированность этих дел настолько очевидна, что их невозможно охарактеризовать иначе, как позор американской юстиции.[/bilingbox]erschienen am 25.03.2019, Original
Snob: Weiße Weste
Der Journalist Konstantin Eggert fragt auf Snob nach den möglichen Folgen des Berichts für die Staatspropaganda:
[bilingbox]Der Kreml wird nicht viel zu diesem Thema sagen, weil es in Muellers Ermittlungen um die Verbindungen von Trumps Wahlkampagne mit Moskau ging. Man muss festhalten, dass es höchstwahrscheinlich keine Zusammenarbeit von Trump mit dem Kreml gab. Wenngleich man Russlands Einmischung in die US-Wahlen als bewiesen ansehen kann. Ich glaube, dass die Geschichte mit der Einmischung und möglicherweise auch mit den Sanktionen noch nicht zu Ende ist. Womöglich werden die russischen staatsnahen Medien die Nachricht über Trumps Unschuld durch die Nachricht ersetzen, dass Russland überhaupt nichts damit zu tun habe. Die offizielle Propaganda wird diesen Gedanken pushen.~~~Кремль […]не будет много говорить на эту тему, потому что расследование Мюллера касалось именно связи предвыборной кампании Трампа с Москвой. Нужно понимать, что сотрудничества Трампа с Кремлем, скорее всего, не было. Однако факт вмешательства России в американские выборы можно считать доказанным. Думаю, история со вмешательством и, возможно, также и с санкциями не закончена.
Вполне возможно, что российские прогосударственные СМИ будут пытаться заменить новость о том, что Трамп ни в чем не виноват, словами о том, что Россия вообще ни при чем. Официальная пропаганда будет проталкивать эту мысль.[/bilingbox]erschienen am 26.03.2019, Original
RIA Nowosti: Absurde Geschichte
Die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti zitiert die Außenamt-Sprecherin Maria Sacharowa. Dass der Sonderermittler Robert Mueller in seinem Bericht russische Hacker erwähne, das sei eine „absurde Geschichte“, meint sie und fragt rhetorisch:
[bilingbox]Können Sie sich vorstellen, dass die USA mit ihrem mächtigen milliardenschweren Militärbudget, mit ihrer fortschrittlichen Informationssicherheit – dass diese USA von 25 Hackern angegriffen wurden, die versucht haben, die US-Wahlen zu beeinflussen?~~~Можете себе представить, что США с самым мощным миллиардным военным бюджетом, с самой передовой информационной защитой подверглись нападению 25 хакеров, которые совершили попытку повлиять на американские выборы?[/bilingbox]
erschienen am 25.03.2019, Original
Facebook/Karina Orlova: Viele kleine Putins
Echo Moskwy-Journalistin Karina Orlova versteht auf Facebook die Häme russischer Kollegen nicht:
[bilingbox]Dass die Ermittlungen von Mueller weder mit Beschuldigungen gegen den Hauptverdächtigen begannen noch damit schlossen, zeugt nur davon, dass die USA nicht Russland sind, wo die Gerichte 0,3 Prozent Freisprüche fällen und das Ermittlungskomitee denkt, dass das sehr viel ist. Das gibt es nur in Russland: Wenn eine strafrechtliche Verfolgung begonnen hat, liegt die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs bei 0,3 Prozent.
Und den russischen Kommentatoren und Journalisten, die Muellers Ermittlungen hämisch als „heiße Luft“ abtun, sollten lieber mal darüber nachdenken, warum die Gesellschaft in Russland, wohin sie sich auch dreht und wendet, immer bei einer Freispruchquote von 0,3 Prozent landet. Vielleicht ist ja das Problem gar nicht so sehr Putin als vielmehr, dass ein kleiner Putin mit verdrehten und totalitären Gedanken in fast jedem von uns lebt.~~~А то, что расследование Мюллера было начато и не закончилось обвинениями против подозреваемого по главному пункту, говорит только о том, что США не Россия, где суды выносят 0.3% оправдательных приговоров, а Следственный Комитет считает, что это очень много. Это только в России, если уголовное расследование начато, то на оправдание можно рассчитывать с вероятностью в 0.3%.
А тем из российских комментаторов и журналистов, кто со злорадством объявляет расследование Мюллера «пшиком» или «горой, родившей мышь», лучше бы задуматься, почему в России общество, куда бы оно не шло, всегда приходит к состоянию в 0.3% оправдательных приговоров. Может быть, проблема не столько в Путине, но в том, что свой маленький путин, с его искривленным и тоталитарным мышлением, живет почти в каждом из них.[/bilingbox]
erschienen am 25.03.2019, Original
Facebook/Wolkow: Der gesunde Menschenverstand hat gewonnen
Oppositionspolitiker Leonid Wolkow teilt auf Facebook sowohl gegen Putin als auch gegen Trump aus:
[bilingbox]Ich mag Putin nicht.
Ich mag Trump nicht.
Ich verehre, achte, vergöttere den gesunden Menschenverstand und freue mich jedes Mal, wenn er gewinnt.
Ockhams Rasiermesser genügt, um sich darüber klar zu werden, dass es keiner Verschwörung zwischen Trump und Putin bedarf, um alle zu beobachtenden Fakten zu erklären. Also gab es auch keine Verschwörung. Bei schlechten Menschen treffen sich die Gedanken und Ziele auch ohne eine solche, auf ganz natürliche Art und Weise.
Sonderermittler Mueller brauchte knapp zwei Jahre, um sich ebenfalls genau darüber klar zu werden. Gut, dass es nicht noch mehr, schade, dass es nicht weniger waren.
Aber insgesamt freue ich mich geradezu.~~~Не люблю Путина.
Не люблю Трампа.
Обожаю, уважаю, боготворю здравый смысл, и каждый раз радуюсь его победе.
Принцип бритвы Оккама абсолютно достаточен для того, чтобы понять, что никакой conspiracy между Трампом и Путиным не требуется для того, чтобы объяснить все наблюдаемые факты. А значит ее и не было. Просто у плохих людей мысли и цели сходятся и без того, совершенно естественным образом.
Спецпрокурору Мюллеру понадобилось два с лишним года для того же самого. Хорошо, что не больше; жаль, что не меньше.
Но в целом вот прямо радуюсь.[/bilingbox]erschienen am 24.03.2019, Original
Republic: Trumps Wahlversprechen
Eine Konspiration des Wahlkampfstabs von Trump mit russischen Behörden wurde nicht nachgewiesen. Wird Trump nun die Beziehungen zum Kreml verbessern? Auf diese Frage geht der Außenpolitik-Experte Wladimir Frolow auf Republic ein:
[bilingbox]Hat sich der Einsatz bei diesem Spiel überhaupt gelohnt? Kurzfristig nicht – den russisch-amerikanischen Beziehungen hat er geschadet: Trump waren die Hände gebunden, der Sanktionsdruck auf Russland hat sich erhöht und wird vorerst nicht nachlassen. Die Sanktionen stehen in Verbindung zu der unterdessen nachgewiesenen Einmischung in die Wahlen, und nicht zur Existenz oder Nichtexistenz eines Deals mit Trump.
Doch langfristig haut alles hin: Trump wurde – nicht ohne unsere Hilfe – Präsident, und Clinton nicht. Und heute, nach dem entlastenden Untersuchungsergebnis, kann Trump – woran Putin ihn unermüdlich erinnert – endlich sein äußerst wichtiges Wahlversprechen einlösen und die Beziehungen zu Russland verbessern. Doch warum schickt Russland ausgerechnet jetzt Flugzeuge mit Militärs nach Venezuela?~~~Стоила ли вообще эта игра свеч? В краткосрочном плане нет – российско-американские отношения это только ухудшило, Трамп был скован по рукам и ногам, санкционный прессинг на Россию усилился и пока не ослабнет. К санкциям имеет отношение именно вмешательство в выборы, ныне доказанное, а не наличие или отсутствие сговора с Трампом.Но в долгосрочном плане все получилось: Трамп, не без нашей помощи, стал президентом, а Клинтон – нет. И сегодня, после оправдательного результата расследования, Дональд Трамп, как не устает ему напоминать Владимир Путин, может, наконец, выполнить свое важнейшее предвыборное обещание – улучшить отношения с Россией. Только зачем России посылать прямо сейчас самолеты с военными в Венесуэлу?[/bilingbox]
erschienen am 26.03.2019, Original
Facebook/Alexander Etkind: Trumps Mauer gegenüber Russland
Auch Historiker Alexander Etkind fragt auf Facebook nach den russisch-amerikanischen Beziehungen. Er meint, Trump werde sich nun gegenüber Russland stark abgrenzen:
[bilingbox]Merkwürdig ist schon, wie sich die russischsprachigen Freunde über das Ergebnis der Ermittlungen freuen. Mueller hat das Vorhandensein, die Größenordnung und Intention der russischen Einmischung nachgewiesen. Einen Komplott jedoch nicht: Es hatten sich keine Beweise finden lassen, dass Trump persönlich um Einmischung gebeten hat oder dass er deswegen gewonnen hat. Natürlich erinnern wir uns alle, wie er sich gefreut und um Zugabe gebeten hat; aber das war so etwas wie Sarkasmus.
Nun wird der frohe Trump beweisen, dass er über jeden Verdacht erhaben ist: Seine Mauer beginnt er nicht dahin bauen, wo es nötig wäre, sondern dahin, von wo in letzter Zeit die größte Gefahr in seinem Leben ausging. Und er wird sie mit der ihm eigenen Intelligenz und Konsequenz bauen. Aber das ist so etwas wie Sarkasmus.
~~~Странно как радуются русскоязычные друзья итогам расследования. Мюллер доказал наличие, масштаб и замысел российского вмешательства. Он не доказал наличие сговора: не нашлось доказательств того что о вмешательстве просил лично Трамп или что он от него выиграл. Правда мы все помним как он радовался и просил еще; но то был типа сарказм. Теперь радостный Трамп будет сам доказывать, что он вне подозрений. Свою стену он начнет строить не где придется, а там, откуда исходила самая большая в его жизни опасность. И будет ее строить со свойственными ему интеллектом и последовательностью. Но это типа сарказм[/bilingbox]erschienen am 25.03.2019, Original
dekoder-Redaktion
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Debattenschau № 72: Rücktritt Nasarbajews – Blaupause für Putin?
Am Mittwoch hat der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew seinen Rücktritt angekündigt. Er war schon 1989 Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Kasachischen Sozialistischen Sowjetrepublik, 1990 übernahm er nahtlos die Präsidentschaft des flächengrößten Landes Zentralasiens.
Mit Kasachstan verbindet Russland nicht nur die längste Landgrenze (rund 7600 Kilometer), sondern auch eine Nachbarschaft in den Ranglisten der Pressefreiheit oder Bürger- und Freiheitsrechte. Beide Länder gelten in der Politikwissenschaft als autoritäre, personalisierte Regime.
Doch der Präsident Kasachstans tritt nur der Form halber ab, sind Beobachter sicher: als sogenannter Nationaler Leader (kas. Elbassy), Chef des Sicherheitsrats und Vorsitzender der Regierungspartei bleibe er tatsächlich an der Macht. Sein Interimsnachfolger Kassym-Jomart Tokajew soll ihm treu ergeben sein, in einer seiner ersten Amtshandlungen hat er vorgeschlagen, die Hauptstadt Kasachstans Astana in Nursultan umzubenennen. Beide Parlamentskammern votierten einen Tag später einstimmig für den Vorschlag.
In russischen Medien wird vor allem eine Frage debattiert: Kann das kasachische Modell des Machttransfers Blaupause für Russland sein? dekoder bringt Ausschnitte aus der Debatte.
Facebook/Maxim Trudoljubow: Das schwere Los eines Diktators
Der Wissenschaftler und Journalist Maxim Trudoljubow zieht auf Facebook eine Parallele zwischen dem kasachischen und dem russischen Herrschaftssystem:
[bilingbox]Lebendig, aus eigenen Stücken und mit Würde abzutreten, wenn auch nicht allzu weit weg – ist wahrscheinlich die größte Kunst des Leaders eines Landes wie Kasachstan. Und eines Landes wie Russland. Richtig umfassend abzutreten ist wahrscheinlich gar nicht möglich. Es ist schwierig, ein Diktator zu sein – entweder kehrst du siegreich oder tot zurück: Zwei Drittel der Leader personalisierter Regime sind Opfer von Umstürzen.~~~Уйти живым, самостоятельно и с достоинством, пусть и недалеко – наверное самое большое искусство лидера страны похожей на Казахстан. И на Россию. Уйди далеко вообще наверное нельзя. Трудно быть диктатором – ты или со щитом или на щите: две третьих лидеров персоналистских режимов жертвы переворотов.[/bilingbox]
erschienen am 19.03.2019, Original
Facebook/Konstantin Sonin: Als Sieger gegangen
Auch Konstantin Sonin, Wirtschaftsprofessor an der Moskauer HSE und an der University of Chicago, sieht Parallelen. Auf Facebook macht er aber auch auf wesentliche Unterschiede aufmerksam.
[bilingbox]Klar, die „Erfolgsgeschichte“ Kasachstans ist die Geschichte eines Landes mit kleiner Bevölkerung und großen Ölvorkommen. Doch das Bruttoinlandsprodukt Kasachstans pro Kopf zeigt eine weit geringere Abhängigkeit von Weltmarktpreisen als das der diversifizierteren russischen Wirtschaft. Also wurden in Kasachstan bessere politische Entscheidungen getroffen.
Ungeachtet wirtschaftlicher Erfolge, treten autoritäre Leader – und Nasarbajew war ein typischer autoritärer Leader – fast nie freiwillig zurück. Sie lassen ihr Volk hungern, nur um sich an der Macht zu halten (wie Ceaușescu und Maduro), sie zetteln Bürgerkriege an (wie Pol Pot oder Milošević) oder warten zumindest, bis die Massen zum Palast kommen und in ihrem Arbeitszimmer das Licht ausschalten. Im besten Fall sterben sie im Amt nach einigen Jahren der Stagnation. Nasarbajew ist erstaunlicherweise als Sieger gegangen. Und zwar, weil er aus freien Stücken gegangen ist.~~~Конечно, „история успеха“ Казахстана – это история страны с маленьким населением и большими запасами нефти. Но ВВП Казахстана на душу населения показывает куда меньшую зависимость от мировых цен, чем у более, казалось бы, диверсифицированной российской экономики. Значит, решения принимались более качественно.Независимо от экономических успехов, авторитарные лидеры – а Назарбаев был типичным авторитарным лидером – практически никогда не уходят с поста добровольно. Они морят население голодом, лишь бы удержаться у власти (как Чаушеску или Мадуро), они устраивают гражданские войны (как Пол Пот или Милошевич) или, как минимум, ждут пока толпа не подойдёт к дворцу и у них в кабинете не отключат свет. В лучшем случае умирают на посту после нескольких лет стагнации. Назарбаев, удивительно, ушёл победителем. Как раз потому что ушёл сам.[/bilingbox]
erschienen am 19.03.2019, Original
Facebook/Arkadi Babtschenko: Reinster Kindergarten
Auf Facebook nimmt der Journalist Arkadi Babtschenko der aufkeimenden Hoffnung auf demokratische Veränderungen in Kasachstan den Wind aus den Segeln.
[bilingbox]Bitte schreiben Sie bloß nicht vom „demokratischen Kasachstan“. Das überfordert mein hochkochendes Herzblut. Nasarbajew ist nirgendwohin abgetreten. Und wird nicht abtreten. Kann nicht abtreten. Dass er seinen Teddybär auf seinen Posten setzt und selber zum Vorsitzenden des Sicherheitsrates wird oder zum Chef des Kurultai oder zu was auch immer – bedeutet nur das, was es bedeutet: Dass Nasarbajew genauso wie er das Land regiert hat, auch weiter regieren wird. Auf Lebenszeit. Bis zum Tod. Und seine Amtsbezeichnung wird keine Rolle spielen. Und auf dem Thron wird Dimon um Dimon sitzen. Um all diesen Jubel über den „freiwilligen Rücktritt“ zu lesen, fehlt mir einfach die Kraft. Der reinste Kindergarten, bei Gott!~~~Вот только про „демократический Казахстан“ не пишите, пожалуйста. Этого моя кровь из глаз уже не выдержит. Никуда Назарбаев не ушел. И не уйдет. И не может уйти. То, что он вместо себя посадит на трон своего Медвежонка, а сам будет главой Совбеза, или начальником Курултая, или чем угодно еще – означает только то, что означает. Что Назарбаев как правил страной, так и будет. Пожизненно. До смерти. И никакого значения название его должности иметь не будет. А на троне будет очередной айфончик. А то все эти восторги про „добровольную отставку“ читать совершенно нет сил. Детский сад, ей богу.[/bilingbox]
erschienen am 19.03.2019, Original
Kommersant: Machterhalt in Machtvertikalen
Kommersant zitiert eine regierungsnahe Quelle, die behauptet, dass der Kreml den kasachischen Machttransfer genau im Auge habe.
[bilingbox]Ein der russischen Führung nahestehender Gesprächspartner von Kommersant sagte, dass Moskau die Errichtung der kasachischen Machtvertikale unter Nursultan Nasarbajew immer mit Interesse verfolgt habe, denn „es ist wichtig zu sehen, wie dort der Machttransfer vonstatten geht“. Nun kann der Kreml den Testlauf des kasachischen Modells beobachten, deren Wesenskern darin besteht, nicht das Amt, sondern die Macht zu erhalten. Um so mehr, als dass in der russischen Verfassung der Posten des Vorsitzenden des Sicherheitsrats festgeschrieben ist (der traditionell vom Präsidenten ausgefüllt wird).~~~Собеседник “Ъ”, близкий к российскому руководству, отметил, что Москва всегда с интересом следила за выстраиванием властной вертикали в Казахстане под Нурсултана Назарбаева, поскольку «важно увидеть, как там произойдет транзит власти». Теперь Кремль сможет наблюдать за тестированием казахской модели, суть которой состоит в сохранении не должности, а власти. Тем более что в российской Конституции прописан пост председателя Совета безопасности (его по традиции замещает президент).
[/bilingbox]erschienen am 20.03.2019, Original
Meduza: Kasachstan ahmt Russland nach, nicht umgekehrt
Wladimir Sharichin, stellvertretender Leiter des Instituts der GUS-Staaten, dagegen dreht im Exilmedium Meduza den Spieß um:
[bilingbox]Eine derartige Machtübergabe ist kein Beispiel für Russland. Russland war für Kasachstan ein Beispiel. Haben sie den 31. Dezember 1999 [Machttransfer von Jelzin auf Putin – dek] vergessen? Noch ähneln die Geschehnisse dem Jelzinschen Szenario, abgesehen von der Verfassungsänderung. […] Ein Spurwechsel ist dennoch möglich: Der Interimspräsident Kassym-Jomart Tokajew ist zwar ein herausragender, aber nur ein Diplomat, obgleich er rund drei Jahre auch Regierungschef war. Und ich schließe nicht aus, dass Nasarbajew für den Präsidentenposten einen Wirtschaftsfunktionär auswählen wird.~~~Такая передача власти — не пример для России, это для Казахстана Россия была примером. Вы забыли 31 декабря 1999 года? Пока происходящее похоже на ельцинский сценарий с поправкой на Конституцию. […] хотя и возможна развилка: все-таки их исполняющий обязанности [Касым-Жомарт Токаев] — пусть и выдающийся, но дипломат, хотя он и был около трех лет председателем правительства. И я не исключаю, что он [Назарбаев] подберет на пост президента хозяйственника.[/bilingbox]
erschienen am 19.03.2019, Original
Vedomosti: Allrussischer Ältester
Das Wirtschaftsblatt Vedomosti entwirft sogleich ein Zukunftsszenario für Putin:
[bilingbox]Präsident Putin kann durchaus sowohl die Leitung des Sicherheitsrats als auch einer wie auch immer gearteten Allrussischen Volksfront übernehmen. Er könnte den Staatsrat unter sich behalten; er könnte ein weiteres Amt gesetzlich verankern und besetzen – womöglich mit der Bezeichnung des Allrussischen Ältesten, mit umfassenden Kompetenzen und ohne ernste Pflichten.
Das heißt einfach symbolisch die Zügel aus der Hand geben und damit das Ende der putinschen Macht andeuten, eigentlich aber der einflussreichste Mensch im Land bleiben […]
Und dann amüsiert beobachten, wie sich einerseits die Weggefährten – gleich Spinnen im Glas – um die nicht-existierenden Kompetenzen zanken, andererseits zusehen, wie sich das Volk in letzter Hoffnung auf Gerechtigkeit nach ihm sehnt. Und diese Gerechtigkeit zu verteilen, über dem Gezänk stehend und die gegenseitigen Bestrafungen der Weggefährten forcierend.~~~Президент Путин вполне может возглавить и Совет безопасности, и какой-нибудь Общероссийский народный фронт, оставить себе Госсовет; а еще ввести в законный оборот непоколебимую должность под названием, допустим, всероссийский староста с обширными возможностями и без серьезных обязанностей – и занять ее.То есть символически передать бразды правления, обозначить будто бы конец путинского режима – а на самом деле остаться самым влиятельным человеком в стране,
[…]
И потом с удовольствием наблюдать, как, с одной стороны, будто пауки в банке, соратники схватятся за несуществующие полномочия, которые, как им покажется, дают высокие должности, а с другой – как народ тянется к нему в последней надежде на справедливость. И раздавать эту справедливость, находясь над схваткой и заставляя соратников карать друг друга.[/bilingbox]erschienen am 19.03.2019, Original
Facebook/Sergej Medwedew: Geiseln ihrer Systeme
Sergej Medwedew, Politikwissenschaftler und Professor an der Moskauer Higher School of Economics, dagegen glaubt nicht, dass das kasachische Modell als Blaupause für anderen Staaten taugt:
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Elbassy geht wie Deng Xiaoping oder eher noch wie Lee Kuan Yew – als Vater der Nation und Garant der Verfassung – und behält dabei gleichzeitig die Hebel in der Hand. Dieser traumhafte Rücktritt wird bei den jüngeren Kollegen Neid hervorrufen. Die können sich so etwas nicht leisten und bleiben Geiseln der von ihnen geschaffenen Systeme.~~~
Елбасы уходит, как Дэн Сяопин или еще скорее как Ли Куан Ю — как отец нации и гарант конституции, оставив у себя при этом рычаги управления. Отставка мечты — на зависть младшим коллегам. Они себе такого позволить не могут, оставаясь заложниками созданных ими систем[/bilingbox]
erschienen am 19.03.2019, Original
dekoder-Redaktion
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BYSTRO #10: Wie frei ist das Internet in Russland?
Am 18. März hat Präsident Putin zwei neue Gesetze unterzeichnet: Eines soll das Verbreiten von „Falschnachrichten“, das andere „respektlose“ Äußerungen über Vertreter der Staatsmacht verhindern. Die Gesetze werden die Meinungsfreiheit in Russland weiter einschränken, warnt der Menschenrechtsrat beim russischen Präsidenten und hatte schon am 11. März deshalb dazu aufgerufen, sie zu verwerfen.
Anfang März protestierten außerdem Tausende gegen ein geplantes Gesetz zum „souveränen“ Runet.
Was genau sind „Falschnachrichten“ und „Respektlosigkeiten“? Kann man das Runet wirklich vom weltweiten Netz abkoppeln? Und was bedeutet all das für die Internetfreiheit in Russland? Ein Bystro von Anna Litvinenko in sieben Fragen und Antworten – einfach durchklicken.-
1. Ein neues Gesetz soll das Verbreiten von „Falschnachrichten“ verhindern. Was genau sind denn „Falschnachrichten“?
In den russischen Medien redet man zwar vom „Fake-News-Gesetz“, im Gesetzestext selbst steht das Wort „Falschnachrichten“ allerdings nicht. Vielmehr geht es um „unzuverlässige sozial-relevante Informationen, die wissentlich als zuverlässige Informationen verbreitet werden“. Das Gesetz verbietet die Verbreitung von solchen Informationen, die zu „schweren Konsequenzen“ führen können, etwa das Leben von Menschen gefährden oder Massenunruhen hervorrufen.
Der Gegenstand des Gesetzes ist also so vage und schwammig formuliert, wie es für die restriktiven Mediengesetze der letzten Jahre typisch ist. Der Gesetzgeber legt keine Kriterien fest, mit denen der Begriff „Unzuverlässigkeit“ eingegrenzt werden kann. Solche Gummiparagraphen, die sehr willkürlich eingesetzt werden können, bedrohen die Meinungsfreiheit enorm.
Die Mitglieder des Menschenrechtsrates beim russischen Präsidenten kritisierten auch, dass das Gesetz den Staatsorganen die Möglichkeit gebe, eine „absolute Wahrheit“ zu bestimmen, was per se unmöglich sei. -
2. Für sogenannte „traditionelle Medien“ gibt es bereits ein Gesetz, das die Verbreitung von „nicht wahrheitsgemäßen Informationen“ verbietet. Wen betrifft das neue Gesetz?
Unter traditionellen Medien versteht der Gesetzgeber alle Medien, die bei der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor registriert sind. Sehr viele russische Onlinemedien verzichten aber auf eine Registrierung, um den Einschränkungen durch das Mediengesetz zu entgehen. Neben diesen Portalen sind nun beispielsweise auch Privatpersonen vom neuen Gesetz betroffen, die Inhalte über soziale Netze verbreiten. In den letzten drei Jahren gab es viele Prozesse wegen Veröffentlichungen, Reposts oder auch nur Likes von „extremistischen“ Inhalten auf privaten VKontakte- oder Facebook-Profilen. Lange regelte der sogenannte „Extremismus-Paragraph“ 282 das Strafmaß. Da Russland wegen der Schwammigkeit des Extremismus-Begriffes stark kritisiert wurde, ist es denkbar, dass das „Fake-News-Gesetz“ teilweise den im Dezember 2018 abgeschwächten Paragraphen 282 ersetzen soll. Die Macher des neuen Gesetzes wiesen jedenfalls darauf hin, dass es auch im Westen ähnliche Rechtsparagraphen gebe, in Deutschland etwa das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Dieses Gesetz wird allerdings von Organisationen wie Reporter ohne Grenzen auch in Deutschland stark kritisiert. Zudem ist das neue russische Gesetz so schwammig formuliert, dass der Staat damit ein ganzes Arsenal an Instrumenten bekommt, um die sozialen Medien womöglich noch stärker zu regulieren.
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3. Was versteht das Gesetz unter „Verunglimpfungen“? Steht jetzt jede Kritik am Kreml unter Strafe?
Das Gesetz ist äußerst schwammig formuliert: Geahndet wird damit Kritik, die „in unanständiger Form“ eine „ausgesprochene Respektlosigkeit“ ausdrückt. Die vage Formulierung bietet dabei einen ähnlich breiten Interpretationsrahmen wie auch das Falschnachrichten-Gesetz. Ebenso ist die Bandbreite der möglichen Herabgewürdigten ziemlich groß: die Gesellschaft, der Staat, die offiziellen Staatssymbole, die Verfassung sowie die staatlichen Organe der Russischen Föderation.
Das neue Gesetz stuft Verunglimpfungen im Internet als Kleinrowdytum ein. Damit wird das bereits existierende Gesetz gegen Verunglimpfungen auf den Online-Raum ausgeweitet.Die beiden neuen Gesetze haben für Aufruhr in der russischen Öffentlichkeit gesorgt. Viele Journalisten und Schriftsteller prangerten sie als „Einführung der direkten Zensur im Land“ an. Anfang März fanden in mehreren Städten Russlands Demonstrationen für die Freiheit im Internet statt.
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4. Wie hoch sind die Strafen für „Falschnachrichten“ und „Verunglimpfungen“, und warum wurden sie in zweiter Lesung erhöht?
Das Strafmaß für die Verbreitung von „Falschnachrichten“ hängt von ihren „Konsequenzen“ ab sowie von der jeweiligen Rechtsfähigkeit: Natürliche Personen können mit 30.000 bis 100.000 Rubel (rund 400 bis 1400 Euro) bestraft werden, bei einer Wiederholungstat oder schwerwiegenden Konsequenzen bis zu 400.000 Rubel (rund 5500 Euro). Für Beamte ist die Strafe höher, und juristische Personen können theoretisch mit bis zu 1,5 Millionen Rubel (rund 20.500 Euro) belangt werden.
„Verunglimpfungen“ werden als Kleinrowdytum mit Strafen bis zu 100.000 Rubel (rund 1400 Euro) geahndet. Wiederholungstäter können mit bis zu 200.000 Rubel (rund 2700 Euro) oder einer administrativen Haftstrafe von bis zu 15 Tagen bestraft werden.In der ersten Lesung des „Falschnachrichten-Gesetzes“ waren tatsächlich weitaus geringere Strafen vorgeschlagen. Die Abgeordneten befanden dann aber, dass die kleinen Summen für die Vorbeugung von Strafdelikten nicht effektiv genug wären.
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5. Was genau beabsichtigt die Duma mit dem Gesetzentwurf zur Isolation des Runet?
Dieser Gesetzentwurf soll Russland vor einer möglichen Blockade des Internets schützen, die angeblich im Rahmen der US-Sanktionen drohe. So soll in Russland eine Infrastruktur aufgebaut werden, die ein autonomes Funktionieren des Internets im Land ermöglicht – das sogenannte „souveräne Internet“. Um dies zu verwirklichen, sollen unter anderem neue Regeln des Routings von Daten eingeführt werden, mit denen auch weniger Daten der russischen Bürger ins Ausland gelangen würden. Die Provider werden zur Kooperation mit dem Staat verpflichtet, außerdem soll langfristig der gesamte Internetverkehr nur über inländische Server laufen können. Russische Behörden hätten damit volle Kontroll,- Zensur- und Sperrmöglichkeiten. Vor allem dieses Vorhaben brachte Anfang März 2018 tausende Menschen auf die Straßen.
Das Gesetz ist noch nicht angenommen, aber im Staatshaushalt sind schon 1,8 Milliarden Rubel (rund 24,5 Millionen Euro) für die nächsten drei Jahre vorgesehen, die in das künftige Zentrum für Verwaltung des öffentlichen Netzes fließen sollen. Die Gesamtkosten des Souveränen Internets sollen laut moderaten Schätzungen bis zu 134 Milliarden Rubel (rund 1,8 Milliarden Euro) pro Jahr betragen. -
6. Nach knapp einem Jahr Blockade des Messengers Telegram durch russische Behörden funktioniert er in Russland immer noch. Wie hoch sind da die Chancen, dass Russland sich wirklich vom weltweiten Datennetz abkoppelt?
Derzeit ist nicht klar, ob es überhaupt die Absicht des Kreml ist, eine „russische Firewall“ nach chinesischem Vorbild zu bauen. In den letzten Jahren wurden schon einige Gesetze verabschiedet, die auch der Abschottung des Runet dienen können, in etwa das Jarowaja-Gesetz 2016 oder das VPN-Gesetz 2017. Doch werden diese Gesetze bislang sehr selektiv angewandt: So halten sich die meisten VPN-Services nicht an das Gesetz, bislang ohne rechtliche Konsequenzen.
Wahrscheinlich aber geht es dem Kreml derzeit nicht so sehr darum, alle Freiräume zu schließen und eine dichte Firewall zu bauen, sondern vielmehr darum, eine Atmosphäre zu schaffen, die zu mehr Selbstzensur führt. Außerdem soll auch präventiv ein Arsenal von Instrumenten aufgebaut werden, die im Fall von Protesten schnell und effektiv eingesetzt werden können. -
7. Wenn manche Gesetze gar nicht oder nicht in vollem Umfang umgesetzt werden – was hat der Kreml dann davon? Und weshalb sprechen so viele Kritiker von Kontrolle und Zensur?
Der Trend der zunehmenden Zensur im russischen Internet ist schon seit 2012 zu beobachten. Nach den Bolotnaja-Protesten erkannte der Kreml das Mobilisierungspotential des Internets und fing an, die Online-Öffentlichkeit einzuschränken. Die Meilensteine der Internetkontrolle waren bisher: eine Schwarze Liste an Internetseiten im Jahr 2012, die angeblich dem Schutz von Kindern dienen soll. 2014 verabschiedete die Duma dann das sogenannte Blogger-Gesetz, mit dem sich Seiten mit mehr als 3000 Besuchern pro Tag bei Roskomnadsor registrieren müssen. Schließlich trat 2016 das sogenannte Jarowaja-Gesetz in Kraft, das unter anderem verschärfte Strafen für die Veröffentlichung von „extremistischen Inhalten“ vorsieht.
Damit werden derzeit auch Internetgiganten wie Google, Facebook oder Twitter unter Druck gesetzt. So musste Google schon kleinere Geldstrafen zahlen, im September 2018 hat es auf Druck von Roskomnadsor hin Videos von Alexej Nawalny aus den Suchlisten-Ergebnissen von YouTube entfernt.
Russische Behörden fordern von Internet-Konzernen außerdem, dass sie persönliche Daten russischer Nutzer ausschließlich in Russland speichern. Diese Forderung haben die Konzerne bislang nicht erfüllt.Trotz systematischer Einschränkung des Meinungspluralismus, bringen Freiräume im Internet auch für autoritäre Systeme einige Vorteile: So dienen sie beispielsweise der Kontrolle öffentlicher Meinung, vor allem dann, wenn Meinungsumfragen nur ein verzerrtes Bild abgeben. Schließlich wäre ein „souveränes Internet“ auch äußerst wirtschaftsfeindlich: Während die Umsetzung einer „russischen Firewall“ nach chinesischem Vorbild zu teuer wäre, gelten die derzeitigen Pläne als so unausgereift, dass sie der russischen Wirtschaft einen herben Schlag versetzen würden.
*Das französische Wort Bistro stammt angeblich vom russischen Wort bystro (dt. schnell). Während der napoleonischen Kriege sollen die hungrigen Kosaken in Paris den Kellnern zugerufen haben: „Bystro, bystro!“ (dt. „Schnell, schnell!“) Eine etymologische Herleitung, die leider nicht belegt ist. Aber eine schöne Geschichte.
Text: Anna Litvinenko
Stand: 19.03.2019Weitere Themen
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