Was weißt du über die Krim?
Teste dein Wissen über die Halbinsel! Hier kannst du dich vorab einlesen: crimea.dekoder.org.
erschienen am: 18.04.2019
Fragen und Antworten: Stefanie Orphal (ZOiS)
Journalismus aus Russland und Belarus in deutscher Übersetzung
Was weißt du über die Krim?
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erschienen am: 18.04.2019
Fragen und Antworten: Stefanie Orphal (ZOiS)
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„Du hast genau zwei Tage. Wenn du bis dahin nicht bezahlst, dann wird es hässlich.“ Ayka hat aber kein Geld. Die junge Kirgisin lebt illegal in Moskau, nun muss sie schnell neue Schwarzarbeit finden, um ihre Schulden zurückzuzahlen. Eigentlich müsste sie aber zurück in die Geburtsklinik: Kürzlich hat sie einen Sohn zur Welt gebracht und ist danach aus dem Krankenhausfenster getürmt, um Geld zu verdienen. Ayka hat Blutungen, nimmt Schmerztabletten und sucht im winterlichen Moskau fieberhaft nach einem Ausweg.
Diese Not beschreibt der Regisseur Sergej Dworzewoi in seinem preisgekrönten Spielfilm Ayka. Ähnlich wie der Protagonistin geht es vielen Gastarbajtery in Russland. Russische Behörden gehen davon aus, dass im Land rund vier Millionen Arbeitsmigranten leben, die meisten sind aus Zentralasien. Ihre Einkünfte, die sie zurück nach Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan schicken, betragen bis zu einem Drittel der jeweiligen Bruttoinlandsprodukte. Damit gehören diese Länder zur Weltspitze bei Rücküberweisungen. Schiere Not treibt die Gastarbajtery nach Russland, selten sind sie hier willkommen: Rund zwei Drittel der Russen wollen laut Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentrum den Zuzug anderer Ethnien nach Russland einschränken.
Der Film Ayka war 2018 in Cannes für die Goldene Palme nominiert, die Hauptdarstellerin Samal Yeslyamova wurde als beste Darstellerin ausgezeichnet. Am Donnerstag, 18. April, läuft der Streifen auch in den deutschen Kinos an.
Im Interview mit Moskvich Mag spricht Dworzewoi über den Film, über die zentralasiatischen Parallelgesellschaften in Moskau und darüber, wie es Menschen trotz Extremsituationen schaffen, menschlich zu bleiben.
Jaroslaw Sabalujew: Was hat Sie generell an dem Thema Migranten in Moskau gereizt?
Sergej Dworzewoi: Ich hatte irgendwo gelesen, dass innerhalb eines Jahres 248 Kinder von kirgisischen Frauen in den Geburtskliniken zurückgelassen wurden. Das hat mich so erschüttert, dass ich den Grund verstehen wollte. Ich begann nachzuforschen, was da passiert. Und mir wurde klar, dass es nichts mit Unmenschlichkeit zu tun hat, sondern mit der Extremsituation, in der sich die Frauen hier befinden. Einige, die aus Kirgistan nach Moskau gekommen sind, sehen ihre Kinder jahrelang nicht, die sie in der Heimat zurücklassen. Gleichzeitig haben sie auch hier ein Leben – Beziehungen, sogar Ehen, Schwangerschaften, gewollte und ungewollte. Natürlich lassen sie ihre Kinder nicht zurück, weil es ihnen so gut geht.
Das Eine ist die Statistik, das Andere – wenn man die Menschen dahinter kennenlernt
Das eine ist die Statistik, das andere – wenn man die Menschen dahinter kennenlernt. Und irgendwann lernte ich eine Frau kennen, die ein ganz ähnliches Schicksal hatte wie meine Heldin.
Gab es etwas, dass Sie ernsthaft erschüttert hat, als Sie in dieses Milieu eingetaucht sind?
Ja, natürlich, vieles. Zum Beispiel erzählte mir eine der Frauen, die im Film zu sehen ist, folgende Geschichte. Sie hatte ein Kind bekommen, ein ziemlich hellhäutiges Baby – sie ist Usbekin, da kommt das vor. Damals arbeitete sie bei irgendwelchen Leuten, auch Zugezogene, aus Moldawien. Und eines Tages schlugen die ihr plötzlich vor, ihnen das Kind zu verkaufen. Sie redeten lange auf sie ein, aber sie lehnte ab und wurde gefeuert. Verstehen Sie? „Verkauf uns dein Kind“ – als ginge es, was weiß ich, um ein Telefon.
Wie haben Sie Ihre Protagonistin gefunden?
Ich kenne hier in Moskau Zentralasiaten, die haben mich mit ihr bekanntgemacht. Diese Frau hatte genau wie Ayka den Wunsch, sich als Näherin selbständig zu machen. Und auch sie war in der Situation, dass sie in Moskau ein Kind zur Welt gebracht hat und es im Krankenhaus zurücklassen musste. Später ist sie zurückgekommen, um es zu sich zu holen. Das, was wir auf der Leinwand sehen, ist natürlich nicht eins zu eins ihre Geschichte.
Später habe ich andere Frauen kennengelernt, die in der gleichen Situation waren. Ein paar ihrer Geschichten waren noch viel dramatischer. Den Moskauern ist nicht klar, wie stark der Grad der Anspannung ist, der Druck, unter dem diese Menschen leben. Es ist ein ständiger, erbarmungsloser Kampf um das Leben, in dem es kein Mitleid gibt. Nicht nur, dass sie von der Polizei verfolgt werden, sie werden auch von ihr bestohlen, so wie das im Film passiert.
Es ist ein ständiger, erbarmungsloser Kampf um das Leben, in dem es kein Mitleid gibt
Nach den ersten Screenings wurde ich gefragt, warum Ayka niemand hilft, aber genauso läuft es eben, das ist doch kein Geheimnis. Illegale Abtreibungen, Babys, die nach der Geburt im Krankenhaus zurückgelassen und manchmal sogar verkauft werden – das ist ihre Realität, auch wenn es schwer ist, das zu glauben. Man sagt mir, ich hätte das Bild düsterer gemalt, als es ist, aber in Wirklichkeit habe ich sogar Szenen rausgelassen, weil sie einen um den Verstand bringen.
Wie haben Sie sich Ihren Protagonisten angenähert?
Unter meinen Bekannten waren natürlich keine Putzkräfte, nicht einmal Kellner. Das hängt auch damit zusammen, dass sie alles tun, damit ihnen niemand zu nah kommt. Das heißt, man kann schon mit ihnen reden – Kirgisen sind überhaupt die aufgeschlossensten Menschen, die ich kenne. Sie erzählen dir ganz offen von ihrem Leben, aber wenn es darum geht, etwas zu zeigen, dann ist das praktisch ein Ding der Unmöglichkeit, dafür haben sie viel zu viel Angst. Jeder Nicht-Kirgise ist für sie eine potenzielle Gefahr – Abschiebung, Deportation, Polizei et cetera.
Die Menschen leben in einer Atmosphäre ständiger Täuschung – ihr Vertrauen gewinnt man nur langsam
Und selbst wenn dein Gesprächspartner mit deiner Anwesenheit einverstanden ist, dann sind es seine Nachbarn noch lange nicht. Es ist praktisch unmöglich, einen Einblick in ihren Alltag zu bekommen. Wir haben sechs Jahre an diesem Film gearbeitet, und trotzdem habe ich ständigen Widerstand gespürt.
Dabei sind in Ihrem Film auch Laien-Darsteller zu sehen …
Ja, aber sie haben mich erst nach jahrelanger Bekanntschaft an sich herangelassen. Man muss verstehen, dass diese Menschen in einer Atmosphäre ständiger Täuschung leben und man ihr Vertrauen deshalb nur durch langfristige Zusammenarbeit gewinnen kann. Irgendwann ist es mir sogar gelungen, das Vertrauen ihrer Nachbarn zu gewinnen, ab da wurde es einfacher mit dem Dreh.
Ayka ist in vielerlei Hinsicht ein Film über Moskau, deshalb meine Frage: Wie ist Ihr Verhältnis zu dieser Stadt?
Ich wurde in Kasachstan geboren, habe 29 Jahre dort gelebt, in der Luftfahrt gearbeitet. Dann bin ich nach Moskau gegangen, an die Uni, und bin geblieben, das war vor etwa 30 Jahren. Dann zerfiel die UdSSR, und es gab nichts mehr, wohin ich hätte zurückgehen können.
Je mehr Menschen, desto einsamer ist der Einzelne
Moskau ist eine einzigartige Stadt, sie hat eine ganz besondere Anziehungskraft. Sogar Menschen, denen sie nicht gefällt, wollen hierher zurückkommen. Für mich ist Moskau mittlerweile meine Heimat, aber jetzt, während der Dreharbeiten zu Ayka, habe ich mit vielen Zugezogenen gesprochen. Diese Gespräche haben mir die vielen Gesichter Moskaus noch einmal deutlich gemacht: Die Stadt kann Freund und Feind sein, schön und schrecklich zugleich. Das ist normal – je mehr Menschen, desto einsamer ist der Einzelne, desto schwerer ist es für den kleinen Mann. Städte mit einer solchen Energie heißen dich nicht unbedingt willkommen, aber gleichzeitig funktionieren sie wie ein Magnet.
Ich für meinen Teil liebe Moskau, aber in dem Film ging es mir nicht darum, meinen eigenen Blick darauf zu zeigen, sondern den Blick einer jungen Frau, die hierhergekommen ist und seit etwa einem Jahr hier lebt. Und zu Menschen wie Ayka ist die Stadt nicht gerade freundlich.
Gab es Schwierigkeiten, weil sie an öffentlichen Orten gedreht haben?
Ja, natürlich gab es die. Wir haben mit einer kleinen Kamera gedreht und formal nicht gegen Gesetze verstoßen, aber die Leute reagierten ganz unterschiedlich. Passanten sahen in die Kamera, oder sie versuchten im Gegenteil ihr Gesicht zu verstecken. Aber genau diese Momente sind mir besonders wichtig. Wir haben ja eine fast subjektive Kamera, Ayka ist kein Landschaftsfilm. Ich wollte einfangen, wie sich die Stadt anfühlt.
Den Moskauern geht es immer besser, den Migranten aber nicht unbedingt. Die Stadt hat nicht auf sie gewartet; man braucht sie bloß als Menschen, die bestimmte Funktionen erfüllen. Sie leben immer noch mit sehr vielen Leuten in einem Zimmer, oft unter grauenvollen Bedingungen.
Apropos Moskauer: Von denen verstehen viele überhaupt nicht, wie man so leben kann. Ihre Protagonistin ist hierhergekommen, ohne eine Arbeit, ohne eine Wohnung oder irgendwelche klaren Perspektiven zu haben.
Naja, Perspektiven hat sich schon. Sie spricht gut russisch, könnte zum Beispiel als Kellnerin arbeiten, das wäre ein Anfang … Wenn es darum geht, warum sie überhaupt hier ist, dann deshalb, weil die Kirgisen mit einem Monat Schwarzarbeit in Moskau mehr verdienen als in einem halben Jahr in Kirgistan. Und solche Arbeit gibt es viel. Aber auch ich habe mich gefragt, wie diese Frauen leben. Zu Hause ein Kind, das sie ein, zwei Jahre am Stück nicht sehen. Hier müssen sie auf der Straße ständig Angst haben. Die Polizei könnte sie abschieben, und auch die Moskauer mögen Migranten nicht besonders.
Vielen gefällt es hier, trotz ihrer Lebensumstände
Aber nichtsdestotrotz gibt es hier Arbeit. Solange sich nichts an der wirtschaftlichen Lage in Moskau ändert, wird sich auch in dieser Welt nichts ändern.
Aber da gibt es noch etwas. So seltsam es erscheinen mag, vielen von ihnen gefällt es hier, trotz ihrer Lebensumstände. In Moskau funktionieren die zwischenmenschlichen Beziehungen anders. Auch deswegen wollen viele Kirgisen hier Fuß fassen. Viele von denen, die schon lange hier sind – damals konnte man noch die russische Staatsbürgerschaft bekommen – haben sich assimiliert, ich kenne solche Menschen.
Wenn man bedenkt, was Sie alles gesehen haben: Ist Moskau eine europäische oder doch eher eine asiatische Stadt?
Das Leben, von dem ich in Ayka erzähle, ist Underground. Doch es beeinflusst das gesamte übrige Leben und gibt ihm eine starke asiatische Note. Äußerlich ist Moskau also eine europäische Stadt, aber innen drin ist sie sehr unterschiedlich, vielseitig. Und wissen Sie was – mir gefällt das.
Ende Februar hat das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten den sogenannten Vladimir Putin Transparency Act beschlossen. Die Aufgabe des Gesetzes H. R. 1404 besteht darin, mutmaßliche korrupte Machenschaften des russischen Präsidenten aufzudecken. Als Antwort auf russische Einmischung in US-Wahlen werden damit die Nachrichtendienste beauftragt, Vermögenswerte von Wladimir Putin zu durchleuchten, die er sich laut Verdacht gesetzeswidrig aneignete.
In Russland wird schon seit Jahren gemunkelt, dass Putin sich seit dem Amtsantritt im Jahr 2000 märchenhafte Reichtümer angehäuft habe. Einige meinen, dass er sogar der reichste Mensch der Welt sei. Beweise für solche Thesen gibt es nicht. Dass die US-Nachrichtendienste sie nun durch das Gesetz H. R. 1404 erbringen werden, ist aber zweifelhaft. Das meint der Wirtschaftswissenschaftler Wladislaw Inosemzew. Auf The Insider argumentiert er, warum der Transparency Act aber dennoch durchschlagend sein wird.
Putin ist äußerst wohlhabend – daran zweifelt keiner, weder in Russland noch sonstwo auf der Welt. Und die finanziellen Mittel, die er nach Lust und Laune in Bewegung setzen kann, stehen in keinerlei Beziehung zu seinen offiziellen Einkünften. Die Schätzungen über Putins Privatvermögen liegen in den letzten Jahren zwischen 40 und mehr als 200 Milliarden US-Dollar. Doch keiner von denen, die diese Schätzungen abgaben, lieferte Informationen zur Methode oder nannte konkrete Vermögensgegenstände und zuständige Gerichtsstände. (Genau deshalb weigert sich die Zeitschrift Forbes konsequent, Putin in ihre Listen der reichsten Menschen der Welt aufzunehmen.) Wobei sogar offizielle Vertreter westlicher Regierungen offen gesagt haben, sie wüssten, dass Putin korrupt sei und würden diesen Umstand in ihrer Arbeit als gegeben sehen und berücksichtigen. Gleichzeitig bezweifle ich stark, dass die nun begonnene Untersuchung etwas Konkretes zutage bringen wird – vor allem angesichts der Fragestellung.
Putins Privatvermögen liegt Schätzungen zufolge zwischen 40 und mehr als 200 Milliarden US-Dollar
In dem kürzlich erlassenen Gesetz des US-amerikanischen Kongresses heißt es, dass laut Meinung „externer Experten“ Putins Vermögen „im Milliardenbereich“ liege und maßgeblich von den offiziellen Zahlen über seine Einkünfte abweiche. Diese Behauptung wirkt schwach, denn sie ist nicht mehr als eine Hypothese. Die Suche und namentliche Auflistung „rechtmäßig oder widerrechtlich erworbenen Vermögens“, das „Putin und seinen Familienmitgliedern gehört“, ist, wenn man es wörtlich nimmt, nicht machbar.
Russlands Beamte haben in den vergangenen Jahren das letzte Bisschen an Vorsicht abgelegt – das unterstreicht auch ihre [dutzendfache – dek] Präsens in den sogenannten Panama Papers. Allerdings betrifft das nicht den Präsidenten Russlands. Seine angeborene Wachsamkeit hat sich wahrscheinlich nur noch verstärkt durch die Ermittlungen, die noch in den 1990ern in Russland gegen ihn liefen: Seinerzeit ging es um mutmaßliche Verbindungen zu kriminellen Strukturen sowie um eine enorme Zahl ihm persönlich ergebener Personen, die er in politische Ämter brachte und zu Superreichen machte. All das gibt Anlass zu der Annahme, dass Putins Vermögenswerte auf Privatpersonen und Firmen ausgestellt sind, die sich urkundlich nicht mit ihm oder seinen Verwandten in Verbindung bringen lassen.
Im Unterschied zu einem gewöhnlichen korrupten Beamten in Russland, der seine „blutig erkämpften Verdienste“ vor allem vor den russischen Silowiki zu verstecken sucht, geht es dem russischen Präsidenten in erster Linie um die Sicherheit seines Vermögens vor äußeren Mächten. Putin ist sich gewiss im Klaren darüber, welche Aufmerksamkeit seine Person erregt und wie angreifbar das westliche „Bankgeheimnis“ ist, wenn es um die Machenschaften eines korrupten Politikers seines Ranges geht. Was die Haltung ihm gegenüber in den Hauptstädten der Welt betrifft, hegt er, erst recht seit 2014, keine Illusionen. Putins Geld auf westlichen Banken zu finden, würde daher niemandem gelingen.
Putin kann nicht davon ausgehen, im Ausland sicher zu sein
Zweitens dürfen wir nicht vergessen, dass besonders diejenigen Politiker ihr Vermögen gern im Ausland ansparen, die sich Sorgen um den Fortbestand des eigenen Regimes machen und gleichzeitig keinen Zweifel an der Möglichkeit haben, selbst relativ sicher ins Ausland flüchten zu können (so war es etwa bei Mobutu, Ben Ali, Marcos und Reza Pahlavi). Das kann man im Fall von Putin nicht behaupten – in den letzten Jahren hat er in der Außenpolitik etliche abenteuerliche Schritte unternommen und kann daher nicht davon ausgehen, im Ausland sicher zu sein.
Das Gesetz H. R. 1404 lässt sehr viel Interpretationsspielraum, indem es US-amerikanische Amtspersonen anweist, Vermögensgegenstände zu untersuchen, die „unter W. Putins Kontrolle stehen, auf die er Zugriff hat oder die in seinem Interesse verwendet werden können“. Das und nur das kann in meinen Augen Gegenstand tatsächlicher Ermittlungen sein. Bestenfalls gelingt es also, nicht die Höhe des Vermögens zu messen, das dem russischen Präsidenten persönlich gehört, sondern das Ausmaß seines „wirtschaftlichen Einflusses“, der eine unbestrittene Tatsache ist.
Wird der Kongressbeschluss vom staatlichen Geheimdienst, dem Finanz- und dem Außenministerium ausgeführt, kann ein breites Bild davon entstehen, wie sich Russlands Präsident alle Staatskonzerne unterworfen hat. Binnen zweier Jahrzehnte hat er seinen Freunden und Vertrauensleuten Eigentum im Wert von zig Milliarden US-Dollar in die Hände gespielt, das früher dem Staat gehörte; er hat ein gewieftes System zur Verteilung staatlicher Mittel zugunsten seiner Vertrauensleute geschaffen, den Beschluss und die Anwendung von Gesetzen bewilligt, die „ihm nützlichen Personen“ eine grenzenlose Bereicherung ermöglichten; er hat Mittel aus der Staatskasse zu persönlichen Zwecken verwendet und um seinen Verwandten Annehmlichkeiten zu verschaffen, und er tut das weiterhin. Die Systematisierung dieser Informationen wird für Amerika keinen besonderen Aufwand bedeuten, das Ergebnis wird der naheliegende Schluss sein: Putin hat aus Russland ein Werkzeug gemacht, mit dem er für sich und die Seinen ein Leben im Wohlstand sicherstellt. Jedoch werden zwei grundlegende Probleme dadurch nicht von der Tagesordnung gestrichen.
Einerseits hat in Russland das Thema Korruption meiner Meinung nach längst seine Aktualität eingebüßt. Kaum jemand bezweifelt, dass Putin einer der reichsten Menschen im Land ist – als etwas Unerhörtes wird das nicht wahrgenommen. Putins Kontrolle über gigantische Finanzströme werden die Russen immer mit den Besonderheiten der Verwaltung ihres Landes rechtfertigen. Und selbst wenn jemand beweist, dass der Präsident über Mittelsmänner zum Beispiel eine Kontrollmehrheit über den geheimnisvollen Konzern Surgutneftegas innehat, so wird dieses Aktiv als „Airbag“ für das Land als Ganzes angenommen.
Meiner Einschätzung nach werden Informationen aus dem Ausland über die Reichtümer des russischen Präsidenten in keiner Weise seine Legitimität innerhalb Russlands beeinträchtigen.
Das westliche Establishment wird die Wichtigkeit der Beziehungen zum Kreml zusätzlich begründen müssen
Andererseits kann der Westen auf weitere Beweise für Putins Korruptheit stoßen – obwohl diese auch jetzt nicht bezweifelt wird. Und trotzdem wird weiterhin Kontakt zum russischen Staatschef gehalten und das wird mit der wichtigen Rolle erklärt, die Russland in der internationalen Politik spiele. Ich kann mir schwer vorstellen, dass sich nach der Analyse des vom Nachrichtendienst gesammelten Materials der Umgangston westlicher Politiker mit Putin ändern wird. Eher umgekehrt: Wenn die Erstellung dieses vom Kongress geforderten Berichts jemandem das Leben schwer macht, dann dem Establishment Amerikas und Europas, das die Wichtigkeit ihrer Beziehungen zum Kreml zusätzlich wird begründen müssen. Und es wird sie begründen, da bin ich persönlich ganz sicher.
Ich komme also zu dem Schluss, dass das Ergebnis dieser Untersuchung Licht auf die Geschäfte von Putins nächstem Umfeld werfen wird und darauf, wohin die daraus erzielten Gewinne fließen und/oder wohin sie konvertiert werden. Es werden massenhaft mit Geldwäsche betraute Mittelsmänner auftauchen (in letzter Zeit spricht man auch ohne spezielle Untersuchung von ihnen, wie im Fall von Troika Dialog), und es werden die nominellen Halter von milliardenhohen Summen festgestellt werden, deren Herkunft auf die eine oder andere Art Russland zu verdanken ist. Aber mehr werden die Amerikaner nicht erreichen. Putin ist und bleibt der geheimnisumwobenste unter den reichsten Menschen des Planeten …
Samowar, Matrjoschka, Chruschtschowka – der russische Alltag ist reich an Begriffen wie diesen. In diesem Dossier trägt dekoder Geschichten und Wissen rund um Spezifika der russischen Alltagskultur zusammen.
Feldschery – die Dorfdoktorinnen
Lehrerinnen fürs Ende der Welt
Chruschtschowki – die Geburt der „Platte“
Am 31. März fand in der Ukraine die Präsidentschaftswahl statt. Für Beobachter war es schwer vorherzusagen, wer in die Stichwahl am 21. April kommen wird. Diese scheint nun genauso unberechenbar: Obwohl der Abstand zwischen Herausforderer Wolodymyr Selensky und Amtsinhaber Petro Poroschenko in der ersten Runde etwa 14 Prozentpunkte betrug, ist es nicht klar, wer am Ende gewinnen wird.
Seit 2014 – mit der Angliederung der Krim und dem Beginn des Kriegs in der Ostukraine – sind die Beziehungen zwischen Moskau und Kiew zerrüttet: Der damalige ukrainische Präsident Janukowitsch floh im Februar 2014 nach Russland, sein Nachfolger Petro Poroschenko vertritt dezidiert eine Anti-Kreml-Haltung. In seinem aktuellen Wahlprogramm befürwortet er etwa die EU- und NATO-Integration seines Landes. Demgegenüber äußert sich sein Herausforderer Selensky eher zurückhaltend: Sein Wahlprogramm, so einige Beobachter, sei in diesen Punkten eher schwammig formuliert.
Wie schaut der Kreml auf die Wahl in der Ukraine? Auf welchen Kandidaten setzt Moskau bei der Stichwahl zwischen Poroschenko und Selensky?
Diese Fragen beantwortet im Interview mit der Novaya Gazeta Gleb Pawlowski – ehemaliger Polittechnologe, der zu den Architekten des Systems Putin gezählt wird.
Novaya Gazeta / Wjatscheslaw Polowinko: Wie zufrieden ist die russische Regierung mit der gegenwärtigen Lage nach dem ersten Wahlgang: Selensky in Führung, Poroschenko auf dem zweiten Platz?
Gleb Pawlowski: Die russische Regierung ist mit dem Status quo natürlich nicht zufrieden. Ich denke, dem Kreml würde außer einem Sieg Boikos keine Konstellation passen. Selensky macht Poroschenkos Chancen auf einen Sieg im zweiten Durchgang praktisch zunichte. Aus der Sicht Moskaus wirkt er zu merkwürdig und unberechenbar.
Moskau hat bisher nur mit Angehörigen des ukrainischen politischen Establishments zu tun gehabt und hat es sehr wohl vermocht, sich mit ihnen zu arrangieren – mit allen, auch mit Poroschenko. Der Kandidat Selensky steht für den Protest der Wähler gegen das Establishment, und er wird sich in seinem Vorgehen nicht sehr weit von seinen Wählern entfernen können.
Selensky steht für den Protest der Wähler gegen das Establishment
Seine Wähler, das ist die breite Masse der Bevölkerung, die des Krieges und der Welt müde ist, die sich nicht ins russische Bett legen will und die Korruption in Kriegszeiten nicht mehr ertragen kann. Man muss aber wissen, dass das keine pazifistischen Wähler sind; sie verlangen von Selensky nicht, dass er sofort den Krieg beendet. Im Grunde folgte die Wahl der Logik negativer Umfragewerte, und Selensky ist davon am wenigsten betroffen.
Moskau könnte mit Selenskys Kandidatur teilweise zufrieden sein, weil er aus Sicht des Kreml ein schwacher Kandidat ist.
Schließlich wird er ja nicht automatisch von der gesamten ukrainischen Bevölkerung akzeptiert werden; falls er gewinnt, wird das für ihn ein Problem sein, unter anderem mit Blick auf die Armee und die Kampfverbände, die im Großen und Ganzen nicht für ihn sind. Und außerdem ist da wieder das Problem der Westukraine, weil die Wahl dieses eindeutig nicht ukrainisierten Kandidaten bedeuten würde, dass es eine mehrheitliche Opposition gegen die Rolle gibt, die die Westukraine in letzter Zeit im Land gespielt hat.
Der Kreml wird auf eine Chaotisierung des Spielfelds abzielen
Es wird jetzt potentiell ein gewisses Machtvakuum entstehen, das nach dem zweiten Wahlgang zum Tragen kommen wird: Selensky wird es schwerfallen, die Anerkennung der gesamten Ukraine zu bekommen, und es wird einen gewissen Einbruch geben, eine Pause, in der Moskau in das Spiel einsteigen kann. Dass der Kreml das Spiel aufnehmen will, wird aus verschiedenen Vorstößen deutlich, etwa durch die Initiative, die Ergebnisse der Wahl in der Ukraine nicht anzuerkennen. Das ist eine recht dumme und schädliche Idee, weil dies eine direkte Einmischung in die Angelegenheiten der Ukraine bedeuten würde. Und zwar zu einem Zeitpunkt, da sich die Gelegenheit für politisches und diplomatisches Spiel ergibt. Der Kreml aber spitzt die Situation zu, wie das so seine Art ist, wenn es ein Problem gibt. Es ist zwar gefährlich, aber der Kreml wird auf eine Chaotisierung des Spielfelds abzielen.
Selensky wird es nach Ansicht Moskaus damit nicht aufnehmen können; es wird zu dem für die Ukraine üblichen Krieg zwischen den Gruppierungen kommen. Die Kalkulation ist, dass die Probleme erneut von den Herren des Geldes und den bewaffneten Ressourcen gelöst werden.
In den russischen wie auch in den ukrainischen Medien kursiert die Theorie, dass Selensky im Falle seines Sieges Julia Timoschenko zur Ministerpräsidentin machen könnte. Da sie schon einmal mit Russland zusammengearbeitet hat, könnte sie nach Ansicht der Analytiker zu einem zusätzlichen Faktor werden, mit dem Moskau auf ukrainische Politiker Druck ausüben könnte. Wie realistisch ist ein solches Szenario?
Dann würde Selensky das Risiko eingehen, sofort die Unterstützung zu verlieren. Die Ukraine hat so etwas schon einmal durchgemacht: Sie hatte einen dritten Kandidaten gewählt, aber sobald dieser einen Deal mit dem Establishment gemacht hatte (wie das etwa bei Serhij Tihipko der Fall war), verlor dieser Kandidat für die Menschen sofort jede Bedeutung und schied aus der Politik aus.
Selensky muss schleichend und schweigend die Zeit bis zum zweiten Wahlgang überstehen und sollte sein Ansehen nicht durch Allianzen beschädigen. Allerdings kann ich mir nur schwerlich vorstellen, dass sich selbst dann um Poroschenko herum eine starke Koalition gegen den Gewinner des ersten Wahlgangs bildet.
Es gibt das Stereotyp, dass der Kreml über viele Einfluss nehmende Agenten in der ukrainischen Politik verfügt. Wie sehr hat Russland derzeit von innen Einfluss auf die Politik der Ukraine?
Russland hatte tatsächlich seit langer Zeit hervorragende und sehr gut entwickelte Verbindungen zum ukrainischen Establishment.
Und wenn der Kreml nicht im Jahr 2014 eine Dummheit begangen und sich in ukrainische Angelegenheiten eingemischt hätte, wäre Putin auch heute noch oberster Schiedsrichter für alle zukünftigen politischen Kombinationen in der Ukraine.
Andererseits bedeutet das aber nicht, dass ukrainische Politiker Agenten Moskaus sind. Selbstverständlich waren für Moskau die Kriegssituation und die Gebietsverluste seitens der Ukraine keineswegs hilfreich hinsichtlich einer Stärkung seines Einflusses. Das ist keine Frage der Agenten, sondern meiner Ansicht nach eine Frage der abnormen Enge der Verbindungen zwischen den Establishments der beiden Länder. Sie machen sich auf pathologische Weise gegenseitig das Leben schwer. Zumindest ist das für mich im Falle Russlands offensichtlich, weil diese Fixierung auf die Ukraine, wo es doch im eigenen Land solche Probleme gibt, schlichtweg Irrsinn ist. Uns sollte die Ukraine offen gestanden derzeit überhaupt nicht beschäftigen.
Könnte der mögliche Sieg Selenskys für den Kreml zu einem unangenehmen Signal werden, da die Menschen in Russland dann vielleicht denken: Oh, es sieht so aus, als könnte man gegen die „alte Schule“ ankommen?
Es ist schon seit langem bewiesen, dass die Dinge bei uns so nicht laufen. Diese Vorstellung stammt ebenfalls vom russischen Establishment, nämlich, dass die Bevölkerung nur auf das Geschehen in der Ukraine schaut.
Selensky ähnelt sehr vielen Akteuren in unserem Showbusiness, den Schauspielern aus den Serien, es ist aber sonnenklar, dass keiner von ihnen eine solche Rolle übernehmen könnte, mal ganz davon abgesehen, dass gegen so jemanden sofort ermittelt werden würde.
In Russland fehlt diese ukrainische Kombination aus Verzweiflung und der Bereitschaft, es mal zu probieren.
Die Ukrainer treffen diese Wahl und sind sich des Risikos bewusst, was an sich schon wichtig und interessant ist. Bei uns ist die Situation eine andere, wir sind nicht die Ukraine, und nicht Kasachstan.
Inwieweit kommt der bislang lokale Triumph Selenskys der russischen Propaganda gelegen? Man könnte ja bei seinen Misserfolgen dann sagen: „Schaut nur, wen die Ukrainer da gewählt haben!“. Wenn es Erfolge gibt, ließe sich ebenfalls etwas konstruieren.
Aus Sicht unserer Propaganda gelingt der Ukraine nie auch nur irgendetwas. Unsere Propaganda beruht auf der Vorstellung der vermeintlichen „ukrainischen Dummheit“. Die landesweiten Fernsehsender verbreiten, dass diejenigen, die sich für Ukrainer halten, einfach nicht sonderlich helle sind, und zu nichts fähig, vor allem nicht zum Aufbau eines Staates. Ich denke, dass die Propaganda auch weiterhin mit diesem recht toxischen Motiv operieren wird. Eine Wahl Selenskys dürfte als weiteres Zeichen dieser „ukrainischen Dummheit“ dargestellt werden.
Eine Wahl Selenskys dürfte als Zeichen dieser „ukrainischen Dummheit“ dargestellt werden
Wichtig ist, dass diese Thesen nicht nur Richtung Ukraine, sondern auch Richtung Europa verlautbart werden: Man sollte die Ukraine nicht unterstützen, die kann ja nicht einmal bei sich selbst für Ordnung sorgen. Das können nur wir, unterstützt also uns!
Das sind doch recht fruchtlose Bemühungen…
Bislang sind sie fruchtlos. Wir wissen allerdings nicht, wie die Lage in der Ukraine in einem halben Jahr ist. Wenn dort Chaos entsteht, könnte der Kreml meinen, dass Europa abwinken wird.
Sie haben vor vielen Jahren fast alles vorhergesagt, was mit der Ukraine geschah. Hätten Sie sich in ihren kühnsten Prognosen vorstellen können, dass einer der Wahlsieger jemand sein könnte, der der Politik sehr fernsteht?
Den Sieg eines Populisten vorauszusagen ist nicht schwierig. Das ist weltweiter Trend und Mainstream: Überall siegen die Populisten. Die sind aber alle unterschiedlich. Auch Wladimir Putin war ein Populist, der als solcher seiner Zeit voraus war. Selensky und seine Taktik sind etwas anders. Sein Populismus ist friedlicher und ist daher schwerer dingfest zu machen; ihm ist schwieriger etwas entgegenzusetzen. In seinem Programm gibt es keinen Feind, er ist kein Trump: Selensky verspricht nicht, die Ukraine groß zu machen und gleichzeitig alle Russen aus dem Land zu jagen.
Von einem Populismus dieser Art konnte ich nicht ausgehen, und ich konnte nicht davon ausgehen, dass in Zeiten eines Krieges so jemand gewinnt. Das Phänomen Selensky macht deutlich, dass der neue Populismus sich nicht auf Figuren wie Trump oder Orbán beschränkt. Dieser Populismus wird neue Konstellationen hervorbringen. Darauf müssen wir vorbereitet sein.
April: Liebe in Zeiten des Konflikts
Infografik: Wahlen in der Ukraine 2019
Zwei Wochen vor der Stichwahl um die Präsidentschaft in der Ukraine geht der Wahlkampf in die heiße Phase. Nach seinem Erfolg in der ersten Runde hat Wolodymyr Selensky den Amtsinhaber Petro Poroschenko zu einem Fernsehduell im Kiewer Olympiastadion aufgefordert. Wenn der Herausforderer ins Stadion wolle, „dann lass es halt ein Stadion sein“, erwiderte Poroschenko in einer Videobotschaft. Im Vorfeld des Duells liefern sich die Kontrahenten einen heftigen Schlagabtausch in ukrainischen Medien.
Auch viele Menschen in Russland schauen gebannt auf den Wahlkampf. Die letzte Stichwahl bei einer Präsidentschaftswahl gab es hier 1996. Damals, so einige Beobachter, habe es in Russland auch den letzten wirklichen Wahlkampf um die Staatsspitze gegeben. Denn spätestens seit dem Aufbau der sogenannten Machtvertikale werde im Land auch die politische Konkurrenz systematisch unterdrückt.
Viele unabhängige Stimmen in Russland schauen derzeit mit gewissem Neid auf die Konkurrenz im ukrainischen Wahlkampf. Auch der Journalist Wladimir Ruwinski fragt auf Vedomosti, ob die Ukraine Beispiel für Russland sein könne.
Der amtierende Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, ist dem Schauspieler Wolodymyr Selensky im ersten Wahlgang unterlegen. Nun hat er sich zum TV-Duell im 70.000 Personen fassenden Olimpijskyj-Stadion in Kiew bereit erklärt – eine effektvolle Wende im ohnehin grellen ukrainischen Wahlkampf. Der ist umso beeindruckender für das russische Publikum: Eine TV-Debatte des amtierenden Staatschefs mit einem Konkurrenten ist in Russland – egal in welchem Format – einfach undenkbar.
Die Stichwahl in der Ukraine ist für den 21. April angesetzt. Die TV-Debatte ist für den 19. April geplant [inzwischen hat Poroschenko noch den 14. April als möglichen Termin ins Spiel gebracht – dek], als Schlussakkord im Wahlkampf. Es ist nicht das erste TV-Duell eines amtierenden ukrainischen Präsidenten mit einem realen Konkurrenten: Allerdings waren die bisherigen im klassischen Fernsehformat (zuletzt 2004 zwischen Viktor Juschtschenko und Viktor Janukowytsch, damals schaute fast das halbe Land zu). Die Herausforderung erinnerte diesmal an einen Video-Battle: Auf Poroschenkos formelles Angebot reagierte Selensky mit einer Video-Botschaft, in der er das Stadion zur Bedingung machte – „vor dem Volk der Ukraine“ – sowie ein medizinisches Gutachten, um zu beweisen, dass der künftige Staatschef „kein Alkoholiker und kein Drogenabhängiger ist“. Der Präsident antwortete ebenfalls mit einem Video, indem er sich einverstanden erklärte mit dem ungewöhnlichen Ort und dem medizinischen Gutachten.
Wie die Debatte ausgeht, steht noch nicht fest: Poroschenko ist gewiss erfahrener in öffentlichen Diskussionen zu ernsthaften politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen. Aber Selensky ist ein erfahrener Showmaster, der sein Publikum in Bann zieht. Wie die Diskussion solch unähnlicher Kontrahenten aussehen wird, lässt sich kaum vorhersagen – umso größer wird das Interesse an dem Duell sein.
Und nicht nur in der Ukraine. In Russland wird laut einer WZIOM-Umfrage im April der Wahlkampf von 39 Prozent der Befragten voller Interesse verfolgt, 2014 waren es 28 Prozent. Die Russen geben hierbei Selensky den Vorzug (laut WZIOM 31 Prozent) und nicht Poroschenko (1 Prozent). Die Sympathien mit dem Polit-Neuling erklären sie mit Hoffnung auf eine Wende zum Besseren, auf einen Machtwechsel, oder schlicht mit dem Auftauchen eines neuen Gesichts. Es sieht danach aus, dass hier eher eigene Empfindungen hinsichtlich der Stagnation in Russland projiziert werden und das eher eine Rolle spielt als ein tiefes Verständnis der Situation in der Ukraine.
Der 2018 zum vierten Mal zum Präsidenten gewählte Wladimir Putin hat sich nie zu einer persönlichen Teilnahme an Wahlkampfdebatten herabgelassen. Die Weigerung wurde formal immer damit begründet, dass der amtierende Präsident beschäftigt sei, aber es war klar, dass das Staatsoberhaupt es schlicht für sinnlos und sogar schädlich erachtet hatte, öffentliche Diskussionen mit seinen aktuellen Sparring-Partnern zu führen. Die Ergebnisse hätten keinerlei Bedeutung für den Wahlkampf haben können: Der Wahlsieger stand im Moment der Nominierung bereits fest. Im Fall der Ukraine liegt die Sache anders: Die reale und nicht simulierte Konkurrenz macht sowohl den Ausgang der Debatten als auch das Ergebnis des zweiten Wahlgangs unvorhersagbar. Ob wir denn möchten, dass es in Russland sei wie in der Ukraine, hat Putin 2017 gefragt. Im Jahr 2019 gibt es immer mehr Anlass dies zu bejahen.
Video #12: Putin zu Sobtschak: Wollen Sie einen russischen Maidan?
Am 27. März wurde der ehemalige russische Minister Michail Abysow festgenommen. Nur einen Tag später verhaftete man auch den Ex-Gouverneur und -Minister Viktor Ischajew. Beiden Ex-Politikern wird unter anderem Betrug in Milliardenhöhe vorgeworfen.
Im Korruptionsindex von Transparency International befindet sich Russland auf Rang 138 von 180 Ländern: Korruption ist demnach allgegenwärtig. Doch dass es zwei hochrangige Ex-Politiker gleichzeitig trifft – das ist neu. Russische unabhängige Medien debattieren die Frage: Warum ausgerechnet sie?
Schon nach der Verhaftung des Ministers Alexej Uljukajew vor rund zweieinhalb Jahren rankten (Verschwörungs)Theorien, nun sieht manch ein Beobachter gar ein neues 1937 heraufziehen – unter anderem eine Chiffre für Verfolgungen und Tötungen von sogenannten „unzuverlässigen“ Weggefährten Stalins. Die anderen glauben, dass es eigentlich ein Signal an den Premierminister sei – schließlich würden die Verhafteten zu der Elitengruppe um Dimitri Medwedew gehören. Wieder andere meinen, dass der Druck aus dem Westen und die schlechten Wirtschaftsdaten Elitenkonflikte provozierten. Schließlich sind manche Politikwissenschaftler sicher, dass Abysow und Ischajew als Sündenböcke herhalten müssen, um einen Kampf gegen Korruption zu imitieren. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch der Politologe Dimitri Oreschkin in der Novaya Gazeta.
[bilingbox]Wenn es bei den letzten beiden Verhaftungen einen Trend gibt, dann würde ich ihn „Verzweiflung“ nennen. Ischajew war vor zehn Jahren Gouverneur, eine Rechnung mit ihm rückwirkend zu begleichen, ist ziemlich seltsam.
Erstens befindet sich der Kreml in einer Art Raserei, in der man nicht sieht, was getan werden muss. Sie sehen, dass sich die Situation verschlechtert und ärgern sich darüber. Wenn sich aber Menschen dieses Schlags ärgern, dann fangen sie an, den entferntesten Schuldigen zu suchen. Die Nahestehenden fühlen das und liefern diese Schuldigen dann aus.
Zweitens aber hegen die Machthaber die Hoffnung, dass das die Leute ablenkt und sie kapieren, dass die Machthaber für ihre Rechte kämpfen – schließlich werden ja Diebe bestraft. […]
Ischajew ist schon lange in Rente, er hat keine administrative Ressource. Abysow kann genauso wenig zum Gegenschlag ausholen, hat er doch als Ruheständler auch keine Ressourcen. Medwedew wird wohl kaum für ihn kämpfen, also kann man sich Abysow durchaus als Feind vorstellen. Mich erschreckt vor allem, dass man anfängt, Ruheständler zu kassieren. Nicht die, die jetzt etwas tun, sondern die, die irgendwann mal etwas getan haben. Dies aber kann man von jedem Gouverneur im Land behaupten.~~~Если в последних арестах и есть тренд, то я бы назвал его «отчаянием», Ишаев был десять лет назад губернатором, с ним счеты сводить задним числом довольно странно. Во-первых, здесь есть некоторое остервенение Кремля, в котором не понимают, что нужно сделать.
Они видят, что ситуация ухудшается, и начинают злиться. А когда люди такого рода злятся, они начинают искать крайнего и виноватого. Приближенные это чувствуют, они этих виноватых и подсовывают.
А, во-вторых, у власти есть надежда, что таким образом трудящиеся отвлекутся, поймут, что власти борются за их права — она же воров наказывает. […]
Ишаев давно на пенсии, у него административного ресурса нет. Абызов тоже не может нанести ответного удара, у него ресурсов нет, он же отставник. Вряд ли ради него Медведев пойдет воевать, так что Абызова вполне можно представить как врага. Меня пугает именно эта составляющая — отставников начали грести. Не тех, кто сейчас что-то творит, а когда-то. А так сейчас можно сказать про любого губернатора в стране.[/bilingbox]
Oden an die Hunde von Schuwalow
Der Fall Uljukajew – und seine Vorbilder
Es war die Perestroika Gorbatschows, die vor 30 Jahren den Mauerfall einleitete. Es war eine Zeit des Umbruchs – und zugleich die Chance einer neuen politischen wie zivilgesellschaftlichen Annäherung, die Zeit eines erwartungsfrohen Neustarts in den Beziehungen zwischen Ost und West, die heute erneut in einer schweren Krise stecken.
Wie blickte die Sowjetunion damals auf die Geschehnisse in Berlin und Deutschland – mitten während der Perestroika und unmittelbar vor Zusammenbruch des eigenen Systems?
Wie war der Lebensalltag, gerade der jungen Leute, in Ost und West?
Wie erinnert man sich heute in Deutschland und Russland an den Mauerfall 1989? Wie bewertet die jeweilige Gesellschaft Schlüsselfiguren der damaligen Zeit, wie etwa Michail Gorbatschow, Andrej Sacharow oder Helmut Kohl?
Und wie hat sich die gegenseitige Wahrnehmung in den vergangenen 30 Jahren geändert?
Die Gedenk- und Jahrestage 2019 zu 30 Jahren Friedlicher Revolution nimmt dekoder zum Anlass für ein multimediales Dossier. Es zeigt Umbruch und Aufbruch aus deutscher – und russischer Perspektive. Auf Deutsch – und in Teilen auch auf Russisch.
„Russland hat gute Chancen, irgendwann glücklich zu werden“
„Der sowjetische Geruch ist noch nicht verschwunden“
„Wir müssen das Triumphale aus der Geschichte tilgen“
Der letzte Winter der Sowjetunion
Gorbatschow und die Befreiung von der Lüge
Perestroika: Wirtschaft im Umbruch
Einfache Momente – Alltag der Perestroika
Der Baltische Weg: die Menschenkette vom 23. August 1989
Warum die USA den Zerfall der UdSSR nicht wollten
Gorbimanie – Gorbiphobie: Rezeption Gorbatschows in Russland
Historische Presseschau: Mauerfall 1989
Die Sowjetunion und der Fall der Berliner Mauer
Перестройка и падение Берлинской стены
„Es war nicht alles umsonst“: DDR- und Sowjet-Nostalgie im Vergleich
Der Schauspieler und Comedian Wolodymyr Selensky hat die erste Runde der Präsidentschaftswahl in der Ukraine gewonnen. Über 63 Prozent der Wahlberechtigten nahmen an der Wahl teil, Selensky bekam rund 30 Prozent der Stimmen, Petro Poroschenko etwa 16 Prozent. Damit wird sich der Polit-Neuling dem Amtsinhaber in der Stichwahl stellen. Diese soll voraussichtlich am 21. April stattfinden.
Schon im Vorfeld der Wahl schaute man in Russland gebannt auf den ukrainischen Wahlkampf: Die kremlnahen Medien prangerten unter anderem die angebliche Einmischung des US-Außenministeriums an, viele unabhängige Stimmen betonten demgegenüber, dass insgesamt 39 Kandidaten zur Wahl standen. Die Ukraine hatte also, so der Tenor, eine richtige Wahl – anders als Russland.
Auch nach der Veröffentlichung der Wahlergebnisse ebbt die Diskussion nicht ab. Wer hat für wen gestimmt? Worin unterscheiden sich die Ukraine und Russland? Und was bedeutet die Wahl für die Beziehungen zwischen den beiden Ländern? dekoder bringt Ausschnitte aus russischen und ukrainischen Medien.
Waleri Pekar, ukrainischer Unternehmer und Mitbegründer der Bürgerplattform Neues Land, kommentiert auf der Online-Plattform Ukrajinska Prawda den Wahlausgang und fragt nach den Hintergründen:
[bilingbox]Also, was haben wir?
Echte Demokratie ist, wenn die Wahlergebnisse überraschend sind. Wir können uns gratulieren: Die Ukraine ist nicht Russland, die Ukraine ist Europa.
In den reifen Demokratien gibt es normalerweise einen dominierenden Diskurs, zum Beispiel Migration, oder Wirtschaft, oder Umweltschutz. Bei uns sind drei Diskurse zusammengekommen.
Diejenigen, für die das wichtigste Phänomen im Leben des Landes der Krieg ist, haben den Oberbefehlshaber gewählt, obwohl sie sich seiner Defizite in anderen Bereichen bewusst sind. Diejenigen, die den Wechsel der politischen Elite für das zentrale Erfordernis halten, haben ein neues Gesicht gewählt, obwohl sie sich seiner Defizite bewusst sind oder auch nicht. Und diejenigen, für die das wichtigste Problem Armut ist, haben die wichtigste Kämpferin gegen die Armut gewählt.
Die Ergebnisse der Wahl stehen noch nicht fest. Bis jetzt kann man nur eins sagen: Timoschenko hat verloren.~~~Отже, що ми маємо?
Реальна демократія – це коли підсумки голосування є сюрпризом. Привітаймо себе: Україна таки не Росія, Україна – це Європа.
У зрілих демократіях зазвичай на виборах є панівний дискурс: наприклад, міграція, або економіка, або екологія. У нас зіткнулися три різні дискурси. Ті, для кого головним явищем у житті країни є війна, обирали верховного головнокомандувача, усвідомлюючи його недоліки в інших сферах.
Ті, для кого головною потребою є заміна політичних еліт, обирали нове обличчя, усвідомлюючи його недоліки чи не усвідомлюючи. Ті, для кого головне явище – зубожіння, обирали головного борця із зубожінням. Результати виборів ще не визначені. Поки що можна сказати лише одне – Тимошенко програла.[/bilingbox]
erschienen am 31.03.2019, Original
Konstantin Kossatschew, Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, kehrt in der Rossijskaja Gazeta gängige Vorwürfe gegen Russland um:
[bilingbox]Die Ergebnisse des ersten Wahlgangs waren durchaus naheliegend. Und das nicht, weil sie einem vorhersagbaren Schema folgen: Im Grunde genommen gibt es in der Ukraine keine politischen Kräfte mehr, der Raum ist von Alternativen gesäubert, die Bürger haben die Möglichkeit zwischen „Fifty Shades of Grey“ zu wählen.
Der Weg in die EU und die NATO wird jetzt als nationaler Konsens ausgegeben. Tatsächlich aber ist die Situation künstlich geschaffen worden über die Staatspropaganda und als Abrechnung mit den Nichteinverstandenen.
Die Ukraine hat also nicht zwischen Russland und Europa gewählt. Denn ein Kandidat, der gewagt hätte, ein freundliches Wort über unser Land zu sagen, wäre nicht einfach nur einer Hetzjagd ausgesetzt gewesen, sondern hätte zumindest seine Gesundheit aufs Spiel gesetzt.
Die Ukraine hat nicht zwischen Korruption und dem Kampf gegen sie gewählt – es ist mittlerweile klar, dass es auch beim Maidan nicht darum ging. Und jetzt wird der gewählt, der die Korruption anführt mit einer Rhetorik ihrer Bekämpfung – für die Ohren westlicher Sponsoren.~~~Итоги первого тура были вполне очевидными. И дело не в какой-то предсказуемой схеме: по сути, на Украине не осталось никаких политических сил, пространство зачищено от альтернатив, гражданам предлагается выбирать из „пятидесяти оттенков серого“. Это выдается за общенациональный консенсус по поводу пути страны в ЕС и НАТО, но на деле ситуация создана искусственно усилиями госпропаганды и расправ над несогласными. Поэтому Украина не выбирала между Россией и Европой – ибо кандидат, рискнувший сказать доброе слово про нашу страну, был бы не просто затравлен, но рисковал бы как минимум здоровьем.
Украина не выбирала и между коррупцией и борьбой с нею – уже ясно, что сам майдан был не про это. И сейчас выбирают, кто возглавит коррупцию под риторику о борьбе с нею для спонсорских западных ушей.[/bilingbox]
erschienen am 01.04.2019, Original
Journalist Iwan Dawydow schreibt auf The New Times, dass die unabhängigen Stimmen in Russland deshalb so neidisch auf die Ukraine seien, weil der Wahlausgang dort – anders als in Russland – unberechenbar sei. Dies sei aber kein Wert an sich, meint Dawydow – es gebe wichtigere Sachen:
[bilingbox]Da hier tatsächlich überall viel über die Ukraine gesprochen wird, erzähle ich jetzt von einem Gespräch, dessen Zeuge ich zufällig wurde. Russen, wie das bei Russen so üblich ist, wollten einen Ukrainer belehren und erklärten ihm, wer denn nun zu wählen sei. Der Ukrainer hatte vor, Selensky zu wählen. Umgehend wurden ihm die Augen geöffnet: „Selensky ist ein Clown“, „Selensky ist eine Marionette von Kolomojskyj“, „Selensky ist ein Agent des Kreml“, „Selensky hat weder politische noch Leitungserfahrung“. […]
Wichtig ist nur die Antwort des Ukrainers: „Nun, wenn er uns nicht gefällt, wählen wir neu“, sagte er ganz ruhig.
Und genau das war bitter. Bitter für Russland. Dieser banale Gedanke ist in unserem Land ganz unmöglich geworden. Die Staatsmacht ist kein Monument. Der Präsident ist ein angestellter Manager und kein ewiges Problem. Die Bürger können einfach loslegen und einen anderen wählen. Und all das ist kein spezielles Wunder. Sondern eine ganz normale, natürliche Sache.~~~Поскольку разговоров про Украину и правда много вокруг, я перескажу один, которому стал случайным свидетелем. Россияне, как это у россиян принято, учили украинца жизни и объясняли, за кого правильно голосовать. Украинец собирался голосовать за Зеленского… Ему тут же открыли глаза: «Зеленский — клоун», «Зеленский — ставленник Коломойского», «Зеленский — агент Кремля», «у Зеленского нет ни политического, ни управленческого опыта». <…>
Важен только ответ украинца. «Ну, не понравится, — переизберем», — спокойно сказал он.
И вот это было обидно. Для России обидно. Эта банальная мысль сделалась на родине какой-то совсем невозможной. Власть — не монумент. Президент — нанятый менеджер, а не вечная проблема. Граждане могут просто взять и выбрать другого. И в этом нет никакого особенного чуда. Обычное дело, естественная вещь.[/bilingbox]
erschienen am 01.04.2019, Original
Nach jeder Wahl, die in den letzten Jahren in Russland stattfand, wurde der Kreml wegen Wahlfälschungen kritisiert. Nun dreht der staatsnahe Politologe Denis Denissow in der Zeitung Izvestia den Spieß um:
[bilingbox]Unterdessen bewahrheiten sich die negativsten Prognosen bezüglich Wahlfälschung und Verstößen, die diese Wahlen begleiten. Umso interessanter wird es sein, die Aufbereitung und Veröffentlichung des Wahlberichts seitens des wichtigsten Beobachters zu verfolgen: des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE.
Die Legitimität der Wahlergebnisse wird stark angezweifelt. Das heißt, wie beim Chagrinleder, schrumpft auch die Möglichkeit ihrer Anerkennung immer weiter.~~~Между тем оправдываются самые негативные прогнозы относительно фальсификаций и нарушений, которые сопутствуют этим выборам. Тем интереснее будет наблюдать за подготовкой и опубликованием отчета о выборах со стороны основного мониторщика избирательного процесса — БДИПЧ ОБСЕ.
<…>
Легитимность результатов голосования вызывает очень большие сомнения. А значит, как шагреневая кожа, сокращается и возможность их признания.[/bilingbox]
erschienen am 01.04.2019, Original
Der Blogger Alexander Gorny argumentiert auf Echo Moskwy dialektisch und macht Putin zum einenden Feindbild:
[bilingbox]Faktisch hat Wladimir Putin die ukrainischen Wahlen gewonnen, obwohl das vielen noch nicht bewusst ist. Putin war der, der all die Jahre die politische Agenda der Ukraine geformt und die Ukraine vor dem Auseinanderbrechen bewahrt hat.
Die ukrainischen Wahlen haben viele aufgeweckt. Alle scharwenzeln um die drei Kiefern und fragen sich, welche die höchste und schönste ist. Kann uns doch völlig egal sein, oder? Wer auch immer gewinnt, die russisch-ukrainischen Beziehungen sind auf Jahrzehnte verdorben, die Krim kommt nicht zurück und der Donbass wird noch noch lange eine Zone der Instabilität bleiben. ~~~По факту на украинских выборах победил Владимир Путин, хотя многие этого еще не осознали. Именно Путин был тем, кто формировал украинскую повестку все эти годы и сшил разваливающуюся Украину.
Украинские выборы возбудили многих. Все бродят вокруг трех сосен и пытаются понять, какая из них выше и краше. Да какая для нас разница? Кто бы не победил, российско-украинские отношения испорчены на десятилетия, Крым не вернется, а Донбасс еще долго будет зоной нестабильности.[/bilingbox]
erschienen am 01.04.2019, Original
Witali Ssytsch, Chefredakteur des ukrainischen Mediums Nowoje Wremja, stellt Fortschritte in der Ukraine fest und schaut auf die ehemaligen Nachbarn im Ostblock:
[bilingbox]Heute habe ich verstanden, was für einen langen und beschwerlichen Weg wir in den letzten 15 Jahren gegangen sind. […] Es sind eine Menge an institutionellen Mechanismen entstanden zum Mandatsentzug, zur Kontrolle über die Politiker und zum Machtwechsel. Und eine ganze Kultur der politischen Diskussion und Konkurrenz.
In dieser Hinsicht sind wir in diesen 15 Jahren weit gekommen. Die ehemaligen Nachbarn im Ostblock – so wie Russland, Belarus und Kasachstan – müssen noch einen langen und nicht einfachen Weg gehen. Für den Anfang wäre es nicht schlecht, wenn Lukaschenko, Putin und Nasarbajew zu dritt wenigstens einen einzigen lebhaften und nennenswerten Konkurrenten bekämen.~~~Сегодня понял, какой большой и трудный путь мы прошли за последние 15 лет. <…> появилось множество институциональных механизмов по отзыву полномочий, контролю над политиками и переходу власти. Ну и целая культура политической дискуссии и конкуренции.
В этом вопросе мы далеко зашли за 15 лет. Бывшим соседям по соцлагерю – вроде России, Беларуси и Казахстана – придется пройти очень длинный и непростой путь. Для начала было бы неплохо, чтобы у Лукашенко, Путина и Назарбаева на троих появился хотя бы один живой и значимый конкурент.[/bilingbox]
erschienen am 01.04.2019, Original
dekoder-Redaktion
„Ich habe sie im Genick getroffen“
Presseschau № 44: Trumps Wahlsieg
Debattenschau № 71: Kampf um die Macht in Venezuela
Debattenschau № 72: Rücktritt Nasarbajews – Blaupause für Putin?