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Truppenabzug 1991–1994
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Der heimliche König von Sankt Petersburg
Die Schattenwirtschaft ist in Russland seit Jahren rückläufig. In den 1990er Jahren betrug ihr Anteil am gesamten Bruttoinlandsprodukt noch etwa bis zu 50 Prozent. 2018 lag er laut Finanzaufsichtsbehörde Rosfinmonitoring bei rund 20 Prozent.
Obwohl der Schattensektor für eine Volkswirtschaft zumeist schädlich ist, wird er in Russland vielerorts geduldet – auch, weil viele Mitarbeiter staatlicher Stellen daran verdienen, dass sie die illegalen Unternehmer gewähren lassen. Diese zahlen dann zwar keine Steuern, dafür aber eine Abgabe an die Kryscha.
Kryscha bedeutet wörtlich übersetzt Dach. Im kriminellen Jargon ist damit eine Organisation oder eine Person gemeint, die einem Händler oder einem Unternehmen gegen Geldzahlungen „Schutz“ gewährt.
Als eine solche Kryscha gilt Alexander Konowalow. Gegen eine Abogebühr verspricht er, „Probleme zu lösen“: Probleme, die Sankt Petersburger Straßenhändler mit den Kontrollbehörden haben, einschließlich der Polizei.Im Interview mit Meduza spricht Konowalow über seine Tätigkeit, wie er dazu kam und warum er der Meinung ist, dass Putin alles in Ordnung gebracht hat.
Im September 2016 wurde in der Wirtschaftszeitung Delowoi Peterburg ein Investigativtext mit dem Titel Ein-Mann-Betrieb von der Größe einer Stadt veröffentlicht. Thema war der illegale Straßenhandel in Sankt Petersburg, dessen Marktvolumen auf etwa 40 Milliarden Rubel [circa 550 Millionen Euro – dek] geschätzt wird. Quellen des Artikels zufolge wird dieser Markt seit den frühen 2000er Jahren von ehemaligen Mitarbeitern des Innenministeriums kontrolliert.
Ein zentraler Akteur sei der Petersburger Alexander Konowalow, der auch ein Mitarbeiter des Innenministeriums war. Viele Unternehmer, die in Petersburg Straßenhandel betreiben, sind bei ihrer Arbeit auf ihn angewiesen: Gegen eine Abogebühr (ab 1000 Rubel pro Tag [etwa 15 Euro – dek]) verspricht Konowalow, „Probleme zu lösen“, Probleme mit den Kontrollbehörden, einschließlich der Polizei.
Aufgewachsen ist Alexander Konowalow in einer Militärfamilie in der Region Murmansk, in der geschlossenen Stadt Gadshijewo, wo sich die Marinebasis der Nordflotte befindet. Die Familie lebte sehr bescheiden. „Das Gehalt wurde [dem Vater in den 1990er Jahren] manchmal ein halbes Jahr lang nicht ausgezahlt, Fleisch habe ich erst mit 17 zum ersten Mal probiert“, erzählt Konowalow Meduza. Auf dem Höhepunkt der Krise von 1998 zog die Familie nach Sankt Petersburg: „In der Stadt gab es damals weder Essen noch Kleidung.“ Alexander begann ein Studium an der Universität des Innenministeriums in Sankt Petersburg. Nach seinem Abschluss ging er zur Polizei.
Mit 17 Jahren habe ich zum ersten Mal Fleisch probiert
Alexej Loschtschilow: Was war Ihre Motivation, für die Behörden zu arbeiten?
Alexander Konowalow: Es klingt vielleicht verrückt, aber stellen Sie sich einmal vor: Sie sind 21 und verkörpern faktisch die Staatsmacht, Sie sind bewaffnet und repräsentieren den Staat. Als Fahndungsbulle fühlst du dich endlich sicher. Das war damals wichtig, heute ist das schwer zu verstehen, weil man auf der Straße nicht mehr zusammengeschlagen wird.
Warum haben Sie nur knapp ein Jahr für die Polizei gearbeitet?
2002 war auch die Polizei noch ganz anders als heute, als Fahndungsbulle hast du dich immer am Rand der Legalität bewegt. Natürlich sagen viele, man solle sich stets an die Gesetze halten, aber im Leben läuft es anders.
Ich habe selbst gekündigt, weil ich gegen die Arbeitsnormen verstoßen habe. Das war eine ganz lustige Geschichte.
Wir hatten einen Mann verhaftet, früher war der schon mal wegen Vergewaltigung verurteilt worden, und nun wurde er wegen einer langen Verbrechensserie gesucht. Er hatte auf der Straße jungen Frauen Mobiltelefone [die sie an einer Kordel trugen] vom Hals und Schmuck von den Ohren gerissen. Wir verhafteten ihn, aber dann war der Kommissar abgelenkt, ich suchte irgendwo anders nach Unterlagen, und der Mann sprang aus dem ersten Stock und lief weg. Später rief er an und sagte, dass wir ihn nicht mehr kriegen würden. Ich stand als Schuldiger da und bekam Schwierigkeiten deswegen. Wir haben ewig nach ihm gesucht. Wie sich herausstellte, war er auch noch pädophil, ein 13-jähriger Geliebter hat ihn ausgeliefert. Er wurde gefunden und verhaftet. Ich kam von der Datscha angerauscht und ging mit einem Gummiknüppel zu ihm in die Zelle.
Ich kam von der Datscha angerauscht und ging mit einem Gummiknüppel zu ihm in die Zelle
Er hat ordentlich eins drüber bekommen, und das hatte sogar einen positiven Effekt. Ein paar Jahre später, als ich schon nicht mehr als Bulle arbeitete, kam ich einmal aus geschäftlichen Gründen aufs Revier, und da saß wieder dieser Typ. Als er mich erblickte, schrieb er sofort ein Geständnis.
Hat Ihnen die Arbeit gefallen?
Es ist eine wunderbare Arbeit. Wenn es meine Frau nicht gegeben hätte – ich habe sie mit 18 geheiratet – wäre ich vielleicht geblieben. Sie machte mir die Hölle heiß, weil ich rund um die Uhr arbeitete. Die Arbeit bei der Polizei war früher eine hochkreative Tätigkeit, wie es jetzt ist, weiß ich nicht.
Die Arbeit bei der Polizei war früher eine hochkreative Tätigkeit
Seine ersten Schritte als Unternehmer machte Alexander Konowalow bereits Ende der 1990er Jahre, nach dem Umzug nach Sankt Petersburg und während des Studiums an der Universität des Innenministeriums, das er 2002 abschloss. Er sagt, er habe eigentlich nie beabsichtigt, Unternehmer zu werden, die Bekanntschaft mit seiner späteren Frau aber habe alles verändert. Konowalow war 18, und „ich musste irgendwie was verdienen, um sie wenigstens ins Kino einladen zu können“. „Das Stipendium betrug damals 40 Dollar, bei der Polizei waren es etwa 80 Dollar“, erinnert er sich.
Sein erstes größeres Geld verdiente Konowalow bei Kommunalwahlen in Sankt Petersburg, unter anderem im Wahlkampf für den Einzug ins Stadtparlament. Er heuerte in den Teams von gleich einem Dutzend Kandidaten an und erhielt überall Geld dafür, dass er Werbematerial der Konkurrenten vernichtete.
Er bekam Geld dafür, dass er Werbematerial der Konkurrenten vernichtete
Der nächste Schritt war Handel mit Mobiltelefonen, die in den späten 1990er Jahren sogar in Petersburg noch Seltenheitswert hatten. Das Geschäft war lukrativ, kam aber bald zum Erliegen. „Spekulanten wurden unter Druck gesetzt, die Nachfrage begann zu sinken. Es war wichtig, einen Laden zu eröffnen“, erzählt Konowalow. Bei Abschluss des Studiums betrieb er bereits eine Kette von elf Läden und verdiente im Monat das Zehnfache eines durchschnittlichen Polizisten.
„Handel ist schwierig, wenn keine Nachfrage besteht, aber damals war sie sehr groß. Zugegeben, alle elf Läden hatten mit Schwierigkeiten zu kämpfen, so tauchten etwa drei Tage nach der Eröffnung des ersten [Ladens] Beamte der Abteilung zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität bei mir auf und beschlagnahmten sämtliche Handys wegen Schmuggels. Damals waren ja alle Mobiltelefone geschmuggelt“, erinnert er sich.
Damals waren ja alle Mobiltelefone geschmuggelt
2003 haben Sie eine Stelle in einem Supermarkt angetreten. Warum?
Nachdem ich bei der Polizei gekündigt hatte, eskalierten die Schwierigkeiten mit Banditen und Ähnlichem, ich konnte mein Business [den Verkauf von Telefonen] nicht mehr schützen. Davor hatte sich für alle Probleme eine Lösung gefunden, denn wie hätte man einem Mitarbeiter der Polizei was abpressen können. Nach der Kündigung wurden meine Verkaufsstellen angezündet und ausgeraubt. Kurz, nach den fetten folgten magere Jahre. Ich wurde stellvertretender Filialleiter im Supermarkt Pjatorotschka, arbeitete in vier oder fünf Filialen, wurde aber zweimal gefeuert.
Warum?
Beim ersten Mal hatte ich einen Ladendieb gestellt, aus Gewohnheit. Er fing an, die Mitarbeiter zu beleidigen und leistete Widerstand, und so goss ich ihm Wasser über den Kopf und sperrte ihn im Kühllager ein. Ich hatte einen hektischen Tag und vergaß ihn. Er wurde von Lieferanten gefunden, eine halbe Stunde später, und er wäre tot gewesen. Ich bekam einen Riesenschreck. Und wurde mit Schimpf und Schande gefeuert.
Aber ich hatte gern in diesem Team gearbeitet und setzte alle Hebel in Bewegung, um zurückkehren zu können. Was auch gelang, aber dann haben sie mich erneut gefeuert. Schicksal. Seither habe ich nie mehr als Angestellter gearbeitet.
Der Dieb leistete Widerstand, ich goss ihm Wasser über den Kopf und sperrte ihn im Kühllager ein
Die Zahl unternehmerischer Projekte in Kooperation mit Geschäftspartnern wuchs. Neben den elf Handyläden baute der ehemalige Polizist auch die größte Schönheitssalonkette Petersburgs auf, Lady (heute umfasst sie 53 Läden). Er eröffnete mit Partnern Bars und Restaurants, Saunen und Pyschetschnyje-Cafés. Viele Projekte liefen nur ein paar Jahre.
2016 schätzte Delowoi Peterburg den Jahresumsatz der mit Konowalow verbundenen Unternehmen auf 3 bis 4 Milliarden Rubel [40-80 Millionen Euro – dek]. 2016/17 führte die Zeitung Konowalow im Rating der Petersburger Milliardäre auf, mit einem vermuteten Vermögen von 1,23 bis 1,33 Milliarden Rubel [rund 17 Millionen Euro – dek].
Ich musste Geschäfte eröffnen – nicht um Oligarch zu werden, sondern um mich über Wasser zu halten
Haben Sie alle Projekte selbst finanziert?
Die meisten zusammen mit Geschäftspartnern. Es war einfach unabdingbar, Geschäfte zu eröffnen – nicht weil ich Oligarch werden wollte oder so, sondern um mich über Wasser zu halten. Ich muss ja die Schulden zurückzahlen, die ich gemacht hatte, um einen neuen Salon oder eine Pyschetschnaja zu eröffnen. 2008, in der Krise, hatte ich zwei Millionen Dollar Schulden, mal abgesehen von den Krediten bei den Banken. Ich bin immer noch dabei, diese Schulden abzuzahlen. Allein an Zinsen kommen jeden Monat 700.000 Rubel [rund 10.000 Euro – dek] zusammen.
Sind Sie reich? Sie waren ein paar Mal in der Rangliste der Milliardäre aufgeführt.
Das ist Quatsch. Aber ich bin dem Journalisten, der das geschrieben hat, bis heute dankbar – es war hilfreich für die Kommunikation mit jungen Damen und potenziellen Geschäftspartnern. Ich führe ein normales Leben, habe eine Frau, drei Kinder – monatlich geben wir 200.000 bis 300.000 Rubel [rund 4000 Euro – dek] für den Lebensunterhalt aus.
Sie haben also keine Milliarde?
Offiziell läuft fast nichts auf meinen Namen. Konkret ist es schwierig, den Wert [der Aktiva] einzuschätzen – jede Einschätzung ist subjektiv. Der Jahresumsatz bewegt sich ungefähr in diesem Bereich. Aber ich habe keine freien Mittel. Alles fließt ins Geschäft.
Die Behörden wollten mir mal eins überziehen
Konowalow sagt, er habe ursprünglich versucht, sich beim Aufbau seiner Unternehmen an die Gesetze zu halten. Aber es sei ihm nicht gelungen – seinen Angaben zufolge wurde er bis 2019 in fünf Fällen verurteilt (Meduza fand bestätigende Informationen über drei Fälle). Die erste Strafe erhielt er 2009, nach Artikel 238 des russischen Strafgesetzbuches (Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften beim Erbringen von Dienstleistungen). In einer der Kneipen von Konowalow hatte man Verstöße gegen die Hygienevorschriften gefunden. Zuerst wurde ein Protokoll über einen administrativen Rechtsverstoß aufgenommen, als sich die Sache wiederholte, wurde ein Strafverfahren angestrengt. Konowalow ist überzeugt, dass es nur deswegen so weit kam, weil „die Behörden mir mal eins überziehen wollten“.
„Das Ganze endete mit einer Strafe, aber ich konnte es kaum fassen, dass man wegen einer solchen Lappalie verurteilt werden kann. Ich wurde dafür verurteilt, dass wir statt der sechs [gesetzlich vorgeschriebenen] Waschbecken nur zwei hatten. Das ist völlig absurd, *** [furchtbar]“, sagt er.
Damit waren die Probleme nicht behoben, die Kontrollbehörden fanden weiterhin Verstöße. Nach Konowalows Bekunden ist das der Grund, warum er zu einem „Verfechter der inoffiziellen Arbeit“ wurde – das heißt er beschloss, sich den Vorschriften nicht mehr unterzuordnen.
In den folgenden zehn Jahren wurde der Petersburger dann weitere vier Male verurteilt.
Konowalow wurde zu einem „Verfechter der inoffiziellen Arbeit“ – Vorschriften galten für ihn nicht mehr
In den Medien war zu lesen, dass Sie Unternehmern dabei helfen, „Probleme“ mit der Polizei zu „lösen“. Warum ist Ihnen das bei Ihren eigenen Strafverfahren nicht gelungen?
Meine Rede. Die Medien stellen mich als einflussreichen Korruptionär dar, aber wenn ich das wirklich wäre, hätte ich meine eigenen Probleme doch lösen können, oder? Zumindest hätte ich die Strafverfahren abwenden können.
Jede Sekunde besteht die Gefahr, ins Straflager zu wandern. Man kann mir jederzeit wieder einen „Knüppel“ zwischen die Beine werfen – manche der Vorschriften für Unternehmen sind einfach absurd. Sie können gar nicht erfüllt werden. Wenn man die Leute einfach mal arbeiten lassen würde! All die Regelungen für jedes kleinste Detail werden den Leuten in fünf Jahren verrückt vorkommen, wie heute die Stalinzeit, als Leute wegen eines Witzes erschossen wurden.
Jede Sekunde besteht die Gefahr, dass ich ins Straflager wandere
Die Medien bezeichnen Alexander Konowalow als „Kurator des illegalen Handels in Sankt Petersburg“ und als „zentralen Player“ dieses Marktes. Mit dem Straßenhandel begann Konowalow vor etwa zehn Jahren. Zusammen mit Geschäftspartnern platzierte er Minivans an Kreuzungen, die Coffee to go verkauften. Das Format erwies sich als erfolgreich, 2016 standen im Zentrum Petersburgs 20 solcher Autos. Diese rollenden Kaffeebars entsprachen in keiner Weise den Vorschriften der Behörden. Auf die direkte Frage, ob er Schmiergelder bezahlt habe, um auf der Straße arbeiten zu können, antwortet Konowalow ausweichend: „Bestechung ist ein heikles Thema. Wenn man darüber redet, kann man leicht etwas Falsches sagen. Der eine zahlt was, ein anderer nicht.“
Darüber hinaus eröffnete Konowalow nicht genehmigte Verkaufsstellen für Zuckerwatte, kandierte Äpfel, Fische und andere Lebensmittel. Bekannt ist er aber nicht vorrangig dafür.Laut RBC und Delowoi Peterburg kontrolliert Konowalow schon seit mehreren Jahren einen bedeutenden Teil der Straßenhändler Sankt Petersburgs. Demnach müssten sie ihm mindestens 1000 Rubel pro Tag bezahlen, um arbeiten zu können – andernfalls würden sie von den verschiedenen Ämtern intensiv kontrolliert und müssten ihre Arbeit aufgeben. Nach Angaben der Journalisten ziehen die Polizei und andere Behörden es oft vor, mit Konowalow verbandelte Verkaufsstellen zu übersehen.
Allerdings werden auch diese Verkaufsstellen mit Strafen belegt, gemäß der Datenbank des Gerichtsvollzugsdienstes wurden gegen Konowalow allein in Sankt Petersburg mehrere hundert Verstöße zu Protokoll genommen. Die Zusammenarbeit mit den Händlern funktioniert folgendermaßen: Sie arbeiten über Konowalows Einzelunternehmen, und dementsprechend landen sämtliche Strafen und sonstige Forderungen bei ihm. Unternehmer, die mit ihm zusammengearbeitet haben, erzählen, dass er einen Teil der Probleme ohne Bußgelder „lösen“ kann – dank seiner Beziehungen.
Legal arbeitende Straßenhändler, die über eine Arbeitserlaubnis verfügen, bestätigen, dass Konowalows Aktivitäten faktisch den fairen Wettbewerb zerstören und ungünstige Bedingungen für legale Unternehmen schaffen. Schätzungen der Gesprächspartner von RBC zufolge zahlen illegale Verkaufsstellen in Sankt Petersburg jährlich insgesamt mindestens 6,6 Milliarden Rubel [knapp 100 Millionen Euro – dek] an Alexander Konowalow und ähnliche Vermittler.
Das ist keine Korruption, sondern eine Partnerschaft
Wann haben Sie damit angefangen, für andere illegale Straßenhändler Probleme zu lösen?
Streng genommen ist es nicht so, dass ich für andere „Probleme löse“. Das wird oft fälschlicherweise behauptet. Wir sind Partner und für unterschiedliche Bereiche der Arbeit zuständig. Ich kümmere mich um Organisatorisches und Technisches, der Geschäftspartner um den Einkauf und den Verkauf. Man kann auch ohne mich arbeiten.
In den Medien hieß es aber, dass das nicht funktioniert, weil man wegen der Kontrollen durch die Polizei und andere Behörden sofort schließen müsse. Würden sich die Leute hingegen an Sie wenden, können sie ungestört weitermachen.
Es ist so: Man kann allein arbeiten, aber dann kriegt man wegen der Kontrollen Probleme. Wenn sich jemand an mich wendet, läuft die Arbeit über mein Einzelunternehmen, und ich übernehme alle Strafen und so weiter. Das ist keine Korruption, sondern eine Partnerschaft.
Warum können die Leute dasselbe nicht einfach ohne Sie tun?
Wahrscheinlich wollen sie weiterarbeiten, aber keine fünf Strafverfahren und ein Ausreiseverbot am Hals haben wie ich.
Für Ihre Dienste nehmen Sie ab 1000 Rubel [etwa 15 Euro – dek] am Tag. Stimmt diese Zahl?
Ja, aber der größte Teil davon geht für Strafen und so weiter drauf.
Wie viele Straßenhändler arbeiten auf diese Weise mit Ihnen zusammen?
Im Moment sind es etwa 30. Zu Spitzenzeiten waren es 200. Jetzt sind es weniger, weil die Ware oft [von Kontrolleuren] beschlagnahmt wird.
Warum bezeichnen die Medien Sie als zentralen Player im Straßenhandel Petersburgs? Analysten zufolge gibt es in der Stadt einige tausend illegale Straßenhändler.
Das weiß ich nicht. Es gibt Leute, die dasselbe in größerem Maßstab tun. Nur arbeite ich unter meinem Namen und verstecke mich im Gegensatz zu anderen nicht hinter irgendwelchen dubiosen Kaschemmen oder Scheinfirmen.
Man kann sich ja auch die Mühe machen, alle Genehmigungen zu besorgen und legal zu arbeiten.
Da ich mich schon lange mit diesem Thema befasse, habe ich alles quasi unter dem Mikroskop betrachtet. Wir würden gern legal arbeiten, aber es ist sozusagen unmöglich, wirklich absolut alle Vorschriften und Normen zu erfüllen. Bei jedem finden sich Verstöße. Und das ist nicht normal.
Wir würden gern legal arbeiten, aber es ist unmöglich, alle Vorschriften zu erfüllen
Nicht nur illegale Straßenhändler arbeiten mit Konowalow zusammen. Nach dem gleichen Schema werden seit den frühen 2010er Jahren in Sankt Petersburg Dutzende von Kneipen, Restaurants, Nachtclubs und Shisha-Bars betrieben. Konowalows Dienste sind auch in Moskau und anderen Städten gefragt. Nach eigener Aussage kooperieren hunderte unterschiedliche Firmen in mehreren Dutzend russischen Städten mit ihm. Viele davon werden wegen Verstößen ganz unterschiedlicher Art – von Nachtlärm bis zum Verkauf von Alkohol ohne Lizenz – regelmäßig mit Geldstrafen belegt.
Meiner Meinung nach ist es besser, wenn eine Kneipe Alkohol ausschenkt und überlebt, als wenn sie zumacht
Es ist bekannt, dass beispielsweise gewisse Bars und Restaurants dank der Zusammenarbeit mit Ihnen Alkohol ohne Lizenz ausschenken.
Das stimmt. Aus der Sicht des Normalbürgers ist das schrecklich. Man könnte glauben, dass sich alle eine Vergiftung holen und daran sterben werden, aber damit hat das nichts zu tun. Keiner wird sterben – das ließe sich mit allen Beziehungen der Welt nicht verbergen. Meiner Meinung nach ist es besser, wenn eine Kneipe Alkohol ausschenkt und überlebt, als wenn sie zumacht.
Es gibt aber auch eine Menge Betriebe mit Lizenz. Glauben Sie nicht, dass Ihre Tätigkeit nicht nur eine Gefahr für die Gäste darstellt, sondern auch den Wettbewerb behindert? Es läuft darauf hinaus, dass sich die einen an die Gesetze halten müssen und die anderen nicht.
In einer idealen Welt verkörpert ein Gesetz den Mehrheitswillen. Wenn die Mehrheit der Betriebe aufhört, sich an idiotische Normen zu halten, wird es aufgehoben.
An ein falsches Gesetz braucht man sich also nicht zu halten?
Natürlich nicht, und die Entscheidung liegt bei der Mehrheit. Nehmen wir etwa die Verkehrsregeln. Wenn sich in Sankt Petersburg alle an die vorgeschriebenen 60 Stundenkilometer halten würden, würde die Stadt im Stau ersticken. Gesetze müssen so sein, dass man sie einhalten kann. Keiner bricht gern das Gesetz. Glauben Sie, dass es mir Spaß macht, wenn ich bei jedem Klingeln zusammenzucke, weil ich denke, dass es zu einer Durchsuchung kommt? Glauben Sie, dass ich gern über Belarus ins Ausland reise?
Würden sich in Sankt Petersburg alle an die vorgeschriebenen 60 Stundenkilometer halten, würde die Stadt im Stau ersticken
Konowalow ist überzeugt: Mit seiner Tätigkeit hilft er Unternehmen, trotz der starken Einschränkungen durch den russischen Gesetzgeber ihrer Arbeit nachzugehen. Im Gespräch betont er immer wieder, dass es ihm beim illegalen Handel nicht um Geld gehe. Er scheint selbst daran zu glauben.
„Ich befasse mich mit diesem Thema, weil es für mich wie eine Religion ist. Es heißt immer, die Entwicklung des Landes hänge von den Petrodollars ab, aber ich bin überzeugt, dass das nicht stimmt. Die kleinen Unternehmen, denen heute die Luft abgeschnürt wird, sind das Fundament der Wirtschaft“, erklärt er.
Alle Anschuldigungen, er vertrete im Straßenhandel die Interessen bestimmter hochrangiger Beamter oder Silowiki, weist Konowalow zurück. Eine der Petersburger Polizei nahestehende Quelle von Meduza berichtet, Alexander Konowalow habe zumindest bis vor Kurzem über gute Beziehungen zu gleich mehreren hochrangigen Polizeibeamten verfügt.
Ich befasse mich mit diesem Thema, weil es für mich wie eine Religion ist
Sie sagen, dass Sie das alles im Interesse der Unternehmen und der Wirtschaft tun. Welche Vorteile bietet der illegale Handel der Gesellschaft? Steuern werden ja keine bezahlt.
Er schafft ganz einfach Arbeitsplätze – Menschen können arbeiten, statt zu Hause zu sitzen und mit der Konsole zu spielen. Man kann natürlich auch zu irgendeinem großen Konzern gehen, aber wenn alle kleinen dichtmachen, gibt es nicht genug Jobs für alle. Der nächste unstrittige Vorteil: Jede dieser Verkaufsstellen ist eine Wirtschaftseinheit. Um auf der Straße Kaffee verkaufen zu können, müssen Sie Kaffee, Milch und so weiter einkaufen. Das generiert einen Ertrag, in der Wirtschaft taucht Geld auf, und daraus ergeben sich Synergien.
Von außen bekommt man den Eindruck, es gebe Polizisten und Beamte, die sich an illegalem Handel bereichern. Warum sollten sie etwas an der Situation ändern wollen, wenn Vermittler wie Sie die Verkaufsstellen unterstützen, damit sie trotzdem tätig sein können?
Glauben Sie, dass jene Beamte, die dieses Geld theoretisch bekommen können, irgendwelche strategischen Entscheidungen treffen? Ich glaube nicht, dass das Geld an Beglow oder seine Stellvertreter geht, sehen Sie das anders? Warum man nichts daran ändert, weiß ich nicht.
Und die Polizei, die das kontrollieren soll? Im RBC-Magazin stand, dass die Polizeibeamten die Verkaufsstellen, für die Sie als Vermittler fungieren, gern übersehen.
Die haben wahrscheinlich einfach faule Polizisten beobachtet. Die Behauptung ist absurd, wenn man bedenkt, dass ich mehrmals verurteilt worden bin und meine Verstöße mehrere tausend Mal zu Protokoll genommen wurden. Allein während unseres Gesprächs sind wieder drei hinzugekommen. (Während des Interviews haben mehrmals Mitarbeiter aus verschiedenen Verkaufsstellen angerufen und mitgeteilt, dass sie wieder einmal kontrolliert worden sind).
Sie treffen also keinerlei informelle Absprachen mit der Polizei?
Wie könnte ich?
Bezahlen Sie Schmiergelder?
Nein. Genauso wie kein Mensch Ihnen sagt, dass er einem Verkehrspolizisten Geld gibt.
Also bezahlen Sie doch?
Es ist mir physisch nicht möglich, das zu sagen. Wenn Sie jemanden fragen, ob er mit Drogen dealt, und er antwortet ja, wandert er sofort ins Straflager.
Also anders gefragt. Bekommen Polizisten oder Beamte Schmiergelder dafür, dass illegale Verkaufsstellen tätig sein können?
Ich denke, es funktioniert genau so wie in anderen Bereichen. Der eine oder andere wird illegale Absprachen getroffen haben, aber es hängt vom einzelnen Mitarbeiter ab. Ich selbst würde davon abraten, Schmiergeld anzubieten. Wenn Sie keins anbieten, kriegen Sie eine Strafe, und vielleicht wird die Ware beschlagnahmt. Wenn Sie welches anbieten, kommt es fast sicher zu einem Strafverfahren.
Sie haben also keinerlei Verbindungen zu hochrangigen Polizeibeamten?
Was heißt Verbindungen? Stellen Sie sich vor, Sie hätten zusammen mit Wladimir Wladimirowitsch Putin studiert, hätten neben ihm gesessen und ihn geduzt. Hätten Sie Verbindungen zu ihm? Würden Sie sich etwa nicht an ihn wenden bei bestimmten Fragen im Leben?
Naja, und die Leute, mit denen ich studiert habe, sind heute Oberst. Bei uns in Russland hilft man sich gegenseitig. Es gibt Situationen, in denen man um Hilfe bitten muss, weil man sonst im Gefängnis landen würde. Ich bewege mich ständig im Grenzbereich der Gesetze, hätte ich mich nie an jemanden gewandt, säße ich mit Sicherheit im Gefängnis. Doch ich sitze nicht. Aber man darf es nicht als Vetternwirtschaft oder Korruption bezeichnen. Die Beziehungsstruktur in Russland ist einfach so.Ist „Probleme lösen“ Ihre Haupttätigkeit?
Nein, aber ein wesentlicher Bestandteil, um die 40 Prozent. Obwohl es mehr Hämorrhoiden als Geld einbringt. Ich mache es nicht wegen des Geldes. Klar verdiene ich, aber es ist nicht mein Antrieb, mir die Taschen vollzustopfen. Ich will meine Tätigkeit nicht schönreden, ich bin durch und durch unsauber. Aber ich versuche, meinem Heimatland nützlich zu sein, und glaube, dass mir das gelingt. Wenn sich alle immer an alle Regeln halten würden, gäbe es schlicht kein Unternehmertum mehr.
Ich will meine Tätigkeit nicht schönreden, ich bin durch und durch unsauber
Konowalow liebt den Präsidenten Wladimir Putin aufrichtig. Im VKontakte-Profil des Unternehmers steht in der Rubrik Weltanschauung: „Putin ist der größte Herrscher in der ganzen Geschichte Russlands!“ Konowalow hat über den Präsidenten sogar ein Gedicht geschrieben:
Möge der Neid sie quälen, die Ärsche!
Die Krim gehört uns! Ohne Blut! Putins Werk!
Kinder und Enkel werden ihm danken.
Wladimir Putin ist einfach ein Gott!Sie schimpfen über die Gesetze, aber wir wissen doch, woher sie kommen. Von den staatlichen Behörden.
Sie wurden von Feinden ausgedacht, die man erschießen müsste. Entweder hatten die Beamten zwar hehre Absichten, aber von Tuten und Blasen keine Ahnung, oder sie wurden von unseren Feinden bezahlt. Einer Verschwörungstheorie zufolge ist ein Teil der Gesetze gekauft, weil unser Staat zerstört werden soll.
Aber es ist doch der von Ihnen so geschätzte Putin, der all diese Gesetze unterschreibt.
Ich vermute, dass er sie unterschreibt, weil in der Gesetzesbegründung steht, dass sie zum Wohle aller verabschiedet werden.
Halten Sie ihn für so dumm, dass ihm das jahrelang entgehen kann?
Das ist das erste, was ich ihn fragen würde, wenn ich die Gelegenheit dazu hätte, mich mit ihm zu unterhalten. Ich finde keine logische Erklärung dafür.
Wofür schätzen Sie Putin so sehr?
Ich wurde 1981 geboren, und bevor Putin kam, war alles ganz furchtbar – es gab weder Butter noch Sahne noch Jeans. Nichts gab es. Wer zur Armee ging, kam da nicht mehr raus. Als Offizier war man praktisch dem Straßenkehrer gleichgestellt.
Sind Sie der Meinung, dass das Putin alles in Ordnung gebracht hat?
Natürlich. Tausend Jahre hat das keiner geschafft. Die Situation war in jeder Epoche am Arsch, dann kam Putin, und alles wurde gut.
Finden Sie nicht, dass die Situation ungefähr seit 2012 wieder in jeder Hinsicht langsam im Arsch ist? Das einfachste Beispiel dafür ist die Verfolgung Andersdenkender. Die zahlreichen Fälle von „Extremismus“.
Ach, das sind doch keine Verfolgungen. Sie wissen nicht, was Verfolgung heißt. Heutzutage wird nur gehätschelt. Würde es einer zivilisierten Gesellschaft einfallen, ihren Herrscher zu kränken? Wenn wir das zulassen, werden wir zur Ukraine. Ich bin kein Watnik, aber dazu wird es führen.
Ihnen verbietet doch auch niemand, ein Gedicht über Putin zu schreiben. Warum sind Sie der Meinung, dass scharfe Kritik verboten werden muss? Viele werden wegen eines simplen Reposts bestraft.
Schauen Sie sich die Gerichtspraxis an. Die Leute werden nicht wegen eines Reposts bestraft. Sie gehen auf die Straße und tragen Transparente mit der Aufschrift „Putin ist ***“ [schlecht].
Finden Sie, dass man dafür bestraft werden soll?
Ich bin überzeugt, dass die Leute dafür beim ersten Mal mindestens ins Straflager gehören – das lehrt sie, ihr Heimatland zu lieben. Um mit einer solchen Kritik auf die Straße gehen zu dürfen, muss man etwas erreicht haben, über vergleichbare Erfahrung verfügen, man kann nicht unter Putin in einem satten, glücklichen Land aufwachsen und ihn dann, ohne Hunger und Krieg erfahren zu haben, *** [beleidigen].
Glauben Sie, dass sich die Situation für Unternehmer, die Russland so schadet, verbessern wird? Werden Sie Ihren Kampf gewinnen?
Natürlich nicht. Spätestens in einem Jahr sitze ich im Gefängnis.
Das ist Ihnen klar, trotzdem verlassen Sie das Land nicht. Sitzen Sie lieber im Straflager?
Wenn der Staat es so will, gehe ich ins Gefängnis und versuche, von dort aus zu tätig zu sein. Ich bin nicht mehr so jung und möchte nicht im Alter denken müssen, nichts Nützliches für mein Land getan zu haben. Ich will nicht denken, dass ich mich einfach an dämliche Gesetze gehalten habe, will nicht Putin die Schuld an allem zuschieben. Alles aufgeben und den Westen als Wichsvorlage nehmen? Nein, danke. Mir ist klar, dass meine ganzen Aktivitäten nur Mäusespektakel sind, aber wenn jeder etwas beiträgt, wird der Effekt elefantisch. Hängt unser Land etwa nicht von uns ab?
Möchten Sie nicht aufhören?
Erstens kann ich das nicht. Wie könnte ich die Schulden zurückzahlen? Mit welcher Arbeit verdiene ich so viel, dass ich im Monat 700.000 Rubel [etwa 10.000 Euro – dek] Zinsen abzahlen kann? Und zweitens will ich auch gar nicht. Alle wollen ihre Ruhe, aber mir gefällt, was ich tue. Ohne meine Arbeit wäre es leer, nichts anderes bereitet mir ein solches Vergnügen. Am Boden braucht es keinen Piloten.
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„Niemand sollte dem System alleine ausgeliefert sein“
Geht es um Proteste in Russland, so fällt in deutschen wie internationalen Artikeln immer wieder ein Name: OWD-Info. Die in Moskau ansässige Menschenrechtsorganisation gilt vielen Journalisten als verlässliche Quelle, etwa wenn es um die Zahl der Festgenommenen bei Protesten in Russland geht.
OWD-Info ist benannt nach dem russischen OWD, dem otdel wnutrennich del (dt. Abteilung für innere Angelegenheiten), im Grunde ein lokales Polizeirevier. Wer dorthin kommt, etwa nach Protesten, dem steht OWD-Info zur Seite: Die Bürgerrechtsorganisation bietet von der Hotline bis hin zur konkreten juristischen Beratung durch Anwälte zahlreiche praktische Hilfen für festgenommene Demonstranten. In einem Nachrichtenticker etwa berichtet ovdinfo.org außerdem über Demonstrationen, Verhaftungen und Gerichtsentscheide.
Den Kontakt zwischen Bürgern und den Rechtsanwälten der Organisation stellt Alla Frolowa her. Im Interview erzählt die Menschenrechtsaktivistin des „aktuellsten Projekts Russlands“, wie das Stadtmagazin Afisha daily teasert, von ihrer Arbeit.
Jelena Wereschtschagina: Wie lange haben Sie in den letzten 24 Stunden geschlafen?
Alla Frolowa: Drei Stunden.
Was genau tun sie derzeit, seit Beginn der Protestaktionen?
Wir helfen den Verhafteten. Am 27. Juli etwa kamen den ganzen Tag immer wieder neue Meldungen rein: Besucher werden nicht zu den Verhafteten gelassen, Paket- oder Briefsendungen werden nicht angenommen, es herrscht völlige Willkür. Um zu verstehen, was genau vor sich geht, muss sich ein Anwalt vor Ort ein Bild machen. Und solange nicht der Letzte das Revier verlassen hat, kann ich mir nicht erlauben zu schlafen.
Am Tag darauf haben wir dann Anwälte auf die Gerichte verteilt. Den nächsten Tag waren wir mit den Gerichten beschäftigt. Schließlich haben wir die Vermissten gesucht. Wir erhalten die Information, dass Verhaftete in Gefängnisse gebracht wurden, aber niemand weiß, in welche. Wir finden sie.Waren Sie darauf vorbereitet, dass die Festgenommenen nach Nowaja Moskwa gebracht und von dort aus auf die Haftanstalten von Luchowizy und Mytischtschi verteilt werden? Inwiefern hat das Ihre Arbeit erschwert?
Das einzige, was meine Arbeit erschwert, ist die fehlende Transparenz des Polizeisystems. Sie handeln nicht im Interesse der Bürger, sondern führen Befehle aus. Dass man die Leute ins Moskauer Umland bringen würde, war schon klar, nachdem [die Bürgerrechtsaktivisten] Artschagow, Kotow und Galperin verhaftet und nach Luchowizy, Tschechow und Sergijew Posad verbracht wurden. Darauf waren wir gefasst.
Das einzige, was meine Arbeit erschwert, ist die fehlende Transparenz des Polizeisystems
Der Grund dafür ist offensichtlich: Sie spekulieren darauf, dass nicht alle Anwälte es dorthin schaffen. Das ist eine Kette von Schikanen. Wir mussten erst herausfinden, wie wir in dieser Situation den Menschen helfen können.
Wie sieht Ihre Arbeit bei Großereignissen aus, wenn Hunderte oder gar Tausende auf Ihre Hilfe angewiesen sind – im Gegensatz zum Normalbetrieb?
Den ganzen Ablauf werde ich hier nicht darstellen. Das hat seine Gründe. Sie müssen sich vor Augen führen, dass das System – die Moskauer Polizei, die Stadtverwaltung und die Sicherheitskräfte – riesige Ressourcen hat. Im Vergleich zu denen haben wir gar keine. Alles was wir haben, sind unsere Mitarbeiter von OWD-Info und freiwillige Helfer.
Bei uns gibt es normale Arbeitstage und die Stabsarbeit (so nennt OWD-Info die Einsätze während großer Protestaktionen, Anm. d. Red.). Wir haben eine Monitoring-Gruppe, die [während der Stabseinsätze] rund um die Uhr arbeitet, wobei jeder Mitarbeiter seinen persönlichen Dienstplan hat. Sie nehmen Anrufe entgegen und verarbeiten die Meldungen aus unserem Telegram-Bot. Dort kommen die Hilfsanfragen als erstes an. Manchmal stehen sie nicht im Zusammenhang mit politischer Verfolgung, in dem Fall leiten wir sie weiter.Wir haben eine Monitoring-Gruppe, die rund um die Uhr arbeitet
Wenn zum Beispiel jemand anruft, der gerade festgenommen wurde, muss man ihn beruhigen und herausfinden, womit wir helfen können, gleichzeitig muss diese Informationen veröffentlicht werden. Das alles macht die Monitoring-Gruppe. Bei dieser Tätigkeit brennt man schnell aus. Es ist sehr schwer, in der ersten Reihe zu stehen.
Die Stabsarbeit läuft anders ab. Jedes Mal versuchen wir zunächst das „Ausmaß der Zerstörung“ abzuschätzen. Das gelingt nicht immer, weil die Vertreter der Staatsmacht ziemlich unberechenbar sind: Mal werden dutzende Einzel-Protestierende eingesackt, mal keiner. Bei der Kundgebung am 1. Mai in Sankt Petersburg konnte auch niemand ahnen, dass es zu Festnahmen kommen würde – die Demo war ja genehmigt.
Wir rechnen, schätzen ab, besprechen mit den Leuten, wie wir helfen können. Und danach läuft unsere kleine Menschenrechtsmaschine an.
Wie viele feste Mitarbeiter hat OWD-Info und wie viele Freiwillige?27 feste Mitarbeiter und bis zu 100 Freiwillige, gerade sind es mehr.
Wie finanziert sich OWD-Info?
Wir finanzieren uns durch Crowdfunding. Von diesem Geld bezahlen wir Gehälter und Löhne, organisieren Rechtsbeistand, stellen Verteidiger, Rechtsberater und Anwälte.
Steigen die Spendeneinnahmen während solcher Ereignisse wie den derzeitigen Massenprotesten stark an?
Während großer Protestaktionen schießen die Einnahmen natürlich in die Höhe. Man zählt auf unsere Hilfe.
Haben sich ihre Annahmen bezüglich der Zahl an Festnahmen Ende Juli bewahrheitet? Waren Sie darauf vorbereitet?
Dass es viele Festnahmen geben würde, wusste ich schon morgens. Ich bin durch die Moskauer Straßen gefahren und habe die zusammengezogenen Streitkräfte gesehen. Aber ein solches Ausmaß hätte ich mir nicht einmal vorzustellen gewagt (laut Schätzungen von OWD-Info kam es am 27. Juli zu 1373 Festnahmen, laut Ministerium für innere Angelegenheiten zu 1074, Anm. d. Red.).
Diesmal war es auch deswegen schwierig, weil es drei große Verhaftungswellen gab.
Es kommt auch vor, dass wir uns mit den Einschätzungen irren: Wir sitzen da und warten, aber keiner wird festgenommen. Dann trinken wir Tee mit den Freiwilligen und haben gute Laune.
Wir sitzen da und warten, aber keiner wird festgenommen. Dann trinken wir Tee und haben gute Laune
Egal, wie gut man sich auf eine Demo vorbereitet, bei einer Festnahme steht jeder erst einmal unter Schock. Wenn du in den Händen der Polizei landest und nicht weißt, was in der nächsten Stunde passiert, ist das immer äußerst unangenehm. Leider fehlt es uns immer noch an Mitarbeitern, Rechtsberatern und Anwälten. Deshalb bin ich unseren Partnern von Apologija Protesta, der Moskauer Helsinki-Gruppe, Open Russia, Gesellschaftliches Verdikt und Einsitzende Rus für ihre Hilfe sehr dankbar.
Drei Verhaftungswellen – ist das Hysterie der Silowiki oder deren neue Methode?
Das ist keine Hysterie, die verstehen einfach das Verhalten der Leute nicht, die auf eine friedliche Demo gehen. Sie denken, die Menschen kommen raus, skandieren ihre Losungen, lassen Dampf ab und gehen nach Hause. Aber die Leute sind nicht weggegangen, die wollten nun mal spazieren gehen. Selbst wenn sie etwas skandiert haben – was für ein Strafbestand soll das sein, wenn man ruft: „Lasst sie zu“? Die Staatsmacht hat sich selbst in Zugzwang gebracht, indem sie alle Wege versperrt hat. Man hat den Menschen nicht nur die Entscheidung abgenommen, wen sie wählen sollen, sondern auch noch, wo sie hinzugehen haben.
Vor unseren Augen flammt ein Kampf zwischen staatlichen Sicherheitskräften und Rechtsanwälten auf. Sehen Sie eine Chance, diesen Kampf zu gewinnen?Ich bin weder Juristin noch Anwältin. Ich bin Verfahrenstechnikerin. Aber mein Grundprinzip lautet: Niemand sollte dem System alleine ausgeliefert sein. Die Anwälte, die mit uns zusammenarbeiten, halten sich strikt an ihre Regeln, aber sie stehen hinter unseren Prinzipien.
Ich betone das immer wieder: Wir arbeiten mit den besten Anwälten der Welt zusammen. Wir kämpfen für eine einzige Sache: Die absolute Gültigkeit des Gesetzes. Wir wollen den Menschen helfen – unter den Bedingungen, die hier und jetzt bestehen.
Wir kämpfen für eine einzige Sache: Die absolute Gültigkeit des Gesetzes
Wie man das System bekämpft, weiß ich nicht. Natürlich erschwert es die Arbeit der Anwälte. Wenn ein Bürgerrechtler um 20 Uhr abends auf ein Polizeirevier kommt, sitzen da 20 Leute, die seine Hilfe brauchen. Er muss sie beruhigen, erklären, was sie unterschreiben sollen und was nicht. Und er wird nicht gehen, bis man den letzten freigelassen hat oder schlafen lässt.
Nach fünf Stunden kommen die Anwälte dann wieder raus und können sich kaum auf den Beinen halten, aber am nächsten Tag fahren sie in die Gerichte, wo man versucht, die Fälle nach dem Fließbandverfahren abzuwickeln. Die Anwälte sehen aber einen verängstigten Jungen vor sich, ein Mädchen, eine junge Frau oder einen jungen Mann, und arbeiten weiter. Sie lassen nicht zu, dass die Gerichte sie im Schnelldurchlauf abhaken.Wie stehen Sie dazu, wenn die Verhafteten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) klagen?
Leider ist der EGMR aktuell die einzige Möglichkeit, seine Unschuld zu beweisen. Besonders dann, wenn es um die Versammlungsfreiheit geht. Ich finde, wir müssen der ganzen Welt zeigen, was bei uns los ist.
Wie sieht Ihre Idealvorstellung von Russland aus?
Ich will, dass wir faire Wahlen haben und die Polizei im Rahmen des Gesetzes agiert. Es werden genug Schwerverbrechen begangen, und ich will, dass diese gesunden jungen Kerle nicht friedliche Demonstranten durch die Stadt jagen, sondern ihre Arbeit tun. Ich will, dass Ermittler nicht Computer für das Zentrum E beschlagnahmen, sondern Verbrecher jagen. Dass Staatsbeamte mit dem Trolleybus fahren und nicht in einer Eskorte. Ich will, dass der russische Staat für die Menschen da ist, und nicht für die Machtelite.
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Einfache Momente – Alltag der Perestroika
Gennady Bodrov wurde 1957 nahe Kursk geboren. Und in Kursk hat er auch fotografiert, bis ans Ende seines Lebens 1999. In der Anthologie der russischen Fotografie im 20. Jahrhundert, an der das Zentrum für Fotografie Brüder Lumiere in Moskau arbeitet, ist Bodrov der Künstler, der die 1980er und 1990er Jahre repräsentiert.
Dabei wird er erst posthum allmählich entdeckt. Er arbeitete als Pressefotograf, seine Kunst brachte ihm dennoch zu Lebzeiten zahlreiche Auszeichnungen bei internationalen Wettbewerben und vier Einzelausstellungen auch im Ausland ein. Es war vor allem der befreundete Moskauer Fotograf und Kurator Alexander Lapin, der Bodrov mit der inoffiziellen Szene der russischen Fotografie vernetzte.Linkes Foto – Freundinnen (Arbeiterinnen), 1983 | Rechtes Foto – ohne Titel, 1980er Jahre / Fotos © Gennady Bodrov
Linkes Foto – Uhr, 1989 | Rechtes Foto – ohne Titel, 1993 / Fotos © Gennady Bodrov
Linkes Foto – Ferien, 1980er Jahre | Rechtes Foto – Alte Treppe, 1978 / Fotos © Gennady Bodrov
Fleisch, 1991 / Foto © Gennady Bodrov
Einfache Motive, der Titel der aktuellen Ausstellung im Zentrum für Fotografie Brüder Lumiere in Moskau, könnte über fast jeder der Alltagsszenen stehen, die Bodrov fotografierte. In schwarz-weiß wirken sie wie aus der Zeit gefallen. Das Jahr und der Ort (meist war es Kursk) der Szenerie sind schwer auszumachen, ja, unwichtig. Bodrov fängt Stimmungen und Atmosphäre ein. In der Tradition von Henri Cartier-Bresson sucht er nach dem decisive moment, dem entscheidenden Augenblick. Und so wird er doch zum fotografischen Chronisten der 1980er und 1990er Jahre, er, der sich immer als „sozialer Fotograf“ verstand.
Serien wie 1000-letije kreschtschenije Rusi (dt. Tausendjährige Taufe der Rus) zeigen, wie religiöse Traditionen während der Perestroika in den 1980er Jahren allmählich wiederbelebt werden, ein Karkassen-Haufen erzählt vom aufreibenden Alltag in Zeiten wirtschaftlicher Krisen und des gesellschaftlichen und ideologischen Umbruchs.
Selbstgedreht, 1987 / Foto © Gennady Bodrov
Aus der Serie „Schlangestehen für importierte Stiefel“, 1990/1991 / Foto © Gennady Bodrov
Linkes Foto – Baum, 1996, aus der Sammlung des Staatlichen Museums für Bildende Kunst (Moskau) | Rechtes Foto – ohne Titel, 1980er Jahre / Fotos © Gennady Bodrov
Ohne Titel, 1993 / Foto © Gennady Bodrov
Aus der Serie „Tausendjährige Taufe der Rus“, 1988 / Foto © Gennady Bodrov
Gennady Bodrov zeigt in seinen Fotografien, dass die Perestroika auch, aber nicht nur von Aufbruch und Chaos geprägt war. Und fiel den Auswüchsen der Zeit in den sogenannten Wilden 1990ern selbst zum Opfer: Vor 20 Jahren, am 14. Februar 1999, wurde er bei einem Raubüberfall erschossen. Die Moskauer Ausstellung im Zentrum für Fotografie Brüder Lumiere, die seinem Werk gewidmet ist, läuft noch bis zum 22. September 2019.
Aus der Serie „Tausendjährige Taufe der Rus“, 1988 / Foto © Gennady Bodrov
Aus der Serie „Alte Russen“, 1980er Jahre / Foto © Gennady Bodrov
Neugierig, aus der Serie „Tausendjährige Taufe der Rus“, 1988 / Foto © Gennady Bodrov
Gennady Bodrov, 1957–1999 / Foto © unbekannter Autor
Fotos: Gennady Bodrov, mit freundlicher Genehmigung des The Lumiere Brothers Center for Photography
Bildredaktion: Andy Heller
Text: dekoder-Redaktion
veröffentlicht am 13.08.2019Weitere Themen
April: Liebe in Zeiten des Konflikts
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Wie Raketen den Protest antreiben können
Regen und Einlasskontrollen hielten sie nicht auf: Zehntausende haben am Samstag an der genehmigten Demonstration im Moskauer Stadtzentrum teilgenommen. Die Polizei spricht von 20.000 Teilnehmern, die NGO OWD-Info berichtet von 60.000 Demonstranten, 256 seien allein in Moskau festgenommen worden. In Moskau traten auch bekannte russische Musiker wie IC3PEAK und Face auf, die Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja trug ein Gedicht vor. Die Menschen in der Hauptstadt protestieren seit Mitte Juli: Auslöser war, dass oppositionelle Kandidaten unter fadenscheinigen Begründungen nicht zur Regionalwahl zugelassen worden waren.
Gleichzeitig drangen am Wochenende immer mehr Einzelheiten über einen atomaren Unfall auf einem Militärstützpunkt am Weißen Meer ans Licht der Öffentlichkeit. Dieser hatte sich am Donnerstag ereignet. Die Behörden informierten die Bevölkerung jedoch nur spärlich darüber, viele Fragen sind immer noch offen.
In seinem Meinungsstück auf Republic macht Andrej Sinizyn eine Art Tschernobyl-Effekt aus und beschreibt, wie das Verschweigen und Belügen Proteste nur anheizt.
Am 1. März 2018 hat Wladimir Putin in seiner Botschaft an die Föderationsversammlung 45 Minuten lang über die Erfolge Russlands in der Entwicklung neuer Waffen berichtet (darunter auch Atomwaffen), begleitet wurde das alles mit durchaus aggressiven Animationsfilmen. Experten äußerten umgehend Zweifel an der Echtheit (und dem Sinn) der höchst fantastisch anmutenden Projekte, wie zum Beispiel nuklear betriebener Raketen oder einer Unterwasser-Atom-Drohne. Die Propaganda-Funktion der Präsentation indes war klar: Es galt, das westliche Publikum zu erschrecken und – ebenso – die eigene Bevölkerung.
Nun sind fast anderthalb Jahre vergangen und wir werden Zeugen, dass die Trickfilme floppen. Die Atomstolz-Propaganda funktioniert nicht.
Am 1. Juli 2019 hat es in der Barentssee während Testläufen mit einem geheimen Unterwasser-Gerät (inoffizieller Name: Loscharik) einen Unfall gegeben, bei dem 14 U-Boot-Offiziere, darunter sieben Kapitäne 1. Ranges und zwei Helden Russlands, ums Leben kamen. Beerdigt wurden sie unter strengster Geheimhaltung in Sankt Petersburg.
Die Atomstolz-Propaganda funktioniert nicht
Am 8. August kam es auf dem Raketen-Testgelände Njonoksa in der Nähe von Sewerodwinsk аm Weißen Meer zu einer Explosion, anschließend erschien (und verschwand nach 24 Stunden) auf der Website der Stadtverwaltung eine Mitteilung über einen kurzzeitigen, sprunghaften Anstieg radioaktiver Strahlung. Der Telegram-Kanal Baza berichtete von sechs Verletzten eines Strahlungsunfalls. Das Verteidigungsministerium teilte mit, dass es auf dem Militärgelände während Versuchen mit einem Flüssigkeitsraketentriebwerk zu einer Explosion gekommen sei, bei dem zwei Menschen ums Leben gekommen und sechs weitere verletzt worden seien. Knapp 48 Stunden später veröffentlichte die Atombehörde Rosatom eine Pressemitteilung, wonach fünf Mitarbeiter ums Leben gekommen seien und drei weitere Verletzungen erlitten hätten: „Die Tragödie ereignete sich während der Arbeiten und steht in Zusammenhang mit ingenieurtechnischen Wartungen von Isotopenquellen am Flüssigkeitsantrieb.“
Wiederum verläuft alles streng geheim, die Bewohner von Sewerodwinsk kaufen für alle Fälle die Jod-Vorräte in den Apotheken auf. Es gibt die Vermutung, dass der nuklearbetriebene Marschflugkörper namens Burewestnik (eine der von Putin präsentierten Wunderwaffen) explodiert sei. Doch mit Sicherheit kann bislang nur gesagt werden, dass es mit den neuen Waffen Probleme gibt und dass diese Probleme sogar das Leben und die Gesundheit friedlicher Menschen bedrohen.
Natürlich passieren Unfälle immer und überall. Und selbstverständlich fallen militärische Tests unter Geheimhaltung. Die Einwohner von Sewerodwinsk fühlen sich aber nicht ohne Grund an Tschernobyl erinnert: Die Angewohnheit der Machthaber sogar dann zu schweigen oder zu lügen, wenn Gefahr für die Bürger besteht, gibt es nach wie vor (Sewerodwinsk war zu sowjetischen Zeiten eine geschlossene militärische Stadt; die Menschen dort wissen gut Bescheid über solche Verhaltensweisen der Machthaber).
Loyalität ist wichtiger als Kompetenz
Geheimhaltung und Sicherheitsstrukturen gehen bekanntermaßen miteinander einher. Der Einfluss dieser Institutionen in Russland wächst, er ist nur durch interne Konkurrenz begrenzt. Die Gesellschaft kann hier praktisch nichts kontrollieren. Diese fehlende Kontrolle verstärkt die negative Selektion, die sowieso jeder Kaderpolitik eines jeden autoritären Staates eigen ist: Loyalität ist wichtiger als Kompetenz. Im Endeffekt werden wir von amoralischen Nichtsnutzen regiert, die zwar Studenten auf den Straßen niederzwingen können, aber nicht wissen, wie man einen funktionierenden Weltraumbahnhof oder eine Rakete baut.
Deshalb sind die Vertrauenswerte für die Machthaber niedrig und fallen weiter. Und die Machthaber selbst tun alles dafür, dass das so weitergeht. Die Wirtschaftskrise, das sinkende Realeinkommen, die Erhöhung des Rentenalters, die Steuererhöhung, eine Müllreform, fehlende politische Repräsentation und politische Repressionen – das sind die Themen, die die Menschen in Russland heute beschäftigen. Sie haben die Trickfilme mit den Wunderwaffen sowieso nicht ganz so ernst genommen (obwohl die anfangs ja doch ganz ansprechend wirkten, das kann man nicht leugnen). Und nun stellt sich heraus, dass die Wunderwaffe nicht geeignet ist, den Feind zu schlagen, dafür aber, um in der Nähe zu explodieren und die eigenen Leute zu töten und dabei auch noch das heimische Territorium zu verseuchen.
Wladimir Putin muss enttäuscht sein. Russland und die USA treten aus Abrüstungsverträgen aus, ein neues Wettrüsten hat begonnen – und bei uns gibt es einen Unfall nach dem anderen. Das Wichtigste daran ist – der Propagandaeffekt schwindet dahin. Die Bürger beginnen zu protestieren, in unterschiedlichen Regionen aus unterschiedlichen Gründen. Einige versuchen sogar, einen Regimewechsel zu erreichen.
Was soll’s, es bleibt also nur, Urlaub auf der Krim zu machen und die anderen Silowiki zu beauftragen, auf den Straßen von Moskau die Bürger verprügeln. Wenn schon die eingangs erwähnten Silowiki [beim Militär] es nicht hinkriegen, die Wunderwaffe zu bauen.
PS
Der Direktor sowie der wissenschaftliche Leiter des Russischen Föderalen Nuklearzentrums – das Allrussische wissenschaftliche Forschungsinstitut für experimentelle Physik – haben berichtet, dass in der Nähe von Sewerodwinsk ein kleinformatiger Atomreaktor explodiert sei, der ein Teil des Motors eines Rüstungsguts ist. Mitarbeiter des Zentrums seien bei den laufenden Tests ums Leben gekommen. Die Forschung und Entwicklung im Auftrag des Verteidigungsministeriums läuft im Rahmen des wissenschaftlichen Programms des Zentrums.Weitere Themen
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Chernobyl-Serie: Der fremde Spiegel
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Der Truppenabzug aus Ostdeutschland
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Moskowskoje Delo – Prozesse nach Protesten
Neun Teilnehmer der Massenproteste Ende Juli sind inzwischen in Haft. Anfang August entschieden die Gerichte, dass sie bis 27. September im Gefängnis bleiben müssen, vorgeworfen werden ihnen „Teilnahme an Massenunruhen“ (nach Artikel 212) und „Gewaltanwendung gegen Staatsvertreter“ (nach Artikel 318). Gegen einen zehnten Protestteilnehmer, Sergej Fomin, wurde ebenfalls Anklage erhoben. Vier Menschen, die ihre Solidarität für den verhafteten Studenten Jegor Shukow in Einzel-Pikets bekundet hatten, wurden festgenommen.
Kommt nun der Moskowskoje delo (Moskauer-Prozess) – analog zum Bolotnoje delo (Bolotnaja-Prozess) nach 2011–13? Die Novaya Gazeta rekonstruiert das Vorgehen der Behörden und stellt fünf der inhaftierten Protestteilnehmer vor.
Erstmals seit dem 6. Mai 2012 hat das Ermittlungskomitee angesichts der politischen Protest in Moskau eine Strafsache wegen Massenunruhen eingeleitet. Die Demonstranten hatten gefordert, unabhängige Kandidaten zu den Wahlen zum Stadtparlament zuzulassen.
Einleitung des Verfahrens
Am 30. Juli wurde nun das Verfahren eingeleitet. Also just an dem Tag, an dem Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin die Proteste vom 27. Juli im TV-Sender TWZ verurteilt hatte, indem er sie als „von vornherein geplante und gründlich vorbereitete Massenunruhen“ bezeichnete. Im Falle der Bolotnaja-Proteste wurde das Strafverfahren unmittelbar am 6. Mai eröffnet, der Ermittler war damals am Ort des Geschehens live dabei. Die jetzige dreitägige Verzögerung könnte auf eine lange politische Entscheidungsfindung hinweisen.
Just eine Stunde nach Sobjanins TV-Auftritt gaben die Behörden dann auch die Einleitung des Strafverfahrens bekannt. Dabei wiederholte die amtliche Verlautbarung eins zu eins die Worte des Bürgermeisters: Den Ermittlungen zufolge haben die Protestteilnehmer „Gewalt gegen die staatlichen Sicherheitskräfte angewandt, Absperrungen durchbrochen und den Verkehr auf dem Gartenring (Sadowoje Kolzo) im Stadtzentrum von Moskau lahmgelegt“. Eine gewisse „Gruppierung“ habe kurz vor den Protesten die Bürger im Internet dazu aufgerufen, auf die Straße zu gehen.
In der Nacht zum 31. Juli gab es erste Hausdurchsuchungen bei den Protestteilnehmern. Durchgeführt wurden sie von Mitarbeitern des Dienstes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung beim FSB sowie dem Zentrum für Extremismusbekämpfung beim Innenministerium.
Der Fall wurde der Hauptstelle des Ermittlungskomitees in Moskau übergeben. Das Untersuchungsteam besteht aus sage und schreibe 84 (!) Ermittlern und wird angeführt von Dimitri Jeremin, einem Sonderermittler für besonders wichtige Angelegenheiten. Er war es auch, der die beiden Tatbestände – Massenunruhen (Art. 212) und Gewaltanwendung gegen Staatsvertreter (Art. 318) – in einem großen Prozess zusammenführte.
Kritik an Wahl-Prozedere nur „ein Vorwand“
Trotz der fast 100 Ermittler ist die Beweislage, den Akten zufolge, ziemlich dünn. Noch dünner als bei den Bolotnaja-Prozessen vor sieben Jahren.
So geht aus den Unterlagen hervor, dass „nicht identifizierte Personen“ die Nicht-Zulassung von unabhängigen Kandidaten zur Wahl „als Vorwand“ benutzt hätten, um „Massenunruhen zu organisieren“. Dabei sollen einige der Demonstrierenden vom 27. Juli „mit ihrem Beispiel“ andere Protestteilnehmer zu „Massenunruhen“ angestiftet haben.Am 27. Juli hätten „nicht identifizierte Personen“ die Zusammenkunft von „mindestens 3500 Protestteilnehmern“ vor dem Moskauer Rathaus „organisiert“, diese seien dann ihren „gesetzeswidrigen Aufrufen gefolgt“ und hätten unter Anwendung körperlicher Gewalt „die Absperrungen durchbrochen, sich gesetzeswidrig verhalten und den Straßenverkehr auf dem Gartenring lahmgelegt, indem sie auf die Fahrbahn gegangen“ seien.
Aktuell hat das Ermittlungskomitee gegen zehn Verdächtige Anklage erhoben [9 sind bereits in Untersuchungshaft, gegen einen weiteren Protestteilnehmer liegt ein Haftbefehl vor – dek]. Genau wie bei den Bolotnaja-Protesten wurden sie willkürlich herausgepickt. Keiner von ihnen legte ein Geständnis ab.Fünf der Inhaftierten, gegen die am 2. August Haftbefehl erlassen wurde, stellt die Novaya Gazeta vor:
Samariddin Radshabow
Der 21-jährige usbekisch-stämmige russische Staatsbürger Samariddin Radshabow kam für zwei Monate in Untersuchungshaft. Der junge Mann mit abgebrochenem Realschulabschluss hatte in seinem Gerichtskäfig stets ein Lächeln im Gesicht.
Die Richterin Katerina Kiritschenko hatte sich dadurch so vor den Kopf gestoßen gefühlt, dass sie ihn in strengem Ton zu etwas mehr Ernsthaftigkeit ermahnte: „Hier gibt es nichts zu lachen!“
Eine Vertreterin des Ermittlungskomitees erklärte, Radshabow habe am 27. Juli eine Plastikflasche in Richtung der Polizeibeamten geworfen (die – das nur mal kurz am Rande – in voller Montur unterwegs waren), einen von ihnen am Hals getroffen und ihm damit „körperliche Schmerzen“ zugefügt. Um die Untersuchungshaft zu rechtfertigen, sagte sie unter anderem, der Verdächtige habe sich „vom Tatort entfernt“. Radshabow war überrascht: „Entfernt“ habe er sich doch höchstens aufs Polizeirevier, wohin man ihn direkt vom Trubnaja Platz (Trubnaja Ploschtschad) aus gebracht habe. Ein Schuldgeständnis legte der junge Mann, der nach eigener Aussage als Vorarbeiter arbeitet, nicht ab, obwohl er von einem Pflichtverteidiger vertreten wurde.
Das Gericht hat nun beschlossen, dass der freundlich lächelnde usbekische junge Mann die nächsten zwei Monate seines Lebens in Untersuchungshaft verbringen wird.
Iwan Podkopajew
Der 25-jährige Iwan Podkopajew wurde ebenfalls am Trubnaja Platz festgenommen. In seinem Rucksack fanden die Ordnungshüter unter anderem einen Hammer und ein Teppichmesser. Vor Gericht wies Podkopajew die Anschuldigungen zurück und erklärte unmissverständlich, dass er die außerdem gefundene Gasmaske für seine tägliche Arbeit brauche, er sei von Beruf Techniker, das Pfefferspray diene zum Schutz vor gefährlichen Hunden.
Der Sitzungsleiter Sergej Artjomow hielt sich an unnötige Formalitäten und bat den Ermittler die Beweise für die Schuld des jungen Mannes aufzuzählen. Dazu war der Vertreter des Ermittlungskomitees nicht in der Lage, er zögerte und entschied sich dann einfach, die üblichen allgemeinen Formulierungen aus den Prozessakten vorzulesen. Den Richter stellte diese Antwort zufrieden – Podkopajew muss bis zum 27. September in Untersuchungshaft.
Kirill Shukow
Der 28-jährige Kirill Shukow wird sitzen, weil er in der Nähe des Twerskaja Platzes den Helm eines Angehörigen der Nationalgarde aufgehoben und mitgenommen hat. Shukows Schuld wird nach Angaben des Ermittlers durch die zusammengetragenen Materialien und die Protokolle der Wohnungsdurchsuchung bei ihm bekräftigt. „Der junge Mann hat keine regelmäßigen Einkünfte und ist vom Tatort geflüchtet“, erklärte der Ermittler vor Gericht. Richterin Alexandra Awdotjina war der gleichen Ansicht.
Shukow war in der Vergangenheit selbst Angehöriger der Nationalgarde. Er wies die Anschuldigung zurück und trat nach der Verhaftung als Zeichen des Protests in den Hungerstreik.
Alexej Minjailo
Die Verhaftung von Alexej Minjailo, eines freiwilligen Mitarbeiters im Stab von Ljubow Sobol, verlief anders als die der anderen. Minjailo hatte bereits Unterschriftensammler für Sobols Kandidatur geschult und war gemeinsam mit ihr 20 Tage im Hungerstreik. Seinen Worten zufolge war er am Tag der Protestaktion im Moskauer Chamowniki Gericht. Als er am Abend versuchte zum Trubnaja Platz zu gelangen, wurde er unterwegs festgenommen. Somit hat er an der Protestaktion gar nicht teilgenommen, dennoch wird er der „Teilnahme an Massenunruhen“ beschuldigt. In dieser Verhandlung traten Freunde und der Vater des Beschuldigten als Zeugen der Verteidigung auf.
Nach ihren Aussagen ist Minjailo ein ehrlicher und gläubiger Mensch und ein Patriot, der nicht vorhat unterzutauchen. Die Verteidigung erklärte sich bereit, eine Kaution von einer Million Rubel [circa 13.700 Euro] zu zahlen. Minjailo selbst gab an, dass keine Beweise für seine Schuld vorlägen, weder Fotos noch Aussagen, wonach er irgendetwas Ungesetzliches während der Protestaktion getan hätte – zumal er es noch nicht einmal geschafft habe, daran teilzunehmen. Für Minjailo bürgten Ekaterina Schulmann, Mitglied im Menschenrechtsrat des Präsidenten, und die Fernsehmoderatorin Tatjana Lasarewa. Ohne Erfolg – Minjailo wurde ebenfalls hinter Gitter geschickt.
Jegor Shukow
Jegor Shukow, Student an der Higher School of Economics in Moskau und Videoblogger, wurde einen Tag nach seiner Festnahme bei der Protestaktion 21 Jahre alt. Zu seiner Unterstützung erschienen im Gericht Freunde und Studienkollegen. Shukows Anwalt Daniil Berman bat darum, seinem Mandanten eine Flasche Wasser zu geben, da dieser „seit zwei Stunden nichts getrunken und seit dem gestrigen Tag nicht geschlafen hat“.
Richterin Alexandra Awdotjina lehnte die Bitte jedoch ab und erklärte, die Übergabe einer Flasche mit Wasser sei nicht gestattet.
„Ist das hier die Gestapo?!“, empörte sich die Mutter Shukows.
Shukows Schuld wird nach Angaben der Ermittler durch die zusammengetragenen Materialien und die Untersuchungssergebnisse bekräftigt. „Shukow könnte Beweise vernichten und Informationen aus den Ermittlungen an andere Beteiligte weitergeben“, so der Vertreter des Komitees.
Der Beschuldigte selbst wies die Anschuldigung zurück und bat darum, ihn nicht in Haft zu nehmen. Zu einer Bürgschaft für Shukow erklärte sich die Vizerektorin der Higher School of Economics, Valeria Kassamara, bereit, deren Registrierung für die Wahl zur Moskauer Stadtduma erfolgreich war. Doch auch diese Bürgschaft half nichts – der Student Shukow wurde von der Gesellschaft und der Universität isoliert.
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Editorial: dekoder an der Uni – oder von der Prawda zum kollaborativen Schreiben
Linearer Text hält sich wacker in Online-Zeiten. Wo das Internet ausufert, zieht er irgendwie auch Grenzen, hegt ein, reduziert (wenn es gut läuft). Doch schöpft er die Möglichkeiten nicht aus.
Wie können Wissen und Inhalte unter digital getriebenen Arbeits- und Rezeptionsmustern generiert und aufbereitet werden? Das war eine der Kernfragen, die sich Studierende zusammen mit dekoder in einem Projektseminar an der Universität Hamburg gestellt haben. Die Studierenden haben sich dafür mit dem Truppenabzug der vormals Roten Armee aus Ostdeutschland beschäftigt. Ein Prozess, der sich bei rund einer halben Million Menschen, Militärs mit ihren Angehörigen, über knapp vier Jahre zog. Die Soldaten waren plötzlich ein Relikt des Kalten Krieges, mitgerissen vom Strom der Geschichte und von den rasanten Umbrüchen von 1990.Wie lässt sich das Thema aufgreifen und für ein Online-Magazin aufbereiten? Dafür ist dekoder ein Semester lang an die Uni gekommen, und die Studierenden der Fachbereiche Geschichte und Osteuropastudien haben sich darauf eingelassen und ausprobiert. Wo sonst wissenschaftliche Hausarbeiten ihren Alltag dominieren, begannen sie, in Formaten zu denken, die völlig anders funktionieren, sei es eine Online-Presseschau oder ein Visual.
Dabei gehen Wissenschaft und Journalismus ineinander über. Nicht umsonst kooperiert das vom Lehrlabor der Universität Hamburg geförderte innovative Lehrformat eng mit dem Projekt Wissenstransfer hoch zwei: Russlandstudien, an dem dekoder mit der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen arbeitet. Die Materialien erscheinen zum Jahrestag des Truppenabzugs am 31. August auf dekoder.org.Einige der Studierenden sagten, allein schon die Art des gemeinsamen on-offline-Arbeitens sei neu für sie gewesen: mit Redaktionskonferenzen in Gruppen oder im Plenum, per Email oder im Chat, außerdem mit kollaborativem Schreiben. Das erzeugt auch eine ständige Pseudo-Nähe, die gerade im digitalen Zeitalter zu vielen Berufsfeldern gehört, doch macht man sie sich selten bewusst. Andere überraschte, dass der Weg, Russland für ein online-Publikum zu entschlüsseln, ganz klassisch offline beginnt: mit der Wühlarbeit im Archiv über dicken, angegilbten Zeitungsstapeln – auch wenn das Internet suggeriert, alles sei nur ein paar Klicks entfernt (bei einigen Blättern, wie der Prawda und der Izvestia stimmt das sogar).
dekoder stößt damit Fragen an: Was bedeutet die digitale Gesellschaft? Welche Kompetenzen braucht es? Wie verändert sich die Wissenschaft, das Leben und Arbeiten von Wissenschaftlern? Wie funktioniert wissenschaftsbasierter Journalismus im Internet?
Die Diskussion im Seminar zeigte, wie divers privater Medienkonsum aussieht: mit Podcasts, Videos und einer Faszination für Virtual Reality. WhatsApp nutzen alle durch die Bank. Doch als Produzenten hängen viele am klassisch linearen Text, der immer noch geläufigsten Form für Publikationen. Wie gesagt, er hält sich wacker. Warum auch nicht, Schreiben ist ein Teil des Digitalen, wird im Netz jedoch auf immer neue Weise ergänzt und transformiert.
So ist es für die Studierenden neues Terrain, mit der verzweigten dekoder-Struktur zu arbeiten, mit den Erklärungen in Pop-ups und den Hyperlinks zu den Gnosen, im besten Fall sogar interaktiven Karten (daran basteln wir noch) Was sie von ihren Erfahrungen sonst zu berichten haben, erzählen sie übrigens in einem begleitenden Seminarblog.
Mit den Materialien zum Truppenabzug aus Ostdeutschland geht es unterdessen auf die Zielgerade. Und wir sind selbst am meisten gespannt.Aus der Uni grüßen
Monica Rüthers
Mandy Ganske-ZapfWeitere Themen
Editorial: Der Urknall des Gnosmos
Editorial: Ruhe und Sturm und Drang
Editorial: Was Ihr mögt an dekoder
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Sibirien brennt – warum?
Seit Jahresbeginn waren in Russland rund elf Millionen Hektar Wald von Feuer betroffen – eine Fläche, die dem Gebiet aller ostdeutschen Bundesländer entspricht. Aktuell wüten Brände auf einer Fläche von rund zweieinhalb Millionen Hektar, das ist etwas größer als Mecklenburg-Vorpommern.
Wegen des Rauchs klagen tausende Anwohner über Atemnot und andere Gesundheitsbeschwerden. Die verheerenden Waldbrände erreichen ein gigantisches Ausmaß: Der Rauch aus Sibirien hat mittlerweile Alaska und Kanada erreicht, manche Umweltexperten glauben, dass die Brände nachhaltig dem Weltklima schaden können.Wald- und Steppenbrände gibt es in Sibirien jedes Jahr; ob die diesjährigen Feuer tatsächlich flächenmäßig größer sind als in vorherigen Jahren ist noch unklar. Doch offensichtlich sind diesmal mehr Menschen betroffen, vermutlich auch deshalb ist die Diskussion darüber in Russland nun viel heftiger. Vor allem ein Vorwurf an die Behörden ist dabei ganz lautstark: dass sie die Feuer zu lange sich selbst überlassen hätten.
Auch Umweltschützer beklagen das verspätete Eingreifen, laut Greenpeace werden immer noch über 90 Prozent der Brände nicht gelöscht. Nun sind zwar schon seit rund einer Woche größere Löschtrupps im Einsatz, doch sei ihr Eingreifen immer noch buchstäblich ein Tropfen auf den heißen Stein, so die Umweltschützer.
Warum haben die Behörden so lange gezögert? Weshalb kam es wieder zu einer explosionsartigen Ausbreitung des Feuers? Und wie reagieren die Anwohner auf die Untätigkeit der Behörden? Diese Fragen stellt Jekaterina Timofejewa für Takie Dela.
#Сибирьгорит, Sibirien brennt – die Behörden blieben lange untätig / Foto © Greenpeace Rossija
1. Warum waren die Behörden angesichts der aktuellen Waldbrände in Sibirien [lange] so untätig?
Offizieller Grund dafür ist eine Änderung der Vorschriften zur Bekämpfung von Waldbränden aus dem Jahr 2015 – unterzeichnet vom Ministerium für natürliche Ressourcen und Umweltschutz. Die Änderung erlaubte es, Feuer in sogenannten Kontrollzonen – weit entfernt von bewohnten Gebieten und Industrieanlagen – dann nicht mehr zu löschen, wenn „die voraussichtlichen Löschkosten den voraussichtlichen Schaden übersteigen“.
Laut Michail Kreindlin, dem Leiter des Schutzgebietprogramms von Greenpeace Russland, seien in diese Kontrollzonen allerdings „eine große Anzahl von Ortschaften“ gefallen, was der Verordnung widerspreche.
Am 29. Juli wurde in der Region Krasnodar, in der Oblast Irkutsk sowie in zwei Verwaltungskreisen der Republik Burjatien der Ausnahmezustand ausgerufen. Am 30. Juli kam Jakutien hinzu. Grigori Kuksin, Leiter des Brandschutzprogramms von Greenpeace Russland, meint, diese Entscheidung sei viel zu spät gekommen.
„Der Ausnahmezustand erlaubt es, zusätzliche Kräfte und finanzielle Mittel bereitzustellen, aber in diesem Stadium ist es dafür viel zu spät. Wenn der Notstand schon vor zwei oder drei Wochen erklärt worden wäre, sähe die Situation heute vielleicht ganz anders aus“, sagte Kuksin Takie Dela.
„Jetzt fängt man an, ausreichend Kräfte bereitzustellen und zum Schutz von Ortschaften einzelne Feuer zu löschen. Aber selbst wenn man alle Kräfte zusammennehmen würde, die es in Russland gibt, wäre das noch nicht annähernd genug, um mit den Waldbränden fertigzuwerden. Die Lage ist in dem Moment aus dem Ruder gelaufen, als man sich gegen das Löschen entschieden hatte. Und das hat zur Katastrophe geführt“, kommentiert Kuksin.„Selbst wenn man alle Kräfte zusammennehmen würde, die es in Russland gibt, wäre das noch nicht annähernd genug, um mit den Waldbränden fertigzuwerden“ / Foto © Greenpeace Rossija
2. Wie konnte es zu den Bränden kommen?
Umweltminister Dimitri Kobylkin hat erklärt, die Waldbrände seien durch trockene Gewitter ausgelöst worden. Diese Einschätzung teilen auch der Gouverneur der Oblast Irkutsk Sergej Lewtschenko und das Oberhaupt der Region Krasnojarsk Alexander Uss. Von Letzterem stammt die Aussage: „Es handelt sich dabei um ein gewöhnliches Naturphänomen, das zu bekämpfen sinnlos und vielleicht sogar schädlich ist.“ Auch in Burjatien und Jakutien argumentiert man ähnlich.
Kuksin macht allerdings nicht nur Naturphänomene für die Feuer verantwortlich, sondern auch menschliche Faktoren. „Wir wissen, dass der Großteil der Waldbrände von Menschen verursacht wurde, auch in den sogenannten Kontrollzonen“, erklärte er gegenüber dem Nachrichtensender Nastojaschtscheje Wremja. So würden beispielsweise in der Region Krasnojarsk die Zonen, in denen auf das Löschen verzichtet werden dürfe, auch Ortschaften, Infrastruktur und Waldgebiete umfassen, in denen Holz gewonnen wird.
Die Regionalkommission in Krasnojarsk erklärte gegenüber dem Portal Tayga.info, die Entscheidung [doch zu löschen – dek] sei getroffen worden, als die Gesamtfläche der Waldbrände einige Dutzend Hektar umfasste. Als man sich im Juli gegen das Löschen von 33 Feuern in den Verwaltungsbezirken Sewero-Jenisseisk und Ewenkien entschied, loderten die Flammen dort allerdings bereits auf einer Gesamtfläche von 891 Hektar.
Die Kommission schätzte den Schaden durch die zerstörten Wälder auf rund 4,8 Millionen Rubel [rund 66.000 Euro] – die Gesamtkosten für die Bekämpfung der Feuer demgegenüber auf 139,1 Millionen [knapp 2 Millionen Euro].Der Gouverneur der Region Krasnojarsk sagte damals, er sehe keine Notwendigkeit, Feuerspringer über der Kontrollzone abzusetzen, denn das sei wenig effektiv und riskant. „Wie viel Wasser und Treibstoff würden wir wohl brauchen, um die Waldbrände in der Taiga zu löschen?“, sagte Alexander Agafonow, Sprecher des Vorsitzenden der Forstbehörde Rosleschos. „Wenn wir die Luftfahrt für solche Zwecke einsetzen, werden wir bald Pleite gehen.“
Doch nicht alle befürworteten die Taktik des Nichthandelns. Tatjana Dawydenko etwa, die Ex-Vorsitzende der Wirtschaftsprüfungskammer Krasnojarsk, veröffentlichte eine Videobotschaft, in der sie die Untätigkeit der Behörden mit Privatinteressen von Staatsbeamten verbindet:
„Die Wälder brennen aus zwei Gründen: Der eine ist die Laxheit des Gouverneurs, des Premierministers und des Umweltministers im Umgang mit ihren Befugnissen und Pflichten. Zum zweiten, und hier wiederhole ich mich gerne: Wenn Brände nicht gelöscht werden, dann deshalb, weil jemand auf diese Weise illegale Abholzung oder andere kriminelle Machenschaften zu vertuschen versucht.“ Dawydenko hatte ihr Amt niederlegen müssen, nachdem sie öffentlich über Raubrodung in der Region gesprochen hatte.Die Entscheidung, doch zu löschen, wurde getroffen, als die Gesamtfläche der Waldbrände einige Dutzend Hektar umfasste / Foto © Greenpeace Rossija
3. Wie reagierten die betroffenen Bewohner?
Die Bewohner Sibiriens gingen auf die Straße und veranstalteten Einzelpikets, forderten die Verhängung des Ausnahmezustands und die Wetter-Alarmstufe „schwarzer Himmel“. Im Zentrum von Nowosibirsk hielt ein Aktivist ein Plakat mit dem Slogan „Sibirien brennt, Moskau pennt“ hoch, berichtet Tayga.info.
In Barnaul gingen Mitglieder der LDPR mit Einzelaktionen auf die Straße. Auf den Plakaten war zu lesen: „Rette die Taiga, deine Mutter!“, „Notstand statt Rauchvergiftung!“, „Ihr Mächtigen, lohnt es sich, uns zu vergiften?“, „Russland brennt, die Machthaber spucken drauf!“. Die Aktivisten hatten eine Beamten-Strohpuppe dabei, neben die sie einen Benzinkanister und ein Schild gestellt hatten: „Lass brennen, löschen lohnt sich nicht?“Auch in den sozialen Netzwerken wird von prominenter Seite auf das Thema aufmerksam gemacht: unter anderem von Tina Kandelaki, Rapper Basta, Sergej Lasarew [und dem US-amerikanischen Schauspieler Leonardo DiCaprio – dek].
Die Ökobloggerin Anna Tjatte veröffentlichte [am 28. Juli] auf ihrer Internetseite Kommentare ihrer Instagram-Follower:
„Ich komme aus Nowosibirsk. Die Woche war schlimm. Ein grauer Schleier über grauem Himmel, die Sonne rot, es wurde viel zu früh dunkel. Gestern hat es geregnet, jetzt kann man wenigstens etwas atmen.“
„Der Chefarzt für Lungenkrankheiten hat allen Einwohnern des Kusbass empfohlen, für eine Weile irgendwohin zu fahren, wo es keinen Smog gibt. Das ist kein Scherz. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.“
„Wir haben hier im Südural die Sonne seit einer Woche nicht mehr gesehen. Die Leute in Sibirien tun mir leid.“
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Bystro #11: Moskauer Protest – neue Bolotnaja-Bewegung?
Drei Tage nachdem der Dauerprotest in Moskau eskaliert ist, hat das Ermittlungskomitee ein Strafverfahren eingeleitet: Den Organisatoren der Proteste vom 27. Juli drohen bis zu 15 Jahre Haft, Teilnehmern bis zu acht Jahre.
Viele in Russland fühlen sich an den Bolotnaja-Prozess erinnert: Nach dem Marsch der Millionen am 6. Mai 2012 wurden damals mehr als 30 mutmaßliche Teilnehmer wegen „Teilnahme an Massenunruhen“ und „Gewaltanwendung gegen Staatsvertreter“ angeklagt. Die meisten von ihnen wurden zu Haftstrafen verurteilt; viele Beobachter schätzen diesen Prozess als politisch-motiviert ein.
Worin unterscheiden sich die aktuellen Proteste von der Bolotnaja-Bewegung? Warum setzen die Behörden nun wieder auf Gewalt? Und wie geht es jetzt weiter? Ein Bystro von Mischa Gabowitsch in sechs Fragen und Antworten – einfach durchklicken.
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1. Warum gingen so viele Menschen auf die Straße? Sind die Regionalwahlen denn so wichtig?
Mehrere Kandidaten wurden von den Wahlen ausgeschlossen. Nach Angaben der Wahlkommission waren viele der Unterschriften, die sie für die Registrierung brauchen, gefälscht oder wiesen Formfehler auf. Das ist aber nachweislich falsch: Viele Menschen hatten tatsächlich unterschrieben und sehen ihre Namen nun in den Listen angeblich fiktiver Unterstützer.
Das Vorgehen der Wahlleiter wird also nicht nur als Verachtung demokratischer Spielregeln empfunden, sondern auch als persönlicher Affront gegenüber den Unterzeichnern.
Mit den besonders stringenten Auflagen, die bei der Zulassung zu diesen Wahlen galten, haben die Behörden die Kandidaten zudem faktisch zu einem frühen Wahlkampfstart gezwungen – und damit ungewollt die Unterstützer enger an sie gebunden.
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2. Warum gingen Polizei und Nationalgarde so hart gegen die Demonstranten vor?
In Russland müssen Versammlungen angemeldet, de facto aber von den Behörden genehmigt werden. In diesem Fall war der Protest vor dem Rathaus nicht genehmigt. Offensichtlich wollten Präsidial- und Stadtverwaltung ein Zeichen setzen, dass sie eine Verletzung der von ihnen erlassenen Spielregeln nicht dulden werden, selbst wenn Journalisten, Touristen und Passanten darunter leiden sollten.
Sicherlich dient der massive Gewalteinsatz auch der Einschüchterung von Protestierenden. Zudem diskreditiert man so die Kandidaten: Sie werden als Anführer des Protests dargestellt, die naive Bürger als Kanonenfutter missbrauchen.
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3. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen einzelnen lokalen sozialen Protesten und dem politischen Protest, wie er sich jetzt in Moskau ausdrückt? Haben die Menschen die Nase voll, und haben die sozialen Fragen den politischen Protest gewissermaßen „vorbereitet“?
Die Schnittmengen sind weiterhin überschaubar: Nur eine Minderheit unter denen, die in Moskau für faire Wahlen auf die Straße gehen, protestiert auch gegen Umweltverschmutzung, verdichtende Bebauung, steigende Wohnnebenkosten oder häusliche Gewalt.
Dennoch hat sich der politische Protest konkretisiert: Vielen geht es nicht um eine Reform des Gesamtsystems, sondern beispielsweise um eine ihnen persönlich bekannte Kandidatin, die sich seit Jahren für die Lösung banaler Alltagsprobleme in konkreten Stadtvierteln einsetzt. Eigentlich ist es ein sehr bescheidenes Anliegen – ähnlich vielen der Proteste gegen rechtswidrige Müllablagerung oder dubiose Lizenzvergaben für gesundheitsgefährdenden Kupfer- oder Nickelbergbau.
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4. Der Einheitliche Wahltag ist im September. Meinen Sie, dass der Protest bis dahin anhält? Und wird die Staatsmacht nachgeben?
Proteste aus allgemeinem Frust verpuffen oft recht schnell. In diesem Fall wissen aber die meisten Protestierenden sehr genau, worum es ihnen geht – das könnte ihnen den Atem geben, um trotz Repressalien noch bis zu den Wahlen durchzuhalten. Aus demselben Grund ist aber spätestens schon bald nach den Wahlen Schluss, zumindest mit diesem Thema.
Dass die Behörden komplett nachgeben und alle abgewiesenen Kandidaten registrieren, ist schwer vorstellbar. Im Fall des Journalisten Iwan Golunow gab es neben einer Protestbewegung einen Konflikt innerhalb des Machtapparats, der dem Inhaftierten letztlich zugutekam. Im aktuellen Fall ist davon nichts zu erkennen. Wahrscheinlicher ist eine Variante des vielfach erprobten „Teile und herrsche“-Szenarios: Einige Anwärter werden zugelassen, ein paar Demonstrationen erlaubt – um die Bewegung als ganze zu spalten.
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5. Die Wahlen finden im September ja nicht nur in Moskau statt. Warum wird vor allem in Moskau protestiert und nicht auch anderswo?
Es handelt sich ja nicht nur um Kommunal-, sondern auch um Parlaments- und zum Teil um Gouverneurswahlen. Parlamentsabgeordnete sind weiter weg von emotional besetzten Alltagsproblemen. Anders ist das vor allem in den Stadtstaaten Moskau und Sankt Petersburg, deren städtische Abgeordnete auch vom Kreml an einer kürzeren Leine gehalten werden.
Zudem sind vor allem in Moskau nach der Protestwelle 2011–13 Oppositionelle ganz bewusst in die Kommunalpolitik gegangen, um das System von unten zu verändern. Dabei haben sie ihre Tätigkeit besonders aktiv dokumentiert. Auch in Petersburg protestieren Menschen wegen abgewiesener Kandidaten, wenngleich viel weniger als in Moskau.
In Russland verhält sich die Zahl der Protestierenden nicht immer proportional zur Einwohnerzahl: Sankt Petersburg ist traditionell verhältnismäßig passiv, Städte wie Kaliningrad, Tomsk oder Wladiwostok sind dafür trotziger.
Protest gibt es weiterhin in vielen Regionen, aber nicht unbedingt zu Wahlen, sondern eher zu den klassischen Themen Umwelt, Lebenskosten und Städtebau.
In Tscheljabinsk zum Beispiel setzt sich seit Jahren eine große Umweltbewegung gegen den Bau einer Kupferaufbereitungsanlage unweit der Stadt ein. Fast wöchentlich gibt es Verhaftungen oder Angriffe auf Protestierende, aber die Medien in Moskau und im Ausland berichten nur sehr spärlich darüber. -
6. Kann man die heutigen Proteste mit 2011–13 vergleichen? Kommt die zweite Bolotnaja-Bewegung? Und der zweite Bolotnaja-Prozess?
Im Dezember 2011 wurde im ganzen Land gegen Wahlfälschungen protestiert. Im Vergleich dazu sind die derzeitigen Moskauer Proteste viel kleiner, lokaler, aber auch konkreter. Viele Menschen wurden damals politisiert und machen sich keine Illusionen mehr über das gesamte politische System, sehen aber durchaus Chancen für punktuelle Erfolge.
Das heißt aber auch, dass die Proteste kaum noch als Bühne für die verschiedensten Anliegen dienen, wie dies 2012 und noch 2017 beim Protest gegen die Rentenreform der Fall war. Man merkt dies im Gespräch, aber auch an der relativ geringen Zahl der Plakate bei den Kundgebungen.
Zugleich ist angesichts der zahlreichen Verhaftungen durchaus mit einer Neuauflage des Bolotnoje Delo zu rechnen: also jahrelange Verfolgungen und Prozesse, die zu mehrjährigen Haftstrafen führen.
*Das französische Wort Bistro stammt angeblich vom russischen Wort bystro (dt. schnell). Während der napoleonischen Kriege sollen die hungrigen Kosaken in Paris den Kellnern zugerufen haben: „Bystro, bystro!“ (dt. „Schnell, schnell!“) Eine etymologische Herleitung, die leider nicht belegt ist. Aber eine schöne Geschichte.
Text: Mischa Gabowitsch
Stand: 01.08.2019Weitere Themen
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